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Wer putzt den Stall zu Betlehem?

Oder: Von der Zivilcourage Gottes

Jetzt werden Sie mich für ganz durchgeknallt halten! Was soll denn diese blöde Frage? Lassen Sie sich doch einfach mal auf diese Frage ein und spekulieren Sie mit. Die meisten von Ihnen werden sagen: Maria putzt den Stall! Zugegeben, auf dem Hintergrund der biblischen Überlieferung muss ich hier passen! Auf diese Frage gibt das Zweite Testament keine Antwort. Schauen wir jedoch auf das von uns heute wohl auch berechtigt angenommene Rollenverständnis der damaligen Zeit von Frau und Mann, dann wird es Maria gewesen sein, die den Stall geputzt hat. Oder doch der Josef, frei von allen vorgegebenen Rollen? Mit dieser vordergründigen Frage möchte ich auf etwas Hintergründiges und Entscheidendes aufmerksam machen.

Gott hat sich für den Menschen entschieden. Er hat sich für die Menschen entschieden, die da sind. Gott hat keine anderen Menschen, als diese Welt aufzuweisen hat. Sie tragen Ihren Namen und meinen.

Auch wenn Maria oder Josef den Stall zu Bethlehem geputzt haben, vielleicht ja auch beide zusammen oder doch jemand ganz anderes (vielleicht war er ja auch gar nicht geputzt), es ist letzten Endes egal! Egal aber nicht im Sinne von unwichtig, einerlei oder unerheblich, wie wir diesen Begriff meist verstehen, nein, ich meine egal aus dem Blickwinkel Gottes. Dieses „Egal“ Gottes lässt die unterschied- lichsten Menschen in einem Stall zusammentreffen.
Maria und Josef, die kein anständiges Dach über dem Kopf haben. Ein kleines neugeborenes Kind, das über seinen Geburtsort nicht mitentscheiden konnte. Hirten und Hirtinnen, die in der Hitliste der zeitgemäßen Berufe eher am untersten Ende rangierten. Könige, Magier oder Sterndeuter, höhergestellte Persönlichkeiten damaliger Gesellschaftsformen, aus unterschiedlichen Völkern und Nationen, verschiedener Hautfarbe und Sprache. Egal, wer sie waren und was sie waren. Egal, wie sie gekleidet waren und welche Geschenke sie sich leisten konnten. Egal, welche Sprache sie gelernt haben und ob sie einfältig oder eher weise waren.
In ihrer ganzen Verschiedenheit und Unterschiedlichkeit waren diese Menschen in diesem Stall im Blickwinkel Gottes „egal“, gleich wertvoll, gleichermaßen willkommen. In diesem Stall sind alle Frauen und Männer als Menschen vor Gott in den Blick genommen. Unter diesen Menschen mit ihren unterschiedlichen Fähigkeiten und Talenten, ihren Freuden und Traurigkeiten, ihren Unfähigkeiten und Abgründen, ihren Hoffnungen und Sehnsüchten, ihren Angsten und Verletzungen, ihren Großzügigkeiten und Vorurteilen, ihrem Wissen und Nichtwissen kommt Gott an in einem Kind. Zerbrechlich, hilflos angewiesen auf diese Menschen! Gott hat sich für den Menschen entschieden. Er hat sich für die Menschen entschieden, die da sind. Gott hat keine anderen Menschen, als diese Welt aufzuweisen hat. Sie tragen Ihren Namen und meinen.

Quelle: Kontinente, missio aktuell. November/Dezember 2006
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Stimmen sind Menschen

Hier faszinieren mich zwei Orte, Bahnhof und Dom. Doch eigentlich machen ihre Menschen den eigentlichen Reiz aus. Der kürzeste Weg vom Bahnhof in den Dom führt hier am „Gnadenbild“ vorbei.
Tagsüber brennen „bei der Maria“ immer Kerzen. Zwei zündete ein junger Mann gerade an, ein Skater, bunt, flippig, sympathisch aber hier sonst kaum anzutreffen!

Dann setzte er sich wieder in die Bank neben einen etwa gleichaltrigen Freund. Dessen Frage: „Warum hast Kerzen angezündet?“ Antwort: „Meine Oma hat das auch immer gemacht und die war super.“
Ich saß hinter ihnen, schluckte und konnte nicht mehr vergessen. Jedes Mal, wenn ich diesen Dom betrete, stehen diese Worte in meinen Gedanken, wie auf einem großen Transparent neben dem „Gnadenbild“.
„Meine Oma hat das auch immer gemacht, und die war super.“

Dieser jungen Mann, seinem Vertrauen in die eigene Oma, die super war, gefolgt, betrat dieses „Gotteshaus“, um dann genau das zu tun, was in seiner Erinnerung die Oma auch immer tat.
Stimmen sind Menschen, die überzeugend und mit sich selbst identisch, aus dem persönlichen Glauben heraus etwas taten, sagten oder spüren ließen, was diesem jungen Menschen liebevoll in Erinnerung blieb. Doch dies ist mehr als eine wertvolle Erinnerung. Weil sie den Menschen ihrer Geschichte vertrauen, trauen sie auch ihren Gesten, Zeichen und Symbolen. Später trauen sie sich selbst, sich so zu verhalten, weil sie der eigenen Wahrnehmung ihrer selbst vertrauen, aus der heraus sie so mit sich übereinstimmen.

Erschienen in: Kirchenzeitung für das Bistum Aachen, Bonifatiusbote (Fulda), Der Sonntag (Limburg), Glaube und Leben (Mainz), Kirchenbote (Osnabrück), Kirchenzeitung (Hildesheim), Neue Kirchenzeitung (Hamburg), Tag des Herrn (Dresden), Tag des Herrn (Erfurt), Tag des Herrn (Görlitz), Tag des Herrn (Magdeburg), 10.12.2006
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Advent, ohne mildernde Umstände

Der wievielte Advent ist es bei Ihnen? Sicherlich sind Sie in Sachen Advent mit der damit verbundenen Sehnsucht vertraut, so als ein Profi, was Erwartung angeht.
Den Advent nehmen Sie wahrscheinlich deshalb mit links und haben auch noch Power genug anzuprangern, dass der Handel, die Werbung und überhaupt fast alle schon vor dem ersten Adventssonntag Weihnachten aufgelegt haben. Wer hat da wen im Griff, wir den Advent oder Weihnachten uns?

Im Namen des Volkes ergeht folgendes Urteil: Die angeklagte Sehnsucht ist uneingeschränkt schuldig!

Begründung:
Die Sehnsucht hat voll verantwortlich sich selbst hervorgebracht.
So wurde der Gedanke geboren, nicht mehr warten zu wollen.
Das Auge entdeckte die Gestalt dieser Sehnsucht und will nicht mehr warten.
Worte gaben Sehnsucht und Gestalt gab ein „Bis morgen“, und das will nicht mehr warten.
Terminkalender gaben der Sehnsucht etwas Unerträgliches, und sie will nicht mehr warten.
Berührung gab der Sehnsucht ein Du, und das will nicht mehr warten.
Die Sehnsucht entblößte ein Wir, wir wollen nun nicht mehr warten.

Die Sehnsucht ist schuldig! Ihr Verbrechen: nicht mehr warten!
Mildernde Umstände gibt es nur für einen Advent, der auch schön brav nicht mehr will, als ein Advent zu bleiben!

Erschienen in: Kirchenzeitung für das Bistum Aachen, Bonifatiusbote (Fulda), Der Sonntag (Limburg), Glaube und Leben (Mainz), Kirchenbote (Osnabrück), Kirchenzeitung (Hildesheim), Neue Kirchenzeitung (Hamburg), Tag des Herrn (Dresden), Tag des Herrn (Erfurt), Tag des Herrn (Görlitz), Tag des Herrn (Magdeburg), 2.12.2006
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Zwischen Weihnachtsmarkt und Bauhaus

In diesen Tagen könnte man in Aachen entweder über den Weihnachtsmarkt stolpern, der sich wieder einmal nicht nehmen ließ, die City am 24. November mit Stille Nacht zu beschallen, oder, ganz anders, über die Frage Bauhaus ja oder nein.

Ich stolperte über etwas anderes, einen Mann, um die 30 mit einem Stapel Zeitungen über dem Arm. Sein Outfit etwas vernachlässigt, sprach er die Passanten an, so auch mich: „Darf ich Ihnen eine Straßengazette anbieten, 1,50 Euro.“ Aus anderen Städten sind mir diese Zeitungen bekannt, Blätter, die unter Mitarbeit unter anderem von „nicht Sesshaften“ die sozialen Fragen einer Stadt aus der Perspektive von „unten“ thematisieren. Klasse dachte ich, jetzt hat Aachen auch eine solche „alternative“ Gazette. Erst am Abend bemerkte ich den Hinweis: Überregionale Ausgabe. Ergo nichts spezifisch über Aachen, schade.

Doch zurück zum Verkäufer. Also, 1,50 Euro kostet die Zeitung, ich zücke mein Geldteil, gebe ihm zwei Euro. Doch mit der Rückgabe der 50 Cent zögert er, schaute mich an und meint: „1,50 Euro und ein Lächeln.“ Das war keine Rhetorik, das mit dem Lächeln war ihm ernst, ich merkte es an meinen Ohren, erwischt. Dann schoss mir durch den Kopf: „Stender, du Muffel.“ Und mit dieser Erkenntnis schaute ich wacher in dieses freundliche Gesicht eines Mannes mit Zeitungen.

Und, was soll das nun, so könnten Sie fragen? Nicht viel! Orte der Präsenz und der Auseinandersetzung mit Europa sind für Aachen wichtig. Eine Abstimmung darf nicht zum Ende der grundsätzlichen Fragestellung führen. Um die Idee des Bauhauses sollte weiter, aber konkreter und kreativer gerungen werden. Den Weihnachtsmarkt oder besser die potenzielle Flut der Besucher kann man verdammen, oder sich freuen daran, dass er einigen Tausend Menschen Freude macht. Und zwischendurch passt immer ein bisschen Freundlichkeit, vielleicht nur ein Lächeln, über das gestolpert nachdenklich stimmen kann.

Quelle: Aachener Zeitung, 29.November 2006
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Eine Luftschlange zur Fastenzeit oder: Ausgelassen sein nach innen

Immer dann, wenn die humorigen, die nachdenklich stimmenden und die unsere Stadtgeschichte ehrenden Brunnenmotive und Denkmäler in der Innenstadt eingebrettert werden, dann ist allen klar: Die „Fünfte Jahreszeit“ streift um die Häuser. Diese Holzkonstruktionen sind Orte, an denen es schon Tage vor der heiße Phase nach „Jecken riecht“, bis sie dann tatsächlich zwischen Altweiber und Rosenmontag alle ihre Orte in Beschlag nehmen, die Rathaustreppe, Plätze, Straßen und Kneipen.

Jetzt können die Brunnen wieder ausgepackt werden, denn ihre Gefährdung durch abgedrehte Narren, oder besser gesagt die Gefährdung, die Narren an den Brunnen für sich selbst sein könnten, ist gebannt, der Karneval vorbei, ihre Orte von der Stadtreinigung schön geputzt und – wie immer – Schluss mit der Lust.

Ich finde es schade, dass die nun beginnenden Fastenzeit wieder unter dem immer währenden Motto zu stehen scheint, „lustlos“ sein zu müssen, obwohl es in ihr wie im Karneval auch um das Leben der Menschen geht.

Der Karneval ist nach außen ausgelassen, die Fastenzeit sollte nach innen ausgelassen sein. Beides gehört zusammen, beides braucht seine Zeit, seine Orte und seine Zeichen.

Am Aschermittwoch bietet sich ein gesunder Ortswechsel an, und dafür sind unsere Kirchen Orte, in die die Bevölkerung eingeladen ist, sich mit Lust nach innen auszulassen. Konkret: sich mit Lust ruhigen Fragen stellen, z.B. nach der eigenen Lebensqualität, ob man bei sich wirklich zu Hause ist, welchen Wert die Worte Dank und Vergebung mit Blick auf einen selbst, die Mitmenschen und Gott haben, ob Fasten eine Frage der Gewichtsabnahme ist sowie der Frage nach den eigenen Talenten und was man daraus gemacht hat.

Unsere Kirchen brauchen bei solch lustvoller Ausgelassenheit nach innen nicht eingebrettert zu werten. Offen, einladend und erinnernd wollen sie sein und so Raum geben für Akzente der Neubesinnung und ihre Zeichen. Das Aschenkreuz ist ein Zeichen, die „Luftschlange“ am Anfang der Fastenzeit, denn es bezeichnet die Lust, Kurskorrektur zu wagen mit Blick auf mich selbst, meine Umgebung und Gott.

Quelle: Aachener Zeitung, 29.November 2006
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Worte, belebt erst durch Hände

Fresken in der Aachener St.-Nikolaus-Kirche verdeutlichen die Sakramente der Kirche

Die Spendung der Taufe

In der gelebten Kontinuität des Wesentlichen bewahrt unsere Kirche ihre Berechtigung zu sein. Trefflich kann man streiten, ob auf wissenschaftlichem Niveau theologischer Disziplinen oder bezogen auf die Palette kirchlichen Handelns, was denn nun das Wesentliche sei. Auch die Gründe, weshalb die Frage nach dem Wesentlichen immer wieder gestellt werden kann, sind vielfältig; sie reichen von ideologischer Ausgrenzung bis zu der Feststellung, „wir sind pleite“.

Da tut es gut, auch mal Bilder in den Blick zu nehmen, die kaum noch wahrgenommen werden, da sie ständig präsent sind. Nicht gut, aber oft ist es so: Vertrautes wird im täglichen Hinschauen übersehen. Nicht ausgenommen sind da die Besucher der Nikolauskirche in Aachen und gemeint sind nicht nur jene Studierenden, die allsonntäglich ihren Hochschulgottesdienst dort feiern.

Spendung der Eucharistie

Was gibt es dort Besonderes zu sehen? Bilder an der Wand, Fresken, die Hermann Krahforst zwischen 1899 und 1908 schuf – für einen Kirchenraum nun wirklich nichts Besonderes. Aber wer genauer hinschaut, entdeckt das Besondere im Normalen, in den dargestellten Händen. Diese Hände, ob mittig oder eher am Rand des Bildes, sind eigentlicher Mittelpunkt der hier abgebildeten Handlungen, die die Spendung der sieben Sakramente vergegenwärtigen.

Aber was ist daran Besonderes, denn: „Auf Bildern überall in Kirchen kommen Hände nun mal vor“, so ein berechtigter Einwand. Diese Feststellung ist richtig, bezogen auf die Hand als präsenter Bestandteil figuraler Bebilderung. Aber sie verschweigt mit dieser nur faktischen Feststellung das Besondere der Hand, hier als den Ausdruck des Wesens von Kirche. Denn die Häufigkeit eines immer wiederkehrenden Details auf Bildern ist nicht zwingend auch ein Hinweis auf dessen Bedeutung. Sonst wäre der Faltenwurf irgendwelcher Gewänder im Bild nicht nur Indiz malerischen Handwerks, sondem auch Wesenszug der Kirche.

An sich ist die Hand Lebensmittel unserer Kirche, die ohne Hände nicht greifbar wäre. Theologische Reflexion weiß natürlich Kirche in Jesus Christus begründet und nicht in irgendwelchen Händen. Christus ist die Zuwendung Gottes, nicht provoziert oder gehändelt, sondern geschenkt: Gnade. Paulus sagt: „Der Glaube kommt vom Hören.“

Ohne die Hand bleibt der Gedanke gestaltlos

Spendung der Krankensalbung

So ist das Wort an sich das Gewicht der Verkündigung des Reiches Gottes, greifbar und angebrochen in der Menschwerdung Jesu Christi. Vordergründig spielt da die Hand keine Rolle, sondern Geist, Gedanke und Aussage.

Aber ohne die Hand bleibt der reine Gedanke gestaltlos, und der ausgesprochene Gedanke nur Wort. Ohne die Hand kommt das Wort nicht über die Klippe der Lippe hinaus. Die Hand ist des Menschen vorrangigstes Werkzeug, um seinen aus den Gedanken entstandenen Worten handgreiflich Ausdruck zu verleihen.

So sind die Fresken von St. Nikolaus auch keine Studie über die Anatomie von Händen, sondern bringen die Handgreiflichkeit der Sakramente unserer Kirche ins Bild; vorausgegangen ist die Handgreiflichkeit Gottes. Im Gesamt der Bilder scheint die Hand eher zurückzutreten hinter die historisch nicht eindeutig zuzuordnende Gewandung der Akteure; ihre Handlung folgt einer eindeutigen hierarchischen Gliederung.

Spendung der Firmung

Irrtümlich könnte schon der Blick auf das Titelbild dieser Kirchenzeitung vermuten lassen, dass es hier um eine flankierende Maßnahme zur allgemeinen Wiederzulassung vorkonziliarer Liturgie gehen könnte, wie sie unter anderem die Bruderschaft Pius X verfolgt. Diese Auseinandersetzung muss zwar geführt werden, ist aber nicht Ziel dieses Artikels.

Hier geht es vielmehr um die Wesensart der Sakramente, damit um das Wesentliche der Liturgie und somit um das Wesen der Kirche: Berührung.Gott berührt in Christus Jesus den Menschen.

In der Taufe berührt der Spender des Sakraments den Täufling und hält ihn im fließenden Wasser – das Symbol der neuen von Gott geschenkten Lebendigkeit. In der kirchlichen Praxis ist diese Form reduziert auf die Hand, die das Taufwasser dem Täufling über die Stirn gießt.

In der Eucharistie ist unter Gestalt von Brot und Wein Christus die Berührung selbst, gereicht von Menschenhand auch im Friedensgruß und im Segen.

Die salbende Hand berührt die Haut des Menschen

Spendung der Priesterweihe

In Krankensalbung, Firmung, Priesterweihe – Handauflegung durch den Bischof – wie auch in der Taufe berührt die salbende und auch segnende Hand die Haut des Menschen. Im Sakrament der Ehe berührt sich das Paar als Sakramentenspender mit den Worten: „Trage diesen Ring als Zeichen deiner Treue.“

Nur das Sakrament der Versöhnung, die Beichte, scheint ohne Berührung zu funktionieren. Deswegen hat es wohl auch an Bedeutung verloren. Das Sakrament der Beichte ist aber Berührung, die unter die Haut geht; in ihr nimmt der Mensch seine Verletzbarkeit und seine Fähigkeit zu verletzen ernst und an. Denn das Sakrament der Versöhnung entfaltet sich begleitet vom priesterlich vermittelten Zuspruch; es ist so Sakrament, befreiende Berührung. Berührung, als Wesen der Kirche – in diesen Fresken verdichtet, verdeutlicht auch in altem Kleid: Gnade als Geschenk verstanden, gibt der Hand Bewegung, ohne die der Gnadengedanke handlungslos bliebe.

Ohne Berührung ist der Gedanke nur gedacht, das Wort nur gesprochen und Kirche nur ortloses Gedenken – ohne Hand und Fuß. Die Hand greift im Wort den Gedanken auf, macht ihn zur Berührung. Mit der Hand landet der Wort gewordene Gedanke auf der Haut des Menschen. Gedanken des Heils vergegenwärtigen sich mit Herz und Hand in den Berührungen, Sakramenten, von denen die Fresken in St Nikolaus erzählen, täglich.

Erschienen in: Kirchenzeitung für das Bistum Aachen, 26.11.2006
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Die Provokation des Christlichen!

Eine Frage des Alters, der Alter?

Vortrag am 22. November 2006 vor Mitgliedern des KKV in Aachen
(KKV: Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung)

So ist es!

„Ich bin älter geworden!“ Jeder Mensch auf dieser Welt könnte (muss) diesen Satz täglich und uneingeschränkt gerechtfertigt, so sagen. Zu einem Menschen jeder Generation, ungeachtet seiner Position, seiner Herkunft und seiner sozialen Rolle gehört der Kern dieser Aussage, leben nur im „Ableben“ leben zu können. Neutral gesagt ist die Geburt Anfang vom Ende. Gläubig formuliert ist uns Leben im Vergehen nur geliehen.

In der Selbstwahrnehmung der Menschen, besonders verschiedener Generationen, hat dieser Satz allerdings eine unterschiedliche Bedeutung: Ein Kind gibt mit Stolz an nun schon sechs Jahre alt geworden zu sein, also endlich älter geworden zu sein. Auch ein Jugendlicher drängt eher auf das Alter mit dem Ziel, endlich Volljährig zu sein, also alt genug nun Erwachsener genannt zu werden. Der Erwachsene sieht das älter werden schon mit gemischten Gefühlen. wächst doch in der gereiften Freiheit und Selbstentfaltung die Einsicht, auf Grund der Jahre nicht immer „erfolgreich“ so weiter machen zu können. Jene Erwachsene, der eher von körperlicher Arbeit erwerbsmäßig leben, wissen um das Schwinden der eigenen Kräfte auch wenn man sich noch fitt wähnt. Der ältere Mensch will manchmal die Tatsache nicht wahr haben das seine Lebensmitte rechnerisch schon längst überschritten ist. Andere kokettieren mit diesem Faktum oder stellen es einfach als nur Faktum fest: „So ist es eben, was!“

Der ältere Mensch

Wer und was ist der ältere Mensch? Diese Frage muss gestellt werden, wenn es um das Thema Alter und Glaube geht, aber auch dann, wenn kontextlos über das Alter als solchem nachgedacht wird.

Ist der Mensch dann alt, wenn er „normal“ in Pension oder Rente gegangen ist, mit 65 oder bald auch 67? Dann wäre ein behinderter Mensch (50%), der schon mit 62 Jahren die aktive Arbeitswelt verlassen kann, ebenso ein Alter, wie wenn einer über das Instrument der Frühverrentung seine beruflich aktive Zeit beschließt. Ebenso ein Alter wäre dann der, der tariflich gesteuert aufgrund besonderer Härtebedingungen früher aus dem Berufsleben ausscheidet, wie mancher Broker oder Flugzeugkapitän.

Fragen wir mutmaßlich alte Menschen ob sie alt seien, so bekommt man sehr unterschiedliche Antworten wie z.B. diese: „Man ist so alt wie man sich fühlt“ oder „alt ist der, der nichts mehr kann …“
Dass das Alter mit der letzten Stufen des Lebens unwiderruflich in Verbindung zu bringen ist, wie auch immer diese Stufe, der Abschnitt oder die Lebensepoche definiert werden, ist unbestreitbar.

Um weiteren möglichen, sicherlich auch berechtigten Zweifel an jedweder Definition das Alter betreffend aus dem Weg zu gehen, ignoriere ich sie punktuell und setze für diesen Vortrag fest: Wer um die 70 Jahre alt ist muss sich gefallen lassen, in die demoskopische Gruppe der Alten gezählt zu werden, wobei mit dieser Festlegung noch keine Aussage gemacht werden soll über Lebensgefühl, Mobilität, Gesundheit und Leistungsfähigkeit im Alter.

Jugendliche und jungen Erwachsene, machen den alten Menschen – unbeirrt von irgendwelchen soziologischen Statistiken und Theorien – mit unter schon mit um die 40 Jahre alt aus, und nennt sie zärtlich „Grufties“ und nur wenige Jahre älter schon „Komposties“. Aber hier gibt es in der Jugendsprache vielleicht ja schon bald einen neuen Begriff für den alten Menschen: Gammelfleisch. Kinder und Jugendliche können eben auch erbarmungslos in ihrer Wahrnehmung und deren Bezeichnung sein.

Jeder Mensch hat mindestens eine Ahnung wann aus seiner je eigenen Perspektive ein Mensch ein alter Mensch ist, und was dieses Alter als solches auszeichnet. Aber genauer hingeschaut und analysiert haben das Alter die entsprechenden Wissenschaft auch erst ab Mitte des letzten Jahrhunderts.

Postmoderne Lebenszyklen

Postmoderne Lebenszyklen nehmen primär die Kindheit, das Jugendalter und den jungen Erwachsenen in den Blick. Der Zyklus des Alters (ab dem 65. – 70. Lebensjahr) ist erst konkret ab Mitte der achtziger Jahre betrachtet worden, da man meinte (allerdings kaum explizit ins Wort gebracht) über das Erwachsenenalter hinaus sei eine zyklische Entwicklung des Lebens wenig relevant und nicht erkenntnisleitend. Später spricht Peter Laslett von einer Lebensstufe die nach dem modernen Erwachsenenalter (zweites Lebensalter) und vor der letzten (der vierten) Stufe des Lebens anzusiedeln ist (genannt auch das Hohe Alter, Senilität oder letzte Stufe des Lebens). Er nennt diese Stufe das dritte Alter.

Dieses „dritte Alter“ korrespondiert mit Ruhestand (Pension) und „altersbedingter“ Gesundheit und meint eine Fitness, die die freie Handlungsfähigkeit des Rentners, der Rentnerin nicht wesentlich beeinträchtigt. Oft spricht man vom verdienten Ruhestand, der aber nicht immer als unkompliziert erlebt wird. Dieser beginnende Ruhestand markiert den Bruch mit der (geldwerten) Arbeitswelt und kann somit für jene Menschen besonders gravierend sein, die sie sich über ihre Tätigkeit oder Position im Berufsleben definiert haben. Hier können mit dem Verlust bezahlter Arbeit und somit auch beruflich bedingter Erfolge (Die Anforderungen von Unabhängigkeit und Autonomie werden nicht mehr erfüllt.) existentielle Fragen aufkommen „was denn dann noch der Sinn des Lebens ist“.

Eine subjektive Antwort auf die existentielle Frage kann oft nicht so leicht gefunden werden, die Sinn in der Qualität erleben lässt wie es eine sinnstiftende Berufstätigkeit getan hat. Fehlende Antworten auf diese und ähnliche zentrale Fragen können quälend sein und so die Lebensqualität nachhaltig beeinträchtigen. Das schlägt sich dann oft auch negativ in der Beziehung nieder sowie im sozialen Umfeld der Betroffenen.

Ein wirklicher Ruhestand allerdings ist das heute „nicht mehr arbeiten müssen“ im Vergleich zum 19. Jahrhundert sicherlich, da die weitaus meisten Menschen damals, die aus Altersgründen nicht mehr arbeiten konnten, oft in die Altersarmut und oder schwerwiegende gesundheitliche Mangelversorgung abglitten. Allerdings fühlt sich heute so mancher Menschen mit Lohnerwerb verunsichert was seine Rente einmal betreffen wird und der neue Begriff einer potentiellen zukünftigen „schleichenden Altersarmut“ macht angstbesetzt die Runde.

Erlebter Ruhestand als Vorbild?

Die meisten von Ihnen haben es erlebt, wie die eigenen Eltern alt und älter wurden. Sie haben erlebt wie der Vater in den Ruhestand ging, bei Müttern war das eher weniger der Fall, da die berufliche Tätigkeit als Ertragsarbeit eher den Männern vorbehalten war.

Als Kind erlebte ich meine Großeltern, die, wenn wir uns sahen, immer unbegrenzte Zeit für meinen Bruder und mich hatten. Sie waren immer da, machten es uns Kindern gemütlich und erklärten uns so manches wofür die Eltern noch keine Zeit gefunden hatten.

So wurde ich von meinem Opa innerhalb von drei Minuten „aufgeklärt“ auf dem Weg zum Kiosk an der Ecke, in dem Opa immer seine Zigarren holte. Mir schien als Kind, das das Alter eine Art Ritual war. Frühstück mit Zeitung, dann ging Oma in die Küche und Opa ins Arbeitszimmer. Anschließend wurde eingekauft, beziehungsweise wir Kinder bespaßt, wie man heute sagen würde. Nach dem Mittagessen war bei Oma Küche und bei Opa Zigarre angesagt, dann ein Schläfchen für alle. Nachmittags stand eine Aktion auf dem Programm, Schrebergarten, Besuch bei Verwandten oder ein „kindgerechter“ Kulturimbiss. Nach dem Abendessen noch ein Gesellschaftsspiel und dann ging es ab in die „Kasematten“, wie meine Oma zu sagen pflegte. Sonntags war das dann etwas anders, denn der Kirchgang prägte den Vormittag. Nachmittags hatten meine Großeltern dann immer Gäste im Sonntagsstaat.

Sicherlich ist mein Erleben des Lebens meiner Großeltern im Ruhestand nicht stellvertretend für alle Großeltern damaliger Zeit zu werten. Bei einem Handwerker war das damals anders als bei einem Lehrer, einer Hausbediensteten, einem Hilfsarbeiter oder einem Professor. Sicherlich spielen in der Gestaltung des Alters auch damals der Lebensort, die sozialen Umstände, der Bildungsgrad und die Herkunft eine Rolle. Doch allen gemein war das älter werden ein von Traditionen geregeltes Ritual mit dem Ruhe assoziiert wurde und auf unterschiedlichem Niveau begangen wurde. Zur Zeit meiner Großeltern sprach noch keiner vom „Unruhestand“ und die „Grauen Panter“ waren zwar schon geboren, wussten aber von diesem Wandel noch nichts einmal „Graue Panter“ zu sein

.

Diese Beschaulichkeit des älter Werdens, wie ich sie bei meinen Großeltern subjektiv erlebt habe (bewusst ferngehalten von Problemen die meine Großeltern damals auch hatten), scheint heute so nicht mehr zu funktionieren. Denn unsere Gesellschaft hat sich gewandelt, eine Behauptung, deren wissenschaftlichen Erweis ich hier nicht antrete, da unbestritten Erlebbar. Das hat aber zur Folge, das ich mein älter werden weder so wie meine Großeltern gestalten kann und werde, aber auch nicht so, wie ich es bei meinen eigenen Eltern erlebt habe.

Dazu nur ein Beispiel: Eine Woche vor dem Tod meines Vaters, er verstarb plötzlich da nicht sichtbar krank, konnte ich ihm auf meinem Laptop ein wenig die Welt des Internet erleben lassen, von der er als promovierter Akademiker schon vieles gelesen hat, in der er sich aber vorher nie selber aktiv „bewegt“ hat. Er ist noch nie ins „Internet gegangen“. Mein Alt-Sein wird aller Voraussicht nach sehr stark an das WWW gebunden sein.

Gesellschaft (postmoderne) ist Wandel

Gesellschaft ist im Wandel, sie wird sich auch weiter wandeln (Dieser Wandel ist mindestens garantiert mit der Erschließung bzw. Entwicklung neuer Materialien: Stein, Eisen, Bronze, Stoff, Stahl, Plastik, Silizium etc.). Dieser Wandel wird wahrscheinlich auch weiterhin immer beschleunigter vor sich gehen. Diese Erkenntnis können wir auch ohne die Analyse von Details und wissenschaftlicher Erhebung als allgemein richtig annehmen.

Dieser Wandel drückt sich bezogen auf den Menschen allgemein übereinstimmend in einer „Enttraditionalisierung“, „Pluralisierung“ und „Individualisierung“ aus.

Dieser Wandel unserer Gesellschaft hat auch Folgen auf das religiöse Verhalten der Menschen. Äußerlich ist das festzumachen an dem Schwinden kirchlicher Traditionen, einem breite, nicht mehr monopolistischen (christlichen) Angebot des Religiösen und der mangelnden Verbindlichkeit des Religiösen zu Gunsten einer individuell gestalteten Aus- und Abwahl.

Gesellschaftliche Rituale ob religiös, ständisch, ländlich, urban oder wie auch immer geprägt, verlieren in der Breite an Bedeutung. Neue Rituale ebnen sich ihre Bahn z.B. allgemein in den Kommunikationsformen und speziell in der Jugendkultur.

Der alte Mensch meiner Jungend ist nicht mehr der alte Mensch von heute. Sie leben und erleben Ihr älter werden anders als ihre Eltern und Großeltern. Und die heutige Jugend wird ihr älter werden anders gestalten als Sie, ich und sogar auch anders als die Kindeskinder dieser heutigen jungen Familien.

Alles fließt,
und ist so im Wandel, nur das „Vorleben“ fließt nicht!

„Alles fließt, nur das Fließen fließt nicht“ so antike Philosophie, die auch für das Stichwort „vorleben“ Gültigkeit hat.

Denn quer durch alle Veränderung hindurch bleibt eines beständig: Was nicht vorgelebt wird, kann auch nicht nachgelebt werden!

Das bedeutet einerseits: Es kann nichts tradiert (nachgelebt) werden, was nicht jenen vorgelebt wird, die es altersbedingt auch nachleben könnten, wenn sie es als für sich relevant annehmen.

Andererseits bedeutet das auch: Wenn eine Situation sich grundlegend gewandelt hat, dann kann einfach noch keiner vorgelebt haben, wie diese Situation ggf. zu leben wäre.

Konkret: Z. B. kann ein junger Mensch Glauben und deren Ausdrucksformen nur erleben und in Folge „nach“ leben (nicht gemeint ist adaptiv zu übernehmen), wenn Glaube ihm vorgelebt wurde. Vorleben ist von zentraler Bedeutung (Jedoch nicht zu verstehen im Sinne eines Freistellungsmerkmals, da dazu wesentlich auch die Art und Weise der Präsentation des Glaubens zählt.) für die Weitergabe hier des Glaubens, ebenso wie guter Sitten.

Paulus sagt im Römerbrief: „Der Glaube kommt vom hören…“, ergo muss jemand sprechen. Natürlich ist das noch keine Garantie für Glauben, jedoch konstitutive Ermöglichung des Glaubens, als auf einen „Inhalt“ bezogen. Wenn der selbe junge Mensch, den vorgelebten Glauben mit eigenem Leben gefüllt, ihn reflektiert und im Wandel seiner Lebenszyklen immer wieder „als seinen Glauben gewonnen hat“, wird in seinem eigenen alt werden nicht nachleben können, was seine Eltern ihm im Alter vorgelebt haben, da die äußeren Konditionen nicht mehr überein stimmen, eben die Gesellschaft sich gravierend gewandelt hat. Sicherlich geht nicht Alles dessen „verloren“, was Generationen vor uns gelebt und erwirkt haben. Sicherlich relativiert der Wandel auch nicht jedwede Erfahrung. So bleibt ein gewisser Schatz der Weisheit uns Menschen heute überliefert erhalte. Erkenntnisse wie Gottvertrauen, Demut, Bescheidenheit und Dankbarkeit sind wertvolle Tugenden oder anders formuliert Lebensqualifizierende Haltungen, auch wenn sie nicht alle teilen.

Ortwechsel:

Oma stimmt Skater

Hier faszinieren mich zwei Orte, Bahnhof und Dom. Doch eigentlich machen ihre Menschen den eigentlichen Reiz aus. Der kürzeste Weg vom Bahnhof in den Dom führt hier am „Gnadenbild“ vorbei. Tagsüber brennen „bei der Maria“ immer Kerzen. Zwei zündete ein junger Mann gerade an, ein Skater, bunt, flippig, sympathisch, aber hier sonst kaum anzutreffen!

Dann setzte er sich wieder in die Bank neben einen etwa gleichaltrigen Freund. Dessen Frage: „Warum hast Kerzen angezündet?“ Antwort: „Meine Oma hat das auch immer gemacht und die war super.“ „Meine Oma hat das auch immer gemacht, und die war super.“

Dieser jungen Mann, seinem Vertrauen in die eigene Oma, die super war, gefolgt, betrat dieses „Gotteshaus“, um dann genau das zu tun, was in seiner Erinnerung die Oma auch immer tat. Ich saß hinter ihnen, schluckte und konnte nicht mehr vergessen. Jedes Mal, wenn ich diesen Dom betrete, stehen diese Worte in meinen Gedanken, wie auf einem großen Transparent neben dem „Gnadenbild“.

Die Alten und Kirche gestern

Da es ja um das Thema Glaube und Alter geht, dürfen wir hier auch schon mal einen ersten deskriptiven Blick auf den Alten Menschen im Kontext Kirche wagen, der aber keine Festlegung in Sachen Alter und Glaube nur auf die Institution Kirche sein soll.

In der Institution Kirche als Ort des Gottesdienstes, der Hilfsbereitschaft und der Kontinuität wird der alte Mensch doch eher geschätzt, zumal er die Mehrzahl derer ausmacht, die als „treue Schafe“ bezeichnet werden dürfen. Der Alte Mensch ist die Stütze der Liturgie unterschiedlicher Ausprägungen, ihn kann man immer noch mal um einen Euro bitten, oft erscheint er als die letzte Präsenz des kirchlichen in Familiennähe.

Ganz nebenbei: Dass bei so manchen dieser Alten der Titel „Herr Pfarrer“ noch recht leicht über die Lippen kommt, schmeichelt dieser Berufsgruppe natürlich besonders, da mit dem Rückgang des Gemeindelebens die Möglichkeiten der persönlichen Anerkennung für Priester auch geringer werden, die ja zu großen Teilen selbst zu den Alten sich zählen lassen müssen.

Lebensabschnitte sind Werte

Ein Jugendlicher will von seiner Kindheit nichts mehr wissen. Viel zu weit weg war er damals noch von dem nun fast erreichten Ziel autonom also unabhängig zu sein. Ob diese Autonomie dann auch real (wirtschaftlich) eingetreten war, als ein Recht nun moralisch einklagbar (Volljährigkeit) oder den Besitz dieses Rechtes eher trotzig sich und der Umwelt glauben zu machen bleibt dahingestellt. Äußerlich klingen solche Lebensstufen rein aufeinander folgend. Wir wissen aber aus unterschiedlichen Humanwissenschaften dass diese Stufen existentiell aufeinander aufbauen und miteinander Verwoben sind. Oft scheint der alte Mensch aber zu meinen, mit seinem „Alt sein“ eine Stufe betreten zu haben, auf der er nur noch nach „oben“ schauen muss, wie kann es noch weiter gehen, und dann oft meint fast nichts mehr in den Händen zu halten, weil das Vergangene pragmatisch keine Hilfe für das Morgen zu scheinen sei.

Der Blick des Alten Menschen muss in die Fülle (Vergangenheit) seines Lebens schauen und mit ihr als gelungener Lebensabschnitt in die . (Diese Sicht muss natürlich auf die je einzelne Biographie eines Menschen hin differenziert betrachtet werden.)

Die Etappen des zurückliegenden Lebens sind nicht nur als gelungen zu bezeichnen in soweit sie den ihr vorausgehenden Entwurf entsprechen, sondern auch im Sinn von Bewältigt und so grundgelegt für den darauf folgenden Lebensabschnitt relevant.

Was gestern war ist der Grund, auf dem das Morgen des „älter Werdens“ reifen kann. Diesen Boden zu missachten bedeutet die Versteppung und so Fruchtlosigkeit für eine Zukunft mit biographischen Wurzeln.

Die Provokation des Christlichen – eine Frage des Alters, der Alter?

Die uns von unseren Vorgängergenerationen vorgelebten Muster des „alt Werdens“, nach dem Einstieg in die Zeit der nicht mehr Erwerbsarbeit, können in ihren Ausprägungen nicht mehr grundsätzlich übernommen werden. Sie müssen für sich alt werden! Alte „Entwürfe“ des Alt Werdens reichen nicht mehr aus, da Ihre Lebenswelt eine andere als früher ist.

Sie betreffend, wie alle Generationen vor Ihnen auch, kann der christliche Glauben nur in der Art „übernommen“ werden, als persönlich gelebte, von der eigenen Biographie geprägten Eigenart. Sie werden Glauben nur in der Art weiter leben und tradieren, wie Sie ihn in ihr älter werden hinein integrieren können. Das wiederum bedeutet in dem Maße auch Wandel, wie sich bestimmte Situationen im Alter einstellen, z.B. Schlaganfall.

Dafür konstitutiv und Motivation gleichermaßen bleibt (wie für jede andere Lebensstufe auch) die Frage, ob die zentralen Aussagen des christlichen Glaubens für Sie eine Herausforderung sind.

So zum Beispiel: Ist die Bergpredigt Jesu eine Herausforderung für Sie in der „neuen“ Lebensphase Ihres älter Werdens, das Gebot der Nächstenliebe, das Thema Gemeinschaft, die Frage nach der subjektiven Schuld und alles umgebend die christliche Herausforderung „Lust am Leben“ zu haben. (Im Vortrag weiter ausführen.)

Grundsätzlich bleibt Herausforderung pur:

Sie werden ihre Traditionen des Glaubens im Alter, aus der Erfahrung des alt vertrauten, in einer sich stetig beschleunigenden Welt neu, konkret in Wahl und Entscheidung, gestalten wollen (müssen).

Der „Enttraditionalisierung“, „Pluralisierung“ und „Individualisierung“ können nur Sie Ihre Ant – wort geben, vorausgesetzt Sie haben nicht vor sich einschließen zu wollen in der Alterserinnerung wie es „mal war“.

Sich in dem „wie es mal war“ wahrgenommenen sich zu verschließen kann aber auch legitim sein, aber so eine Herausforderung ganz anderer Art, nämlich, „wandelfrei“ leben und glauben zu wollen.

Die Provokation des Christlichen bedarf der Kommunikation unter Menschen, die bedingt durch ähnliche Lebenssituationen existentiell in vergleichbarer Weise sich herausgerufen wissen, bzw. sich herausrufen lassen.

Aber: Sie müssen im Alltag des Alterns die Welt proportional nicht mehr verbessern wollen, als im Alltag (erste Lebensabschnitte) davor.

Beschleunigung wird allerdings dann radikal des äußere Tempo genommen, wenn körperliche und geistige Zerbrechlichkeit, wenn Krankheit die letzte Stufe irdischen Lebens einläutet.

Dann wandelt sich wieder die Provokation des Christlichen radikal, die Provokation im Glauben, an Leib und Seele zu zerbrechen, sehenden Auges oder im Koma.

Diese Provokation kennt nur eine unvergleichliche, von niemandem vorlebbare nur subjektiv zu durchlebende und zu „durchsterbende Antworten“:
Schreie, Stille, Verzweifelung, Schmerz, Ekel, Teilnahmslosigkeit und das „Innenleben des Sterbens“ das nur „kennt“ wer stirbt!

Zwischen Kot und Urin kommen wir zur Welt, zwischen Kot und Urin gehen wir.
Mitten im Leben haben wir danach eine Hoffnung: Die Provokation des Christlichen, egal welchen Alters.

Danke,
für Ihre mir geschenkte
und so eine sich gegönnte Zeit.

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Firmfolgen

Zur Firmung

Gefirmte sind firm,
nicht konform,
begeisterte Menschenfreunde,
verdichten Glauben in Alltag,
verneigen sich inmitten der Welt vor Gott,
trauen ihrem Spigelbild
und haben fast immer ein Lied an der Hand.

© Christoph Stender 2006
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Interreligiöses Vernunftgebet

(der Papst in der „Blauen Moschee“)

Mag
mein Glaube
dich
und
dein Glaube
mich
mitnehmen

Christoph Stender, November 2006
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Mein Bibelwort

„Alle sollen eins sein, … damit die Welt glaubt.“   Joh 17,21

Keine Harmonie, sperrig ist es, da nicht Einerlei, sondern Einheit in Vielheit gefordert ist, so die Bitte Jesu. Das geht nur durch Kommunikation, der Kommunion zwischen einem weltweiten „Ich und Du“ und dem ganz konkreten alltäglichen „Du und Ich“, 24 Stunden lang. Diese Kommunion bedeutet auch aushalten und erdulden können, neben den tollen Momenten der Übereinkunft und Harmonie. Das ist provokant, ruft heraus aus dem Brei ständigen Relativierens, weil Positionen gefordert sind, Standpunkte eben.

Quelle: kirchenzeitung für das Bistum Aachen, 22.10.2006.
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