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Die Feiern der „heiligen“ Woche

Eine kurze Deutung der besonderen Tage

Das Feier- und Erzählungsereignis der Kar- und Ostertage beginnt mit dem Palmsonntag. Dieser Sonntag hat seinen Namen von den Palmzweigen, die die Menschen in den Händen hielten, um Jesus bei seinem Einzug in Jerusalem zu begrüßen. So berichtet es uns zum Beispiel der Evangelist Johannes (vgl. Jh. 12.12-19). Dann folgt der Gründonnerstag. Dieser Festtag hat nichts mit der Farbe Grün zu tun. Diese Vorsilbe Grün ist wahrscheinlich entstanden aus dem mittelhochdeutschen Wort „greinen“, das soviel wie „weinen“ bedeutet. Warum wird der Tag mit Weinen und Traurigkeit verbracht? Im Mittelpunkt dieses Festtages steht das Abendmahl, das Jesus mit seine Jüngern gefeiert hat. Dieses gemeinschaftliche Mahl feiern wir bis heute. Wir folgen so der Bitte Jesu: Tut auch Ihr das zu meinem Gedächtnis. So ist es eigentlich ein frohes und lebendiges Fest. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass damals Jesus im Abendmahl sehr deutlich gesagt hat, dass sein Weg auch ein Weg in den Tod ist. Deshalb die Traurigkeit, deshalb Tränen! Die Jünger konnten das damals alles zwar noch nicht begreifen. Aber diese Worte, ich werde sterben müssen, brachten die Freundinnen und Freunde Jesu zur Verzweiflung. Bis heute macht es uns Menschen traurig und wütend, dass Jesus so viel Leid von den Menschen ertragen musste, die nur an ihrer eigenen Macht über andere Menschen interessiert waren und so Jesus über die Klinge springen ließen.

Der Karfreitag steht ganz unter dem Eindruck dieser Tatsache, dem Mord an Jesus Christus, seiner Kreuzigung. So bedeutet das althochdeutsche Wort „Kar“ Trauer und Klage, das als Vorsilbe mit dem Wochentag Freitag zum Karfreitag wurde, zum Tag der Klage über das Sterben Jesu. Der Karsamstag ist ein eher unscheinbarer Tag, der kein Fest aufzuweisen hat. Ich finde ihn aber trotzdem wichtig. Es ist für mich der Tag unheimlicher Stille. Der Tag des Fragens: „Wo bist du, Gott?“ Der Tag der Verunsicherung. Es ist ein Tag, an dem ich auf ein Gefühl in mir treffe, das immer wieder, ob Frühjahr, Sommer, Herbst oder Winter, ganz heimlich in mir aufsteigt: Was soll das Ganze eigentlich noch? Es hat ja doch keinen Sinn mehr! Ich bin ja nur ein kleines Rädchen im Getriebe. Die Welt kann ich sowieso nicht verbessern. Doch die Nacht dieses Karsamstages ist die Nacht des Erwachens. Die Nacht, in der ich spüre: Und es macht doch Sinn! Die Nacht, die zur Osternacht wird. In dieser Nacht feiern wir das Undenkbare, das „nur“ Glaubbare: Jesus ist von den Toten auferstanden. Seine Liebe, sein Leben, sind nicht totzukriegen. Gott ist Rettung aus aller Dunkelheit. Diese Nacht fließt in den Ostersonntag, den Tag des mutigen Bekenntnisses: Wir haben ihn gesehen, er lebt! Um dieses „wahnsinnige“ Ereignis zu feiern, es zu entfalten, zu spüren, zu hören und davon zu sprechen, reicht ein Tag nicht aus. Der Ostermontag ist für mich der Beginn des Erzählereignisses, das von diesem Tag an eigentlich unendlich ist. Dieses Erzählfest hat nur einen Kernsatz, der in unzählige Lebenssituationen hinein bis heute erzählt, bezeugt, geglaubt werden möchte: Jesus, der Sohn Gottes, lebt, ist lebendig, er lebt in uns!

Dieser Kernsatz ist ansatzweise nur zu begreifen, wenn wir die Entscheidung Gottes annehmen: Er glaubt an uns, auch wenn wir an ihm zweifeln! Nur mit diesem Satz im Hinterkopf, nein, besser so: Nur mit dem, was dieser Satz spüren lässt in unserem eigenen Fühlen, können wir hinter der Feier der Kar- und Ostertage, oder besser: hinter der Feier der heiligen Woche ent-decken, was sich ereignet hat und was sich auch bis heute noch ereignet.

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Nähe in der Trauer

Dein Stuhl bleibt nur noch: „Da hast du gesessen.“
Dieses Lied wird niemand mehr so pfeifen wie du.
Deine Ecken und Kanten hast du mit ins Grab genommen.
Wenn ich deinen Namen rufe, gibt nur Erinnerung mir
Antwort mit dem Klang des Ebennoch. Der halb offene
Kleiderschrank ist einfach nur Schmerz. Die Luft riecht
nicht mehr nach dir. Die Zimmer gähnen mein Vermissen.
Das Grab frag ich: warum.
Sind dies die Gedanken, die dich treiben, dein Fühlen,
das dich lähmt, deine Erinnerung, die weh tut? — Ich kann
dir nicht gehen, was endgültig hier dir genommen.
Trauer ist so schwer zu teilen. Mitleid gibt der Leere
kein Gesicht. Kondolenzkarten haben meist nur einen schwarzen
Rand. Darf ich der Trauer Schweigen mit dir teilen? Meine
Hand für dich offen halten? Ein Lied vom Leben zu singen
versuchen und in Sichtweite zu dir stehen?

© 2005 Christoph Stender, aus Herzliche Anteilnahe – Trostworte von Dichtern und Denkern, Hrsg. Ludger Hohn-Morisch erschienen im Herder Verlag
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Wert als Begriff, Werteoptionen als Parteinahme und das „C“ – Erster Teil

Oder: Das „hohe C“ in der Politik und der ständige Stimmbruch!

Erster Teil

Impulsreferat zur Mitgliederjahresversammlung
der Jungen Union Aachen, am 13. 03 2005

Wert als Begriff

Wert allgemein:

Der Begriff Wert wird gegenwärtig vorwiegend im Plural benutzt und bezeichnet:

  1. Auf das Subjekt bezogene Werte, die der Mensch für sich (persönlich) geltend macht (subjektive/relative Werte).
  2. Vom Subjekt unabhängig als verbindlicher Wertekanon (objektive/absolute Werte) der für eine Gesellschaft (alle Subjekte/Menschheit) Gültigkeit hat

Umgangssprachlich wird auf die objektiven/absoluten Werte bezogenen relativierend vom „Wertepluralismus“ gesprochen, der auf seine potentielle „Konsistenz“ hin als diskussionsfähigen betrachtet wird, im Sinne eines potentiellen „Wertewandels“.

Konkret:
Vom Subjekt unabhängig meint: Die dem Menschen vorgegebenen (allgemein als geboten erkannten) Werte und Pflichten, als sittliche Ordnung verbindlicher Normen, über deren Einhaltung die Gesellschaft wacht. Auf das Subjekt bezogen meint: Die für die eigene Lebensführung selbst auferlegten Werte und Pflichten, über deren Einhaltung primär das Subjekt wacht.

Begriffsentwicklung:

Dem Begriff Wert entsprach noch bis Mitte des 20. Jh. der Begriff der Tugend. Der Singular Tugend wurde unter dem (christlichen/puritanischen) Einfluss eines idealistisch geprägten Persönlichkeitsbegriffes primär auf die Disziplinierung der Sexualität reduziert.

Der Begriff Tugend bezeichnet im ethischen Sinne die Sittlichkeit, konventionellen akzentuiert die (sittliche) Reinheit der Lebensführung im Sinne einer moralischen Untadeligkeit. Tugend ist die unscharfe deutsche Übersetzung des griechischen Wortes „areté“, das in der europäischen Geistesgeschichte eine zentrale Bedeutung einnimmt. Dieser Begriff bezeichnet die „Gutheit“, die auf den Menschen bezogen sein an Sittlichkeit orientiertes Handeln wertet.

„Wert – Ansichten“

Die sittlichen Leitlinien bei Platon:

  • Gerechtigkeit
  • Klugheit
  • Tapferkeit
  • Maß

Die christliche Ergänzung der (Kardinal) Tugenden durch Thomas von Aquin:

  • Glaube
  • Hoffnung
  • Liebe

Den Rang einer Kardinaltugend nimmt die Nächstenliebe ein, weil sie in der christlichen Ethik einen besonderen Stellenwert hat. Sich auf das Alte Testament beziehend (5. Mose 6,5) wird Jesus in Mt. 22, 27f. zitiert:

„Du sollst lieben Gott, deinen Herrn,
von ganzem Herzen, von ganzer Seele
und von ganzem Gemüte.
Dies ist das vornehmste und größte Gebot.
Das andre aber ist dem gleich:
Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“

Im 17. Jh. findet sich bei Geulinck1 folgende Aufzählung der Kardinalstugenden:

  • Fleiß
  • Gehorsam
  • Gerechtigkeit
  • Demut

Im ausklingenden Mittelalter sind die Tugenden ein standessicherndes Prinzip der Zünfte (wie auch des späteren Bürgertums) gegenüber und in Abgrenzung zu den Feudalsystem.

Immanuel Kant, der „Kategorische Imperativ“2:
Kant hat auf die Frage nach dem Maßstab sittlichen Handelns formuliert: Das Maß, nach dem der Einzelne zu handeln gehalten ist, soll sich zugleich dazu eignen, Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung (Handlungsweisung) zu sein.
„Preußische“ Tugenden:

  • Standhaftigkeit
  • Ordnung
  • Arbeitsamkeit
  • Sparsamkeit und Bescheidenheit
  • Pflichterfüllung und Gehorsam

Die Rangordnung der Tugenden betreffend, bzw. die Wurzel aller Tugenden freilegend kommt Josef Pieper zu dem Schluss:

Die Klugheit – als insgesamt menschliches Erkenntnisvermögens – ist Ursache, Wurzel, Gebärerin, Maß und Richtschnur aller Tugenden. Denn das Richtige kann nur tun, wer die Wirklichkeit kennt. Die Klugheit (Fähigkeit zu selbständigem Urteil und begründeten Entscheidungen unter pluralistischen Bedingungen zu denken.) ist der Inbegriff sittlicher Mündigkeit und Freiheit.

  • Gerechtigkeit ohne Barmherzigkeit ist Grausamkeit.
  • Tapferkeit ohne Gerechtigkeit ist ein Hebel des Bösen. Ohne Klugheit und Gerechtigkeit gibt es keine Tapferkeit, denn nur wer klug und gerecht ist, kann auch tapfer sein.
  • Das Maß hält im Menschen wahrend und wehrend Ordnung. Das Maß schafft die Voraussetzung dafür, dass der Mensch das eigentlich Gute zu verwirklichen vermag und sich auf sein eigentliches Ziel hinbewegen kann.3

Exkurs: Stichworte zum naturalistischen, normierenden und personenbezogenen Menschenbild

Naturalistisches Menschenbild > Gesellschaft als Garten lässt wachsen > Kindergarten als Beschulungsform.

Normierendes (negatives) Menschenbild > Gesellschaft als Konformität > Beschulung mit dem Ziel der Normierung.

Personenbezogenes Menschenbild > Gesellschaft als Entfaltungsraum > Beschulung als dialogische Subjektwerdung in Welt (Welt im Sinne dessen verstanden was „ich“ nicht ist).

Motiv, Person und Fähigkeit, als Handlungselemente.
Handeln:

Was man macht > Motiv.
Wie man es macht, was man macht > Persönlichkeit.
Wie gut man das macht, was man macht > Fähigkeit.

Werteoptionen als Parteinahme

  1. Gerechtigkeit (am Grundgesetz und den Menschenrechten orientiert), auf das Ganze der „Polis“ schauend weitsichtig für sie sorgen, also Alle betreffend politisch, aus der ehrlichen Analyse der Gegenwart heraus, auf Zukunft hin zu handeln!

    Kritein4: Geht das heute (überhaupt) noch und wenn nicht, wen entlässt die „Politik“ aus der „Polis“ ins Abseits?

  2. Die Sorge um einen nicht nur überlebensrelevanten Ausgleich der sich in unterschiedlichen Tätigkeiten und Situationen befindenden Menschen (Familien, Alleinerziehende, Alte, Kranke etc.) einer Gesellschaft, in der jeder Mensch ein Recht auf gleiche Behandlung hat, aber nicht die gleichen Fähigkeiten im Allgemeinen besitzt, und deswegen im Besonderen unterschiedlichen (Erwerbs-) Tätigkeiten nachkommt, beziehungsweise in verschiedenen Lebenssituationen sich befindet.

    Kritein: Ist ein materieller oder ideeller Ausgleich der unterschiedlichen Begabungen und damit verbunden der (beruflichen) Möglichkeiten leistbar, ohne Leistungsanreize abzubauen (jenseits freiheitsverachtender Ideologien wie sie z. B. in sozialistischen oder kommunistischen Systemen zu finden sind)?

  3. Wirtschaft als Wert und wirtschaftslose Werte. Ist Wachstum der Maßstab, oder welches Instrument regiert? Öffentliche Abwägung politischer Handlungsmöglichkeiten in selbstkritischer Reflexion.

    Kritein: Die selbstkritische und öffentliche Abwägung politischer Handlungsmöglichkeiten ist besonders wahlkamptechnisch undenkbar, weil von den Parteien nicht gewollt und vom Wähler in der Regel ais zu anstrengend erachtet, beziehungsweise eine klarer Besitzstandserhalt als Minimum politischer Leistung vom Wähler erwartet wird.

  4. Politik als die Förderung/Stärkung der Begabungen einer Gesellschaft zu deren eigenem Wohl.

    Kritein: Steht dieser Förderung/Stärkung nicht z. B. parteipolitische Zweckorientierung und/oder die hauseigene Ideologie entgegen? (Bildlich: Die Revolution frisst ihre Kinder. Oder: Ich züchte mir nicht die Natter an der eigenen Brust.)

  5. Gesellschaft als Lernfeld und Ort der Realisierung des kulturellen Habitus und dessen „Erweiterung“. Kultur hier verstanden als kulturschaffender Selbstvollzug von Gesellschaft.

    Kritein: Kultur, ist das schwächste Glied in der Kette der Kostenminimierung.

  6. Konkretes Handel auf die Situation der Polis bezogen. (Autobahnabfahrt, Sozialausgleich für …, Baum pflanzen, Drogenszene in… etc.)

    Kritein: Abwägen nach welchen Kriterien und Maßstäben?

Exkurs: Die politische Partei und ihre Politiker

Der Politiker, die Politikerin:

Politiker sind Personen mit verzeihbaren, also bürgerlichen Skandalen, irgendwie für jeden „passierbar“ (Es passiert halt, aber es ist ja noch immer gut gegangen, allerdings nur bis dass Fass überläuft.) und nachweislich nachzahlbar (Er hat die Steuer betrogen aber im Nachhinein alle Steuern abgeführt.), letztlich glaubhaft, kompetent in der Vermittelung und vom Wesen her ehrlich.

Kritein: Politik (die Macht das Schicksal relativer Massen zu bewegen) macht gewichtig, macht sexy (allerdings nicht immer), bringt (meistens) Geld/Einfluss und steigert das Selbstwertgefühl (auch hinein in Abhängigkeit). Aber auch die Erfahrbarkeit des eigenen Scheiterns und die Technik deren „politischer Bagatellisierung“ sind Realität eines Politikers, einer Politikerin bis hin von allen geschützt sich selbst bis zu einem bestimmten Punk bedienen zu können.

Wünschenswerte Tätigkeiten von Politikerinnen und Politikern:

  • Dienen (Minister = der Diener), bescheiden, aber nicht billig anbiedernd, Einstehen für z.B. Werte, Worte und Versprechen.
  • Authentisch sein (Selbstwertigkeit).
  • Unabhängig sein (Grundsätzlich gilt: Dem Schatten aus dem Weg gehen.).
  • Kompetent sein (sachorientiert, strukturell klar, machbarkeitsorientiert etc.).
  • Ehrlichkeit kontra Machtgeilheit.

Die Partei:

Parteien definieren sich nicht durch die Ansammlung relativ gleichgesinnter Politikerinnen und Politiker, sondern durch das Vorhanden sein und die entsprechende Transparenz (Durchscheinbarkeit) dessen, für das Menschen gemeinsam öffentlich, mit dem Ziel der Einwirkung, Partei ergreifen.

Der Zweite Teil des Impulsreferates unter dem Teiltitel „Das „C“ in der Partei“ soll anlässlich eines Studientages der Aachener Jungen Union voraussichtlich im Juni 2005 gehalten werden.

1 http://bebis.cidsnet.de/weiterbildung/sps/allgemein/bausteine/erziehung/werte-erziehung/karditug.htm (14. März 2005)
2 Kant, Immanuel. Werke in sechs Bänden. Hrg. Weischedel, Wilhelm. Schriften zur Ethik und Religionsphilosophie, Bd. IV. 1983.
3 Vgl. Pieper, Josef. Das Viergespann Klugheit – Gerechtigkeit – Tapferkeit – Maß. München 1964.
4 griechisch „kritein“: sondern, scheiden, unterscheiden, entscheiden, beurteilen (kritisieren).
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Bedingungslos auf der Seite des Lebens

Es ist wieder stiller um ihn geworden. Die Diskussion um seinen Rücktritt nun eher ein Thema für das Hinterzimmer, und die Schlagzeilen müssen sich wieder um andere Aufreißer bemühen.

Doch diese Einschätzung kann schon morgen Schnee von gestern sein.

Die Frage oben man den außerordentlichen Karlspreisträger der Stadt Aachen nicht in Ruhe alt und krank sein lassen könne, findet auch in unserer Stadt täglich Antworten. Viele wünschen dem Papst, dass er sich zurückziehen könne um in Ruhe sein Leben zu beschließen.

Einige finden es unerträglich, diesen von Parkinson gezeichneten Mann nun auch noch röchelnd im Fernsehen präsentiert zu bekommen. Andere urteilen, der muss abdanken, denn dieser kranke Mann kann seinen Auftrag nicht mehr erfüllen.

Welchen Auftrag eigentlich? Parkinson ist eine krankhafte Muskelerstarrung aber keine Geisteskrankheit und somit nicht stringent gleichbedeutend mit Leitungsunfähigkeit.

Aber lassen Sie mich mit Blick auf das Stichwort Auftrag kurz zurückschauen. Da war dieser Papst vor über 25 Jahren ein Genuss für jeden Zuschauer, wenn er in weißer Soutane auf Schiern schneedurchflutete Landschaften durchstreifte, die letzten vier Treppen der Gangway herunter sprang oder sich Arm in Arm mit jungen Menschen in schnellen Rhythmen wog.

Jede seiner Reisen wurde live übertragen, denn seine Staats- und Pastoralbesuche hatten längst auch politischen Charakter. Kein Papst bisher hat sich so dynamisch und medienfreundlich gezeigt. Kein Papst und Staatsmann vor ihm hat so kontinuierlich zum Weltfrieden und zur Demokratie beigetragen können und eindeutig jeden Krieg verurteilt, auch den im Irak.

Nun ist dieser Papst alt und krank, und er hat trotzdem noch die Stirn, eine Entscheidung zu treffen, die aber offenbar nicht konsensfähig mit unserem bisherigen gesellschaftlichen Verhalten zu sein scheint.

Dieser Papst bricht die Präsenz seiner Existenz in der Öffentlichkeit nicht ab, nur weil seine Vergänglichkeit nun unübersehbarer geworden ist. Denn dieser Pontifex stand und steht bedingungslos auf der Seite des Lebens, und da bleibt er auch. Darum lautet seine existenzielle Botschaft: Auch das Alter, die Krankheit und das Sterben gehören zum Leben dazu.

Dieser Papst steht an der letzten Schwelle seines persönlichen Übergangs vom Leben zum Tod.

Dafür steht auch das Kreuz Jesu Christi. Christinnen und Christen aber beten in diesem Kreuz nicht Leiden und Tod an, sondern wir verneigen uns angesichts des Sterbens Jesu, dem Heilshandeln Gottes am Menschen, vor dieser einmaligen Zukunft, die nur im Glauben zu haben ist und die nur in Gott möglich werden kann. Stammelnd nennen wir das Ziel dieses Übergangs «Ewiges Leben».

Unser außerordentlicher Karlspreisträger verneigt sich aktuell in seinem Übergang vom Leben zum Tod zutiefst vor diesem Geheimnis und berührt die Erde, auf der auch wir stehen.

Quelle: Aachener Zeitung, 1.3.2005.
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Zwischen Aufstehen und Schlafen

Eben noch einmal durch die Haare,
mit der Hand über die Brust,
Bettdecke über den Kopf,
Tschüss du Welt,
bis gleich.

Nacht kreuzt meinen Tag.
Gute Nacht!

Erste Bewegungen jenseits meiner Wahrnehmung.
Dann alles wieder wie selbstverständlich.
Ich perle mich aus dem Bett.
Tag, kannst kommen wie immer!

Anmerkung der Arroganz des Todes:
Und wenn dir kein Tag mehr entgegenkommt?

Eben noch einmal durch die Haare,
mit der Hand über die Brust.
Guten Tag.

Veröffentlicht in: Blum, D. / Honecker, S. / Junkmann, W.: Kreuzsplitter, Düsseldorf 2005.
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Nachrichtlicher Hinweis zu einer Ansammlung von Menschen, die Gewalt denken können

Oder:
Von der Natur zur Kultur zum Frieden zur Rede.

Natur:
Nicht verlieren sondern gewinnen, eben ausgiebig im Haben/Habitus überleben, auslebend geil sein, es zucken lassen im Sex, diesem Herrschaftsanspruch überlegen zu sein, um gleichzeitig sich ihm zu ergeben. Trieb, du bist wahnsinnig: Dasein in Ekstase und Beeren sammeln während wir das andere unserer selbst jagen, um es zu töten, geil.

Kultur:
Nicht verlieren, überleben lassen, normierend das geil sein bändigen, Sex im Dunkeln, Trieb kultiviert, Ekstase literarisch aufgearbeitet. Beerensammler nennt uns nur noch die Geschichte, die wir eingeholt heute, hier versammelt Kultur nennen, und – was auch immer – nur noch spielerisch jagen, weil zu töten uns verboten wurde, bei ungezählten Toten täglich, weltweit bis vor die Haustür, dem Eingang.

Frieden:
So entstanden und entstehend aus der zur Kultur gebändigten Natur, die Visionen von Gerechtigkeit, Freiheit, Frieden und Gleichberechtigung unter den Menschen, aller Völker, Hautfarben und Religionen, die von welcher Macht auch immer als Menschheit definiert wurden, in der es jedem gleichermaßen mit oder ohne Wasser gut geht, sagt man.

Historisch draufgeschaut:
„Auch wir sind heute versammelt – wo auch immer in der von uns als zivil definierten Welt – als liebe Menschen guten Willens, um zu Applaudieren für Frieden und Gerechtigkeit unter den Menschen hier auf Erden.“ (Präsident, vor Volk, 31. Feb. d.J.)

Verdaut:
Ganz im Stillen, jenseits unseres Applaudierens, unserer Vorträge, Organisationen, Aktionen und Bekenntnisse bekommen wir jenes Gefühl nicht gezähmt, das im Verborgenen zu dieser Ängstlichkeit mutiert: Du Anderer, anders farbiger, anders denkender, anders lebender, anders fühlender du, der du nicht ich bist, du nimmst mir Raum weg, Wort, Luft, Kultur, Platz, Sicherheit, Sex, Beeren, eben das, in das ich hinein mich entfalten könnte oder so.

Ausgeschieden:
Wer nicht den gleichen Acker in Einheit bepflanzt, bleibt auch am 31. Feb. d. J. der Andere. Dieser bleibt unser „Skandalon“, und ich bleibe sein Fallholz.

Zusammenfassung:
Darüber gesprochen zu haben ist gut und wertvoll, auch für unsere Jugend. Glauben Sie nun mit mir dass es da keine ungeklärten Reste mehr gibt. Ich danke Ihnen.

Vorwort:
Der Rest von Friede und Gerechtigkeit sind und bleiben wir selbst, restlos!

© Christoph Stender, Pax Christi Aachen, Geistliches Wort zur Beiratssitzung im Februar 2005
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Weihnachten bleibt Provokation

Der Stall zu Bethlehem hat seine weihnachtliche Popularität schon längst eingebüßt, das Weihnachtliche ist entsorgt oder verpackt. Die Heiligen Drei Könige sind auch schon wieder in ihrer Heimat angekommen bzw. in ihrer „Wahlheimat“, also zwischengelagert in so manchem Keller. Gut, werden Sie nun sagen, diese Fakten könne man ja noch erwähnen, aber dann sollte es mit der Weihnacht doch definitiv vorbei sein. Okay, wenn Sie an diesem Thema erst wieder in einem Jahr interessiert sind, dann blättern Sie bitte jetzt zur nächsten Seite. Auf der Suche nach weihnachtlicher Nachhaltigkeit gehe ich einer Figur nach, die es entweder nie gegeben hat, oder immer wieder geben sollte. Übrigens, nett dass Sie geblieben sind und weiter lesen.

Die Idee dazu lieferte Edzard Schaper, der die literarische Figur des „Vierten Königs“ schuf. Damals hat der vierte König das Ereignis Betlehem, aber auch seine drei Kollegen, einfach verpasst. Als König eines kleinen Reiches, mit Honig, Edelsteinen. Leinentuch, Pelzen und kleinen Säckchen mit Goldstaub zum Geschenk ausgestattet, so erzählt man sich, startet er zeitgleich mit seinen Kollegen, kommt aber erst nach einer über dreißigjährigen Odyssee bei Jesus an. Die neuen Koordinaten: Kreuzigung eines Mannes namens Jesus, genannt Messias. Der kleine König, einst aufgebrochen, um dem Christkind zu huldigen, stand nun mittellos unter seinem Kreuz. Pech gehabt oder schlecht vorbereitet, mag man kommentieren.

Doch warum hat der vierte König so lange gebraucht? Auf seinem Weg begegnete der vierte König Menschen, die sehr traurig waren, er konnte nicht einfach weitergehen. Er schenkte diesen Menschen etwas von seiner Zeit, damit die Trauernden mit ihrer Trauer nicht alleine blieben. Immer wieder ließen den kleinen König Menschen innehalten, die Fremde um ein Stück Brot und einen Schluck zu trinken baten. Seine Taschen waren noch voll der guten Gaben, so gab er zwar kein Brot, aber kleine Krüge mit Honig, das erschien ihm gerecht. Gefahren lauern überall. Auch unserem König wollte man Gewalt antun. Doch anstelle kräftig drein zu schlagen, versuchte er zu verstehen, um die Gründe der Gewaltausübung zu identifizieren. Das brauchte sehr viel Zeit.

Oft, wenn er auf das Ziel seiner Reise angesprochen wurde, lachten die Menschen ihn aus, spielten ihm übel mit und verspotteten ihn. Der König, sein Ziel vor Augen, aber ließ das über sich ergehen. Die Geschenke für das Christkind verloren sich immer mehr. Selbst die kleinen Beutel mit dem Goldstaub setzte er ein, um an einem kleinen Frieden mit zu wirken. Seine „Felle“ gingen nun aber endgültig schwimmen, als er auch seine Fellchen verschenkte, da frierende Menschen, so seine Meinung, ein Recht auf Erbarmen haben.

So kam er einfach zu spät. Und, ich frage Sie: War dieses Unternehmen ein Flop? Unter den Kriterien der Besitzstandswahrung ist der König pleite gegangen vor Erreichen des Ziels. Unter den Kriterien der Menschwerdung hat er an den anderen Menschen und mit ihnen gewonnen. Vielleicht hat der vierte König ja noch nie etwas von den Seligpreisungen gehört. Aber die Menschen, denen er begegnet ist, die hätten von den Seligpreisungen erzählen können, wenn nicht Jesus selbst sie schon längst zu den „Regeln“ der Menschwerdung erhoben hätte. Weihnachten ist mehr als eine Feierzeit, ein anmutendes Bild der Armut, ein Stück Weg eine schöne Geschichte oder ein Stern am Himmel. Weihnachten bleibt 365 Tage im Jahr eine Provokation und ist nur konkret zu „haben“.

Aktuell ist Weihnachten zwischen Weihnachten und Ostern, zwischen Geburt und Sterben, zwischen Glauben und Anteil haben, zwischen Mensch und Mensch, zwischen Ihnen und mir.

Erschienen in: Kirchenzeitung für das Bistum Aachen, 30.01.2005
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Dir haltloses Glück

Mein Glück:

Diesem Du
ein ich
bis dorthin
wo uns
nichts mehr
halten kann.

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Ein wenig Glück

Glück ist das Wenige,
das das Leben nicht wandelt,
einem Tag im Leben aber
besonderen Geschmack schenkt
der spüren lässt,
welch ein Glück.
Ein wenig nur.
und doch unendlich viel.

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Segen im Morgen

Segen brachte dich hervor, kam dir als dein Weg entgegen und führt dich durch das Jetzt immer neu in dein Morgen.

Möge dein Morgen hell und fröhlich sein, leicht verspielt und ernsthaft in allen Lagen.

Wie reife Trauben und junger Wein mögen Freunde mit dir sein.

Ein Dach aus kräftigem Holz schütze dein Haupt, ein Leib aus Liebe umgebe treu dich ganz.

Unbekanntes mag dir gut gelingen und Vertrautes deine Heimat sein.

Auf deinem Wege streck dich aus auch im Kleinen nach Gott, und lass das danken deinen Spiegel sein.

Wo du bist, sei berührt durch den Himmel hindurch, und vertrau dem Segen Gottes.

Magst selbst ein Segen sein!

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© Christoph Stender | Webdesign: XIQIT GmbH
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