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Die andere Lieferkette

Fragmentierung:

Lassen wir das Pferd mal weg, den Bettler auch, und selbst den Heiligen Martin; was bleibt dann übrig? Der Mantel! Der „Mantel“ hat ein einmaliges Narrativ, er wurde geteilt, so die Überlieferung. Ein halber Mantel, genauer bezeichnet als Umhang, ist der Kern dessen, was vom Heiligen Martin immer mal wieder, besonders aber am 11.  November jeden Jahres neu erzählt und gefeiert wird. Mit diesem geteilten Umhang, genauer mit der an den Bettler gegebenen Hälfte, begann eine Popularität des römischen Offiziers, Einsiedlers, Ordensmanns, Priesters und Bischofs, der am 8. November 397 starb, und später heilig genannt wurde, die historisch ihres Gleichen sucht. Vom ganzen Umhang ausgehend nach vorne erzählt, könnte jetzt die vertraute Martinserzählung folgen. Vom Umhang ausgehend zurück erzählt, geht es um seine Herkunft.

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Hallo, ist da wer?

„Hallo“ am Telefon, im Service, zu Hause, beim Einkauf, am Arbeitsplatz, Hallo ist in aller Munde.

Die Herkunft des Zurufes „Hallo“ ist unklar. Vielleicht hat er seinen Ursprung in dem mittelalterlichen Imperativ „halōn“, als Zuruf an den Fährmann „hol über“. „Hallo“ könnte seine Wurzel auch in einem Jagdruf haben, vergleichbar im Spanischen mit dem Begriff „olé“, oder aber angelehnt an den Begriff „Halali“ aus dem Französischen. Vielleicht besteht auch eine Verbindung zum hebräischen „הַלְּלוּיָהּ“ als Transkription in die deutsche Sprache zu „Halleluja“.

Eine gesicherte „Karriere“ hat der Begriff „Hallo“ mit der Entscheidung der Herren Bell und Edison gemacht, zwei entscheidenden Erfindern in der Geschichte des Telefons. Sie wägten ab, welches Wort beim Telefonieren als Begrüßung verwendet werden sollte. Edison gewann mit „Hello“, Bells verlor mit „Ahoy“.

Auch „Hallo“ zu rufen in Verbindung mit den drei Worten „ist da wer?“, ist heute Usus in vielen Sprachengemeinschaften.   Gab es eigentlich zur Zeit Jesu einen ähnlichen Begriff, mit dem Menschen auf sich aufmerksam machten, jemanden ansprachen oder im Bazar nach dem Händler riefen?

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Was kann aus Liebe werden

Der junge Mann beschrieb eine Bildsequenz, die er detailliert vor Augen hatte: Vor wenigen Tagen bin ich 17 geworden. Es ist ein sonniger Samstag an dem Vater und ich unterwegs sind, um die größeren Einkäufe zu erledigen und den Wagen vollzutanken. An der Tankstelle angekommen, ich sitze auf dem Beifahrersitz unseres hellblauen Fiat, steigt mein Vater aus, geht an die Zapfsäule, tankt, bezahlt, setzt sich wieder hinter das Lenkrad und greift nach dem Türgriff. Total unvermittelt stellt er mit dem Zuschlagen der Wagentür fest: „Ich hätte mich schon längst von deiner Mutter getrennt, wäre da nicht mein Beruf.“

Dann erläuterte der junge Mann: Sein Vater war in einer kirchlichen Beratungsstelle tätig. Aber nach diesem kurzen Monolog des Vaters im Auto haben sie nie weiter darüber gesprochen. Erst viel später hat er angefangen darüber nachzudenken, was er geantwortet hätte, wenn der Vater ihn damals nach seiner Meinung gefragt hätte.

Etwas versonnen bemerkte er weiter: „Die Ehe der Eltern ist nicht sehr harmonisch verlaufen und für uns Kinder ist das oft auch belastend gewesen“. Seine detaillierte Erinnerung mündete in die biographische Feststellung: Die Eltern haben sich nicht getrennt, beide sind fast 80 Jahre alt geworden und sind innerhalb von knapp drei Monaten, nacheinander, ohne diagnostizierte Krankheit, an Herzversagen gestorben. Dann schloss er sinnend: „Was kann aus Liebe werden?“

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Kleine Portion Macht

Haben Sie auch solche oder ähnliche Erinnerungen? In meiner Schulzeit freuten sich die anderen in der Klasse, wenn der Sportlehrer ankündigte: „Heute ist kein Bodenturnen dran, sondern Fußball.“ Das folgende Ritual der Mannschaftsaufstellung war immer gleich. Die zwei „besten“ Fußballer der Klasse wurden vom Lehrer aufgefordert, die Mannschaften zu bilden. Die suchten sich dann abwechselnd die anderen „Besseren“ heraus, bis nur noch die absolute Lusche dastand, und die war ich, die dann mit den Worten „verschenkt“ wurde: „Den Stender gibt es noch obendrauf.“ Zugegeben, ich, genauer meine Füße und der Ball fanden nie sportlich zueinander, denn entweder trat ich neben den Ball oder der Ball verfehlte sein Ziel.

Auch wenn ich immer wieder durch die Mannschaftsaufstellung als Lusche identifiziert wurde, beneidete, ja bewunderte ich die beiden herausragenden Fußballer, obwohl sie mich zur Lusche machten, beziehungsweise von einer höheren Autorität die Macht dazu verliehen bekamen mir diesen Platz zuzuweisen.

Noch heute erinnere ich mich an diese Mannschaftsaufstellung und meine Rolle in diesem kleinen System. Doch verbinde ich mit dieser Erinnerung keinen Groll und auch nicht das Gefühl durch den Gebrauch von Macht erniedrigt worden zu sein. Die Jungens damals wollten einen guten Fußball spielen, und das die bessere Mannschaft gewinnt. Ich konnte zu einem Gewinn sowieso nichts beitragen, das war mir und den anderen klar. So konnte ich, landete der Ball mal durch Zufall zu meinen Füßen, entspannt daneben treten, alles andere hätte mich und die anderen überrascht.

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Das Leben in Ecken

In den eigenen vier Wänden fühlt sich der Mensch meist wohl. Zu Hause sein bedeutet Orientierung, Geborgenheit und bedingt Freiheit.

Aber versuchen Sie doch mal Ihre eigene Wohnung aus der Perspektive eines Besuchers zu betrachten und bringen Sie ruhig eine kleine Portion Neugier auf. Vorab: Dieser Artikel könnte seine Wirkkraft besser entfalten wenn Sie ihn innerhalb ihrer vier Wänden lesen.

Also, Sie kommen durch die Wohnungstüre in den Flur, gehen rechts, wenn es geht und sie nicht vor eine Wand laufen, sonst links oder vielleicht auch ersteinmal ein Stück weiter gerade aus. Links und rechts geben Türen den Blick frei in Zimmer, von denen jedes seinen eigenen  Charakter hat mit speziellen Funktionen. Schauen Sie nun kleinteiliger auf Schränke, Regale, Sitzecke, Esstisch, Sofa, Anrichte, Fensterbänke, Bett, Badewanne und einiges mehr. Noch kleinteiliger hingeschaut könnten Sie Bücher entdecken, Fernseher, Pc,  Vasen, Skulptugen, Papiere, Musikanlage, Bilder, Porzellan, Zeitungen … Frage: Schauen Sie jetzt nur in den Artikel oder schweift ihr Blick schon durch Ihre vier Wände, was gut wäre, denn jetzt kommen entscheidende Fragen, die alle enden mit den selben Worten: „oder auch nicht“.

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Predigt anlässlich der Renovabis-Pfingstaktion 2022 „Dem glaub ich gern“

Predigt: Pfarrer Christoph Stender

Liebe Schwestern, liebe Brüder im Glauben.

Dem glaub ich gern! Diese Gewissheit war den ersten Begleiterinnen und Begleitern Jesu gemeinsam. Voller Begeisterung verbreiteten sie ihre Überzeugung: Diesem Jesus, dem glaub ich gern! Ihre Überzeugung stand so am Beginn der Ausbreitung des Christentums. Noch waren keine Berichte über Jesus schriftlich verfasst, so wie sie uns heute in dem Sammelband der Bibel zur Verfügung stehen. Jesu Botschaft von Gott, dem liebenden Vater, von Umkehr auf die Wege unzerbrechlichem Leben als auch die Berichte von Jesu heilendem Handel, wurden von Mund zu Mund weitergegeben, wurde erst einmal „nur“ erzählt.

So faszinierend diese Erzählungen aber auch waren und so begeistert sie auch aufgenommen wurden, wichtig war den Menschen zur Zeit Jesu die Glaubwürdigkeit derer, die erzählten. Die Annahme der Glaubwürdigkeit der Erzählerinnen und Erzähler war in der Regel die Voraussetzung dafür, dass ihnen überhaupt zugehört wurde, um dann das Gehörte gegebenenfalls auch verlässlich weitererzählen zu können.

Das Vertrauen der Hörerschaft in die Erzählerinnen und Erzähler, sowie ihre Bereitschaft selbst unvoreingenommen zuzuhören, ließ in der Nachfolge Jesu, Schritt für Schritt die Erzählgemeinschaft werden, die wir als Gemeinschaft der Christinnen und Christen bis heute weiterhin sind.

In dem Evangelium zum Pfingstfest geht Johannes an den Beginn der Erzählgemeinschaft zurück und berichtet von den Jüngern Jesu, die aus Angst hinter verschlossenen Türen beisammen waren. Aber ein angstvolles Beieinanderhocken, ein sich Einschließen ist keine gute Voraussetzung, glaubwürdig die Worte Jesu zu verkünden. Die Botschaft Jesu braucht Freiraum, in dem sie ihre Kraft entfalten kann und so Menschen spüren lässt, dass die Worte Jesu das eigene Leben verändern können.

Deshalb tritt Jesus in die Mitte seiner gelähmten Jünger und sagt klar: „Ich sende euch!“ Jesus kommt ihnen nahe, haucht sie an, und sagt ihnen zu: „Empfangt den Heiligen Geist.“

Dieser Geist macht lebendig, motiviert, ermutigt, hilft abzuwägen und zu entscheiden. Dieser Geist Gottes befreit den Menschen von seiner Angst um sich selbst und öffnet verschlossene Türen.

Mit den Jüngern gemeinsam gingen dann geisterfüllt Frauen und Männer in die Städte und Dörfer und erzählten was sie über Jesus gehört hatten, wie sie über ihn dachten und dass er ihr Herz berührt hat. So wächst durch die Erzählung dieser einzigartigen Persönlichkeit die Erzählgemeinschaft weiter, breitet sich aus, und lässt die Menschen, die Christus für sich haben entdecken dürfen, gemeinsam Kirche sein.

Liebe Schwestern liebe Brüder,

auch heute ist Kirche ihrem Wesen nach eine solche Erzählgemeinschaft. In vielen Ländern aber, so auch in Deutschland, hat die Kirche meist selbstverschuldet Akzeptanz verloren.

Menschen sprechen auch unserer Kirche jedwede positive Bedeutung ab, glauben ihr sozusagen kein Wort mehr. Der Grund dafür ist mangelnde, bis hin zu ganz verloren gegangener Glaubwürdigkeit. Das macht jene traurig und auch ratlos, die sich mit der Kirche noch verbunden fühlen.

Die Folgen daraus aber dürfen nicht sein, dass Kirche von sich aus sich abkapselt und einschließt. Auch in schweren Zeiten, in erster Linie für die Menschen, denen die Kirche Leid zugefügt hat, gilt das Wort des Apostel Paulus: „Der Glaube kommt vom Hören“ (Röm 10,17).

Wir bleiben als Christinnen und Christen gesandt, die Botschaft Jesu Christi zu verkünden und von unserem Glauben zu erzählen. Denn wenn wir nicht mehr, wenn niemand mehr von seinem Glauben an Jesus Christus erzählen würde, dann gäbe es auch nichts mehr zu hören und somit keinen Grund zu glauben.

Das katholische Hilfswerk Renovabis hält dagegen, da die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich in diesem Hilfswerk engagieren, vom christlichen Glauben sprechen und aus der Kraft des Glaubens Menschen helfen.

Liebe Geschwister,

unser Osteuropa-Hilfswerk, Renovabis ist ein Teil der Erzählgemeinschaft die wir gemeinsam als Kirche sind. Diesem Hilfswerk schenken Menschen von Albanien bis Weißrussland und von Estland bis Tadschikistan ihr Vertrauen, weil die Menschen, die im Namen des Hilfswerk Renovabis handeln, glaubwürdig sind.

Diese engagierten Menschen, so formuliert das Werk Renovabis eines seiner Ziele selbst, möchten zeigen, dass trotz und neben vieler Erfahrungen von dem, was uns trennt wie Glaubenspraxis und Tradition, und unterschiedliche Gesellschaftsmodelle es auch vieles gibt, das uns verbindet: die gemeinsame Geschichte, der persönliche und gemeinschaftliche Glaube, die Erfahrung der Solidarität.

Renovabis ist aber keine Einbahnstraße nach Osteuropa. Das Hilfswerk ermöglicht ein Geben und Nehmen, Renovabis lebt vom Dialog, Renovabis ist ein Dialog! Dieser Dialog ist in den vergangenen Jahren in eine Krise geraten, so analysiert das Hilfswerk selbst. Zu den Ursachen gehört, dass die Gesellschaften und deren politische Eliten im östlichen Europa in einigen Bereichen deutlich andere Positionen vertreten als die westlichen EU-Mitgliedsstaaten. Ursachen sind auch kontroverse Themen wie Geschlechtergerechtigkeit und die Frage der sexuellen Selbstbestimmung. Auch das Verhältnis zwischen den Kirchen in Ost und West ist schwieriger geworden: Als Beleg dafür lässt sich das verbreitete Misstrauen in den Kirchen Mittel- und Osteuropas gegenüber dem „Synodalen Weg“ innerhalb der katholischen Kirche Deutschlands einordnen; vielfach werden die hiesigen Reformbemühungen als Vorstufe zu einer neuen Reformation oder „Abspaltung von Rom“ bewertet.

In heutiger Zeit, in der die Kontroversen zunehmen und sich oft auch zuspitzen, ist der ehrliche Dialog, das offen geführte Gespräch einzig der Würde des Menschen entsprechend.

Perspektivisch zugespitzt lässt sich in Anlehnung an das Gedicht „Friedensfeier“ von Friedrich Hölderlin (1770-1843) sagen: „Weiter ist der Mensch, seit ein Gespräch er ist“.

Wir, als Erzählgemeinschaft wollen auch zukünftig glaubwürdig bleiben und Gespräch sein. So stehen wir weiterhin zu dem klaren Dialog, dem geschwisterlichen Gespräch zwischen Ost und West. Wir wollen dieses partnerschaftliche Miteinander mit unseren Möglichkeiten und Mitteln spürbar stärken.

Lassen Sie uns hier gemeinsam Amen sagen, dass es so sei: Amen.

Pfingsten 2022
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Predigt anlässlich der Ankündigung der Renovabis-Pfingstaktion 2022 „Dem glaub ich gern“

Predigt: Pfarrer Christoph Stender

Liebe Glaubensschwestern, liebe Glaubensbrüder,

zu wissen, wohin man gehört, ist ein großes Geschenk. Jeder von uns braucht Menschen, zu denen er gehört. Manchmal ist es nur ein einziger Mensch, der wissen lässt, wohin man gehört. Oder es ist die Familie, die gerade auch im Konflikt Beheimatung schenkt. Zugehörigkeit erfahren Menschen, die ihr Hobby gemeinsam pflegen und besonders auch ein Freundeskreis lässt getragen sein erfahren. Auch religiöse Gemeinschaft können spüren lassen, wohin man gehört.

Unsere eigenen Zugehörigkeiten machen wir uns allerdings nicht jeden Tag aufs Neue bewusst, sie stehen in unserem Alltag oft nicht im Vordergrund, da alltägliche Herausforderungen unsere Aufmerksamkeit beanspruchen. Aber, im Hintergrund sind unsere Zugehörigkeiten präsent. Meine Zugehörigkeit zu Menschen, also mein bei ihnen beheimatet sein ist ein Teil meiner Identität und gibt mir auch die Kraft, besonders in schweren Situationen meinen Alltag zu bewältigen. Solche Beheimatung schenken uns liebe Menschen, die unser Herz spüren lassen dazuzugehören.

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Die weit geöffneten Kirchentüren am Samstagabend zu den konfessionellen Gottesdiensten ökumenisch sensibel

Von einem normalen Ökumenischen Kirchentag (ÖKT) konnte man anlässlich auch seiner zweiten Wiederkehr nach Berlin und München in Frankfurt mit einem allgemeinen Blick auf die Gesamtkonzeption der Liturgien und mit einem besonderen Blick auf die Gottesdienste am Samstagabend, eingebettet in sein Gesamtkonzept, nicht sprechen. Zum einen schon deshalb nicht, weil sich aus den beiden Vorgängern, bezogen auf das Gottesdienstangebot keine durchgängige Linie ableiten lässt, obwohl eine Vergleichbarkeit mit Kirchentagen und Katholikentagen gewollt ist.

Nicht nur jeder DEKT und KT, sondern auch die konfessionsverbindenden ÖKT´s sind je ein Unikat, aber den Frankfurter ÖKT machte die Coronapandemie zu einem herausragenden.

Die große Hoffnung Mahlgemeinschaft bleibt zu hoffen

Allen drei Ökumenischen Kirchentagen war eine Hoffnung und deren Enttäuschung gemeinsam. So war denn auch mit der Durchführung des 3. ÖKT die Hoffnung verbunden, wonach sich viele aktive Christinnen und Christen schon seit Jahren und Jahrzehnten sehnen, die Mahlgemeinschaft (mindestens) zwischen der katholischen und der evangelischen Konfession.

In dem Beschluss „Grundlagen, Aufgaben und Ziele des 3. Ökumenischen Kirchentages in Frankfurt“, verabschiedet vom Hauptausschuss des ZdK am 25. März 2018 und vom Präsidium des DEKT am 14.04.2018 wird abschließend formuliert: „Wir sehnen uns danach, gemeinsam Abendmahl/Eucharistie feiern zu können. Deshalb werden wir mit ganzer Kraft bei der Vorbereitung, während der Tage in Frankfurt am Main und nach dem Ökumenischen Kirchentag, in gestärkter Verbundenheit um die Möglichkeit eines gemeinsamen Abendmahls ringen. Ökumenische Fortschritte sind möglich und dringend nötig. Wir müssen nicht begründen, was wir gemeinsam, sondern was wir noch getrennt tun.“[1]

Mit der Vorbereitung des 3. ÖKT war zu erwarten, dass die Sehnsucht nach dem gemeinsamen Mahl mit derselben Intensität im Raum stehen würde, wie das beim 1. und 2. ÖKT auch der Fall war. So wurde die Mahlgemeinschaft in Berlin nicht erreicht und das gemeinsame Taufgedächtnis bildete im Eröffnungsgottesdienst eine starke Verbindung unter den Konfessionen. Auch später in München wurde die Mahlgemeinschaft nicht erreicht und die Feier der Artoklasia wurde zu einem starken gemeinsamen Zeichen.

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Von versteckten Flügeln

Engel biblisch und aktuell

Engel sind in Fassetten unserer Gesellschaft wie auch partiell im öffentlichen Raum präsent. Engel „zeigen“ sich beispielsweise in der Literatur, Kunst, Kulturgeschichte, in Kirchenräumen sowie im Judentum, Islam und im Christentum.
Laut einer Umfrage des Spiegel1 von 2019 glauben in Deutschland 40 der Bevölkerung an Engel. Diese Zahl lädt ein, doch direkt einmal die Gretchenfrage zu stellen: Liebe Leserin, lieber Leser glauben Sie an Engel? Also: Gibt es Engel für Sie?

Engel sind gegenwärtig

Eine fundierte Recherche im www. vermittelt auch Glaubensfernen, dass Engel für viele Menschen in unterschiedlichen Kulturen und verschiedenen Epochen von Bedeutung waren und sind. Engel begegnen Menschen in oft unterschiedlichen Konstellationen und Gruppierungen.

Die Gruppe derer, die Eucharistie feiern, werden zum Beispiel immer am Schluss der Präfationen mit den Engeln konfrontiert, so in der vom 3. Advent: „Darum preisen wir dich mit den Kerubim und Serafim und singen mit den Chören der Engel das Lob deiner Herrlichkeit.“

Der Gruppe derer, die in der Bibel lesen, begegnen Engel z. B. bezogen auf die Person Jesu bei Mt 4,11: „Darauf ließ der Teufel von ihm ab. Und siehe, es kamen Engel und dienten ihm“, oder bei Lk 22, 41-43: „Er kniete nieder und betete: Vater (…) nicht mein, sondern dein Wille soll geschehen. Da erschienen ihm Engel vom Himmel und stärkten ihn.“

Die Gruppe derer, die im Buchhandel die Abteilung Religion und Spiritualität aufsuchen, finden neben Literatur zur Engelwelt – unter anderem auch von namhaften katholischen Autoren – auch Handschmeichler als Engeldarstellungen, Bilder von Schutzengeln oder Engelputten aus den verschiedensten Materialien gefertigt.

Die Gruppe derer, die besonders affin für die Kunst sind, finden nicht nur in der Kunst- und Kulturgeschichte der letzten 2000 Jahre, sondern auch aktuell viele Darstellung von Engel, so im Bild- und Buchdruck, in Gemälden und als Plastiken sowie in der Gestaltung von liturgischen Räumen. Für letzteres sei ein aktuelles Beispiel genannt mit der Neugestaltung der Kirche St. Peter und Paul in Sigmaringendorf² im Herbst 2021. Dort ist im Chorabschluss das Kreuz von drei es überragenden Engelsfiguren umgeben; und auf der Brüstung der Orgelempore verweisen Engelmotive auf die 10 Gebote.

Gemäß dem Festtagskalender der katholischen Kirche begehen am 29. September die Christen das Fest der drei Erzengel Michael, Gabriel und Rafael. Drei Tage später, am 2. Oktober folgt im Liturgischen Kalender der Gedenktag der heiligen Schutzengel.

Die Gruppe der theologisch Interessierten findet im Rahmen der Dogmatik in der Angelologie (von griech. αγγελος „Sendbote“, λόγος „Wort, Lehre“) Abfassungen über das Dasein und den Ursprung der Engel, über deren Natur und Anzahl. So versucht die Angelologie das Phänomen Engel systematisch zu erfassen.
 Weit zurück liegen die Wurzeln der Engel in der Götterwelt. Aus Mesopotamien sind uns Mitte des 3. Jahrtausends v. Chr. 560 Namen verschiedener Götter überliefert. Die Menschen damals glaubten an Hierarchien der Götter und unterhalb dieser Hierarchien ihnen untergeordnet auch an dienende Wesen. Diese Wesen waren außerirdisch, konnten aber Tiergestalt und auch Menschengestalt annehmen. Die meisten dieser Wesen waren den Menschen gegenüber freundlich gesonnen und gehörten so der Gattung der Guten an, aber es gab auch die Gattung der Bösen. Aus der ersten Gattung entstanden später die Engel.³

Im Mittelalter erreichte die Lehre der Engel ihre größte Entfaltung, verlor dann aber immer mehr an Bedeutung. Auch wenn diese Disziplin besonders nach dem II. Vatikanischen Konzil keine besondere Befassung mehr gefunden hat, so haben auch namhafte Theologinnen und Theologen sich im vergangenen Jahrhundert mit der Thematik immer mal wieder beschäftigt. Zu ihnen gehörten u. a. Dorothee Sölle, Romani Guardini, Karl Barth, Leo Scheffczyk, Ludwig Ott und Herbert Vorgrimler. Karl Rahner hat sich eher zurückgehalten in Sachen der Engel.

Engel sind präsent, ob in der Bibel, im Gottesdienst, in der Kunst, in der Theologie, im städtischen Bereich auf Denkmälern und Hausfassaden, in den Medien, auf Friedhöfen oder in einer Kaffeebar im Flughafen von Tel Aviv auf Kaffeebechern als „Engel to go“4.

Engel im Wandel

 Romano Guardini (*1885 †1968) beginnt seine theologische Betrachtung zum Engel, in der er etwas von der „ursprünglichen biblischen Größe der Engel erfassen will“5, wie folgt: „Mit ihrer Gestalt ist im Lauf der Zeit eine Veränderung vor sich gegangen. Wenn die Schrift von ihnen spricht, erscheinen sie in der Herrlichkeit und Glut Gottes. Das Geheimnis des Gottesgeistes umgibt sie. Seine Mächtigkeit erfüllt sie. Diesen Charakter behalten die Engel im Bewusstsein der Glaubenden lange Zeit hindurch. Dann aber wird ihre Gestalt immer menschenhafter. Ihr Wesen gleitet immer tiefer in die Welt. An die Stelle des heiligen Geisteswaltens tritt das religiöse Gefühl; an die Stelle des Glaubens die Legende oder gar ein von niemand mehr ernst genommenes Märchen. Ihr Bild wird sentimental, spielerisch, und für das christliche Leben verlieren sie alle Bedeutung.“6

Guardini beschreibt seine Wahrnehmung von einem Wandel der Engelbilder ausgehend von ihrer Ernsthaftigkeit in der Bibel hin zu einer nicht mehr ernstgenommenen Märchengestalt, die nur noch eine Karikatur des biblischen Engels ist.
Schauen wir kurz noch einmal in die Bibel. Dort begegnen wir Engeln oft als Boten (Gottes) oder als Weggefährten (des Menschen). Sie fallen nicht vom Himmel, sondern der Engel „tritt ein“ oder er „findet jemanden“ bzw. er „berührt“, meist in kritischen Momenten oder Augenblicken der Veränderung menschlicher Lebenssituationen.
Eines charakterisiert die Handlungen aller Engel in der Bibel: Gott ergreift mit ihnen die Initiative.
Der Engel mit Flügeln kommt in der Heiligen Schrift nur in der Offenbarung des Johannes Kp.14, Vers 6 vor: „Dann sah ich: Ein anderer Engel flog hoch am Himmel.“ Auch auf den Schutzengel weist im NT nur das Evangelium nach Matthäus, Kap. 18 V. 10 hin: „Hütet euch davor, einen von diesen Kleinen zu verachten! Denn ich sage euch: Ihre Engel im Himmel sehen stets das Angesicht meines himmlischen Vaters.“

Bezogen auf das biblische Handeln der Engel werden in der Ausgabe Bibel heute, 3. Quartal 2020 die Botschaften der Engel in Dimensionen gebündelt7.
Die Dimension der Wegweisung drückt sich aus in „steh auf und geh“, oder „mach dich auf den Weg“, die die Ermutigung vermittelt „sei guten Mutes“ oder „fürchte dich nicht“. Eine weitere Dimension stellt die Lebensrettung dar „Rette dich, es geht um dein Leben“ oder „steh auf und flieh“. Die Dimension der guten Nachricht verdichtet sich in Aussagen wie „du wirst schwanger werden und ein Kind bekommen“ oder „Er ist auferstanden“. Und die der Zuwendung Gottes findet Worte wie „der Herr hat dich in deinem Leid erhört“ oder „ich will dir Segen schenken in Fülle.“ Mit diesen Dimensionen werden die biblischen Handlungen der Engel seriös verdichtet, wohl auch ganz im Sinne von Romano Guardini.

Eine Engelsstimme: „Faule Sau“

Aber wie ist folgender Werbeclip mit Engel zu beurteilen? Verkörpert er die im Sinne Guardinis nicht mehr ernstgenommene Märchengestalt, ist er also eine Karikatur des biblischen Engels?
Dieser Werbeclip wurde von der Werbeabteilung eines Automobilkonzerns in Auftrag gegeben.
Er ist brillant konzipiert, produziert und bringt seine Botschaft präzise auf den Punkt. Schauen Sie ihn sich an. Sie finden ihn unter https://youtu.be/BXNEHIt6dRg.
Dieser Clip eignet sich aber auch gut erzählt zu werden. Ich möchte Sie ermutigen, den Bildern, die sich während meiner Erzählung nun in Ihrem Kopf abzeichnen Raum zu geben.

In weißen kuschligen Wolken sitzen zwei Engelputten mit nacktem Oberkörper und kleinen Flügeln einander schräg gegenüber. Eine hat ihr Kinn auf Hand und Ellenbogen gestützt und im Hintergrund ist leises Harfenspiel zu hören.
Fragt der eine Engel mit kindlicher Stimmlage: „Ej, wer bist du denn eigentlich“. Gibt der Gefragte zur Antwort: „Ich bin ein Schutzengel“. Drauf der Fragende: „Ich auch, und wen beschützt du?“ Antwort:„Einen Autofahrer.“ Der andere: „Was für ein Auto fährt er denn?“ Antwort: „[Nennung der Automarke)“. Reaktion: „Faule Sau.“
Ich möchte mich jetzt hier nicht über die Werbung und ihre Klischees auslassen aber lassen Sie mich zur Einordnung Fachkompetenz zitieren:

„Ob Schutzengel oder Erzengel, erkannt werden die englischen Motive von den meisten Menschen, auch wenn sich manche an deren Herkunft und Inhalte nur ungenau erinnern. Engel sind dank der weitaus weniger dogmatischen und theologischen Einbettung in der christlichen Kultur freier von historischem, religiösem und kulturellem Ballast, und das macht sie zum idealen und zudem kostenfreien Werbeträger. Denn die gute Wiedererkennung eines Motivs erhöht die Erinnerungswahrscheinlichkeit für das damit beworbene Produkt.“8

 

Die von diesem Werbeclip ausgehende und von der Werbeabteilung des Automobilkonzerns intendierte Botschaft lautet: Bei uns ist der Schutz mit dem Produkt gewährleistet und damit ist absolute Sicherheit garantiert.
Auf den Schutzengel dieser Automarke müssen seine himmlischen Kollegen anderer Fabrikate neidvoll schauen, da bei solcher Qualität des Produktes selbst ein Schutzengel nichts mehr zu tun hat, was der „Werbeengel“ von der in dem Clip nicht genauer genannten Konkurrenz spontan bemerkt: „Faule Sau.“
Beispielhaft ist die Gestalt des Engels hier komplett aus einem biblischen Kontext herausgenommen, und reduziert auf eine positive, nicht mehr klar zu verordnende religiöse Emotion, die mit dem Engel einen starken Schutz verbindet und diesen Schutz auf das beworbene Produkt überträgt. Der Engel wird hier benötigt als Träger einer positiven Botschaft, wie in einer der biblischen Dimensionen (siehe oben) auch. Aber die Botschaft lautet eigentlich: Das Produkt braucht keinen Engel, das Produkt ist Sicherheit und damit Schutz an sich! Für exakt diese Botschaft aber bedarf es hier den „Umriss“ eines Engels.
Ein solcher „potemkinscher Engel“ ist nicht gemeint in der allgemeinen heute gegenwärtigen Engelorientierung im Alltagsleben so mancher Menschen. Denn sie meinen sich nicht von der Gegenwart „ihres Engels“ getäuscht zu wissen, sondern ihr Engel ist da.

Der Engel der anderen

Der Engel ist in unserer Gesellschaft für viele Menschen, wie die Spiegelstudie (s.o.) besagt, präsent. Aber wo kommt er in unserer Zeit her?

Claus Westermann (*1909 † 2000), evangelischer Theologieprofessor in Heidelberg beginnt seine Publikation mit dem Titel „Gottes Engel brauchen keine Flügel“ (ein allgemein anerkanntes Standardwerk zur Thematik der Engel) wie folgt: „Kämen keine Engel mehr, dann ginge die Welt unter. Solange Gott die Erde trägt, schickt er seine Engel“, und darauffolgend definiert er: „Der Engel kommt ins Sein mit seinem Auftrag, er vergeht mit der Erfüllung seines Auftrags, denn seine Existenz ist Botschaft.“9 Der Engel als Botschafter entspricht einer der oben aufgeführten biblischen Kategorien.
Aber längst nicht alle Menschen, die von der Existenz der Engel überzeugt sind, glauben auch an Gott, wie die oben schon erwähnte Studie weitergehend besagt: „An die Existenz von Engeln glauben in Ostdeutschland mehr Menschen (36 Prozent) als an Gott (26 Prozent).“10
Auf Friedhöfen ist beispielsweise festzustellen, dass auf vielen Grabstellen, auf denen keine christlichen Symbole mehr zu finden sind, wie Kreuz oder die „betenden Hände“ von Dürer, vermehrt Engelfiguren den Besucher anschauen.

Die Herkunft der Engel wird heute also nicht ausschließlich Gott zugeschrieben, dem Gott der Christen von dem Jesus in seinem Leben und durch seine Auferstehung gekündet hat. Auch die den Engeln zugewiesenen Aufgaben gehen über die des Botschafters hinaus bzw. haben mit einem solchen biblischen Format nichts mehr zu tun. Andere Funktionen, wie sie auch biblisch hergeleitet werden könnten – wie die Schutz- und Begleitungsfunktion -; scheinen heute zwar angesagter, ohne aber, wie gesagt, „göttlichen Ursprungs“ zu sein.

Der herbeigesungene Engel

Der aus Münster stammende 1981 geborene Sänger Johannes Oerding deutet in den Strophen seines Songtextes „Engel“ Situationen in seinem Leben an, in denen er gefallen ist, kein Licht mehr gesehen hat, über Steine gestolpert ist, Grenzen überschritten hat und auf dünnem Eis gelaufen ist, aber irgendwie doch nichts Schlimmeres passiert sei. Die Strophen des Liedes münden in den Refrain: „Denn dass da ein Engel ist, hab ich sofort gewusst, hat seine Flügel gut versteckt, damit die Welt ihn nicht entdeckt. Denn dass da ein Engel ist, war mir von Anfang an so klar, denn wann immer ich einen brauchte, war er da.“11 Oerdings Song12 mündet dann in seiner Erkenntnis: „Und irgendwo da draußen, egal ob Tag oder Nacht, hat jeder seinen Engel, der schützend über ihn wacht.“
Die Begründung für die Präsenz der Engel liegt in der Einsicht, das ihm von Anfang an klar war, dass es da Engel gibt, und seine Verborgenheit vor den Augen der Welt beschreibt Johannes Oerding mit dem schönen und geheimnisvollen Bild, der Engel habe seine Flügel gut versteckt.

Auch die Wise Guys, eine Musikgruppe, die Anfang der 1990er aus einer Kölner Schulband hervorgegangen ist, hat einen Song13 in ihrem Repertoire, der den Titel „Ein Engel“ trägt.
Hier wird ein Engel beschrieben, der sehr vielseitig begabt ist, der Wege weist, leitet, an die Hand nimmt; der immer nah ist, immer da ist; der zuhört, im Arm hält und Briefe schreibt. Ein Engel der wach bleibt, wenn die Angst dich umtreibt; der sich für dich den Kopf zerbricht und dich nie im Regen stehen lässt. Dieser Engel ist leicht zu übersehen, denn er kann überall sein. Dann spricht der Song den Zweifler an, der sagt: „Diesen Engel gibt es nicht“, worauf der Song antwortet: „Doch dieser Engel ist da.“
Auch in diesem Lied ist der Engel einfach da, mit ihm wird kein Daseinsgrund verbunden.

Engel sollen da sein

Verkörpern Engel, besonders auch für Menschen, die sich keiner christlichen Konfession zuordnen, eine Sehnsucht, den Wunsch nach Geborgenheit, Zuwendung und Begleitung?

In beiden Songtexten wird weder nach einem Engel gefragt noch gerufen, sondern er wird konstatiert. Der Engel ist „einfach“ da, ohne die Feststellung jedweder „übermenschlichen“ Ursache!

Beide Texte scheinen den Ursprung der Engel zu verorten in der Erfahrung derer, die die Texte geschrieben und/oder gesungen haben. Sie beschreiben und besingen also ihr Dasein, das sie erlebt haben in ihrem und in dem Leben anderer Menschen! So knüpfen die „aktuellen“ persönlichen Erfahrung mit Engeln an die Erfragungen an, wie sie in der Heilige Schrift und in der Tradition beschrieben werden, dass sie „einfach da sind“, nur in den beiden Songtexten anders als in der Bibel ohne ausdrückliche Beziehung zu Gott.

Diese „gottfernen“ Engel der Anderen vergegenwärtigen etwas Gutes, Schönes und Tröstendes, das Menschen in ihrer Welt als Datum, als gegeben, als Geschenk erfahren haben, dies aber ohne einen Bezug zu Gott herstellen zu müssen oder gar zu wollen?

Reduziert sich hier vielleicht sogar eine einst biblische Erfahrung des himmlischen Engels auf die einer zwischenmenschlichen Beziehung, wie sie in dem Refrain des Liedtextes von Wilhelm Willms, Priester und Lyriker (*1930 †2002) zum Ausdruck gebracht wird: „Wirst du für mich, werd ich für dich der Engel sein“14

Von den Engeln der anderen lernen

Konkret als Christinnen und Christen und als Kirche Jesu Christi müssen wir uns am Rand des Phänomens der Engel Anderer fragen, ob das was die Engel der „Anderen“ versprechen, wir als Kirche Kraft unserer Sendung nicht auch versprechen könnten. Werden die ersehnten Lebenshilfen vieler Menschen heute übertragen auf die Vision von ihren Engeln, die von irgendwoher diese Hilfe ihnen angedeihen lassen, eben da sind?

Den Engel der Anderen halte ich für eine pastorale Herausforderung, auch aus diesem Blickwinkel zu prüfen und neu in der Offenbarung unserer Kirche zu graben, ob da nicht verwurzelter, befreiender und verbindlicher zu finden ist, was die Anderen suchen. Ist es vielleicht die Hoffnung der Menschen, dass da „jemand“ da ist? Aber ist das nicht gerade die Intention und Berechtigung von Kirche, in den lebensrelevanten Sehnsüchten der Menschen „da zu sein“?

Vielleicht trauen sich die Engel der Bibel in den Engeln der Anderen hinaus über Konfessionen, Traditionen und kirchliche Strukturen und zeigen sich in der Welt, ungeachtet eines kirchlichen Wirkungsbereichs.

Die Gretchenfrage

Die Gretchenfrage vom Beginn dieser Ausführungen aufgegriffen: Gibt es Engel für Sie?
Ich finde meine Antwort in der Antwort auf die Verkündigung des Erzengel Gabriels, der Maria über ihre anstehende Schwangerschaft informierte.Wenn Menschen zugetragen bekommen „schwanger zu werden“ in Gedanken, Worten und Werken, kann ein Engel im „Spiel“ gewesen sein, mit versteckten Flügeln, bei verschlossenen Türen.

Anmerkungen:

¹ Quelle: https://fowid.de/meldung/christli-cher-glaube-deutschland-2019 (August 2021).

² Quelle: Michael Winter, Konradsblatt 28 (2021), S. 27f.

³ Vgl.: H. Vorgrimler, U. Bernauer, T. Sternberg, Engel. Freiburg i. Br. 2001, S. 10.

⁴ Vgl.: Engel – ganz nah, Bibel heute 3/2020,13.

⁵ Romano Guardini, Engel. Theologische Betrachtungen. Mainz 1995, S. 12.

⁶ A.a.O. S. 11f.

⁷ Vgl.: Engel – ganz nah, S. 9.

⁸ http://2dbild.ch/engel/index.php?page=haupt4/unter9/sub4 (02.08.2021).

⁹ Claus Westermann: Gottes Engel brauchen keine Flügel. Stuttgart 51989, S. 7 (Nachdr. d. Ausg. München 1965).

¹⁰ https://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/christen-an-ostern-immer-weniger-deutsche-glauben-an-gott-a-1263630.html (20.08.2021).

¹¹ Vgl.: https://www.google.com/search?client=fire-fox-b-d&q=Johannes+Oerding+-+Engel+ (23. 07. 2021).

¹² Song: https://www.youtube.com/watch?v=xYzbh-vGypvM (23. 07. 2021).

¹³ https://www.youtube.com/watch?v=5GjAMZZy-W9g.

¹⁴ Wilhelm Willms, Der geerdete Himmel. Kevelaer 1974.

In Aufsätze, Aufsätze + Artikel veröffentlicht | Kommentieren

Morgenandacht 19.6.

Zum Anhören:

(MP3) von Christoph Stender

Deutschlandfunk, „Morgenandachten“
In Radio-Ansprachen veröffentlicht | Kommentieren
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