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Vorarbeiterin für eine Putzkolonne gesucht

Faxbox-Predigt zum Fest Allerheiligen am 1.11.2000

Vorarbeiterin für eine Putzkolonne gesucht! Erwartet wird Leitungskompetenz, Einfühlungsvermögen und der Blick für’s Saubere.

Lieben Mitchristinnen und Mitchristen!

Diese und ähnliche Inserate unter der Sparte Stellenangebote in den Zeitungen quer durch alle Berufsfelder machen deutlich, wer die Aufgabe der Leitung übernimmt, braucht nicht notwendig das Handwerk derer zu verstehen, die er oder sie leiten soll!

So die gesuchte Vorarbeiterin einer Putzkolonne, von der die Fähigkeiten einer Raumpflegerin nicht erwartet wird. Sie soll eben leiten, Einfühlungsvermögen haben mit Blick auf ihre „Untergebenen“ und wissen, was sauber bedeutet. Das reicht in diesem Fall aus, um eine Leitungsposition einzunehmen.

Anders ist es bei den Trainern die z.B. eine Fußballmannschaft leiten. So muß der neue Bundestrainer unserer deutschen Kicker, wer auch immer das sein wird, nicht nur Leistungskompetenz haben, sondern auch das Handwerk seiner Spieler verstehen, also Ahnung vom Fußballspiel haben. Anders könnte er seine Mannschaft nicht ins Spiel führen.

Wer allerdings eine große Computerfirma leiten will, der muß nicht notwendig einen Terminal zusammenschrauben können. Er muß Mitarbeiter haben, die wissen, wo Fachkompetenz in Sachen Soft- und Hardware anzuwerben ist, das gehört zu seiner Leitungsfunktion im Management.

Leiten und Leiten ist nicht das selbe. Leitungskompetenz ist sehr ausdifferenziert weil sie sich an den jeweiligen Aufgaben und Zielen einer Errichtung orientieren muß.

Der scheidende Generalsekretär der CDU mußte die Erfahrung machen, „nicht der geeignete Mann zu sein“ wie die dpa in den vergangenen Tagen meldete. Er sei „zu ruhig für den Job“, kommentierte den Rücktritt die Politpromminenz anderer Parteien (dpa). Als „Speerspitze“, so dpa, habe sich der scheidende Generalsekretär Polenz in seiner Leitungsfunktion wohl nicht verstanden. Der designierte Nachfolger Laurenz Meyer scheint den Leitungsvorstellungen der CDU Chefin Merkel heute eher zu entsprechen, „er kämpfe statt mit Florett auch mit dem Säbel“, so die Vorsitzende. Ob nun der „Wadenbeißer Meyer“ ( t-online) in Sachen Leitung der Partei besser zu Gesicht steht, bleibt abzuwarten.

Mit Sicherheit keine Chance in diesem Parteijob hätte Papst Paul VI gehabt, der im Anfang seines Pontifikates gesagt hat: „Ich bin wohl mehr dazu berufen, für die Kirche zu leiden als sie zu leiten“.

So unterschiedlich auch das Profil derer ist denen Leitung, der Firmenideologien entsprechend, übertragen wird, so ist allen Leitungsfunktionen jedoch eines gemeinsam: Identifikation mit den Zielen der Einrichtung, die sie mit einer Leitungsfunktion beauftragt hat.

Leitende Persönlichkeiten, gerade solcher Einrichtungen, die von öffentlichem Interesse sind oder von den Medien dazu auserkoren werden, stehen im Blickfeld der Informationslust des modernen und somit informierten Menschen, zu denen wir ja selbst bekanntlich auch gehören. Wir schauen gerne zu, was aus den Leitenden unserer Gesellschaft wird, ob das nun der alte und der potentiell neue Bundestrainer ist, ein Parteisekretär, der Vorsitzende der DBK, Präsidenten anderer Länder, der eigene PGR Vorsitzende, der Spitzenkandidat bei Landtagswahlen oder schlicht und ergreifend unser eigener Chef oder die eigene Chefin.

Menschen in leitenden Funktionen, egal auf welcher Ebene, wecken funktionsbezogen Interesse bei uns, weil sie unsere Geschicke direkt oder indirekt in ihren Händen halten! Menschen in leitenden Positionen haben Zugriff auf andere Menschen, zum Beispiel auf uns selbst und das macht sie auch so interessant!

In den Seligpreisungen des heutigen Evangeliums, eine Art Firmenidiologie der Kirche, spricht Jesus zu denen die ihm folgen. Er lehrt sie und leitet sie so auf einen Weg, der für einen Menschen der sich auf Christus beruft und der an ihn glaubt, ihn also in seiner Leitungsfunktion anerkennt, ein Weg zu neuem Leben ist.

Genau so, wie damals die Menschen um Jesus versammelt waren, weil sie von ihm geleitet werden wollten um diesen Weg zu einem wirklich erfüllten Leben zu finden, genau so sind auch wir heute hier versammelt um diese anleitenden Worte Jesu zu hören, die auch für uns ein gemeinsamer Weg zu einem erfüllteren Leben sein können.

Heute, wie auch in der Vergangenheit werden Männer und Frauen mit diesen Leitlinien eines christlichen Lebens konfrontiert, die beispielsweise als Vorarbeiterin einer Putzkolonne, Chef einer Computerfirma, Generalsekretär einer Partei, Oberhaupt der katholische Kirche oder als Couch einer Fußballmannschaft Leitungsfunktionen inne haben.

Christen und Christinnen sind in sehr unterschiedlichen Betrieben und Einrichtungen an Leitungsaufgaben beteiligt. Auch wenn die Leitungsfunktionen eher selten ein größeres öffentliches Interesse mit sich bringen, so sind sie nicht weniger vor die Frage gestellt: Welche Bedeutung haben diese Seligpreisungen Jesu für mich, diese uns alle miteinander verbindende Firmenidiologie, die es immer wieder anzustreben gilt, der ich als Christ oder Christin Leitung wahrnehme.

Da sind auch jene gefragt die als Bürgermeisterin oder Bürgermeister, als Abgeordnete, Vereinsvorstände, Schulleiter, Kindergärtnerin oder Gruppenleiter, als Pfarrer, Pfarrgemeinderatsvorsitzende, Eltern oder in welcher anderen Form auch immer Verantwortung für Menschen tragen: Haben diese Weisungen Jesu Bedeutung für dein Leitungsverhalten?

Denn eines ist gewiß: Ein christlicher Lebensstil kann nicht ohne Auswirkung sein auf den Leitungsstil eines Menschen der sich auf Christus beruft. Wäre es so, würde ich mich als Christ oder Christin in meinem Privatleben anders verhalten als an den Orten an denen ich öffentlich Verantwortung übernehme, im Beruf oder in meiner Freizeitgestaltung, wäre ich eine gespaltene Persönlichkeit.

Jeder muß für sich selbst entscheiden welche Bedeutung tatsächlich diese Worte Jesu für das eigene Verhalten haben, und ob diese Seligpreisungen überhaupt tauglich sind für den eigenen Leitungs- und Lebensstil.

Doch für eines sind diese Grundlagen eines christlichen Lebens allemal tauglich, mein Leitungsverhalten, egal mit welcher Aufgabe ich betraut bin, zu hinterfragen!

Ein Angebot dies zu versuchen:

Selig, die arm und ehrfürchtig vor Gott sind und ihr Talent der Leitung als Leihgabe Gottes verstehen im Dienst für den Mitmenschen.

Selig, die die Trauer und die Traurigkeiten der ihnen anvertrauten Menschen ernst nehmen und begleiten.

Selig, die ihre Machtposition der Leitung nicht ummünzen in geistige und bürokratische Gewalt.

Selig, deren Leitungsstil geprägt ist vom Hunger und Durst nach Gerechtigkeit.

Selig, die leiten in Barmherzigkeit und die Grenzen des Menschen erkennen und ihnen entsprechend helfen.

Selig, die mit reinem Herzen Leitung wahrnehmen und keine Leichen im Keller liegen haben.

Selig, die leitend Schritte des Friedens wagen.

Selig, die in Gerechtigkeit ihren Auftrag der Leitung wahrnehmen, auch wenn Kolleginnen und Kollegen oder andere Wadenbeißer über sie lächeln.

Leitung in unserer Gesellschaft zu übernehmen ist nicht immer eine sehr dankbare Aufgabe. Viele Mitmenschen fühlen sich mit dem Thema Menschenführung überfordert. Gerade deswegen müssen wir Dankbar sein, daß besonders im Sozialen Bereich Menschen ehrenamtliche Leitungsaufgaben übernehmen. Leitung kann aber auch mißbraucht werden, und darunter leiden viele Menschen die machtlos sind. Leitung, gerade in gehobenen Positionen, steht aber auch unter einem ungeheurem Erfolgszwang der die Aufgabe einer menschenfreundlichen Leitung oft zu einem Ellenbogengeschäft degradiert.

Wer Leitung, besonders auch in unserer Kirche übernimmt, der muß auch Leitung wahrnehmen wollen und können. Die falsch verstandene Demut, speziell in unserer Kirche, Leitung zu übernehmen weil es der Wille Gottes sei, ist ein schlechte Beraterin und schadet meist allen Beteiligten.

Gott hat einen Fachmann in Sachen Leitung zu uns gesandt, seinen eigenen Sohn, der seinem Auftrag treu blieb, der sein Volk auch leiten wollte im Namen dessen der ihm den Auftrag dazu anvertraute.

Er leitete und lehrte und überzeugte wie er lehrte und leitete. Auch wenn dieser abschließende Satz nicht offiziell von Jesus stammt, sondern von Laotse, einem chinesischen Philosophen aus dem 4./3. Jh. vor Christus, so hat diesen Satz Jesus selbst in seinem Wirken eingeholt: „Wer Menschen führen will, muß hinter ihnen gehen!“

Diese Ansprache erschien als Faxbox-Predigt des Bergmoser + Höller Verlags.

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