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Wie leer ist Leer

Es ist Ansichtssache, ob ein Glas halb voll ist oder halb leer. Streiten lässt sich über die Frage, was in einem leeren Blick nicht mehr vorhanden ist. Auch ist die Frage bedenkenswert, was ein leerer Raum beinhaltet.

 

Selbst der Beginn des Schöpfungsberichtes (1.Mose 1,2) „und die Erde war wüst und leer“ lässt Spekulationen zu, was der Begriff leer in diesem Zusammenhang bedeuten könnte.

Das mit der leeren Keksdose hatte mich als Kind tatsächlich überzeugt. Wenn ich meine Oma, was selten vorkam, nach Plätzchen fragte und sie manchmal nicht nur sagen musste die Keksdose sei leer, sondern die leere Dose auch vorzeigte, versiegte jedes Argument Plätzchen aus dieser Dose haben zu wollen in ihrer Leere.

Gutheißen konnte ich das nicht aber verstanden habe ich schon damals, dass in einer leeren Dose keine Plätzchen sein konnten!

Jedoch nicht nur in dieser Situation habe ich es als Verlust empfunden, dass etwas leer ist, und mich gefragt, was leer wirklich bedeutet, beziehungsweise wie Geleertes wieder aufgefüllt werden könnte. Was die Keksdose betraf, lag die Antwort erfahrungsbezogen auf der Hand. Oma musste wieder zum Werksverkauf (Outlet) von Bahlsen (Hannover) gehen und Nachschub zum Auffüllen besorgen.

Doch die Kindheitserinnerungen an leere Keksdosen beziehungsweise an all das, was sich nachfüllen lässt decken nicht ab was der Begriff leer noch hergeben kann.

 

Die Herkunft des Wortes leer ist nicht eindeutig zu klären. Nahe liegt die Deutung, dass dieser Begriff seine Herkunft in dem Adjektiv „lesen“ im landwirtschaftlichen Sinn verstanden hat, „etwas ist zu lesen“ so ein abgeerntetes Kornfeld, das zur Nachlese freigegeben ist. (Vgl.: Kluge, 23. Auflage)

Obwohl also die Ernte eingefahren ist, gibt es auf dem abgeernteten, dem „leeren“ Feld doch noch etwas nachzulesen, einzelne Ähren und Körner einzusammeln, bevor das Feld dann wirklich leer ist.

 

Der wohl bekannteste „leere“ Ort, in dem eine gewisse Fülle erwartet wurde, ist in der biblischen Überlieferung das Grab Jesu. Für die ersten Frauen und Männer, die sich der Leere des Grabes ausgesetzt wussten, war mit dieser Erfahrung von Leere scheitern verbunden. Diese Leere wurde empfunden als enttäuschte Hoffnung, eine Hoffnung, die in der Leere des Grabes verschütt ging.

Leere aber erschließt sich nicht unbedingt im nicht mehr vorhanden sein dessen, was „davor“ als nicht leer angesehen, erlebt oder definiert wurde.

Lehre kann mehr beinhalten oder auf mehr hinweisen, wenn wir uns nicht fixieren lassen auf das zu erwartende.

 

Wer sich nicht steuern lässt von dem, was es zu erwarten bzw. anzunehmen gilt, dem kann so die Möglichkeit eröffnet werden zu sehen, was nicht Nichts ist.

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