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Auf der Suche nach … Liebe, die mehr ist als nicht untreu sein

Liebe, die mehr ist als nicht untreu sein

Anna-Woche 1997 in Düren

„Gestern hatte ich Sex mit einer anderen!“ Diese Aussage stammt nicht aus dem „Nähkästchen“ eines Beichtvaters. Dieses „Bekenntnis“ war der Auftakt eines Gespräches zweier Männer in einer Kölner U-Bahn, dass darauf angelegt schien, ein „Heldenepos“ zu werden, wenn man dem weiteren Gespräch folgte, indem der Sex nicht nur scharf war, sondern die ganze „Großtat“ nur wenige Minuten dauerte und die beteiligte Frau am Schluß angeblich gesagt haben soll: „So einen Stier habe ich noch nie erlebt!“

Nehmen Sie es mir bitte nicht übel mit einem solchen Originalton diese sonntägliche Predigt anlässlichlich dieser Festwoche zu beginnen. Ich möchte nun auch nicht tiefer diese Aussage reflektieren und darauf schauen, welch ein fatales Rollenverständnis hinter solch einer Aussage steht, wie Sexualität hier zur reinen Triebbefriedigung degradiert wird und welches Verhältnis dieser Mann wohl zu seiner Frau und seinen Kindern haben muss mit Blick auf das Wort Treue, deren Bild er in seinem Portemonnaie trug und es seinem Gesprächspartner auch noch zeigte. Jedoch darf nicht übersehen werden, dass diese Gespräche keine Einzelfälle sind und solches Fremdgehen mit eine Ursache dafür sein kann, warum 1996 ein Rekordjahr in Sachen Scheidungen war, so das statistische Bundesamt Wiesbaden, in dem in Westdeutschland 152.798 Ehen geschieden wurden und von diesen Scheidungen 148.782 minderjährige Kinder getroffen waren.

Mir steht es nicht zu Menschen, die keinen anderen Weg mehr finden als den der Scheidung, zu verurteilen und schon gar nicht pauschal, weil ich ihre biographischen Erlebnisdaten, die oft auch Leidensgeschichte sind, im Besonderen nicht kenne. Am Anfang einer jeden Ehebiographie steht wohl weniger der Gedanke an Scheidung als vielmehr die Worte: Ich liebe Dich! Auf dieses Wort Liebe möchte ich in dieser Predigt heute fragmentarisch schauen, auf Liebe, die mehr ist als nur untreu sein.

Zwei Schwierigkeiten möchte ich noch benennen: Die eine habe ich mit dem Wort Liebe selbst. Das Wort Liebe meint etwas wunderschönes. Es wird aber auch, so mein Empfinden, zu häufig missbraucht und so zu einem Allerweltsbegriff deformiert. Da gibt es Leute die lieben ihren Hund, ihre Katze, ihren Vogel, oft auch den Eigenen.

Andere lieben den Wein, das Wandern, Extremsport und ihr Auto. Sie lieben Pommes, Urlaub, Freiheit, Rosen, ihre Kinder, die Musik usw. …! Ich denke, Sie spüren, warum das Wort Liebe einen faden Beigeschmack haben kann. Aber ich habe noch kein besseres Wort für das gefunden, was zwei Menschen einander, nackter als nackt, sagen läßt: „Ich meine dich ganz, egal wie du wirst!“ Die andere Schwierigkeit mögen vielleicht einige von ihnen haben: Wie kann ein Priester von Liebe sprechen, die mehr ist als nur treu sein? Ich liebe einen Menschen, der mich und den ich zum Leben, ja sogar zum „Überleben“ brauche und dem ich treu sein will! Ich denke, das reicht um von Liebe und Partnerschaft existentiell sprechen zu können!

Liebe die mehr ist, als nicht untreu sein!

„Halte mich fest, doch halte mich nicht!“ In dieser Aufforderung liegt für mich die Grunddynamik einer Partnerschaft, die von sich selber sagt auf Liebe zu gründen!

Ich sage hier bewusst, auf Liebe gründen und nicht ständig Liebe pur zu sein. Liebe ist für mich zwar keine primäre chemische Reaktion, wie mancher Wissenschaftler behauptet, sie ist die Empfindung ewig so bleiben zu wollen wie sie ist: Begeisterung für den anderen, Sehnsucht nach seiner Nähe, spürbares Gehaltensein, sich fallen lassen können, Geborgenheit und Annahme, atme dich mir zu, umspiele mich, Taumel des Gefühls, ich meine dich ganz!

Liebe aber, die dauerhaft das Geliebte gegenüber meint, kann nicht anders, als aus sich heraus einen Raum „voller Halt“ zu schaffen, wissend um ihre eigene Wandelbarkeit und Zerbrechlichkeit, ein Raum, der auch dann noch trägt, wenn diese Empfindung Liebe abhandenkommt, ein Raum mit dem Ziel sie wiederzufinden. Dieser Raum „voller Halt“ trägt zweimal den Namen: Ich traue dir, weil du dich mir vertraut gemacht hast. Das bedeutet: Um die Stärken und Schwächen des anderen wissen, in seiner Gedankenwelt beheimatet sein, seinen Körper ertastet zu haben, seine Ängste zu respektieren, seine Träume zu achten, seine Sprachlosigkeit sprechen zu hören, seine Grenzen nicht gewaltsam brechen wollen und sich dessen zu erinnern, dass er, der geliebte Mensch, einmal gesagt hat: Ich meine dich ganz! In einem solchen Raum kann meine Hand immer wieder das Haar des Anderen streicheln, mit den Lippen seine Haut berühren, und mit Worten liebkosen: Entdeckung alter Liebe neu!

„Halte mich fest“, heißt so nichts anderes als: Gib du mir, woran ich mich halten kann, auch wenn unsere Liebe an Halt verliert.

Nun bleibt aber noch von diesem Satz: „Halte mich fest, doch halte mich nicht“ der zweite Teil: „Doch halte mich nicht“

Je fester eine Hand versucht Sand zu halten, um so schneller zerrinnt er in den Händen. Liebe kann ich nicht umklammern. Liebe braucht den Raum sich lassen zu können, auch auf die Gefahr hin sich selbst zu verlassen, zu verlieren, keine Liebe im Augenblick mehr zu sein, sondern nur noch Treue! Liebe hat sich nicht selbst, sondern Liebe gewinnt sich immer da neu, wo sie sich verlassen kann in Treue zu dem Menschen, der liebt und davon weiß, dass diese Liebe keine Garantie ist, sondern immer wieder neu in Treue werden will, was sie war und immer bleiben wollte, Liebe!

Liebe lebt – bewegt sich – in dem Raum vertrauten Gehaltenseins – Treue, und vertrautem Loslassen – Treue! Oder anders: Liebe lebt im Raum der Gewissheit ihrer selbst und in der Vergewisserung ihrer selbst.

Auf diesem Hintergrund bekommen die Worte Jesu vom Ehebruch eine aktuelle Brisanz. Oberflächlich betrachtet, steht der Ehebruch in diesem Kapitel des Matthäus-Evangelium in Verbindung mit sexueller Untreue, festgemacht an den Begriffen „lüsternd anschauend“ und „Unzucht“.

Genauer betrachtet bedeutet „einen Menschen lüsternd anschauen“ also suchend nach Lustgewinn, ihn, den anderen, haben wollen und dem Halten und Gehaltensein der eigenen Beziehung nicht mehr zu trauen und ihr nichts mehr zuzutrauen! In der banalen Lustsuche nach irgend jemand anderen liegt der Anfang sich selbst und dem eigenen Partner nicht mehr zu vertrauen und somit schon untreu zu sein. In diese Kategorie fällt auch das „Heldenepos“ am Beginn dieser Predigt.

Aber auch wenn wir nicht „lüsternd suchen“ kann es einfach passieren. Da begegnet man einem Menschen – nur einen Augenblick –, der Lust auf Begegnung, nicht notwendig auch sexuell, in uns wachruft. In einer Partnerschaft, die auf Treue gründend sich auch „loslassen kann“, darf empfundene „Lust“ an einem anderen Menschen kein Tabuthema sein. Im Gegenteil: Darüber müssen Partner sprechen können, wenn auch weiterhin in ihrer Beziehung gilt: „Halte mich fest“!

Liebe, die mehr ist als nicht untreu sein, findet dieses Mehr im gemeinsamen Lebensraum von Gehalten- und Gelassensein. Diese Dynamik von Gehalten- und Gelassensein ist notwendig, auf Kommunikation angewiesen. Kommunikation im Sinne von

  • Communio, Gemeinschaft leben
  • Interaktion, sich austauschen, im Leben des anderen „dazwischen“ sein
  • Kommunion, angenommene Zumutung.

In so verstandener Kommunikation hat auch die Botschaft Gottes Raum: „Ich bin der, ich bin da“ (Ex 3,14).

Doch auch Gottes „da-sein“ kannte den Zweifel und die Versuchung der Untreue. Der von Gott geschaffene Mensch wird durch sein zerstörerisches Verhalten zu einem Dorn im Auge Gottes. Gott hadert mit sich selbst: Soll er den einst so geliebten Menschen nicht doch wieder vernichten, „weil er so böse ist“ (Gen 6,5b)! Gott ist entschieden, er kündigt den Menschen die Treue, allerdings schon jetzt mit einem „schlechten Gewissen“, so dass er zumindest Noah, seine Familie und von jeder Gattung der Tiere ein Paar in der Arche überleben lässt. Der Rest geht in den Fluten unter.

Aus der Noah-Geschichte erfahren wir, dass; Gott nur auf das eine schaute: „Halte mich fest“! Sei mir treu! Er gestand dem Menschen aber nicht zu, einen Raum des Gelassenseins zu haben, in dem der Mensch, trotz seiner eigenen Veränderungen, sich auf die Treue Gottes verlassen konnte. Gottes Liebe hielt nur fest, aber ließ nicht los! Und Gott sah, dass er untreu geworden war!

Dann sprach Gott zu Noah: „Ich will die Erde wegen des Menschen nicht noch einmal verfluchen; denn das Trachten des Menschen ist böse von Jugend an. Ich will künftig nicht mehr alles Lebendige vernichten, wie ich es getan hab. Solange die Erde besteht, sollen nicht aufhören, Aussaat und Ernte, Kälte und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht. Dann segnete Gott Noah und seine Söhne und sprach zu ihnen: „Seid fruchtbar, vermehrt euch und bevölkert die Erde!“

Von nun an „hielt Gott den Menschen“ aber „hielt ihn nicht fest“. Und Gottes Treue zu seinem geliebten Menschen konnte nichts mehr erschüttern.

Gott ist es, der nun seine Treue in die Treue der Menschen zueinander legt, der seine Liebe in der Liebe des Menschen spüren lässt, der seine Nähe erfahrbar werden lässt in der streichelnden Hand eines Menschen, der uns bei unseren Namen ruft im du und ich einer Partnerschaft, der uns hält und läßt in der Dynamik der Liebe: „Halte mich fest doch halte mich nicht“. Gott ist einfach da, wo Liebe in dieser Dynamik für das Leben ist. Dann bedeutet eine solch geistlose Aussage wie: „Ich hatte Sex mit einer anderen“ nicht: „Ich meine dich ganz“, sondern: „Ich meine dich nicht! Weder dich Mensch, noch dich Gott“.

Diese Predigt wurde im Rahmen der Anna-Woche 1997 in St. Anna, Düren gehalten.

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Haste mal ’ne Mark für mich?

Advent aus einer anderen Perspektive

Wiedereinmal habe ich es gesehen, nicht gesucht, nicht entdeckt, nicht überrascht, nicht beunruhigt, einfach nur wiedereinmal gesehen. Wenige Sekunden nur stockte mein Schritt. Die Einkaufstüte mit den Jeans in meinen Händen war nicht mehr im Rhythmus mit meinem Gang, doch mein Laufschritt, geschickt kreuz und quer durch die Flut der vorweihnachtlichen Massen, ging unbeirrt weiter durch die Einkaufspassage, gezielt in das Geschäft für Designerartikel. Eher oberflächlich blieben meine Gedanken zurück. Eben hatte es den Namen: „Habe Hunger und friere“, heute vormittag hieß es: „Obdachlos und nichts zu essen“. Es hat viele Namen, täglich sind sie da: „Haste‘ mal ’ne Mark für mich?“, „Haftentlassen und keine Arbeit“, „Eine Mahlzeit reicht für meinen Hund und mich“, „Der Dom braucht Hilfe und ich auch“. Oder, in einer Bratpfanne, ein Zettel „für ein Essen“ oder wortlos mit leidenden Gesichtszügen und ausgestreckter Hand eine Frau mit Kind…

Ich stehe an der Kasse und zahle das kleine Geschenk für meinen Freund. Es wird das einzige Geschenk sein, das ich dieses Jahr zu Weihnachten machen will. „Soll ich es Ihnen als Geschenk einpacken?“ „Nein danke, auf den Kugelschreiber soll noch ein Name graviert werden, geben Sie mir ihn einfach so mit.“ „Auf Wiedersehen und frohe Festtage!“ „Danke, ebenso.“ Erleichtert tänzle ich zurück, wieder durch die Massen und in Gedanken: „Der Stift wird ihm gefallen, er passt zu seinem ästhetischen Empfinden.“

Und wieder habe ich es gesehen, neben einem Türeingang hockend, davor das Schild: „Bitte etwas Kleingeld“. Und eine Pommesschale daneben auf den Pflastersteinen.

Immer wieder sehe ich sie, fast an jeder Ecke, bettelnde Menschen, die für mich keine Namen haben, Situationen, keine Schicksale. Manchmal mache ich einen Bogen um sie. So tun, als hätte ich es nicht gesehen, darauf hoffen, nicht angesprochen zu werden. Allen kann ich ja sowieso nicht helfen, und überhaupt, jede Mark, die ich gebe, wird ja doch nur in „Sprit“ umgesetzt. Wer weiß, ob ihr dickes Auto an der nächsten Ecke steht und sie nur das schlechte Gewissen der Leute ausnutzen. Das soll es ja alles geben! Entschuldigungen, Unsicherheiten, Feigheit, Unbehagen und dieses beschissene Gefühl: zwei, drei Mark am Tag, das wäre doch kein Problem für dich! Doch ich werde sie nicht ausbezahlen können, auch fünf Mark oder mehr werden nicht genug sein; denn morgen werde ich mit Sicherheit ebenso feststellen: Wieder einmal habe ich es gesehen, nicht gesucht, nicht entdeckt, nicht überrascht, nicht beunruhigt, einfach nur wieder einmal gesehen.

Auch dann werden es namenlose Situationen sein. Beruhigen und ärgern wird mich auch morgen die Erkenntnis: Ich kann diese Welt nicht ändern. Es fehlt mir die Möglichkeit, Arbeit und Wohnung zu beschaffen, finanziell dauerhaft zu unterstützen bzw. zu kompensieren, was soziale Einrichtungen nicht leisten (oder leisten können). Ich weiß noch nicht einmal, ob diese Menschen, die ihre Hand mir entgegenstrecken, Schilder mit der Aufschrift um Hilfe vor sich hinstellen oder einfach fragen: „Haste‘ mal ’ne Mark für mich?“, mehr wollen als das, um was sie bitten!

All meiner Verunsicherung zum Trotz könnte ich stehen bleiben, vor ihren Schildern, Pommesschalen und Händen, stehen bleiben, wenn sie mir sagen: „Haste‘ mal ’ne Mark für mich?“, und sie nach ihrem Namen fragen.

Aus: Christoph Stender, Mit beiden Beinen auf der Erde, Bergmoser Höller Verlag
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Seligsprechung des spanischen Zigeuners Jimenez Malla

Faxbox-Predigt zum 7. Sonntag der Osterzeit 1997

Gerade nach verregneten und eher kühleren Tagen im Frühjahr werden die ersten Gedanken bezüglich der Urlaubspläne für den Sommer wach. Solche Gedanken lassen ein breites Vorstellungsspektrum zu. Die einen hoffen, oft auf dem Hintergrund finanzieller Engpässe, einen sonnigen Urlaub zu Hause, im Garten, auf dem Balkon oder bei schönen Spaziergängen machen zu können. Die Gedanken anderer verweilen lieber an schöneren Orten des eigenen Heimatlandes fernab vom eigenen zu Hause. Wieder anderen sind diese Perspektiven noch zu eng. Ihre Gedanken überspringen Landesgrenzen und Kontinente und suchen in anderen Ländern, Landschaften und Kulturen einen geeigneten Ort der Erholung. Der Grund, Urlaub in fernen Ländern und anderen Kulturen zu machen, liegt oft in dem Wunsch begründet, anderes, fremdes und ungewohntes kennenzulernen. Der Reiz des Anderen beflügelt Phantasie und Sehnsucht.

Was bei dem einen beflügelnd wirkt hinterlässt bei anderen eher Ängstlichkeiten und Unsicherheiten. In einer Religionsstunde einer Realschule gaben der überwiegende Teil der Schülerinnen und Schüler auf die Frage, „Was macht das Zusammenleben unterschiedlicher Kulturen schwierig?“, die Antwort: Ängstlichkeit vor dem Anderen, Fremden und Ungewohnten.

So ganz können auch wir diese Empfindungen nicht von der Hand weisen und dazu brauchen wir zuerst nichteinmal in andere Kulturen zu schauen.

Selbstbewusste Frauen, die sich nicht nur von Küche und Kindererziehung her definieren lassen wollen, können Männern Angst machen. Die Kultur unserer jungen Generation die sich unter anderem in der Wahrnehmung der älteren Generation, in befremdlicher Musik, ungewohnter Kleidung und verunsicherndem Verhalten ihren Stil zum Ausdruck bringt, kann Angst machen. Das eindeutige und selbstsichere Auftreten von Schwulen und Lesben irritiert viele ihrer Zeitgenossen und verängstigt. Wie aber schon angedeutet verunsichern auch ungewohnte Umgangsformen, Kleidung und Sprachverhalten unserer ausländischen Mitbewohner so manchen Deutschen. Einige sprechen ihre Gefühle auch offen aus wenn sie sagen: Das Fremde macht mir Angst.

Im Evangelium des heutigen Tages bittet Jesus um die Einheit derer, denen er das Wort seines Himmlischen Vaters gegeben hat. Auf uns übertragen bittet Jesus für die Einheit aller Getauften. Dieser Wunsch nach Einheit will aber nicht halt machen vor dem, aus unserer Wahrnehmung heraus, anders sein anderer Christinnen und Christen.

Was jedoch in den vergangenen Tagen in Rom geschah (so berichtet uns die Presse) geht noch einen Schritt weiter und dies auf dem Hintergrund der Erkenntnis, das Gott die Einheit all seiner Geschöpfe will, denen er gemeinsam die Welt in ihrer Vielfalt anvertraut hat.

Die Vorgeschichte:
Im Spanischen Bürgerkrieg eilte der spanische Zigeuner Jimenez Malla einem Priester zu Hilfe, der von anarchistischen Milizen bedroht wurde. Diesen Einsatz musste der 75jährige Spanier mit dem gewaltsamen Tod durch diese Milizen bezahlen. Nach über 100 Jahren sprach nun Papst Johannes Paul II diesen couragierten Zigeuner selig. In seiner Ansprache sagte er: „Dieses Beispiel zeigt, dass die Barmherzigkeit Gottes weder Grenzen der Rasse noch der Kultur kennt“.

Auch wenn wir noch immer von der Einheit der Menschheitsfamilie Gottes weit entfernt sind, so unterstreicht auch diese Seligsprechung das jeder Mensch als solcher Subjekt des Einheitswillen Gottes ist. Gottes Barmherzigkeit, sein Gemeinschaftssinn ist universal!

Einheit bedeutet aber nicht die Einheitlichkeit aller Menschen, also gleiches Verhalten, gleiches Fühlen, gleicher Ausdruck, gleiche Sprache, gleiche Kultur … Wäre das der Wunsch Gottes, dann hätte er uns auch als uniforme Menschen geschaffen. Doch das sind wir nun mal nicht. Wir sind verschieden und das macht uns ja gerade auch manchmal Angst. Aber die Annahme der Verschiedenheit, das bewusste Bejahen des anderen Menschen in seinem Anderssein, ist die Sehnsucht Gottes, die uns, mit Blick auf das Anderssein des Anderen, befreit von der Angst um uns selbst. In dieser Verschiedenheit der Menschheit strahlt der Reichtum Gottes auf. Dieser ganze Reichtum ist uns anvertraut.

Wir sind gerufen an der Einheit in Verschiedenheit zu bauen als Christen und Christinnen. Nur in der Einheit der verschiedenen Menschen kann der Einzelne in seinem so sein angstfrei leben und sich entfalten. Dies ist der einzige Weg, auf dem sich die Schöpfung auf seinen Schöpfer hin entfalten kann.

Diese Ansprache erschien als Faxbox-Predigt des Bergmoser + Höller Verlags.

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Palmsonntag

Faxbox-Predigt zum Palmsonntag 1997

Aus Begeisterung wurde tödlicher Hass. Dieser Hass brachte in der vergangenen Woche den 38 jährigen Amerikaner Robert Hoskins für 10 Jahre ins Gefängnis. Der Grund! Mehrfache Morddrohungen: „Ich schneide Dir die Kehle durch.“ Als extrem gefährlich stufte die Richterin den Angeklagten ein und begründete damit ihren Urteilsspruch, wie uns die Zeitung berichtet.

Der Anfang dieser Ereignisse in Kürze:

Er war ein Fan der blonden Popsängerin Madonna. Ihr Aussehen und Auftreten, ihr Gesang und ihre Sprache, einfach von allem, was dieser amerikanische Popstar machte, fühlte sich der heute verurteilte in den Bann gezogen. Er meinte, Madonna zu lieben, wollte sie heiraten und suchte immer wieder ihre Nähe. Doch diese Sehnsucht blieb einseitig! Er fühlte sich enttäuscht und gekränkt, fing an, den Popstar zu belästigen, verfolgte sie und wurde handgreiflich. Später dann drang er in ihr Privatgrundstück ein, beschimpfte sie und drohte ihr mehrfach, sie zu töten. Aus Begeisterung wurde tödlicher Hass, weil Robert Haskins nicht bekam, was er wollte. In seiner Sehnsucht nach diesem Menschen respektierte er nicht ihren freien Willen und wollte mit Gewalt sich nehmen, was ihm freiwillig nicht gegeben werden konnte. Letztlich dann drohte er das zu vernichten, was er nicht beherrschen konnte, das Leben eines anderen Menschen.

Dieses Drama ist kein Einzelfall. Wenn auch nicht so spektakulär wie in diesem Fall, passiert diese Wendung menschlichen Empfindens von Begeisterung in Hass fast tagtäglich und immer wieder mit dem gleichen Wendepunkt, die Enttäuschung der eigenen Sehnsucht!

Den Beginn eines ähnlichen Dramas, wohl mit viel weitreichenderen Folgen, lesen wir auch heute im Evangelium von der Feier des Einzuges Jesu in Jerusalem. Das vorläufige Ende dieses Dramas ist uns allen auch klar, „der Karfreitag“.

Der Anfang dieser Ereignisse in Kürze:
Jerusalem erlebte den Besuch eines Stars mit dem Namen Jesus. Einige Bewohner wissen schon Bescheid, Jesus ist der Sohn Davids, der Retter und Erlöser. Andere müssen sich noch informieren lassen. Wer ist dieser Jesus eigentlich, fragen sie. Die Antwort: Der Retter, unser Erlöser. Schnell wird Jesus zum Hoffnungsträger vieler Bewohner und Bewohnerinnen Jerusalems. Sie rotten sich zusammen, jubeln, tanzen und sind voller Erwartung. Palmzweige werden abgerissen, Kleider ausgezogen und auf den Boden gelegt werden sie zum „Roten Teppich“ für ihr Idol. Jesus zieht durch das Spalier der Bewohner Jerusalems hindurch , die ihre Hoffnungen an ihn heften: „Du wirst uns von der Fremdherrschaft der Römer befreien, du bist die Erfüllung unserer Visionen, du führst uns in das weite Land der Erlösung“. Die Luft bebt von dem Jubel, den Freudenrufen und der Begeisterung, den Zuneigungsbekundigungen und den Symphatieausbrüche. Die selbe Luft wird wenige Tage später beben von den Buh-Rufen, den Schreien nach Vernichtung, den Verleugnungen und dem Gebrüll „Kreuzigt ihn“. Aus Begeisterung wurde tödlicher Hass! Warum? Auch wenn das Ereignis um einen Popstar, wie es uns in der Presse berichtet, nicht zu vergleichen ist, mit dem Ereignis um Jesus Christus, so bleibt doch der entscheidende Wendepunkt in beiden Ereignissen, in denen Sympathie zu Hass wird, der gleiche. Die Enttäuschung der eigenen Sehnsucht! Die Bewohnerinnen und Bewohner wollten und konnten vielleicht auch nicht begreifen, dass der Weg ihres Superstars Jesus anders verlaufen sollte, als sie ihn sich in ihren Wünschen und Hoffnungen vorgestellt haben. Sie wollten einen Jesus, der ihren Vorstellungen von Befreiung entsprach. Einen Jesus, der ins politische Tagesgeschäft eingreift, der den Machthabern ihre Grenzen aufzeigte und der schonungslos der fremden Macht den Laufpass gab. Doch die Botschaft Jesus ist damals wie heute nicht der Erfüllungsgehilfe irgendwelcher persönlichen Sehnsüchte, die zum Ziel haben, andere Menschen zu verändern oder gefügig zu machen, so wie es meinen Wünschen entspricht. Die Botschaft Jesu ist nicht das Werkzeug, dass mir hilft, über andere zu jubeln, sie zu beherrschen oder ihren Untergang zu beklatschen. Die Botschaft Jesu hat nur ein Ziel. Mich selbst.

Jesus deckt durch sein Leben mit seinen Gleichnisreden und in seinen Beziehungen zu Menschen schonungslos all das auf, was mich selbst daran hindert, ein wirklich befreites Leben zu führen. Das Leben Jesu ist die Provokation schlechthin, die meine Wünsche und Sehnsüchte da enttarnt, wo sie von reiner Selbstsucht getragen und nur auf Kosten anderer zu verwirklichen sind.

Letzten Endes erschüttert er das von mir gelebte Leben in seiner Selbstgefälligkeit und Selbstzufriedenheit durch den eindeutigen Verweis: Unser Leben ist und bleibt ein Geschenk Gottes, das uns nur anvertraut ist und das wir selbst in die Hand nehmen müssen, das wir verantwortlich gestalten müssen, mit Blick auf Gott und die Mitmenschen. Wer diese sanfte und deutliche Enttarnung unserer Lebenssituation und unseres Lebensstiles durch Jesu Handeln nicht zulassen will oder kann, der muss ihn ablehnen. Wer die Provokation durch Jesus, die uns herausruft aus den Verkrustungen unseres eigenen Lebens als Ballast empfindet, der kann ihn nur totschweigen. Falsche Sehnsüchte an Jesus geknüpft, führen zur Enttäuschung und enden in der Ablehnung. Die Sehnsucht, die Jesus in uns wecken und erfüllen möchte, ist die Sehnsucht nach einem lebendigen Leben, dass befreit ist von der Angst um sich selbst.

Diese Ansprache erschien als Faxbox-Predigt des Bergmoser + Höller Verlags.

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Karfreitag, eine Hinführung für junge Erwachsene

Geprägt ist der Karfreitagsgottesdienst vom Erzählen und Hören der  Passion, der Leidensgeschichte Jesu. Schon einmal, an einem Sonntag, wurde diese Leidensgeschichte Jesu erzählt. Am Palmsonntag war die Passion als Gesamtbild dessen zu verstehen, was Jesu auf seinem Weg zum Kreuzestod erwartete. In der darauffolgenden Woche werden die Einzelbilder dieses Gesamtbildes der Passion entfaltet. So steht heute das Kreuz, der Tod Jesu, im Mittelpunkt der Betrachtung. In dieser Feier unseres Glaubens wird in besonderer Weise deutlich, wie Erinnerung und Gegenwart ineinandergreifen. Wir erinnern uns des Leidensweges Jesu und seines Todes am Kreuz. Doch das ist nicht nur eine Rückschau, die Betrachtung dessen, was einmal war, sondern wir stellen dieses Ereignis der Leidensgeschichte des Sohnes Gottes voller Erwartung mitten in unser heutiges Leben, mitten in unsere Welt.

Wir tun das voll Hoffnung, weil wir um Ostern wissen. Weil Ostern schon geschehen ist. Weil wir um die Auferstehung Jesu wissen. Weil wir wissen, das Kreuz ist nicht das Ende des Weges Jesu, sondern das leere Grab. Weil wir wissen, Jesus hat den Tod besiegt.  Weil wir wissen, durch den Tod hindurch ist Jesus auferstanden, und wir werden mit ihm auferstehen.

Jesus ging den Weg der Ablehnung, der Folterung, der Einsamkeit, der Verzweiflung und der Angst bis zu seinem Tod. Gott sprengte den Tod Jesu auf, und es kommt Leben in Sicht.

Dieses Leben ist auch für uns in Sichtweite gekommen. Dieses Leben steht am „Ende“ unseres Weges, am Ende der Gesamtbiographie unseres Lebens. Dieses Leben steht aber auch am Ende einer jeden einzelnen Facette unseres Lebens und Sterbens, die zusammen das Gesamt unserer je eigenen Biographie ausmachen.

Jesus ging seinen Weg für das Jetzt unseres Weges. Jesu Weg ist die zukunftsweisendste Aktualität für das Morgen unseres Lebens. Durch den Kreuzestod hindurch hat Jesus uns Heil gebracht, das Heil, das uns heil macht, nicht irgendwann, sondern schon jetzt.

So greifen Vergangenheit – Jesu Weg – und Gegenwart – Jesu Weg für uns – ineinander und hinaus in die Zukunft unseres Lebens, die schon begonnen hat. Deswegen steht Karfreitag das Kreuz im Mittelpunkt. Deswegen verehren wir das Kreuz am heutigen Tag besonders. Deswegen küssen wir es sogar! Das Kreuz bleibt brutal, ein Mordinstrument, Garant für grausame Tode. Das Kreuz steht auch heute mitten in unserer Welt für Tod, Folter, Verfolgung, Einsamkeit, Angst, Vergewaltigung, Rufmord, Verzweiflung, Not und Hoffnungslosigkeit.

Das Kreuz steht auch heute mitten in unserer Welt für all das, was menschenverachtend Leben am Leben hindert. Dieses brutale Kreuz steht in unserer Welt an vielen Orten, steht zwischen Menschen ungezählte Male, und es steht auch in unserem Leben! Es ist real, es ist da! Menschen richten diese Kreuze auf. Gott hat kein Kreuz aufgerichtet, sondern die Macht und Ohnmacht des Kreuzes entmachtet in dem Weg Jesu an dieses Kreuz. Gott hält jeden Augenblick dieser Welt den Kreuzen zärtlich das Leben entgegen! So ist der Karfreitag ein Tag der Trauer, aber auch ein Tag der Trauer, die einen Trost kennt und keine Vertröstung.

Aus “Ich will mein Leben”, Bergmoser + Höller Verlag, 1997.
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Gründonnerstag, eine Hinführung für junge Erwachsene

An diesem Tag steht im Mittelpunkt der Feier unseres Glaubens und im Mittelpunkt des ganzen Tages die lebendige Erinnerung an das Abendmahl, das Jesus mit seinen Jüngern gefeiert hat. Doch dieses Abendmahl, so wie Jesus es damals erfahrbar werden ließ, ist nicht nur das Erleben eines Augenblickes im Jetzt. Dieser Augenblick, in dem Jesus Brot und Wein teilt, verdichtet Geschichte, Gegenwart und Zukunft in einer einmaligen Weise zu einem Augenblick zwischen Gott und den Menschen. Zu einem Augenblick von Zeit und Ewigkeit. Zu einem Augenblick, der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verbindet.

Lebendige Erinnerung

Warum feierte das alte Volk Israel das Passah-Mahl? Die Männer und Frauen des ersten Bundes, so berichtet das Alte Testament, erinnerten sich in diesem Mahl an die Geschichte ihres Gottes mit ihnen. Aus ihrer Sicht ist diese Geschichte letztendlich eine Geschichte der Gegenwart Gottes, der Treue Gottes und der Befreiung durch Gott. Diese Befreiung durch Gott findet in der Geschichte Israels seinen tiefsten Ausdruck in dem Auszug aus Ägypten durch das Rote Meer. Das Volk Israel sieht seiner Befreiung aus Ägypten, aus Gefangenschaft und Heimatlosigkeit entgegen. Gott führt sein Volk in ein neues Land. Ein Land der Freiheit, eine neue Heimat (siehe im Alten Testament das Buch Exodus 12 ff).

Lebendige Gegenwart

Jesus knüpft an das Passah-Mahl des ersten Bundes an. In ihm setzt sich das befreiende Handeln Gottes fort. Jesus vertraut sich seinen Jüngern an: Ich bin jetzt noch bei Euch.  Aber ich muß meinen Weg weitergehen. Dieser Weg führt mich in den Tod. Es ist ein einsamer Weg, den mein himmlischer Vater in mir geht, damit die Welt befreit wird von der Allmacht des Todes. Darum laßt uns dieses Mahl jetzt feiern: Das Mahl der Erinnerung an das Liebesangebot Gottes. Das Mahl der Gegenwart des Liebesangebots Gottes. Das Mahl der Zukunft des Liebesangebots Gottes. Nehmt Brot und Wein, teilt untereinander, das ist mein Leben für euch, mein Leben ist eure Befreiung. Feiert dieses Mahl in eurem Leben. So bleibt ihr nie allein. Ich bin zwischen euch alle Tage. Denkt an mich! (Siehe 1. Korinther 11.23-26) 

Gegenwart lebendig

Die Gegenwart des Abendmahls, so wie Jesus es damals gedeutet und gefeiert hat, bleibt Gegenwart im lebendigen Jetzt, der Feier des Sicherinnerns. Alle Befreiungsgeschichte Gottes mit den Menschen verdichtet sich in die Aktualität unseres Jetzt, da, wo wir sein „Gedächtnis“ feiern, wo wir zur Eucharistie versammelt sind und Brot und Wein miteinander teilen und so ihn sich uns mitteilen lassen! Doch der Befreiungswille Gottes greift in jedem Augenblick des gefeierten Mahls über diesen Augenblick  hinaus in die Zukunft. Die Befreiung des Menschen durch Gott umgreift alle Realität: Das Gestern, die Gegenwart und die Zukunft. Die Befreiung des Menschen durch Gott hat ein Ziel: Das grenzen- und zeitlose Leben der Menschen in Gott.

Noch auf etwas anderes dieses besonderen Tages möchte ich aufmerksam machen. Die Feier des Gründonnerstags-Gottesdienstes endet ganz ungewöhnlich, nämlich in Stille. Kein Lied, kein Orgelspiel, einfach nur Stille. Diese Stille führt hinein in den Karfreitag, die Totenstille des Sterbens Jesu. Es ist die Stille, die dem Verrat folgt!

Aus “Ich will mein Leben”, Bergmoser + Höller Verlag, 1997.
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Ich habe Interesse

Du interessiert mich, Jesus!
nicht weil du den Menschen Brot gegeben hast, sondern
weil sie mehr in deinen Händen hielten;
nicht weil du den, den du liebtest, im Arm gehalten hast,
sondern weil er mehr spürte;
nicht weil du den Verrat anderer geduldet hast, sondern
weil ihr Verrat mehr als verratene Liebe war;
nicht weil du Menschen zusammenführtest, sondern
weil sie aneinander mehr als nur sie selbst waren;
nicht weil du einsam warst, sondern weil du zu mehr aufgestanden bist;
nicht weil du geschlagen wurdest, sondern weil du über
dich hinaus mehr gesehen hast.

Du interessierst mich, Jesus.
weil auch ich mehr in meinen Händen halten möchte;
weil auch ich mehr spüren möchte;
weil auch ich, ich selbst und mehr sein möchte;
weil auch ich zu mehr aufstehen möchte;
weil auch ich mehr über mich hinaus sehen will.

Stopp:
Ich habe wohl etwas vergessen, das mit der verratenen Liebe.

Aber:
Ich bin noch davor, Liebe verraten zu können.
Ich bin noch davor lieben zu wollen.
Ich wollte ja nur sagen, ich habe Interesse!

Aus „Ich will mein Leben“, Bergmoser + Höller Verlag, 1997.
In Kar- und Ostertage, Lyrik + mehr, Salzburg 2001 veröffentlicht | Getaggt , , | Kommentieren

Was gilt für Schwule?

„Ich bin gekommen, damit ihr das Leben habt und es in Fülle habt!“

(vgl. Joh 10,10b)

Diese Verkündigung Jesu ist für mich auch die Zentralverkündigung, die mit der Präsenz der Kirche an der Hochschule den Studierenden gesagt werden muß. Welches Leben hat Jesus wohl gemeint, wenn er sagt: Ich bin gekommen, damit ihr das Leben habt? Ist es nur der Verweis auf ein zukünftiges Leben, oder spricht Jesus von dem Leben, das Menschen in sich spüren. Immer wieder berichtet das Neue Testament von diesem Jesus, der auf die Menschen zugeht, die von der damaligen Gesellschaft am Leben gehindert werden und diese Menschen von der Gängelung durch die Selbstgerechtigkeit ihrer „Mitmenschen“ befreit!

Ich kann nicht anders als zu glauben, Jesus will, daß ich das Leben lebe, das ich in mir spüre. Daß ich dieses Leben als Fülle“ erfahren werde, ist für mich die Zusage, daß Jesus meinem heute erlebten Leben etwas dazuschenkt, das über dieses Erleben hinausgeht. Das, was über dieses von mir erlebte Leben hinausgeht, ist die Zusage, daß Gott mein Leben bestimmt hat für sein Reich: ein Leben, das kein Ende mehr kennt. Diese Zusage aber hat ihren heilswirkenden Ort schon jetzt in meinem Leben.

Dürfen das Schwule so verstehen? Daß es Schwule gibt, ist keine Frage.

Leider haben noch längst nicht alle Schwulen aufgehört, sich den Kopf zu martern, warum sie so sind, wie sie sind. Als Schwuler Schuldgefühle zu haben, weil er so ist, wie er ist, geht auch auf das Kerbholz der Morallehre der‘ Kirche. Das eigene Schwulsein verbergen zu müssen, ist immer noch der krankmachende Tribut, den weite Teile der Gesellschaft fordern, damit Schwule von ihr nicht offen geächtet werden.

Gott sei Dank gibt es viele Schwule, die aufgehört haben, auf eine Antwort der Wissenschaft zu warten, warum sie so sind, wie sie sind, um dann – von der Wissenschaft legitimiert – so sein zu dürfen, wie sie sind: Eben schwul! Gott sei Dank gibt es viele Schwule, die vor sich selbst und in unserer Gesellschaft aufrecht und Freude an ihrem Leben spüren. Gott sei dank gibt es viele Schwule, die aufgehört haben, sich zu rechtfertigen, und einfach sagen, ich bin, wie ich bin: schwul.

„Ich bin gekommen, damit ihr das Leben habt!“

Die Mutter eines schwulen Studenten erzählte mir ganz unvermittelt: „Wissen Sie, Herr Stender, mein Sohn ist schwul! Ich habe ihn so nicht gemacht! Er selber hat sich so nicht gemacht! Also muß ihn Gott so gemacht haben!“ Das klingt so einfach, zu einfach? Ja, für viele Schwule noch zu einfach!

Vor gut einem Jahr startete die Initiative „Homosexuelle und Kirche“ (HUK) in Zusammenarbeit mit der KHG eine Aktion mit dem Titel Farbe bekennen“. Die Auftaktveranstaltung in der KHG war sehr gut besucht. Hier ging es nicht um ein Comingout oder gar um ein Outing. Hier ging es in einem höchst geschützten Rahmen u.a. darum, mit einem anonymen Fragebogen herauszufinden, ob die Anwesenden mit Schwulen oder Lesben oder mit homosexuellen Gedanken und Empfindungen etwas zu tun hätten. Von den 29 Teilnehmerinnen und Teilnehmern waren 27 Männer.

  • Auf die Frage: „Gehören zu meinem engeren Freundeskreis auch Lesben und Schwule?“ antworteten 18 Teilnehmerinnen und Teilnehmer eindeutig mit ja.
  • Auf die Frage: „Kenne ich bei mir selbst homosexuelle Gefühle/Wünsche?“ antworteten 21 der Teilnehmerinnen und Teilnehmer eindeutig mit ja.
  • Auf die Frage: „Gibt es Homosexualität aber keine homosexuelle Liebe?“ sagten alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer eindeutig: Es gibt homosexuelle Liebe.
  • Auf die Frage: „Ist das Ausleben homosexueller Neigungen sündhaft?“ antworteten 24 Teilnehmerinnen und Teilnehmer eindeutig mit Nein.
  • Auf die Frage: „Ist Homosexualität krankhaft?“ waren 27 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Meinung: Homosexualität ist nicht krankhaft.

Bei den folgenden Veranstaltungen waren nur noch sechs Teilnehmer anwesend. Die dritte Veranstaltung fiel aus, wie auch alle anderen geplanten Veranstaltungen dieser Reihe. Warum? Daß Homosexualität kein Thema ist, kann nicht der Grund sein, weshalb diese Veranstaltungsreihe nicht mehr besucht wurde. Was war es dann? Angst? Oder …!

„Ich bin gekommen, damit ihr lebt!“

So die Grundbotschaft Jesu. Kirche: Du bist Anwältin für das Leben, das ich in mir spüre, das Gott mir geschenkt hat, ein Leben, das leben will, voller Respekt vor dem Leben.

Aus „Kreuzungen – Festschrift zu 50 Jahren Hochschulpastoral in Aachen 1947-1997“ hrsg. von Kurt Stremmel-Kray, 1997.
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Zukünftige Präsenz der Kirche an der Hochschule

Wenn Kirche, in ihrem Ursprung verwurzelt, mutig, selbstbewußt und kompetent heute in der Hochschullandschaft vorkommt und sie die Biographien und Lebensempfindungen der Studierenden (aber auch der Lehrenden) an- und ernst nimmt, dann findet sich das Spektrum ihrer dortigen Tätigkeitsmerkmale am umfänglichsten wieder in der Selbstbezeichung „Die Präsenz der Kirche an der Hochschule“.

Dieser Titel „Präsenz der Kirche an der Hochschule“ ist sehr ungeläufig und auch als Titel einer Einrichtung schwer handhabbar. Es geht mir hier nicht um den Titel einer Einrichtung (dies ist eher ein sekundäres Problem). Mir geht es um ihre zukünftigen Tätigkeitsmerkmale, die von falschen, einseitigen oder tendenziösen Namensgebungen verdeckt werden und somit bei den Studierenden eine falsche, halbwahre oder gar keine Erwartungshaltung wecken können. Hier wird sich nun zeigen, daß die herkömmlichen Bezeichnungen tatsächlich nicht ausreichen, um ihre faktischen und auch zukünftigen, die Lebenssituation aller Studierenden betreffenden Funktionen und Tätigkeiten zu umschreiben.

„Hochschulgemeinde“

Der heute gängigste Begriff, unter dem all das subsumiert wird, was Kirche im Kontext der Hochschullandschaft bzw. im Lebensumfeld der Studierenden anbietet, gestaltet und bewirkt, lautet „Hochschulgemeinde“. Diese In-Beziehung-Setzung der Termini Hochschule und Gemeinde weckt die Assoziation, die Studierenden eines Hochschulstandortes hätten aus kirchlicher Perspektive etwas gemeinsam, was sie alle bewußt Gemeinde an der Hochschule sein läßt, und womit sich die Studierenden gleichermaßen identifizierten. Diese Assoziation entspricht nicht der Realität. Im Sommersemester 1996 wurde eine empirische Analyse, der auf die KHG bezogenen Kenntnisse und Einstellungen Aachener Studierender von der KI-IG in Auftrag gegeben. Der Lehrstuhl von Universitätsprofessor Dr. Hartwig Steffenhagen für Unternehmenspolitik und Marketing an der RWTH Aachen ermöglichte diese Studie, die von Ursula Hahmann durchgeführt wurde. Diese Studie hat die Motive deutlich gemacht, warum Studierende etwas mit der KHG in Aachen zu tun haben wollen. Danach nutzen Studierende, die sich selbst nicht als KHGlerInnen bezeichnen, das Angebot der KHG in unterschiedlich intensiver Art: den Katakomben-Karneval die hauseigene Kneipe Chico Mendes, Tanzveranstaltungen, Gottesdienste, Vorträge, Theater– und Kleinkunstabende sowie Musikgruppen bzw. Chöre (soweit die acht häufigsten Nennungen). Bei den Studierenden, die sich selbst als KHGler/innen bezeichnen, lauten die ersten acht Nennungen Chico Mendes, Gottesdienste, Vorträge, Arbeitskreise, Gesprächskreise, Tanzveranstaltungen, Theater-/Kleinkunstabende und Katakomben-Karneval. Hier ist kein gemeinsames Identitätsprofil zu erkennen, das berechtigte, Studierende als Gemeinde mit gemeinsamen Interessen und Zielen zu identifizieren. Eine kirchlich oder religiös geprägte Übereinstimmung ist erst recht nicht auszumachen.

An dieser Stelle muß die Frage gestellt werden: Was ist eigentlich eine Gemeinde? Es ist eine Überfrachtung dieses Artikels, den Begriff Gemeinde theologisch und pastoral differenziert zu entfalten. Wenn ich aber für die Zugehörigkeit zu einer christlichen Gemeinde als kleinsten gemeinsamen Nenner das Bekenntnis auf Jesus Christus hin grundlege, muß ich schon im Vorhinein die Studierenden ausschließen, die sich beispielsweise zum Islam, zum Hinduismus oder zu Naturreligionen bekennen. Dann gäbe es eine Gemeinde und daneben Studierende, die nicht zu dieser Gemeinde gehörten.

„Präsenz der Kirche an der Hochschule“ bezieht sich jedoch auf alle Studierenden als Angebot, ein Ort der Kommunikation und der Communio zu sein. Dieser kleinste gemeinsame Nenner von Gemeinde greift so nicht die Glaubens- und Lebensrealität aller Studierenden in Aachen und ist somit untauglich als Begriffsdefinition für das, was KHG ist, obwohl auch in dieser Bezeichnung formal das Wort Gemeinde mitgeführt wird.

„Seelsorge“

Ebenfalls ein gängiger Begriff für das, was ich die „Präsenz der Kirche an der Hochschule“ nenne, ist die Bezeichnung Hochschul- oder Studierendenseelsorge. Hier wird der Eindruck vermittelt, Kirche sorge sich nur um die „Seelen“. Auch wenn der Begriff „Seele“ nicht eindeutig ist, signalisiert er, nur irgendeinen Teil und nicht den ganzen Menschen zu meinen. Die Studie macht aber deutlich, daß die Eigenschaftsausprägungen der KHG, die von Studierenden vermutet werden, sich auf mehr als nur das bezieht, was das Wort „Seele“ meinen kann. So z.B. auf Offenheit, Gemeinschaftsgefühl, ethische Fragestellungen, internationale Ausprägung, kulturelle Angebote und Hilfen … Erst an 20. Stelle von 26 möglichen Vermutungen über das Angebot der KHG, liegt der Begriff Beratung, der am ehesten den Gedanken an Seelsorge zuläßt.

Dieser Begriff Seelsorge entspricht aber auch nicht der Palette der Angebote und Tätigkeiten, die die KHG heute und auch schon in ihrer über Diesjährigen Geschichte de facto anbietet und angeboten hat. Im Mittelpunkt dieses Angebotes stehen bis heute die Studierenden mit all dem, was sie an Lebensgeschichte, Fragen, Kompetenz und Lebensgefühl mitbringen. Daß es hier um mehr geht als nur um Seelsorge, ist – so glaube ich – einsichtig.

Auch wenn „Gemeinde“ und „Seelsorge“ als umfassende Begriffe die tatsächlichen Tätigkeitsfelder und die Zielgruppe nicht umgreifen, so bedeutet das nicht, daß Studierende in der KHG nicht doch eine Gemeinde im Sinne einer festen Gemeinschaft finden oder Begleitung in Glaubens- und Lebensfragen erfahren könnten. Das ist kein Neben- oder Zufallsprodukt sondern eine wesentliche Intention und ein Bestandteil des Auftrages der KHG für Studierende, ein Ort der bewußten und verantworteten Lebensgestaltung zu sein.

„Eckpfeiler“

Mein Interesse ist jetzt – geschichtlich gewachsene Intentionen von KHG angemessen respektierend – auf die Eckpfeiler der „Präsenz der Kirche an der Hochschule“ für die Zukunft zu schauen. Was muß die „Präsenz der Kirche an der Hochschule“ in Zukunft auszeichnen, um ihrer primären Zielgruppe, den Studierenden, gerecht zu bleiben, ohne ihr eigenes Kirchesein zu leugnen?

Unaufgebbare Grundlage ist die zentrale Botschaft christlicher Verkündigung: „Ich bin gekommen, damit ihr das Leben habt und es in Fülle habt“ (vgl. Joh. 10, 1 Ob). Zielgruppe dieser Verkündigung sind in erster Linie alle Studierenden eines Hochschulstandortes. Das bedeutet nicht, daß Studierende, die mit der „Präsenz der Kirche an der Hochschule“ in Berührung kommen, irgendwann dieses Bekenntnis ihr eigen nennen sollen oder müssen. Entscheidend für die Zukunft wird sein, ob Studierende in den Einrichtungen der christlichen Kirche für Studierende spüren: Hier ist mein Leben gefragt, hier darf ich mein Leben mitbringen, so wie ich es in mir spüre! Nur in einem solchen Klima können dann auch Christinnen und Christen von ihrer Hoffnung sprechen, die über ihr Sterben hinaus eine Hoffnung auf Leben ist. Nur in solch einem Klima ist es dann auch möglich, fair und gleichberechtigt über die verschiedenen Lebensentwürfe, Lebensvisionen und Glaubensvisionen für das Leben in einen Austausch zu gelangen.

Um die komplexen Situationen des Lebens der Studierenden nicht aus dem Blick zu verlieren und sich vorschnell mit den der Kirche Zugewandten zufriedenzugeben, ist der erste Eckpfeiler der „Präsenz der Kirche an der Hochschule“, auf dieser Grundlage Kundschafter und Kundschafterinnen in die Lebenswirklichkeit der Studierenden zu entsenden. Dies ist besonders wichtig für die Lebenssituation derer, die nicht die Möglichkeit oder Kraft haben, auf die Bedrängungen ihres Lebens aufmerksam zu machen. Botschafter und Botschafterinnen brauchen einen Ort, von dem sie ausgehen und zu dem sie zurückkehren. Kirche an der Hochschule braucht somit ein Zentrum, einen Ort der Begegnung. Ein solches Zentrum brauchtMenschen mit Visionen, damit die Botschaften der Kundschafterinnen und Kundschafter nicht folgenlos bleiben. Eingeholtes und mitgebrachtes Leben benötigt Visionen der Befreiung da, wo es ungerechtfertigte Einengungen oder Verhinderungen erlebt. Doch nur Visionen reichen nicht! Es bedarf der Anwälte und Anwältinnen, die für die Entfaltung eingeschränkten Lebens eintreten und Perspektiven der Veränderung entwerfen.

Die Lebenssituationen, für die Kirche an der Hochschule Anwältin sein muß, können sehr verschieden sein: Menschen auf der Suche nach Lebenssinn; Menschen, die sich nach Begegnung sehnen; Männer und Frauen, die ihre Identität entfalten möchten; Studierende, die sozial vor dem Abgrund stehen; Studierende, die heimatlos in ihrem fremden Zuhause sind; Menschen, die unentschieden vor einer Entscheidung stehen. So bedeutet Anwältin sein manchmal persönliche Begleitung, ein anderes Mal aber lauten Protest.

Diese Funktionen der „Präsenz der Kirche an der Hochschule“ (Kundschafter, Visionäre und Anwältinnen für bedrängtes und verhindertes Leben zu sein) konkretisieren die unaufgebbare Grundlage, den Auftrag der christlichen Verkündigung: Gott ist auf der Seite des Lebens.

„Feier des Lebens“

Ein zweiter Eckpfeiler ist die Feier des Lebens. Hier möchte ich den Begriff „Feier“ sehr weit fassen. Es ist die Feier des Lebens, des gelebten Glaubens und der aus dem Glauben heraus gespürten Hoffnung. Für Christinnen und Christen ist das die Feier des Gottesdienstes in ihren unterschiedlichen klassischen Formen. Doch nicht immer reichen diese Formen aus, um dem Ausdruck zu geben, was Studierende als lebendigen Glauben in sich spüren. Da ist Kirche an der Hochschule gefordert, die Formen mit den Betroffenen zu entwickeln, die der Lebenssituation der Studierenden gerechter werden. Z.B. die Feier des Glaubens in der Abschiedsphase vom Studienort.

Frauen finden ihre jeweiligen Glaubens- und Lebenssituationen in den herkömmlichen liturgischen Formen oft nicht wieder. Da ist es selbstverständlich, daß Orte geschaffen werden, an denen Frauen ihre Formen der Feier des Glaubens entdecken und entfalten.

Kirche an der Hochschule muß aber auch dafür Sorge tragen, daß Studierende anderer Relgionsgemeinschaften einen Ort finden, ihrem Glauben in ihren originären Formen Ausdruck zu geben. Feier des Lebens bedeutet für mich aber auch gleichwertige und ehrliche Kommunikation, gleichberechtigter Austausch der Kulturen, die Feier des Lebens in Festen, die einfach aus Freude am Leben gefeiert werden.

„Anfrage an Lehrinhalte“

Ein dritter Eckpfeiler ist die Anfrage an die Lehrinhalte der jeweiligen Fakultäten an der Hochschule und ihre Vermittlung, ob sie im Dienst des Lebens der Menschen stehen oder Gefahr laufen, Selbstzweck zu werden. Dies geht nur im Dialog mit Studierenden und Lehrenden. Hier hat Kirche ihren Beitrag zu leisten, zum Beispiel Medizin und Ethik ins Gespräch zu bringen, aber auch den Austausch in Fragen von Ethik und Technik zu fördern.

Interdisziplinäre Kommunikation muß stärker Anliegen einer Kirche sein, die Präsenz an der Hochschule zeigen will, um auch ihre Kompetenz auf dem Weg zu einem tragenden Lebensentwurf in eine plurale Gesellschaft einzubringen!

Schlüsselqualifikationen müssen für Studierende eine immer größere Bedeutung gewinnen. Auch hier ist die Präsenz der Kirche gefragt, wenn sie ihre Botschaft ernst nimmt, die zum Leben befreit. Die Aneignung wissenschaftlicher Fakten garantiert noch keine Qualität im Umgang mit diesen Fakten und der Wissenden miteinander. Das Faktenwissen muß ergänzt werden durch: faire Argumentations- und Überzeugungstechniken, lebensförderndes Führungsverhalten, effektive und kreative Teamarbeit, partnerschaftliches Konfliktmanagement und Streßbewältigung. Dies sind nur einige von den Schlüsselqualifikationen, bei deren Aneignung Kirche einen Kompetenten Beitrag leisten kann.

Diese drei Eckpfeiler umschreiben nicht all das, was in der Zukunft für eine „Präsenz der Kirche an der Hochschule“ nötig ist, die ein Ort sein will, an dem sich Leben entfaltet. Doch ich wage die Prognose: Wenn auch nur einer dieser drei Eckpfeiler fehlt, hat die Kirche Wesentliches, das Leben der Studierenden betreffend, aus ihrem Blick verloren und damit ihre angemessene und sinnhafte Präsenz preisgegeben.

Aber ebenso wichtig wie diese drei Eckpfeiler ist die Glaubwürdigkeit und Identität der Menschen, die diese Eckpfeiler als Kirche an der Hochschule präsent halten.

Aus „Kreuzungen – Festschrift zu 50 Jahren Hochschulpastoral in Aachen 1947-1997“ hrsg. von Kurt Stremmel-Kray, 1997.
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Fragment eines Gebetes

Ich habe Interesse.
Du interessierst mich, Jesus!
nicht weil du den Menschen Brot gegeben hast, sondern weil sie mehr in ihren Händen hielten;
nicht weil du den, den du liebtest, im Arm gehalten hast, sondern weil er mehr spürte;
nicht weil du den Verrat anderer geduldet hast, sondern weil ihr Verrat verratene Liebe war;
nicht weil du Menschen zusammenführtest, sondern weil sie aneinander mehr als nur sie selbst waren;
nicht weil du einsam warst, sondern weil du aufgestanden bist;
nicht weil du geschlagen wurdest, sondern weil du über dich hinaus etwas gesehen hast.

Du interessierst mich, Jesus!
weil auch ich mehr in meinen Händen halten möchte;
weil auch ich mehr spüren möchte;
weil auch ich, ich selbst und mehr sein möchte;
weil auch ich aufstehen möchte;
weil auch ich etwas über mich hinaus sehen will.

Stopp:
Ich habe wohl etwas vergessen, das mit der verratenen Liebe.
Aber ich bin noch davor, Liebe verraten zu können.
Ich bin noch davor zu lieben.
Ich wollte ja nur sagen, ich habe Interesse!

Aus „Ich will mein Leben – Mit jungen Menschen auf dem Weg durch die Kar- und Ostertage“ erschienen beim Bergmoser + Höller Verlag, 1997.
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