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Tourismusseelsorge

Warum entfernen sich Menschen von einem vertrauten Ort, nur um in Kürze bewusst dorthin wieder zurückzukehren, von wo sie aufgebrochen sind?

Es sei der Reiz der Abwechselung, lautet oft die Antwort.

Andere Luft, Landschaft, Menschen, andere Genussmittel. Raus aus der eigenen Haut, die Sau rauslassen, alles bis zum Abwinken, Adrenalin, Grenzen austesten, Naturgewalten trotzen. Kopf frei, andere Gedanken, Inspiration, fremde Sprache, Kultur und Lebensart.

Suchen auch Sie solche Abwechslungen oder ticken Sie anders?

Wie auch immer, jeder Urlaub hat sein absehbares Ende, das in jedem Urlaubstag, wenn auch gerne übersehen, mit dem altvertrauten Ort winkt.

Das Hauptziel des Urlaubs besteht darin, die am vertrauten Ort verlorenen Kräfte fernab wieder zu finden, zu beleben, nur um sie dann – zurück an altem Ort – allmählich wieder zu verlieren.

Urlaub bezeichnet für Arbeitnehmer und Beamte eine legitime Zeit des Fernbleibens vom Arbeitsplatz, obwohl eigentlich Leistung zu erbringen wären.

Doch der Urlaub kann, sein Ende je vorgerückter weniger abwendbar, zum Vehikel der Idee werden, dem Vertrauten andauernd fernbleiben zu wollen. So wie von Kafka im „Aufbruch“ ins Wort gebracht, in dem der Herr auf die Frage des Dieners, „wohin er reite“ antwortet: „Ich weiß es nicht, nur weg von hier, nur weg von hier…“

 

Darf es in einem „normalen“ Leben, gebunden an Familie, Broterwerb und Verpflichtungen, überhaupt diese kafkaesque Stimme geben: „Immerfort weg von hier, nur so kann ich mein Ziel erreichen.“?

Darf eine Stimme im Menschen laut werden, die der Funke sein könnte, eine gewachsene Sehnsucht zu entfachen? Und dann, wenn sie entflammt, was dann? Löschen oder brennen und erlöschen lassen?

 

Für mich tritt mit dieser „Stimme“ auch eine große Persönlichkeit des Alten Testaments hervor, Abraham. Er ist nicht der Typ des „hin und her“ Reisenden, sondern ein Mensch, der bewusst Auszeiten zulässt, um für sein Inneres empfänglich zu sein.

Seine innere Stimme fordert ihn auf, die Äußerlichkeit, den vertrauten Ort zu verlassen und sich in der Fremde, an unbekanntem Ort niederzulassen. Abraham deutet, was er in sich hört, als Stimme Gottes, und tatsächlich belegen biblische Berichte die außergewöhnlichen Erlebnisse Abrahams an neuen Orten.

Ob nun Kafka oder Abraham, ob eine Stimme identifiziert wird oder auch nicht, in sich hineinzuhören lässt aufhorchen. Dazu ist kostbar, für diese innere Stimme empfindsam zu sein, denn sie ist mehr als bloße Stimmung oder Einflüsterung. Sie hat im Laufe der Zeit an Stärke gewonnen und sich Gehör verschafft. Und wenn, was dann? Nur weg von hier? Nein, sondern die Stimme gerade am vertrauten Ort zum (Nach-) Klingen bringen, um dann zu hören, neu zu horchen.

Dieser Beitrag wurde in Kirchenzeitung für das Bistum Aachen veröffentlicht. Ein Lesezeichen auf das Permalink. setzen. Kommentieren oder einen Trackback hinterlassen: Trackback-URL.

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