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Pressekonferenz zum Festakt zur Präsentation des Forum Hochschule und Kirche

Statement von Hochschulpfarrer Christoph Stender
Vorsitzender des Forum Hochschule und Kirche e.V.

1. Die Wandelbarkeit bundesweiter Strukturen der Hochschulpastoral

Das Engagement der christlichen Kirchen Deutschlands an Universitäten, Hochschulen und Fachhochschulen vor Ort in den Diözesen und auf Bundesebene hat eine lange und sehr ausdifferenzierte Tradition. Die bundesweiten Strukturen, in denen sich dieses Engagement wiederspiegelt, weisen insbesondere in der katholischen Kirche eine bewegte und bewegende Geschichte auf.

Auch kirchliche Strukturen müssen durch interne Reflexion und externe in Frage Stellung die Kraft aufbringen, sich selbst zu hinterfragen, ob sie den gewandelten Anforderungen mit Blick auf ihr Potential gerecht werden können. Gemeinsam sind wir herausgefordert uns dem Wandel von Gesellschaft, Studium, Wissenschaft und Lehre zu stellen, um immer wieder die Kraft des christlichen Menschenbildes aktuell zu positionieren. Das Forum Hochschule und Kirche e.V., das wir Ihnen heute präsentieren, ist die mutmachende Antwort auf diese von uns selbst gestellte Frage.

2. Kirche an den Hochschulen präsent machen

Präsenz der Kirche an den Hochschulen ist das Leitmotiv der hauptamtlich in den Hochschul- und Studierendengemeinden Tätigen und der hier ehrenamtlich engagierten Studentinnen und Studenten. Mit dieser Präsenz verbindet die Kirche als Gemeinschaft von Christinnen und Christen im Wesentlichen folgende Anliegen:

  • Wissenschaftliche Diskurse an Universitäten und Fachhochschulen möchten wir aus der Perspektive eines christlichen Menschenbildes begleiten und mitgestalten.
  • Die Anfragen, die gegenwärtig an Forschung, Lehre und Studium gestellt werden, möchten wir aus einer christlichen Wertorientierung heraus wach halten.
  • Gleichzeitig möchten wir mit Lehrenden und Studierenden nach zeitgemäßen Formen christlicher Lebens- und Glaubenspraxis suchen. Präsenz der Kirche an den Hochschulen, mit Blick auf Wissenschaft, Lehre und Studium, bedeutet in differenzierter Weise die Studierenden, die in der Wissenschaft und die in der Lehre Tätigen in den Blick zu nehmen.

3. Kräfte auf der Bundesebene bündeln: Organisationsstruktur des Forums

Mit dem Forum Hochschule und Kirche e.V. haben wir eine neue Organisationsstruktur der Hochschulpastoral auf Bundesebene geschaffen, in der die in diesem Arbeitsfeld tätigen Kräfte gebündelt werden. Folgende Organisationen arbeiten unter dem Dach des Forums zusammen, um gemeinsam die Präsenz der Kirche an den Hochschulen zu stärken:

  • die Arbeitsgemeinschaft Katholischer Hochschulgemeinden (AKH): der Zusammenschluss aller rund 130 Hochschul- und Studierendengemeinden in Deutschland
  • die Konferenz für Katholische Hochschulpastoral in Deutschland (KHP): die bundesweite Organisation aller beauftragten pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Hochschulpastoral der Bistümer Deutschlands
  • die Konferenz der Hochschulreferenten als Organisation aller Hochschulreferentinnen und -referenten in den Ordinariaten/Generalvikariaten der Bistümer Deutschlands
  • die Studienförderwerke Cusanuswerk für Studierende aus Deutschland und der Katholische Akademische Ausländer-Dienst (KAAD), die Stipendienorganisation der katholischen Kirche für die Länder Afrikas, Asiens, Lateinamerikas, des Nahen Osten und Osteuropas
  • die Katholische Bundesarbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung (KBE) und die Arbeitsgemeinschaft katholisch-sozialer Bildungswerke in der Bundesrepublik Deutschland (AKSB) als Fachorganisationen für Erwachsenenbildung
  • die Arbeitsgemeinschaft Katholischer Studentenverbände (AGV) als Dachorganisation aller katholischen Studentenverbände in Deutschland

Die Tatsache, dass diese vielfältigen Organisationen unter einem Dach zusammen arbeiten, erleichtert es, Synergien zu nutzen und Kooperationen über die Grenzen der einzelnen Arbeitsbereiche hinaus zu realisieren. Dies gilt insbesondere für die beiden Säulen des Forums, die Arbeitsgemeinschaft Katholischer Hochschulgemeinden und die Konferenz für Katholische Hochschulpastoral.

Das Forum Hochschule und Kirche e.V. wird in seiner Arbeit von einem Wissenschaftlichen Beirat unterstützt, dessen Mitglieder durch die Kommission VIII der Deutschen Bischofskonferenz ernannt werden.

4. Aufgaben und Aktivitäten des Forums

Unter den vielfältigen Aufgaben und Aktivitäten des Forums möchte ich abschließend die folgenden zentralen Arbeitsfelder hervorheben:

Das Forum unterstützt die ihm angehörenden bundesweiten Organisationen, insbesondere die AKH und die KHP, subsidiär in ihrer Arbeit und sorgt als Projektträger für die finanzielle Unterstützung von Qualifizierungsmaßnahmen und Bildungsangeboten mit kirchlichen und öffentlichen Mitteln.

Gemeinsam mit der Konferenz für Katholische Hochschulpastoral (KHP) entwickelt, organisiert und evaluiert das Forum Berufseinführungskurse und Fortbildungsmaßnahmen für hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Hochschulpastoral und vermittelt Angebote der spirituellen Begleitung.

Die Arbeitsgemeinschaft Katholischer Hochschulgemeinden (AKH) wird bei der Entwicklung, Durchführung und Evaluation von bundesweiten Seminarangeboten für Studierende und ehrenamtlich Engagierte durch die Geschäftsstelle des Forums unterstützt.

In Absprache mit dem Wissenschaftlichen Beirat führt das Forum Hochschule und Kirche alle drei Jahre ein Symposion zu aktuellen Themen der Hochschulpastoral durch.

Mit der Herausgabe der Zeitschrift „irritatio – Informationen und Anregungen für Kirche und Hochschule“, des hochschulpolitischen Pressespiegels „Informationsdienst Hochschule – Bildung – Wissenschaft“ und mit der Pflege einer eigenen Homepage vermittelt das Forum Informationen über Hochschule und Hochschulpastoral, gibt Impulse zu deren Entwicklung und fördert den Informationsaustausch unter den Hochschulgemeinden und den weiteren Organisationen der katholischen Hochschularbeit.

Als Fachorganisation wird sich das Forum in Zukunft auch verstärkt in den hochschul- und wissenschaftspolitischen Diskurs in unserem Land einbringen.

Link: Forum Hochschule und Kirche e.V.

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Dabei sein, so sagt man, sei alles

Wären Sie nicht auch, im Nachhinein, so manches Mal gerne dabei gewesen? Vielleicht nicht direkt in der ersten Reihe, in Mitten der Jünger Jesu. Aber es wäre doch sicherlich sehr interessant gewesen, Jesus ein Stück seines Weges folgen zu können, um mit zu erleben, wie Jesus den Menschen seiner Zeit begegnet ist. Sie hätten dann im Originalton die Aufforderung Jesu an seine Jünger gehört: „Bindet sie los und bringt sie zu mir“. Den Einzug Jesu auf einem Esel in Jerusalem hätten Sie Haut nah miterlebt, und die Reaktionen der Bewohner dieser besonderen Stadt würden Sie selbst beurteilen können.

Manchmal beneiden wir die Zeitzeugen, die das Leben Jesu, wenn auch oft nur aus der Distanz, so aber doch live miterleben durften. Gerade in Phasen des Zweifelns an unseren Glauben wünschten wir uns, die Person Jesu betreffend, ein wenig mehr Gewissheit zu haben, um eben nicht alles nur glauben zu müssen, sondern so eine Art Beweis unseres Glaubens zu haben, am Besten noch mit dem Beleg, sogar den Saum seines Gewandes berührt haben zu dürfen.

Dabei sein, so sagt man, sei Alles!

Dann bleiben wir doch einfach, wenn auch nur in der Fiktion, Augenblicke in der Wirklichkeit zur Zeit Jesu, und somit live dabei!

Hören Sie auch Ihre Stimme in der Menschenmenge die da jubelt: „Hosanna dem Sohn Davids“? Halten Sie einen Palmenzweig in den Händen, um mit ihrer Begeisterung für diesen Jesus zu bekennen, ich stehe auch auf der Seite des Sohn Gottes. Ist das Ihre Jacke, auf die gerade der Esel mit seiner kostbaren Fracht tritt?

Und wie geht das denn mit Ihnen in den kommenden Tagen weiter?
Wachen oder schlafen Sie im Garten von Gezemani, während Jesus sich im Gebet angstvoll an seinen himmlischen Vater wendet. Für welche Antwort entscheiden Sie sich im Hof des hohepriesterlichen Palastes auf die Frage der Magd, ob Sie nicht auch einer von „denen“ seien. Überlegen Sie sich auch eine Ausrede um ihre „Haut zu retten“, so nach dem Motto: Jesus von Nazaret? Wer ist das? Also ich kenne den nicht? Werden sie gegen den Strom der damaligen Zeit schwimmen, und auf die Frage des Pilatus, ob er nun den berüchtigten Gefangenen Barabas freilassen solle oder Jesus, Ihre Stimme für Jesus erheben, auch wenn Sie dann von allen Seiten angefeindet werden könnten? Würden sie sich mutig vor Jesus stellen und die aufgebrachte Menschenmenge fragen, mit welchem Recht sie den selben Jesus jetzt verspotten, den sie noch vor wenigen Tagen als ihren Helden gefeiert haben.

Stellen Sie sich vor, am Wegrand nach Golgotha stehend von einem Soldaten aufgefordert zu werden, Jesus zu helfen sein schweres Kreuz zu tragen. Könnten Sie noch hinschauen, während mit geschickter Hand ein Handlanger der Mächtigen in der Handwurzel Jesu die günstigste Stelle sucht, um den Nagel durch sein Fleisch in das Holz zu treiben? Und dann diese Hammerschläge, die erst hell klingen, um dann dumpf zu verhallen, aber nicht in Ihrem Kopf!

Dabei sein, so sagt man, sei Alles? Ihr „dabei sein“ durch die Gedanken dieses Textes war nur eine Fiktion. Aber kann diese Fiktion nicht doch in die Realität überschwappen wie ein vexier Bild, das immer hin und her springt zwischen dem Bild der Nachfolge Jesu zur Zeit Jesu, und der Nachfolge Jesu zur Zeit Jesu heute? Letzen Endes blieb den Zeitzeugen Jesu genau das selbe was auch uns bleibt: Der Glaube an Jesus Christus, den Sohn Gottes unseren Erlöser. Damals wie heute allerdings fordert uns dieser Glaube heraus zu Jesus zu stehen, ob gelegen oder ungelegen, um uns zu ihm zu bekennen!

Erschienen in: Kirchenzeitung für das Bistum Aachen, 24.3.2002
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Feiern Sie diesen Tag

Dieser junge Mann ist etwas Besonderes! Seine Körperhaltung signalisiert Wachheit, sein leicht ausgestreckter Arm lässt auf eine Kommunikation schließen, und die Zufälligkeit mit der er auf diesem Geländer sitzt lässt Spontaneität vermuten. Manch anderer Betrachter wird diese Sehweise nicht teilen und schlicht feststellen: Der sitzt da einfach dumm rum, was soll der schon haben. Egal wie Sie es sehen, dieser junge Mann ist trotzdem etwas Besonderes, denn er ist getaufter Christ! Nun werden Sie sagen: Und, was ist daran schon besonders, ich bin doch auch getauft.

Aber lassen sie uns bitte nun einen Blick in das Evangelium werfen. Matthäus berichtet wie Johannes der Täufer Jesus tauft. Mit der Taufe Jesu im Jordan, so der Evangelist, öffnet sich der Himmel und in der Gestalt einer Taube sichtbar offenbart sich der Geist Gottes, der eine Stimme vernehmen lässt die sagt: Die ist mein geliebter Sohn.

Dieser Jesus, den wir als Christus bekennen, erzählt nun von seinem himmlischen Vater aber nicht nur mit Worten, sondern durch sein eigenenes Leben. Jesus Christus ist das reale Erzählereignis Gottes, durch den sich Gott immer wieder unserer menschlichen Welt verständlich machen will. Er bittet uns glaubend zu verstehen, das wir nun keine Angst mehr um uns selbst zu haben brauchen. Wir sind nicht mehr gefangen in der Gottesferne, sondern Gott hat uns auf sich selbst hin befreit. Auch wenn der Mensch immer wieder Schuld auf sich nimmt, so ist sein Sturz nicht mehr bodenlos. All unser Stolpern, selbst der letzte groß Sturz des Menschen, der in seinen Tod, bedeutet nicht unser Ende, es ist der Übergang von der Zerbrechlichkeit des Menschen in seine Unzerbrechlichkeit in der Hand Gottes.

Gott bittet uns in seinem Sohn Jesus Christus, uns selbst in unserer Leiblichkeit als Leihgabe mit Freude anzunehmen und so auch all die Menschen, die wir von Herzen lieben dürfen. Ja die ganze Schöpfung ist uns eine anvertraute Leihgabe, ein Geschenk für den Augenblick, das wir wieder loslassen müssen, aber nicht weil Gott uns diese Welt, unser lieben und unser Leben nicht gönnt, sondern weil er für uns eine Zukunft bereitet hält, in der unser Leben und unser Lieben nicht mehr vor der eigenen Vergänglichkeit traurig bangen müssen. Trotz aller Versuche verblendeter, dummer und machtbesessener Menschen, diese Liebeserklärung Gottes mit Gewalt zum Schweigen zu bringen, haben letzten Endes diese Botschaft nicht besiegen können. Das verlässliche Wort Gottes ist selbst aus dem Grab auferstanden.

Jesus Christus, das Erzählereignis Gottes, wird auch heute gehört wo Menschen von diesem Jesus erzählen, und es wird unwiderruflich in den Menschen hineingelegt, wo die folgenden Worte in der Kraft des heiligen Geistes gesprochen werden : Ich taufe dich im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes. Auf diesen Glauben hin getauft sind wir Freunde und Freundinnen Gottes, die gerufen sind Gott zu trauen und in Respekt und Zuneigung den Menschen zu begegnen, Christen wie jenen, die sich in einer andere Religion zu dem Unaussprechlichen bekennen.

Sind Sie Christ? Wenn ja, dann hätte ich auch Ihr Bild anstelle dieses jungen Mannes nehmen können, denn auch Sie sind etwas Besonderes, das sich selbst und anderen Menschen nur geliehen ist.

Erlauben Sie mir eine letzte Frage: Freuen Sie sich darüber ein Christ zu sein? Wenn ja, wäre es nicht schön diesen Tag zu feiern, an dem Gott uns das Geschenk gemacht hat etwas Besonderes in seinen Augen sein zu dürfen, den Tag Ihrer Taufe. Feiern Sie diesen Tag mit Ihren Freunden, denn an diesem Tag verschenkte Gott Sie an die Menschen!

Erschienen in: Kirchenzeitung für das Bistum Aachen 2/2002, S. 8.
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Täglich quergebürstet

Wir müssen lernen uns als einen Teil dieser Erde zu begreifen, und nicht als dessen Teilhaber.

Beeindruckende Menschen sind nicht jene, an die man sich irgendwie erinnert, sondern die, die in mir einen Ein-druck hinterlassen haben.

Egal was passiert ist oder was geschehen könnte, dem Menschen den wir einmal geliebt haben oder auch enttäuscht noch lieben, also dem wir unser Herz geschenkt und somit es ihm zugemutet haben, können wir Morgen nicht einfach nur die Stirn bieten.

Die Freude am Leben wird im Herzen geboren, im Verstand gestaltet und von der Normalität vereitelt.

Was wir mit geteiltem Herzen tun, kann nicht den Anspruch erheben ein Gegenüber ganz zu meinen. Halbe Herzen suchen relativierbare Fragmente, aber ihnen fehlt der Mut für das Ganze eines Menschen oder einer Sache.

Anderswo sein zu wollen als man ist, scheint oft den Reiz auszumachen, nicht wirklich dort ankommen zu wollen, wo man meint zu sein, aber eigentlich ja auch nicht sein will. Dort ist halt Anderswo.

Kämpfe für die Stimme deines Leibes. Lass ihn klingen, auch wenn die Partitur deines Lebens einer lauten Welt, und der verbindlichen Wahrheit deines Nachbarn nicht willkommen ist.

Egal welcher Hautfarbe, welcher Kultur, Religion oder welchen Volkes wir sind, wir bluten alle gleich.

Die Geschlechter sind so eindeutig wie die übrigen Wahrheiten dieser Welt. Es gibt kein nur Schwarz oder Weiß. Die Welt ist Grau und der sollen wir unsere Farbe geben.

Konsequent sein kann auch bedeuten, in leichtem Stolpern, das man auch als inkonsequent bezeichnet, Schritt für Schritt andere Klarheit zu veredeln.

Wieso können eigentlich die selben Augen heute einen Menschen anschauen, als gäbe es nichts faszinierenderes, und ihn morgen übersehen, als gäbe es neben diesem Nichts Alles?

Ein Witz, der Sie selbst karikiert, könnte der Anfang neuer Ernsthaftigkeit sein.

Kindheitserinnerungen geben unserem Leben Wurzeln, ungeachtet ob ihr Boden lebensfreundlich oder lebensfeindlich war.

Denjenigen, den wir meinen um den Finger wickeln zu können, der hat uns oft schon längst auf den Arm genommen.

Wenn die Wächter schlafen dann sollten die wachen, die nicht schlafen können.

Manche Menschen erzählen aus Erfahrung, andere behaupten die Erfahrung zu sein.

Der gute Rat, einen enttäuschenden Menschen doch einfach zu vergessen, ist oft der Unrat einer alles verstehenden Kultur menschlicher Hilflosigkeit!

In Lyrik + mehr, Salzburg 2002 veröffentlicht | Kommentieren

Kirchliche Identität und kirchliches Leben gestalten

Geschwisterlicher Umgang und Teilhabe aller

Kommentar zu Leitlinie 6

Werden Christinnen und Christen auch zukünftig in Anerkennung und Achtung der je eigenen Identität, Berufung, Aufgabe und Funktion, einen realen geschwisterlichen Weg in unserem Bistum gehen, dann müssen die Beteiligten akzeptieren, dass nicht jedes einzelne Interesse und Motiv im Prozess der Weggemeinschaft gleichbedeutend ist.

Uns Christinnen und Christen eint das gemeinsame Bekenntnis zu Gott in Jesus Christus, der uns seinen heiligen Geist gesandt hat, aus dem heraus wir in gleicher Weise gerufen sind als seine Kirche zu handeln. Dieser Kirche dienen wir in unterschiedlichen Berufungen, Ämtern und Funktionen! Ein geschwisterlicher Weg kann in unserer Kirche nur dann wirklich gemeinsam gegangen werden, wenn Veränderungen, Schwerpunktsetzungen und die Verteilung der Ressourcen von allen Beteiligten überzeugend und solidarisch mitgetragen werden können. Solidarität bedarf einer soliden Übereinstimmung und darf nicht zum moralischen Druckmittel zur Geschwisterlichkeit degradiert werden. Praktisch-faktisch bedeutet das für den Prozess Bistumstag: Wer den Bistumstag und die eigene Teilnahme als Delegierte/r versteht als Partizipation im Sinne eines demokratischen, einklagbaren Rechtes der Mitsprache und Mitentscheidung bei zukünftigen Entscheidungen der Bistumsleitung, der irrt.

Wer andererseits genau dies den Teilnehmenden suggeriert oder die Offenlegung dieser Fehleinschätzung unterläßt, und so nicht deutlich macht, dass der Bistumstag nur eine den Bischof beratende Funktion hat, irrt ebenso.

Ich halte es daher für dringend notwendig, da überfällig, dass rational und emotional rückhaltlos auf allen Ebenen der Verantwortung eine gemeinsame Klärung ermöglicht wird, was unter den Begriffen Partizipation, Anteilhabe, geschwisterlicher Umgang, Beteiligung aller an Willensbildung und Entscheidungsprozessen, demokratische Prinzipien und Subsidiarität zu verstehen ist. Mangelnde Übereinstimmung in diesen Begriffen und somit Unklarheit ist die ständige potentielle Infektion, die Enttäuschung hervorbringt auf einem von allen gutgemeinten Weg.

Alle Glieder des Gottesvolkes sind gleichwertig aber als Funktionsträger in der Struktur unserer Kirche nicht gleich bedeutend (Vgl. Gemeinsame Synode, Die gemeinsame Verantwortung aller Glieder, 2,3). Das Miteinander von Laien und Priestern z.B. ist in diesem Prozess unklar und öffnet so den Raum für Verdächtigungen, dass einerseits von einigen Laien keine Priester gewollt scheinen und andererseits Priester die verantwortliche Beteiligung von Laien nicht wirklich befürworten. Wer aufgrund der eigenen Position dieses Konfliktpotential leugnet, hat den Ersten des Dreierschrittes, nämlich „sehen“ nicht ernst genug betrieben.

Wer im Träumen einer Kirche der Zukunft z.B. Partizipation gleichsetzt mit Entscheidungsfunktion, Anteilhabe versteht als Machtfaktor, geschwisterlichen Umgang deutet als ein demokratisches Abstimmungsverfahren, und Subsidiarität erhebt zur Lenkungsfunktion, der muss den Zweiten des Dreierschrittes korrigieren. Nur so kann der Dritte des Dreierschritts eine reale Handlungsperspektive sein, frei von Enttäuschung.

Geschwisterlichkeit, egal an welche Grenze sie stößt, bedarf der Klarheit, um wenigsten bis zu ihrer Grenze hin ernst genommen werden zu können. So werden in Zukunft Frustrationen und Enttäuschungen verhindert, und künftig Prozesse transparenter und frustrationsreduzierter.

Erschienen in: Zur Diskussion gestellt Nr. 11, Kirche im Klartext – bunt, lebendig, berührbar, Eindrücke, Zusammenhänge und Impulse im Bistumstag Aachen 2001-2002, Hrsg.: Wissenschaftliche Arbeitsstelle des Oswald-von-Nell-Breuning-Hauses, Jan.2002,  ISSN: 1618-4904
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Des Sterbens satt das Leben II

(Neue Fassung Januar 2002)

Geboren werden stirbt den Mutterleib
Jugend zahlt den Preis der Kindheit
Erwachsen ist der Tod der Jugend
Alt anderer Name für Kindheit zum Tod
Sterben der Beginn des gebrochen werdens für den Erdenleib

Gestorbene Freundschaft
ist steiniger Mutterboden
der Hoffnung auf kräftigere Sicherheit
Ausgeblutete Liebe
Quelle anderer Seeligkeit
Jedes gestorbene Gefühl ist Tod

Neuer Anfang Ausklang der Verlässlichkeit
Andere Wege Ende einer Bequemlichkeit
Wissen erst jetzt gedacht
Grabrede in jeder Wissenschaft

Krankheit lacht das Leben aus
Scheitern ist der Hoffnung tiefster Sturz
Und jeder Augenblick ist Sekunde zum Tod

Geboren werden stirbt den Mutterleib
Jugend zahlt den Preis der Kindheit
Erwachsen ist der Tod der Jugend
Alt anderer Name für Kindheit zum Tod
Sterben der Beginn des gebrochen werdens für den Erdenleib

Leben ist sterben
Der letzte Tod aber hat das Sterben satt
Welch eine Hoffnung

Geboren werden stirbt den Mutterleib …

Neufassung 2001 © Christoph Stender. Ursprünglich aus: „Dank Dir auf den Leib geschrieben – Ein Geschenk zum Weiterdenken“ erschienen beim Bergmoser + Höller Verlag, 1999.
In Lyrik + mehr, Theresienkirche 2002 veröffentlicht | Getaggt , | Kommentieren

Könnte nur das Leben

(Neue Fassung Januar 2002)

Leben
Glück, morgens oder auch später
einfach nur wach zu werden

Leben
Atem in meinem Leib
und Raum Schritte zu wagen

Leben
Lippen unter meiner Haut
und auf ihnen ein liebes Wort
von dem ich auch morgen leben darf

Leben
Protest in meinem Bauch gegen Unrecht,
wo Leben sich verstecken muss
oft geschlagen und getreten
bis zum Raub des Atem
weil Mehrheit es nicht dulden mag

Leben
Meine vertraute Melodie
und zwei Kirschen am Ohr
und auch mal stolpern dürfen

Leben
In meiner Tasche ein Gedicht.
dem Kinder lauschen
und in meinem Herzen einen ganzen Menschen
fast nur für mich

Leben
Aufstehen,
auch wenn mein Mensch mich weggeworfen hat
und trotzdem meiner Liebe trauen

Leben
ein Stuhl
und hinter dem Horizont eine Hoffnung

Könnte nun mein Leben frei wählen
was ihm das Liebste sei
ohne das es wollt nicht leben
es würde an der Seite des Protestes sein:
Protest in meinem Bauch gegen Unrecht,
wo Leben sich verstecken muss
oft geschlagen und getreten
bis zum Raub des Atem
weil Mehrheit es nicht dulden mag

Aber das würde wohl
auch jedes andre Leben sein!
Wer ist schon gegen das Leben,
das eigene zumindest.

Neufassung 2001 © Christoph Stender. Ursprünglich aus: „Dank Dir auf den Leib geschrieben – Ein Geschenk zum Weiterdenken“ erschienen beim Bergmoser + Höller Verlag, 1999.
In Lyrik + mehr, Salzburg 2002, Theresienkirche 2002, Walheim 2003 veröffentlicht | Getaggt | Kommentieren

Wieder eine Jahreswende und ein neues Vielleicht?

Ansprache zur Jahreswende

Noch sind sie frisch, die gut gemeinten Wünsche zum neuen Jahr, die in unseren Ohren noch nachklingen: „Ein frohes Sechsundneunziger“, „Zum neuen Jahr alles Gute“, „Gottes Segen in 2002“, …

Vom Bundeskanzler bis zum Präsidenten, vom Arbeitskollegen bis zur Marktfrau, vom Pfarrer bis zur Ärztin, vom Friseur bis zur Nachbarin, vom Vater bis zur Tochter, sie alle haben für uns, so auch wir für sie, eben einen guten Wunsch fürs neue Jahr. Doch was steckt eigentlich konkret hinter diesen Wünschen „Ein frohes neues Jahr“…. Meist bleibt keine Zeit dem nachzusinnen oder nachzufragen, denn kaum ist der Wunsch ausgesprochen, ist man meist schon außer Sichtweite.

Da hilft uns vielleicht eine Umfrage des Forsa-Institutes weiter, die nachgefragt hat, was sich die Bundesbürgerinnen und Bundesbürger selbst für 1996 wünschen bzw. sich selbst vornehmen. Denn ein guter Vorsatz für sich selbst, also etwas, das man ganz bewusst in die eigene Hand nimmt, ist ja auch ein guter Wunsch für den Anderen, dass auch er in seinem Leben etwas ganz bewusst neu anpackt. Doch bei dieser Umfrage schauen wir erst einmal in die Röhre, denn 50 % der Befragten haben keinen besonderen Vorsatz. Das lässt zu wünschen übrig. Jedoch 16 % der Befragten hat zu mindest den Vorsatz gesund zu leben. Das wäre doch schon ein guter Wunsch auch für andere. Der Vorsatz, mehr Engagement im Beruf, den 14 % beschlossen haben, ließe sich sicherlich auch so manchem wünschen. Die 7 %, die mit dem Rauchen aufhören wollen, kann man nur mit einem kräftigen Wunsch unterstützen.

Im Vergleich zu Vorjahren ist es schon sehr auffällig, dass die Menschen, die in Deutschland leben, immer weniger Mut zu einem Vorsatz haben, sich selbst weniger wünschen, weniger bewusst anpacken wollen.

Was bedeutet das?

Sind wir schon so perfekt, dass wir den Wunsch zum guten Vorsatz nicht mehr nötig haben? Oder gehen die meisten auf Nummer Sicher nach dem Prinzip: Kein Vorsatz und, so bei nicht gelingen, auch kein Frust. Ist es vielleicht nur Gedankenlosigkeit? Oder ist es Fatalismus nach dem Motte „Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt“. Ein solcher Fatalismus mag bei manchen entstanden sein auf dem Hintergrund einer hier etwas scherzhaft formulierten Erfahrung: An einem ganz misslungenen Tag, sprach eine Stimme zu mir: „Lächle und sei froh, es könnte schlimmer kommen“. Und ich lächelte, und ich war froh, und es kam schlimmer. Verbirgt sich etwa hinter dieser zunehmenden, uns selbst betreffenden, Vorsatzlosigkeit und Wunschlosigkeit die Hoffnung, möge das kommende Jahr soweit wir es selbst im Griff haben mehr oder minder so bleiben wie das vergangene Jahr?

Ein in diesem Sinne letztlich auf Nummer Sicher gehen wollen, heißt im gerade begonnenen Jahr bewusst und gewollt auf der Stelle zu treten.
Ein, aus eigener Kraft, nichts bewegen wollen. Wenn wir kaum noch wünschenswerte Vorsätze für uns mehr haben, dann lassen wir uns nur noch durch das Bewegen, was um uns herum geschieht, was von außen auf uns einwirkt. Kurz gesagt bedeutet dies: Den eigenen Status quo halten ansonsten Fremdbestimmung!

Einer solchen Haltung läuft Eindeutig das Evangelium des heutigen Tages entgegen. Würde die eben erwähnte Umfrage vor fast 2000 Jahren am Jordan gemacht worden sein, dann würde der Vorsatz eines Menschen alle anderen ins Staunen versetzen, der Vorsatz Jesu. Jesu Vorsatz ist es, den Menschen zu sagen, dass Gott ein unerschütterliches Interesse an jedem einzelnen Menschen hat und weiter sagt Jesus: Ich wünsche mir, dass Ihr durch mich spürt, wie verliebt Gott in Euer Leben ist. Diesen Vorsatz und Wunsch nimmt Jesus in die eigene Hand. Er tritt nach 30 Lebensjahren aus der Unbekanntheit heraus mitten in das Leben der Menschen. Jesus reiht sich ein in die religiöse Tradition seines Volkes und lässt sich von Johannes taufen. An dieser Stelle nun versucht der Evangelist Matthäus einen gigantischen Augenblick im Bild festzuhalten. Eine Stimme aus dem Himmel offenbart: „Das ist mein geliebter Sohn“. Das eigene Leben, das dieser geliebte Sohn Gottes, das Jesus selbst in die Hand nimmt, ist die Tuchfühlung Gottes mit den Menschen. Dieser neue Abschnitt im Leben Jesu ist die Liebeskundgabe Gottes bis ins Heute an Sie und an mich. Diese Wende in Jesu Leben wendet das Leben der Menschen durch die einmalige Zusage: Mensch, zum Heil bist Du bestimmt! Jesu nimmt sein Leben in die Hand, er richtet es ganz konkret auf sein Wünschen und seinen Vorsatz aus, Erzählung von Gott zu sein, und geht seinen Lebensweg konsequent als die Liebe Gottes. Da dürfen wir einfach dankbar sagen, wie gut, dass Jesus nicht auf der Stelle getreten ist und in der Verborgenheit blieb. Wie gut, dass Jesus nicht wartete bis man ihn rief, sondern selbst aktiv wurde und sich mitten in das Leben der Menschen stellte. Hätte er still gehalten, wäre es um uns still und hoffnungslos geblieben.

Zu Beginn diesen neues Jahre sei die Frage erlaubt: Was würde Jesus uns als Vorsatz mit auf den Weg geben, was würde er uns wünschen für das Jahr2002?

Vielleicht klänge es so:

„Du Mensch, sag heute ein neues Ja zu Deinem eigenen Leben und in Deinem Leben ein neues Ja zu dir.“

„Du Mensch, und wenn Du merkst, dass durch Dein Ja zu mir in Deinem Leben Du eigentlich etwas mehr Zeit für das Leben Anderer haben müsstest, so nimm Dir diese Zeit.“

„Du Mensch, und wenn Du merkst, dass durch Dein Ja zu mir in Deinem Leben, Du eigentlich etwas vergebungsbereiter sein solltest, so sei es doch.“

„Du Mensch, und wenn Du merkst, dass durch Dein Ja zu mir in Deinem Leben Du eigentlich etwas geduldiger mit Dir und den anderen sein solltest, dann gönne Dir diese Geduld.“

Bleiben wir in diesem neuen Jahr nicht bei einem Vielleicht stehen, denn die Veränderung ist der Reiz eines neuen Jahres!

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Fest der Heiligen Familie

Faxbox-Predigt vom 30.12.2001

Es ist nun mal gerade eine Woche her, da haben wir uns versammelt um die Krippen in unserer Kirche und in unseren Häusern. Die weihnachtliche Stimmung der heiligen Tage hat den Skandal noch gerade verdecken können, dass Gott, von Menschen abgelehnt, in einem Futtertrog Mensch werden musste, um der Welt seine Menschenfreundlichkeit zu schenken . Nun aber ist der Skandal der Ablehnung Gottes offenbar.

Der heilige Josef spürt in seiner Verantwortung für das Kind und seine Mutter die Gefahr, die latent schon über der Krippe mitjubeln wollte, nun aber zur massiven Gefährdung geworden ist und kaum noch aufzuhalten scheint. Josef spürt seinen Auftrag von Gott, Gott selbst, menschgeworden in diesem Kind, zu beschützen, damit die Mordlust der Mächtigen nichts zu jubeln hat.

Dieser Skandal, daß Gott bei den Menschen und besonders bei den politischen, religiösen und gesellschaftlichen Führern dieses Landes nicht willkommen ist, beginnt hier zur unendlichen Geschichte zu werden.

Gott auf der Flucht vor den Menschen, die er doch so sehnsüchtig liebt. Die Botschaft Gottes, zum Heil der Menschen verkündet, ist nun auf der Flucht genau vor jenen, die diese Botschaft aus der eigenen Angst um sich selbst befreien möchte. Die Zärtlichkeit Gottes in diesem Kind auf der Flucht vor denen, die er berühren und behüten möchte.

Gott ist heimatlos, und so wird es mit der Menschwerdung Gottes auch bleiben. Der heranwachsende Jesus hat kein wirkliches zu Hause unter den Menschen. Selbst seine Beheimatung in der Familie um Maria und Josef und jene, die Geschwister genannt werden, ist heimatlose Heimat. Jesus hat keinen Ort, an dem er sein Haupt betten kann. Die Gemeinschaft seiner Jünger und Anhänger ist auch nur geliehene Heimat. Das zu Hause Jesu in unserer Welt zerbricht immer wieder. Heimat hat Jesus Christus nur in Gott selbst, dort ist er ganz bei sich.

Doch solch eine theologische Aussage „Heimat hat Jesus Christus nur in Gott selbst, dort ist er ganz bei sich“ mindert nicht den Skandal, dass Menschen Gott in einem zerbrechlichen Kind zum Flüchtling machen. Er kam in sein Eigentum und die Seinen nahmen ihn nicht auf.

Die Machtgier, die Überheblichkeit, die Kleingeistigkeit, der Sicherheitsfanatismus, der Egoismus und die Selbstherrlichkeit des Menschen machen ihn blind, und so hat der Mensch zu oft keinen Blick dafür, das Geschenk Gottes zu sehen und zu begreifen.

Der Mensch schaut immer wieder nur auf sich selbst. Aber er schaut sich nicht einmal richtig an, sonst würde er nämlich an sich selbst entdecken, wie gottbedürftig der Mensch in seiner Tiefe ist.

Gott steht in einem Kind vor uns Menschen, und bietet uns immer wieder die Heimat an, die letztlich nicht zerbrechlich ist und somit heimatlos wird, da sie eine Heimat ist, die Menschen einander nicht geben können. Der Mensch aber läßt Gott mit diesem Geschenk oft nur bis in das Vorzimmer seines eigenen Lebens, aber nicht wirklich in sein Herz.

Gott möchte bei uns zu Hause sein, damit wir schon in dieser Welt spüren, dass der Mensch dafür geschaffen ist, eine Heimat haben zu dürfen. Gott klopft an den unterschiedlichsten Orten der Beheimatung des Menschen an und bittet: Lasst mich hinein, ich will euer Gast sein. So knüpft Gott an dem tiefsten Wunsch des Menschen an, in dieser Welt eine Heimat zu haben, irgendwo zu Hause sein zu dürfen, um immer wieder zu erfahren, wie schön es ist, bei Menschen zu sein, die Heimat sind und geben.

In der Menschwerdung Gottes wird die Sehnsucht des Menschen, in seinem Leben einen Ort der Heimat zu haben, nicht geringgeachtet. Im Gegenteil, unsere Orte der Beheimatung, die Menschen, bei denen wir zu Hause sein dürfen, die Liebesbeziehungen, die wirklich tragen und so sich sehnen, in den Himmel zu tanzen, all dieses zu Hause sein des Menschen in seinem Leben hier auf Erden soll schon jetzt danach schmecken, wie unzerbrechlich unsere Heimat in Gott ist und sein wird.

Eine Heimat haben zu wollen ist eine der Hoffnungen der Menschheit, die mit der Geburt eines jeden Menschen das Licht der Welt erblicken möchte. Dieses Licht einer Heimat finden wir ganz, ganz oft in den Familien, denn dort gehört dieses Licht hin. Menschen finden dieses Licht einer Heimat aber auch in Partnerschaften, in Freundschaften, in Gemeinschaften, überall dort, wo Menschen mit Menschlichkeit oder vielleicht sogar mit Liebe beschenkt werden und so einen Ort haben, angenommen sein zu können, und dort gehört dieses Licht auch hin.

Die Sehnsucht nach dem wärmenden Licht eines zu Hause, nach Heimat in all seinen Gestalten, ist die Sehnsucht aller Menschen der einen Menschheitsfamilie!

Dieses Licht suchen auch wieder in diesen Tagen ungezählte heimatlose Menschen. Wieder sind es die Kinder, die in Afghanistan auf der Flucht sind, weil sie um ihre Heimat beraubt wurden. Aber auch viele Erwachsene sind in Afghanistan schon viele Jahre um ihre Heimat beraubt. Immer wieder von unterschiedlichen Regimen unterdrückt oder irregeleitet, haben sie bis heute keinen Flecken Erde gefunden, den sie ihr eigen nennen dürfen, und der ihnen und ihren Lieben ein zu Hause sein darf.

Doch nicht nur in dem Afghanistan unserer Tage sind Kinder wieder auf der Flucht. Ungezählte Kinder, zur Prostitution verführt und gezwungen, haben selbst den letzten Zipfel einer Heimat in ihren eigenen Herzen verloren. Zu Flüchtlingen in unserer Zeit sind viele Menschen geworden oder gemacht worden: Obdachlose in unseren eigenen Straßen, Menschen die in unserer Welt vor dem Verhungern fliehen, Kinder beraubt um einen Elternteil, alte Menschen vergessen in Pflegeheimen, Süchtige in den Absteigen einer gesellschaftlichen Humanität, vergewaltigte Frauen aufgehoben in Frauenhäusern, politisch Verfolgte in Abschiebehaft und das Leid der zu Flüchtigen gemachten Menschen scheint nicht abzubrechen.

Doch all jene, die eine Heimat haben, dürfen nicht vergessen: Heimat ist immer nur geliehen! Unsere irdischen Heimaten sind alle letztendlich heimatlos, da sie zerbrechen und wir sie nicht halten können.

Doch der Trost der Menschwerdung Gottes in einen Stall geflüchtet, ist nicht die billige Vertröstung auf eine Heimat jenseits unseres Lebens, sondern die flehende Bitte Gottes, die Kinder dieser Welt, alle Menschen, egal welcher Kultur und Religion sie angehören, nicht zu Flüchtlingen werden zu lassen.

Gott erhofft für das Gelingen unseres Lebens, dass wir in den Beheimatungen unseres Lebens schon etwas davon schmecken, was es bedeutet, Heimat bei Gott zu haben. Keinem Menschen darf in unserer Welt ein zu Hause verwehrt werden, denn in jedem Menschen, der zum Flüchtling durch Menschen gemacht wird, ist Gott mit auf der Flucht, weil er auf der Seite derer ist, die Leben wollen und deshalb nach Heimat suchen, die Bitte auch an uns in ihren Augen zu lesen: Lasst uns nicht allein, lasst uns endlich Heimat finden, um ein wenig schon jetzt spüren zu dürfen, was es bedeuten kann, Heimat bei Gott zu haben.

Diese Ansprache erschien als Faxbox-Predigt des Bergmoser + Höller Verlags.

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Träume Mahl

Einen Tisch träume ich,
unendlich in allen Dimensionen,
ungezählten Menschen bietet er Platz,
an dem Hände sich berühren,
Blicke sich treffen und Worte Antworten hören.

Einen Tisch träume ich, der selber allen Gastgeber ist,
jeder – so gewollt – wie Platz genommen,
und von jedem willkommen geheißen.

Einen Tisch träume ich an dem
kein Mund leer und trocken bleibt.
Worte werden gereicht, Lieder gesungen zum
Geschenk und an dem ein Stück Brot und ein Schluck
Wein satt machen auch für das morgen,
irgendwann mit Dir.

Ich träume ein Mahl das trägt,
und das von allen Gesichtern dieser Welt lebt.
Ein Krümel die Welt sättigt und einen
Schluck Wasser spüren läßt, daß Gott Gastgeber ist!

Aus „Schatz Ansichten – Entfesselnde Wortschätze“, hrsg. von der Katholischen Hochschulgemeinde Aachen und dem Domkapitel Aachen, 2001.
In Lyrik + mehr, Salzburg 2002, Walheim 2003 veröffentlicht | Getaggt , , , | Kommentieren
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