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Vom Alltag zum Fest und zurück

Alltägliche Gegensätze beinhalten Kontinua, das Wiederkehrende. So Sommer und Winter, Tag und Nacht, Blühen und Welken, alltäglich und festlich. Der Gegensatz „alltäglich und festlich“ und seine ihm innewohnende Kontinuität ist Thema der biblischen Begebenheit mit dem Titel: „Der Barmherzige Vater“.

Diese Story, die fast ausschließlich von der Bedeutung eines Festes handelt, firmiert auch unter den Titeln vom verlorenen -beziehungsweise vom wiedergefundenen Sohn. Dem Ereignis angemessen ist aber auch ein Titel wie: „Vom Alltag zum Fest und zurück“. Zur Story: Das Fest ist legendär und umgeben von einer Aura der Einmaligkeit. Allerdings mündet dieses Fest wie jedes andere auch, nach wenigen Stunden wieder in dem Alltag.

Konkret: Der aus der Verlorenheit heraus heimkehrende Sohn wird gefeiert, da er mit dieser Heimkehr seinen bisherigen Alltag, Leben verlebt in der Gosse, hinter sich gelassen hat.

Dieses reichhaltige Fest zu Ehren des Zurückgekehrten wird von dem anderen der beiden Brüder, dem mutmaßlich Benachteiligten, der dem tradierten väterlichen Alltag treu geblieben ist, als verletzende Geringschätzung seines Alltages eingestuft. Seine Treue zum Alltag, so seine Empfindung, wird durch dieses Fest zum Abfall, den er in die Gosse geworfen sieht.

Neidvoll wendet er sich deshalb an den Vater, den Ausrichter der Festivität mit der Klage: „Mir hast du nie auch nur einen Ziegenbock geschenkt (…). Kaum aber ist der hier gekommen, dein Sohn, der dein Vermögen mit Dirnen durchgebracht hat, da hast du für ihn das Mastkalb geschlachtet(Lk 15,29f).

In seinen Augen also wird die Treue zum Alltag mit diesem von ihm als Unrecht empfundenen Fest mit Füßen getreten und so wertlos.
Der Fortgang dieser Story ist Ihnen vertraut, aber auch nachzulesen unter Lukas 15,11–32.

Was hat sich eigentlich nach dem umstrittenen Fest ereignet? Die beiden Söhne haben wohl wieder, wie einst vorher schon alltäglich, das Vieh auf der Weide gehütet – eben wie immer. Auch wenn der eine Bruder sich vernachlässigt gefühlt hat und der andere beschenk, ihr Alltag nach dem Fest ist (fast) derselbe wie einst vor dem Fest.

Den Gegensatz recht bedacht ist das Fest dem Alltag nicht entgegengesetzt. Vielmehr „adelt“ das Fest den Alltag, weil dem Alltäglichen etwas Besonderes wiederfährt, das den Alltag nun zum Fest werden lässt. Der Alltag ist die Grundlage der Erfahrbarkeit des Besonderen. Das Fest ist nicht der Urlaub vom Alltag, sondern seine Krone. Das Fest ist verankert in der Alltäglichkeit. Oft wird Klage laut über das Alltägliche, das sich immer Wiederholende, die Monotonie. Doch sei bedacht: Der Alltag ist der Mutterboden aller Feste, Kraftquelle, die dem Alltag dient, um wieder „feste“ zu feiern.

Erschienen in: Anzeiger für die Seelsorge 04/2020
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