www.christoph-stender.de

Nehme dein neues Lebensjahr in die Hand

Deine Erinnerung möge dir eine frohe Perspektive weisen,
dein Verstand weiten deinen Blick,
deine Hoffnung möge Stirn den Realitäten zeigen
deine Gesundheit gebe deiner Suche sicheren Schritt.

Deine Liebe möge Antwort hören.
deine Sehnsucht spüren ein zu Haus.
deine Träume mögen Verlässlichkeiten stören.
deine Stärke mitgestalten der Geschichte Lauf.

So wünsch ich dir dein neues Jahr,
das du nur kannst gestalten,
magst du ihm froh entgegen gehen,
lass Frieden in ihm walten.

In Geburtstag, Wünsche zu Anlässen veröffentlicht | Getaggt | Kommentieren

Zum Geburtstag eines eher älteren Menschen

Dank für deine Einfachheit

Ein großer Weiser warst du nie,
kein Forscher auch kein Redner,
schon gar nicht stand dir zu Gesicht,
als Mittelpunkt zu wirken.

Die Große Welt sie kennt dich nicht,
dich zog nichts in die Ferne,
der Heimat gibst du dein Gesicht,
denn hier bist einfach du und gerne.

Dein Lächeln ist ein kleiner Schatz,
dein Rat ’ne stete Hilfe,
du gibst wenn andere in Not
und liebst des Menschen Milde.

Wie viele Jahre dir noch geliehen,
nur einer kann es wissen,
und der allein weiß um deinen Dank,
mag niemals mehr ihn missen.

Nun danken wir für so viel Jahr,
sollst manches noch erleben,
Gesundheit, Hoffnung, Mut und Freud
sei dir dabei gegeben.

So sag ich einen Wunsch nur heut,
bleib wer du stets gewesen,
lass leben hoch in Dankbarkeit,
was reich dir ist gegeben.

In Geburtstag, Wünsche zu Anlässen veröffentlicht | Getaggt , | Kommentieren

In Erinnerung des Tages deiner Geburt

In Erinnerung des Tages deiner Geburt wünsche ich dir gelassen durch deine Vergangenheit zu schlendern, den glücklichen Gesichtern zu trauen und der Trauer um das Traurige.

Mögest du heute deine Türe öffnen, da ein lieber Mensch dich sehen mag, einen Brief in der Hand halten, der dir etwas erzählt, vertraute Stimmen aus der Ferne genießen und einfach so eine Postkarte mit neun satten grünen Äpfeln und einem knackigen roten mittendrin in der Hand halten, die die Worte trägt „Alles Liebe, nicht wissend, ob es für euch nicht doch noch eine Zukunft gibt“.

Genieße einen erfrischenden Schluck, dein Lieblingslied, den Anruf: „Entschuldigung, ich habe mich verwählt“, ein kleines Geschenk, ein Lächeln im Spiegel und Witz, Wahrheit, ja auch einige kleine „Spitzen“ in offener Runde.

Denke den nächsten Schritt deines Traumes und sei dankbar für die Hand, die dich ehrlich berührt. Wenn heut du keinen Freund an deiner Seite spürst, dann frage dich: „Hast du etwas falsch gemacht?“. Wenn dich ein Mensch anschaut, und sein Blick dir sagt: „Ich meine dich ganz“, gehe in jedem Fall dem Gedanken nach, was alles dir unverdient geschenkt.

Nimm ein Bild deiner Eltern oder derer, die dir zu leben halfen in die Hand, dreh einmal dich um deine eigen Achse, schnuppere an einer Blüte, die noch duften darf und vergiss heute Abend nicht das Licht im Kühlschrank auszumachen.

Dir dein Geburtstag heute, ja heute, und mögen dich liebe Augen anschauen vielleicht auch erst morgen.

In Geburtstag, Wünsche zu Anlässen veröffentlicht | Getaggt | Kommentieren

Den Gastarbeitern der 60er Jahre

Nicht nur im Südviertel Aachens bestünde Erklärungsnot, sondern auch beim Gemüsehändler um die Ecke, bei der Verkäuferin im Einzelhandel, den Beschäftigten in der Gastronomie bis hin in die Professorenschaft unserer Hochschulen.

Denn in fast allen Sparten finden wir sie, die Kinder und Kindeskinder der so genannten ersten Generation von Gastarbeitern. Und diese Mitbürgerinnen und Mitbürger könnten uns fragen: War es ein Fehler unsere Großeltern in den 60er auch nach Aachen zu holen?

Die Konjunktur dieser Frage hat jüngst kein geringerer als der Altbundeskanzler Helmut Schmidt mit seiner «nachdenklichen» Feststellung angeschoben, es sei ein Fehler gewesen in den 60er Jahren Gastarbeiter aus fremden Kulturen in die BRD geholt zu haben.

Also leben in Aachen einige tausend Menschen, die eigentlich eine Fehlentscheidung sind und ihre Kinder und Kindeskinder, die Folgen derselben auch? In meiner Erinnerung sehe ich ein Gastarbeiterkind vor meinen Augen, mit zehn Jahren war er mein bester Freund, viele Jahre lang und nun soll er eine Fehlentscheidung gewesen sein?

Ist auch hier in Aachen die Vision des Miteinanders der Kulturen endgültig in die Parallelität von Kulturen hinein gescheitert und so die Fehlentscheidung der 60er greifbar! Zweifellos, es gibt in Aachen soziale Separierung unterschiedlicher Merkmale, so beispielsweise auch im Südviertel.

Es ist auch ein gravierendes Problem, wenn viele der älteren ausländischen Mitbürger und Mitbürgerinnen die deutsche Sprache nicht beherrschen und sich über Jahrzehnte hinweg in ihrem Sprachzirkel zurückziehen. Kommunikation und Kultur bedürfen konstitutiv einer gemeinsamen Sprache, der Landessprache.

Heißt das, dass nun die Zeit reif ist für die deutsche Leitkultur, der es zu folgen gilt, und den Eid auf die Verfassung, als Gesinnungsgarantie auf deutschem Boden – so wie einige Politiker fordern?

Es ist keine Frage, dass Grundgesetz und gesellschaftsbildende Werteakzeptanz konstitutiv für alle sind, die in der BRD leben möchten. Aber kann man Kultur als Vorgabe einfordern, der alle zu entsprechen haben? Unsere christlich geprägte Kultur ist doch nur aktuell christliche Kultur, wenn der christliche Glaube auch bekannt, gelebt und gefeiert wird.

Ist das nicht der Fall, dann gehört die christlich geprägte Kultur der Vergangenheit an und ist somit Geschichte. Auch für die zukünftigen Bemühungen, auf unterschiedlichen religiösen Hintergründen an einer gemeinsamen Kultur unserer Gesellschaft zu bauen, in der das Identitätsstiftende der verschiedenen Religionen möglich ist, bedarf es der gelebten Religion um kulturrelevant in der Gegenwart zu sein.

Denn, sollten einmal mehr Minarette als Kirchtürme das kulturelle Antlitz Aachens prägen, dann ist es falsch zu behaupten, die Muslime haben die Christen in Folge der 60er verdrängt. Vielmehr müssten die, die sich zum Christentum bekennen, beziehungsweise jene, die das christliche Erbe für unaufgebbar halten, eingestehen, zu wenig den christlichen Glauben bekannt, gelebt und gefeiert zu haben.

Quelle: Aachener Zeitung, 1.12.2004.
In Aufsätze + Artikel, Kolumne in der AZ veröffentlicht | Getaggt , | Kommentieren

Erinnerung hat Zukunft

Können Sie sich daran noch erinnern? Ich möchte Sie, die Leserinnen und Leser dieses Artikels, fragen, ob Sie sich noch erinnern können z. B. an den Tag ihrer Einschulung mit Schultüte, Klassenfoto usw. oder an einen tollen Urlaub auf einem wunderschönen Flecken Erde? Sicherlich schnell wird die Erinnerung wach an eine schwere Krankheit oder einen Schicksalsschlag, den Sie qualvoll durchlitten haben. Erinnern Sie sich noch an eine ganz eigenartige Begegnung der besonderen Art, Ihren ersten Arbeitstag, oder eventuell auch an die Geburt so eines Winzlings, der heute um die 1,80 Meter groß ist? Erinnern Sie sich noch? Welche Erinnerung ruft Ihre erste große Liebe in Ihnen wach? Werden mit diesen Fragen, während Sie diese Zeilen lesen, nicht Gesichter, Orte, Ereignisse, Stimmen, Gerüche und Empfindungen in Ihnen lebendig? Diese Fragmente sind die Puzzlesteine der Vergangenheit, die jetzt im Augenblick in Ihren Gedanken zu einem lebendigen Bild der Erinnerung werden. Legen Sie diesen Artikel getrost zur Seite, wenn Ihre Erinnerung jetzt etwas Zeit benötigt.

Wir brauchen das persönliche „ich erinnere mich“, ob angenehm oder unangenehm, das gemeinsame Gedenken und die Vergegenwärtigung unserer Geschichte, denn dieser Blick in den Rückspiegel des Lebens ist der Blick in jenen „Steinbruch“, in dem des Menschen Identität erstand und entsteht, auch die eines religiösen Menschen.

Erinnerung hat aber auch ein Synonym, den Begriff Tod. Erinnerung fängt an mit „es war einmal und ist nicht mehr“ oder „es war einmal ganz anders, jedenfalls egal, wie es war, es war jenseitig jetzt gelebter Zeit, eben nicht jetzt, nicht wirklich.

Die Adventszeit, vorweihnachtliche Fasten- und Wartezeit, ist in besonderer Weise hervorgehobene Zeit, weil wir mit ihr einstimmen in die Erinnerung unserer Vorfahren, deren alte Hoffnung auch unsere aktuelle Hoffnung ist. Diese Hoffnung der Menschen vor uns ist aber nicht nur auch unsere Hoffnung, sondern der Grund allen Hoffens überhaupt. „Erzählend auf sie zurückschauend“, das ist der Rhythmus gläubiger Erinnerung.

Erinnern Sie sich an das prophetische Wort von Jesaja „Dann schmieden sie Pflugscharen aus ihren Schwertern und Winzermesser aus ihren Lanzen“? Erinnern Sie sich an die Provokation des Paulus in seinem Brief an die Römer „Bedenkt die gegenwärtige Zeit: Die Stunde ist gekommen aufzustehen vom Schlaf“? Erinnern Sie sich an die Worte Jesu, Gotteswort uns überliefert im Menschenwort des Evangelisten Matthäus „Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen“?

Konkret: Was ist der Kern unserer Erinnerung? Worin ist der Advent, verdichtete Zeit der Erwartung begründet? Was ist das für ein Fest, auf das wir zusteuern? Diese Fragen finden ihre Antwort in der Umkehrung dessen, was wir aus menschlicher Perspektive Erinnerung nennen. Diese Umkehrung des Wortes Erinnerung ist aber wieder mit dem Wort Erinnerung zu bezeichnen. Der wesentliche Unterschied jedoch ist, dass hier das verlässliche Wort des sich Erinnerns Gottes gemeint sind. Gott erinnert sich an uns. So gibt Gott unserer Erinnerung eine neue Richtung, sein Wort! In Gott hat unsere Erinnerung und in ihr die Erinnerung unserer Mütter und Väter eine neue Lebensqualität. So ist auch das Synonym Tod zu dem Begriff menschlicher Erinnerung von Gott gewandelt in das Synonym Leben.

Menschliche Erinnerung beginnt mit den Worten; „Es war einmal!“ Wenn Gott sich seines Menschen erinnert, beginnt Erinnerung in göttlicher Gewissheit: „Es wird einmal!“ Erinnerung aber, das ist ihr Wesen, möchte erzählt werden. Der Advent ist Erzählzeit, verdichtete Wartezeit.

Erschienen in: Kirchenzeitung für das Bistum Aachen, 28.11.2004
In Aufsätze + Artikel, Glauben heute veröffentlicht | Getaggt , | Kommentieren

Mittelfristige Perspektiven der Hochschulpastoral

Vorbereitung und Moderation:
Prof. Dr. Monika Scheidler, Dresden
Hochschulpfarrer Christoph Stender, Aachen

Intention und Ziel dieses Werkstattgespräches

Einleitungsreferat von Christoph Stender

Intention und Ziel dieses Werkstattgespräches ist es, die Hochschulpastoral (Hp.) ungeachtet ihrer Geschichte, lieber Gewohnheiten und aktueller Praktiken mittelfristig quer zu denken, sie also auch jenseits der bekannten Wege zu entfalten.

Mitdenken sollen die Teilnehmer und Teilnehmerinnen aus ihren je unterschiedlichen Perspektiven: Als Handelnde, Betroffene, Hauptamtliche, Studierende, Verantwortungsträger, Interessierte aber nicht involviert, Professorinnen und Professoren, Auftraggeber, Geldgeber und Kooperationspartner. Entsprechend diesem Querschnitt wurden die Teilnehmer und Teilnehmerinnen eingeladen.

Konkret praktisches Ziel ist es, diese Veranstaltung betrachten wir als einen Auftakt, in unterschiedlichen Szenarien mittelfristige Perspektiven einer Hp. zu entwerfen auf dem Hintergrund potentieller Intentionen, Botschaften, Orte, Träger, Tätigkeiten, Handelnder und oder Betroffener, Geldgeber, Lobbyisten und Repräsentanten.

Innere und äußere Konfliktränder:

  1. Mancherorts sind auf Grund der finanziellen Probleme der Bistümer hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gefährdet, sowie Standorte der Hp. in Frage gestellt oder bereits schon in der Reduzierung
  2. Wer sich der Frage einer mittelfristigen Perspektive von Hp. zuwendet und das mit der Intention der Veränderung, der potentiell immer auch Expansion und Reduzierung zueigen ist, läuft Gefahr, den offensichtlichen da aktuellen Reduzierungsbegierlichkeiten der Bistumsleitungen zuzuarbeiten und somit Arbeitsplätze von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern passiv zu gefährden.
  3. In der bewusst gewählten Zusammensetzung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer kann (nicht muss) aufgrund der unterschiedlichen Funktionen der Teilnehmenden Reibungs- und somit Konfliktpotential liegen.

Stichworte zum Wandel der Hochschulpastoral
dokumentiert in der Literatur1, beginnend nach dem II. Vatikanischen Konzil bis in die Gegenwart.

1965 wurde von der „Studentenpfarrer – Konferenz“ im deutschen Sprachgebiet ein Buch mit dem Titel: „Katholische Studentenseelsorge – Geschichte und Gestalt“ in Auftrag gegeben und publiziert.
Mit Blick auf das Dokument die „Konstitution über die Kirche“ des II. Vatikanischen Konzils schreibt Hans Werners – Studentenpfarrer in Münster und Vorsitzender der Studentenpfarrerkonferenz – über die Aufgabe der Seelsorge an Studierenden: „In der Vorstellung der Seelsorge sieht man den Studenten in seiner konkreten Situation an der Universität und will ihn persönlich erreichen. Sie will ihm das rechte Wort sagen, ihm helfen zu einem christlichen Leben, zur rechten Entscheidung in aller geistigen und sittlichen Bedrängnis, möchte ihn religiös weiterbilden und ihm ein lebendiges Verhältnis zur Kirche geben.“ (Benkert/Ruf, 178.)
Wenige Zeilen später betont der Mitherausgeber dieser Veröffentlichung in seinem Artikel nochmals wie wichtig diese Intention bezogen auf die persönliche Situation des Studenten sei aber fügt hinzu, dass so verstandene Studentenseelsorge zu „einseitig auf den individuellen Zustand des einzelnen …ausgerichtet“ (Benkert/Ruf, 178.) sei und gibt zu bedenken, dass auf diesem Weg das Bewusstsein des Studierenden zu kurz komme, „mitverantwortliches Glied an der Kirche zu sein“. (Benkert/Ruf, 178.)

Wolfgang Ruf -Studentenpfarrer in Freiburg und von 1957 – 1961 Vorsitzender der Studentenpfarrerkonferenz – weitet den Blick der Seelsorge an Studierenden über die persönliche Dimension und das Thema Mitverantwortung in Kirche hinaus und stellt fest. „Die (Studenten) Gemeinde nimmt indirekt durch die Studenten, die sie bilden, an dem Prozess der Wissenschaft teil.“
(Benkert/Ruf, 204.) Auf dem Hintergrund der Frage nach der Integration der Studentengemeinde in die Universität und des Verhältnisses beider zueinander bemerkt Ruf: „Auch die Studentengemeinde muss sich wandeln. Sie darf nicht neben der Hochschule Studierende vereinen wollen“ (Benkert/Ruf,205.)

Im selben Aufsatz geht Ruf noch einen Schritt weiter: „Wie soll sich eine Studentengemeinde in der Hochschule verstehen, wenn sie nicht direkt zum Fortschritt der Wissenschaft beiträgt, wenn Wissenschaft und Studienpraxis – nicht aus Feindseligkeit, sondern aus sachlichen Gründen – gerade von dem absehen, was Geist und Leben einer christlichen Gemeinde ausmachen? Muss diese dann nicht wie ein Fremdkörper in der Hochschule erscheinen?“ (Benkert/Ruf, S. 205.)

Diesen Gedanken weiterführend hält – exemplarisch für viele der Hochschulgemeinden in Deutschland – der Artikel “ Die zukünftige Präsenz der Kirche an den Hochschulen“ in der Festschrift „Kreuzungen“ die anlässlich des 50 jährigen Jubiläums der Hochschulpastoral in Aachen publiziert wurde fest:

Einer von drei Pfeilern der Hochschulpastoral sei die „Anfrage an die Lehrinhalte der jeweiligen Fakultäten der Hochschulen und ihre Vermittlung, ob sie im Dienst des Lebens der Menschen stehen oder Gefahr laufen, Selbstzweck zu werden. Dies geht nur im Dialog mit Studierenden und Lehrenden.“ (Stremmel – Kray, S.59.)

Die Kommission VIII der Deutschen Bischofskonferenz greift die gewachsene Intention der Seelsorge an Studierenden (Hochschulgemeinde) auf, sich in ein Verhältnis zur Hochschule zu stellen, wie sie es auch schon in anderen entsprechenden Schriften getan hat, und betont in dem Thesenpapier zu „Eckpunkte einer zukünftigen Hochschulpastoral“ vom Mai 1999: „Der dynamische Wandel der Gesellschaft und die derzeitige Umstrukturierung im Bereich von Wissenschaft, Forschung und Lehre stellen die katholische Kirche vor die Aufgabe, ihre Präsenz an den Universitäten wie auch den rasch wachsenden Fachhochschulen neu zu bestimmen und neu zu gestalten.“

Wandel der Hochschulpastoral in der Relation

Hochschulpastoral wandelt sich nicht aus einer historisch oder konzeptionell gewachsenen Einheitlichkeit heraus in eine wie auch immer geartete zukünftige Diversität. Hp. ist unterschiedlich und war nie unterschiedslos. Die Tatsachen des unterschiedlichen Erscheinungsbildes der Hp. in Deutschland entspricht diözesaner Traditionen, des Standortes (städtisch/ländlich), der personellen Ausstattung sowie der Sachmittelausstattung, der Hochschullandschaft als solcher vor Ort, der vorhandenen Hochschultypen aber auch dem Fakt ob sie sich in den alten oder den neue Bundesländern bewähren musste.
Hp. wandelt sich aus der Unterschiedlichkeit ihrer selbst in eine von uns nicht direkt mitbestimmbare Zukunft. Diese Zukunft findet in einer sich wandelnden Gesellschaft statt in einer primärbedeutsamen aber unklaren sozialen Situation. Davon betroffen sind die Kriterien wann ein junger Mensch den Status eines Studierenden erlangt (Veränderung der Zugangskriterien), wie lange er ihn halten kann (Studiengebühren/Studienkonten etc.) und wohl auch an welchem Ort er ihn erleben darf (Förderung von Elitehochschulen durch Staat und Land).

Allgemeine Infragestellung der Hp.:

Territorialgemeinde contra kategoriale Seelsorge!
Todschlagargument „kein Geld“.
„Erfolgsquote“ im Promillebereich.
Amtskirchenkonformität, ja oder nein.
Ist das zwingend christliche der Hp. nicht bezweifelbar?
Wem fehlt etwas, gäbe es keine Hp.?

Mögliche Gründe des Wandels [ohne den Anspruch der Vollständigkeit.]:

  • Neubestimmung der Intention von Hp.
  • Neubesinnung auf die Grundlagen (Evangelium) auf denen Hp fußt.
  • Interessenswandel bei der Zielgruppe allg.
  • Veränderung der Zielgruppe [Z.B. Für alle, Christen, Katholiken, Menschen guten Willens, Lehrende, Mittellose, Liturgiefähige, Eliten.]
  • Konzentrierung auf bestimmte Fachrichtungen [ Z. B. Theologische Fakultät, Lehramtskandidatinnen, Naturwissenschaftler]
  • Konzentrierung auf einen bestimmten Hochschultyp [Staatliche oder kirchliche Fachhochschulen, Fachschulen, Universitäten.]
  • Reduzierung/Abschaffung des hauptamtlichen Personals in der HP.
  • Veränderung der Lokalität von HP [Z.B. Angliederung an eine territoriale Gemeinde, Zuordnung an eine Akademie, Gestellung an eine Ordensgemeinschaft]
  • Delegation der Trägerschaft [Z.B. Autonomes Zentrum mit Sachmittelfinanzierung, Ordensgemeinschaft, Stiftung, e.V., private Trägerschaft, ein Sponsor.]
  • Bistümlicher Verzicht auf die HP aus finanziellen o. ä. Gründen
  • Paradigmenwechsel in einem Bistum die Intensität von Hp. betreffend [Z. B. Exemplarisch auf ein Thema, einen Ort und eine Personengruppe bezogen. Auf die Fläche bezogen entweder überall eine Personengruppe, oder ein Thema bedienen. Die Reduzierung auf ein Hochschulzentrum bei kleineren Bistümern wäre denkbar wie z.B. Essen geschehen.]
  • Veränderung der Hochschullandschaft [politisch, sozial, lokal]
  • Drastische Veränderung der gesellschaftlichen Kräfte bezogen auf die Akzeptanz von Kirche im öffentlichen Raum.
  • Soziale Veränderung in der Gesellschaft zwingen die Kirche bei geringen Eigenmitteln zu ausgrenzenden Akzentsetzungen.

Wer ist die Zielgruppe der Hp. und welche ihrer Befindlichkeiten sollen/müssen bedient werden:

  1. alle an der Hochschule Tätigen
  2. die kirchlich sozialisierten (mit dem entsprechenden gewohnten kirchlichen Programm)
  3. die Ratsuchenden (deutsch und international)
  4. Gottesdienstbesucher
  5. Elite, Begabtenförderung
  6. finanziell zu unterstützende
  7. Studierende mit Interesse an religiös lebensorientierter Begleitung
  8. Bewohner und Bewohnerinnen von (kirchlichen) Wohnheimen
  9. an Themen interessierte
  10. Studierende bestimmter Fächer (Kanon)
  11. Geschlechterorientiert
  12. Studentische Randgruppen (Behinderte, Homosexuelle etc)
  13. bestimmte Spiritualitäten oder Gemeinschaften (Campus für Christus)
  14. sozial engagierte (Kirche, Vereine, Fachschaft, Asta, Verbindungen)
  15. Zukünftige Führungspersönlichkeiten (siehe auch Begabtenförderung wie Cusanus, KAAD etc.)

An welchen auf die Kirche bezogenen internen und externen Interessenslagen orientiert sich die Hp:

  • Bedürfnislage der Studierenden
  • Interessen der Hochschule und angegliederten Institutionen
  • Mehrheitliche Interessen von Kirchenvertretern und /oder kircheninterner Institutionen.
  • Evangelium
  • Politisches Interesse von Seiten der Kirche an den Hochschulen.
  • Pragmatische Orientierung [Z.B. Vermittlungsbedarf von Mitarbeitern, zu belegende Immobilien.]
  • Lobbyisten
  • Finanzen

Wer bestimmt die „Botschaft“ der Hp. und ihr „Kleid“:

  • die Bistumsverantwortlichen
  • die in der Hp hauptamtlich Tätigen
  • die Studierenden (Zielgruppe)
  • der Steuerzahler/Sponsor

Was könnten die Wasserzeichen (Identitätsmerkmale) der Hp. sein:

  1. Die Trias von Diakonia, Martyria und Liturgia (in Koinonia)
  2. kulturelle „Diakonie“ (z. B. Kunst)
  3. Interkulturalität und Interreligiosität
  4. Gender
  5. Partizipation
  6. Existenzbegründend in internen (z.B. kirchliche Akademien) und externen (z.B. Didaktisches Zentrum der Uni) Kooperation (Hp. legt das Seine auf den runden Tisch zu Anderem in einer Sache.)
  7. Hp. als Avantgarde von Kirche
  8. Hier ist alles möglich
  9. Der väterliche Arm des Ortsordinarius (Bischof)

Schlussbemerkung:

Gerade weil in der Gesellschaft, dem Umfeld der Hochschule sowie in ihrem Kern selbst vieles im Umbruch ist und in Ihr die Seelsorge, die Hochschulpastoral, die Präsenz der Kirche an den Hochschulen ihren originären und einzigen Ort hat (wenn sie vom Glauben in einer Welt von morgen auch weiterhin programmatisch sprechen will), ist sie allein deswegen mit dem Wandel, der Veränderung so auch ihrer selbst verbunden. Jedoch definiert sich Hp. nicht einzig aus dem Wandel. Der finanzielle Druck der Bistümer entscheidet über die Zukunft der Hp. jenseits des gesellschaftlichen Wandels, aus einer eigenen Dynamik heraus und schafft wiederum Wandel der aber möglicherweise auch das Ende der Hp vor Ort bedeuten kann.
Hp. steht so (im besten Fall) vor einem doppelten Wandel, dem der Gesellschaft und dem am Finanzdiktat orientierten kirchenintern Wandel.

Diesen Herausforderungen gerecht zu werden dient unser hiesiges Anliegen, sich von den herkömmlichen Vorstellungen und Erfahrungen die Hp. betreffend (experimentell) zu verabschieden, um in den Gedanken unvoreingenommen und unbelastet zu sein, Hp. neu, frei anders, eben potentiell zukunftsfähig zu denken.
Kurz gesagt: Wir bitten Sie bedingungslos Hochschulpastoral zu denken!

Gestatten sie mir abschließend folgenden Vergleich: Sie sind eingeladen mit Ihren unterschiedlichen Kompetenzen, Erfahrungen, Analyseinstrumenten und Ihrem kreativen Potential als Modedesigner eine kleine, dreiteilige Kollektion der mittelfristigen „Ausstattung“ von Hochschulpastoral zu entwerfen, so einen Mantel, ein Sakko und eine Weste. Diese Kreationen sollen auf dem Laufsteg den Betrachter betören, die Realität der Bekleidungsindustrie aber nur sekundär, fast banal inspirieren. Enttäuscht? Kein Grund, denn ohne diese Inspiration durch die Modekünstler gäbe es keinen kreativ veränderten Trend in der Mode, sondern nur pragmatische Anziehware, die irgendwelchen praktischen und pekuniären Zwängen zu folgen hat.
So lohnt sich auch unser gemeinsames kreatives Nachdenken über zukünftige Perspektiven der Hp. alleine schon nach dem Motto: „Weiter ist der Mensch seit ein Gespräch er ist“ (Hölderlin).

1 Literatur: Paul Benkart, Wolfgang Ruf, Hrsg. Katholische Studentenseelsorge, Geschichte und Gestalt. Paderborn, 1965. Kurt Stremmel – Kray, Hrsg. Kreuzungen, 50 Jahre Hochschulpastoral in Aachen. Aachen, 1997. Zentralstelle Bildung der Deutschen Bischofskonferenz, Hrsg. Eckpunkte einer zukünftigen Hochschulpastoral. Bonn,1999.
In Vorträge veröffentlicht | Getaggt , | Kommentieren

Wo bleiben Demos für den Glauben?

Wonach klingt das Wort des Apostels:

„Einer ist Gott, einer auch Mittler zwischen Gott und den Menschen: der Mensch Christus Jesus.“ Ist das eine Vermutung, ein variables Angebot im interreligiösen Dialog, eine wissenschaftliche Hypothese oder ein Bekenntnis?

So manchem von uns Christinnen und Christen spricht der Apostel mit diesen Worten aus der Seele: „Einer ist Gott…“

In unseren vier Wänden können wir uns noch mit diesem Bekenntnis sehen lassen, auch wenn solcher Glaube bei den Jüngeren nicht ohne Widerspruch bleibt. Im Gottesdienst ist der Glaube an Gott in Jesus Christus unwidersprochener Konsens.

Was geschieht aber, wenn die geschützten Räume des Glaubens verlassen werden?

Die wenigen öffentlichen Demonstrationen unseres Glaubens, wie die Bitt-, Dank- oder Fronleichnamsprozessionen, werden immer häufiger, weil es oft nur noch wenige „Demonstranten“ sind, in den verbergenden Kirchenraum verlegt.

Die religiös unbeteiligte Bevölkerung nimmt christliche Glaubensbekundungen eher mit einem mitleidigen Lächeln wahr. Manchmal muss man sich auch von religiösen Analphabeten Zwischenrufe gefallen lassen, wie in Krefeld erlebt, da wurde während der Fronleichnamsprozession „Helau“ gerufen.

An unseren Schulen, wo es ihn noch gibt, steht der theoretische Religionsunterricht generell noch nicht in Frage. Das persönliche Bekenntnis eines Lehrers, Pädagogen oder Erziehers aber steht immer häufiger in der Gefahr, von der Öffentlichkeit verdächtigt zu werden, mindestens aber bemitleidet. Anders herum ducken wir uns mit unserem christlichen Bekenntnis bei dem türkischen Gemüsehändler an der Ecke eher selber weg. Oft mutiert auch das Profil des christlichen Glaubens im interreligiösen Dialog zum Eiertanz zwischen etwas Wahrheit hier und etwas Wahrheit da, bis er in der Erkenntnis landet: Genau genommen meinen doch alle Religionen – bei der Angleichung ihrer Begrifflichkeiten – eigentlich mit ein wenig Flexibilität irgendwie doch denselben Gott.

Und unser „kuscheliges christliches Europa“ wird auch erst dann so richtig als christlich bemüht, wenn es darum geht, mit fadenscheinigen Argumente die Türkei außen vor zu halten. Der Apostel sagt unmissverständlich: „Vor allem fordere ich zu Bitten und Gebeten, zu Fürbitte und Danksagung auf, und zwar für alle Menschen, … damit wir in aller Frömmigkeit und Rechtschaffenheit ungestört und ruhig leben können.“

Anders gesagt: Unsere Sorge, unsere Hilfe und unser Gebet gelte allen Menschen. Das ist die Grundlage, auch unseren Glauben unbeeinträchtigt und kulturschaffend leben zu können. Christen gestalten Kultur nicht aktiv, wenn sie sich verstecken, teilweise aus der falschen Sorge heraus, anderen Bekenntnissen zu nahe zu treten. Das Gegenteil ist der Fall! Kulturschaffend ist das klare Bekenntnis, welcher Religion auch immer, und damit verbunden die Akzeptanz der Differenz. Wir müssen zum Beispiel einen Muslimen klar nach der Intention des Islam fragen wollen und dürfen, und nicht höflich schweigen, ebenso aber auch uns umgekehrt fragen lassen.

Daneben nicht hinterfragbar ist das kulturelle Erbe des Wertekonsenz, verankert im Grundgesetz, an den haben sich auch alle Religionen zu halten. Darüber hinaus aber wird Kultur nur (neu) geschaffen durch Handlungen und nicht durch passive Erinnerung. Es reicht nicht aus, sich der christlichen Wurzeln zu erinnern, sondern das Handeln aus dem Glauben schafft Gegenwartskultur.

Gelebter Glaube ist ein identitätsstiftendes Indiz einer auch von verschiedenen Religionen gemeinsam gestalteten Kultur. Glaube bleibt kulturschaffend, wenn er je neu heraustritt aus der Erinnerung in die gelebte Gegenwart.

Erschienen in: Kirchenzeitung für das Bistum Aachen, 19.9.2004
In Aufsätze + Artikel, Glauben heute veröffentlicht | Getaggt , | Kommentieren

Die Frage nach Recht und Gerechtigkeit

Mit dem Streit bei der Schumag sind wieder einmal Arbeitsplätze in der Region gefährdet, und damit wackelt die soziale Sicherheit weiterer Familien. Wer hat da eigentlich Recht?

Der Vorstand der Schumag fordert eine Erhöhung der Wochenarbeitszeit von 35 auf 40 Stunden. Das sei zum Erhalt des Standortes nötig, sonst ginge es ab nach Rumänien. Die Belegschaft, die wohl nicht geneigt ist nach Rumänien überzusiedeln, bietet aber nur eine Erhöhung auf 37,5 Wochenstunden an. Bleibt zu hoffen, dass Betrieb und Belegschaft doch noch eine Einigung finden werden.

Die Frage jedoch, wer hat in seinen Forderungen Recht, kann sich morgen an einem anderen Ende des Kreises Aachen wieder neu stellen. Denn wer hat Recht? Die Heerscharen der Aachener, die bei den großen Lebensmittelketten am liebsten jeden Tag die Milch noch einen Cent billiger hätten, oder die dortigen Angestellten, die absehbar mindestens den Inflationsausgleich fordern werden, die Betreiber der Supermärkte, die unter dem Preisdruck Personal reduzieren, oder die Bauern, die auf ihre Subventionen für die Milch bestehen. Wer hat Recht?

Alle können nicht Recht haben, es sei denn, das private Drucken von Euro-Noten würde erlaubt. Wer hat da Recht? Die vielen kleinen Anleger in Aachen, die einen Anspruch auf die vereinbarte Rendite ihrer Anlagepaketen zu meinen haben, oder die börsennotierten Unternehmen die, auch um ihre Kleinaktionäre bei Laune zu halten, Personalabbau aus Gründen der Effizienz aktiv betreibt. Wer hat da Recht?

Die Globalisierungsbefürworter, die neue Märkte mittelfristig auch für den Standort Aachen sichern möchten, oder die Manager die sich grinsend dicke Abfindungen durch die Fusion von Unternehmen einstecken mit der Begründung, sie so tauglich gemacht zu haben für den Weltmarkt. Oder jene, die das Thema Subventionsabbau bei Kohle und der Landwirtschaft natürlich nur aus moralischen Gründen für verwerflich halten.

Ich weiß nicht mehr wer recht haben könnte. Alle jedoch nicht! Aber wer ist denn dann im Unrecht? Alle ein bisschen? Ja auch, aber nicht nur: In den letzten Jahren haben die Arbeitnehmer gut bekommen und die Arbeitgeber sich gut genommen, alle jedoch behaupten das Gegenteil.

Zukünftig wird Recht, Gerechtigkeit, so glaube ich als Laie, nur zu finden sein jenseits der Subventionen in Milliardenhöhe, sowie jenseits von Abfindungen einzelner in mehrfacher Millionenhöhe.

Gerechtigkeit und parteilicher Stimmenfang sind auch in diesem Wahljahr unvereinbar. Gerechtigkeit gründet in Ehrlichkeit und in dem Interesse am Wohl des Volkes, dem so genannten Gemeinwohl, wo es allen mindestens gleich wohl gehen sollte, komischerweise sich einige wenige aber sichtbar wohler fühlen als andere, die sich so gar nicht mehr wohl fühlen können!

Quelle: Aachener Zeitung, 11.08.2004
In Aufsätze + Artikel, Kolumne in der AZ veröffentlicht | Getaggt , | Kommentieren

Piraten auf dem Wohnungsmarkt

Eine Gaststätte, erster Ort unserer Begegnung. Gegenseitige Sympathie. Spaziergang, Kino sowie Biergarten waren angesagt, bevor die Frage kam: „Wo wohnst du eigentlich?“

Er sei noch im Umzug, wiegelte der Student europäischer Herkunft ab. Eine weitere Begegnung war plötzlich ganz schwierig. Einige Tage später gab es eine Adresse, wir verabredeten uns im Flur vor seinem Zimmer, so die Bitte des 26-jährigen Aufbaustudenten.

Ich schellte, er merkte, wie komisch diese Situation wurde, und bat mich dann doch zögernd in seine Behausung. Dieser einfach gekleidete Mann lebte in einem Loch und schämte sich unsagbar.

Das Waschbecken gesprungen und nicht mehr zu säubern, Schranktür Fehlanzeige, Tisch wie vom Sperrmüll, auf dem Boden total versiffte, ehemals rosafarbene Langhaarbodenfliesen, teilweise abgerissene Tapete.

Er sagte kaum hörbar „Ich habe nichts anderes bekommen.“ 13 Quadratmeter, Toilette auf dem Flur für je fünf Insassen, in einem heruntergekommenen Haus, Kaltmiete 140 Euro. Ich schämte mich für unsere Stadt.

In diesem Haus, mitten in Aachen, befinden sich nur ausländische Studenten. Der in Aachen lebende Hausbesitzer verweigerte nach vertragsgemäßem Auszug dieses Mieters drei Monate die Kaution. Das Haus, der Vermieter, eine Unverschämtheit.

Mir ist bewusst, das ist nicht die Regel. Aber solche Ausbeutung gibt es, und die ist kein Einzelfall. In den nächsten Wochen werden wieder tausende Studierende, unter ihnen circa zehn Prozent Gaststudenten aus anderen Ländern, eine Bleibe suchen.

Sie sind Gäste und Neubürger und -bürgerinnen der Europastadt, auch Wirtschaftsfaktor. Ihnen allen ist zu wünschen, dass sie sich von Anfang an in unserer gemütlichen, modernen und traditionsbewussten Stadt wohl fühlen können.

Die Machenschaften jener Hausvermieter aber, die das Ausgeliefertsein schamlos ausnutzen, legen einen Schatten der Unmenschlichkeit auf unsere sonst so gastfreundliche Stadt. Mögen auch die letzten Piraten auf dem Wohnungsmarkt an der Zivilcourage seriöser Vermieter und Mitbürgerinnen scheitern, weil sie gegen diesen Missbrauch eintreten.

Besonders ausländische Studierende werden in ihren Heimatländern zu Botschafterinnen und Botschaftern eines menschenfreundlichen Aachen, wenn sie hier auch fair und respektvoll behandelt wurden!

Quelle: Aachener Zeitung, 11.08.2004.
In Aufsätze + Artikel, Kolumne in der AZ veröffentlicht | Getaggt , | Kommentieren

Wie ein kostbarer Edelstein?

Anna-Woche 2004 in Düren

Edelsteine in Zelten Gottes auf Erden. Erstes Fragment:

Als vor 50 Jahren der Grundstein zu der neuen Annakirche gelegt wurde, da waren die Schritte der Dürener Bevölkerung noch eher verhalten und ihre Stimmen noch etwas stumpf. Die Worte des Kirchenliedes „ein Haus voll Glorie schauet weit über alle Land, aus ewgem Stein erbauet von Gottes Meisterhand“ (GL 639, 1), blieben noch so manchem der Bürger und Bürgerinnen im Halse stecken, die Erinnerung, sie war noch zu frisch!

Am 16. November 1944 wurde Düren durch einen Alliiertenangriff im zweiten Weltkrieg völlig zerstört. Ungefähr 22.000 Menschen lebten zu der Zeit in der Stadt, von denen über 3.000 beim Bombenangriff starben. Das Weiterleben in der fast vollständig zerbombten Stadt war nicht mehr möglich. Die noch lebenden Dürener mussten ihre Heimat verlassen und wurden nach Mitteldeutschland evakuiert. 1945 lag die Stadt in der Hauptkampffront. Im Februar 1945 überquerten die amerikanischen Truppen die Rur bei Düren. Nach Kriegsende kehrten schon im Sommer 1945 viele evakuierte Dürener in ihre zerstörte Stadt zurück und fingen gegen den Willen der amerikanischen Besatzer mit dem Wiederaufbau an. Im Juni 1945 waren wieder 3806 Bürgerinnen und Bürger in Düren. Neun Jahre später hatten die Dürener wieder die Kraft und die Möglichkeit den Grundstein ihrer Annakirche neu zu legen.

Grundsteine werden oft in das Erdreich der Erinnerung, der Geschichte, des Gestern gebettet. Grundsteine markieren auf den Trümmern zerstörter Städte, in den Trümmern zerbrochener Herzen, in den Trümmern verletzter Körper den Willen des Menschen, nicht weiter durch die Greueltaten, die Menschen Menschen zugefügt haben, zerbrochen zu werden. Auf jedem Grundstein steht verborgen geschrieben: „Steh auf! Mensch steh endlich auf!“

Als der Grundstein dieser Kirche, Ihrer Kirche gelegt wurde, als der Traum, das Annahaupt würde wieder ein zu Hause haben, in greifbare Nähe gerückt wurde, da sangen jene, die ihren Glauben nicht verloren haben, verhalten wohl diese Liedstrophe: „Seht Gottes Zelt auf Erden! Verborgen ist er da; in menschlichen Gebärden, bleibt er den Menschen nah. Herr, wir Danken dir, wir vertrauen dir, in Drangsal mach uns frei und steh im Kampf uns bei.“ (GL 639, 4).

Viele Grundsteine wurden in diesen Jahren in unserem Bistum, in unserem Land neu gelegt, Viele Kirchen wurden aufgebaut oder neu errichtet und überall war der Grund der Zerstörung derselbe, die Verherrlichung menschlicher Macht durch brutale Gewalt.

Meine lieben Mitchristinnen und Mitchristen, wenn ich heute mit dem 50. Jahr der Grundsteinlegung von St. Anna auch an dieses Kapitel der Geschichte erinnere, das ihre alte Annakirche mit ihrem 100 Meter hohen Turm in Schutt und Asche hat fallen lassen, dann tue ich dies, weil in diesen schweren Zeiten „kostbare Edelsteine“ der Grund dafür waren, dass wir heute in dieser neuen Annakirche Gottesdienst feiern dürfen und hier auch schon seit vielen Jahren wieder das Annahaupt verehrt werden kann.

Diese „kostbaren Edelsteine“ war der Glaube der Menschen Damals (einige Leben noch und sind sogar unter uns) von Gott nicht im Stich gelassen zu werden. Die Menschen fühlten sich durch Gott wieder aufgerichtet, in seinem Namen wollten sich die Christinnen und Christen wieder würdig versammeln. Sein Wort sollte im Zentrum der aufgebauten Stadt wieder verkündet werden. Hier sollte der Tisch wieder stehen an dem sich Gott in Jesus Christus den Menschen schenkt, sich selbst zu essen gibt, damit keiner leer ausgeht.

Seht: So steht heute Gottes Zelt auf Erden hier mitten in Düren, ein Zelt in dem der Reichtum Gottes, sein Mensch, sich in der göttlichen Liturgie, der Feier unseres Glaubens, schmücken darf mit der Herrlichkeit Gottes, hier funkelt unser Glauben am hellsten! In diesem Zelt legt die Gemeinde in jedem Gottesdienst kleine Grundsteine aus dem Glauben für das Lebenshaus von morgen, unseren Alltag. Ortswechsel!

Edelsteine in Zelten Gottes auf Erden. Zweites Fragment:

Vom Bahnhof zum Seiteneingang sind es nur ein paar Schritte. Zugegeben, die Bezeichnung Seiteneingang ist bei einer Türhöhe von locker 10 Metern nicht ganz korrekt, aber der Haupteingang hat halt noch ein paar Meter mehr zu bieten. Große Eingänge lassen ahnen: „Hier betrete ich keine Hütte!“ In der Tat, der Raum ist gigantisch.

Kaum drinnen lockt auch schon die nächste Merkwürdigkeit. Sorgfältig aufgereiht auf Metallschienen flackern etwas bezugslos hunderte kleiner Teelichter vor sich hin. Erst bei näherem Hinschauen entdeckt der Forschertyp eine kleine Figur hinter Glas, die der Grund dieser Kerzenansammlung zu sein scheint. Was hat es mit dieser Figur auf sich? Einfach mal jemanden fragen der ebenfalls durch diese „Gotik pur“ schlendert: „Es ist ein Bild Mariens, der Mutter Jesu, die seit Generationen hier verehrt wird.“

Um diese Mariendarstellung herum ist Event, hier geht die Post ab: Kerzen werden angezündet, Menschen knien, stehen oder sitzen, sie suchen Ruhe, sind in sich vertieft, beten oder sind einfach nur da.

Zwei Jungs, so um die 20 Jahre alt, werden auch gesichtet. Der eine ein „Schwiegermutters Lieblings Typ“, der andere ein Blickfang: Rote Haare mit bläulichen Tupfen, weite Rapperhosen und total abgefahrene Schuhe. Ausgerechnet dieser Typ steht auf, geht zum Gnadenbild, zündet eine Kerze, bezahlte und bleibt noch einen Augenblick da stehen. Als die beiden den Dom verlassen fragt sein Freund: Warum hast du da eine Kerze angezündet? Antwort: „Meine Oma hat das auch gemacht, und die war eine ganz tolle Frau.“

Respekt! Dieser abgefahrene Typ geht in eine Kirche, schämt sich nicht vor einem Gnadenbild gesehen zu werden, steckt eine Kerze an, weil er dem Glauben seiner Oma traut, und fühlt sich auch noch gut dabei.

Dieser Kerl hat bei seiner Oma etwas gespürt, dem auch er vertrauen kann: „Mit Gott kann man sich sehen lassen! “ Edelstein Glauben! Ortswechsel.

Edelsteine in Zelten Gottes auf Erden. Drittes Fragment:

Neben meiner Haustüre steht ein recht großes Holzkreuz mit Korpus. Die Schnitzart ist nicht ganz mein Geschmack, aber Kreuze sollen ja auch nicht anmutig, lieblich oder schön sein und dann auch noch irgendwelche Geschmäcker treffen.

Wie jeder andere Mensch so schaue auch ich ab und zu so ganz ohne Grund aus einem meiner Fenster. Wie der Zufall so will, bemerke ich eine Frau wie sie gerade vor diesem Kreuz stehen bleibt, hinaufschaut, sich bekreuzigt und weiter geht. Es war nur ein Augenblick in dem diese Frau vor dem Kreuz, mitten auf der Straße, ihren Edelstein aufblitzen ließ. Sie hat ein Zeichen gesetzt! Und sie hat mich zum Nachdenken gebracht: Wo setze ich in meinem Alltag Zeichen? Lasse ich den Edelstein Glauben aufblitzen?

Edelsteine in Zelten Gottes auf Erden. Letztes Fragment:

Behauptung!
Gott ist unser Schatz!
Konsequenz:
Unser Reichtum ist der Glaube an Ihn.
Im Bild:
Edelstein Glaube.

Und hier,
in Düren vor 50 Jahren, ein Grundstein,
jedes Jahr zur Oktav der Mutter Anna,
in festlicher Liturgie,
vor einem Gnadenbild die Erinnerung eines Jungen an seine gute Oma,
mitten auf der Straße vor einem Kreuz,
öffentlich bekannter Glaube,
wo es Glauben und Hoffung nur geteilt gibt teilen,
da blitzen unsere Edelsteine aus dem Schatz Gottes von dem wir bekennen:
„Sein wandernd Volk will leiten der Herr in dieser Zeit; er hält am Ziel der Zeiten dort ihm sein Haus bereit. Gott, wir loben dich, Gott, wir preisen dich. O lass im Hause dein uns all geborgen sein.“ (GL 639, 5)

Diese Predigt wurde im Rahmen der Anna-Woche 2004 in St. Anna, Düren gehalten.

In Anna-Predigten, Predigten veröffentlicht | Getaggt , , , | Kommentieren
© Christoph Stender | Webdesign: XIQIT GmbH
Impressum

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen