www.christoph-stender.de

Alle sollen eins sein – quer gedacht

Spaziergang,
Weinberge bei Bingen.
Unter blauem Himmel und vier Augen,
quer gedacht:

Du und ich hier,
mit dem dahinten Kirche,
an seinem Leib
auf Tuchfühlung mit Gott,
das riecht.

Einheit ist
die da auch,
Bruder und Schwester,
so nah, das riecht.
Gefühltes Auskommen:
Geh mir vom Leib!

Und Gott dazwischen da,
zwischen allen,
verdammt nah!
Und alle zur Einheit geschenkt,
auch Sie
würde er sagen!

Spaziergang mit
Bischof Klaus Hemmerle.
Fragment der Erinnerung.

Erschienen in: Kirchenzeitung für das Bistum Aachen, Bonifatiusbote (Fulda), Der Sonntag (Limburg), Glaube und Leben (Mainz), Kirchenbote (Osnabrück), Kirchenzeitung (Hildesheim), Neue Kirchenzeitung (Hamburg), Tag des Herrn (Dresden), Tag des Herrn (Erfurt), Tag des Herrn (Görlitz), Tag des Herrn (Magdeburg), Mai 2007
In Auf ein Wort, Aufsätze + Artikel veröffentlicht | Getaggt , | Kommentieren

Heiligtümer und die Inszenierung der Sinne

Zuschauer mit Bühne im Herzen - Abteiberg Mönchengladbach. Fotos: Klaus Herzog

Fünf Wochen erzählte diese Seite vom Pilgern, konkret vom Bei-sich-Ankommen, vom anderen Ort und vom Auf-dem-Weg-Sein sowie von Berührung in Erinnerung und Heiligtümer quer gesucht. Nun geht es um die Heiligtümer vor Ort, Aachen, Kornelimünster und Mönchengladbach.

Diese biblischen Zeugen – Windel und Lendentuch Jesu, das Marienkleid und das Enthauptungstuch Johannes des Täufers in Aachen, Schürztuch, Grabtuch und Schweißtuch Jesu in Kornelimünster sowie das Abendmahlstuch in Mönchengladbach – sind die Requisiten der Inszenierung des Lebens, Leidens und der Auferstehung Jesu, auf der Bühne unserer Vorstellungen und Sinne.

Die Heiligtümer anschauend sind wir nicht mehr nur passive Zuschauer.

Auf der Bühne der Fußwaschung - Schürztuch Kornelimünster.

Mit allen Sinnen einsteigen - Marienkleid Aachen

Wir werden von ihnen mitgenommen auf die Bühne, als Akteure in das die Heiligtümer vergegenwärtigende Ereignis hinein, um mit den entsprechenden Heiligtümern Anteil zu haben an den Akten der Wirklichkeit Christi. Dabeisein geht aber nur dann, wenn mit den Sinnen die Szenen erschlossen werden.

Mit dem Kleid Mariens und der Windel Jesu können wir die Einfachheit des Ortes der Geburt Jesu sehen. Wir können das Stroh riechen, die Tiere, die Menschen, den Duft einer kleinen Stadt. An unserer Haut vorbei streift die warme Luft und mit den Händen spüren wir die kleinen Falten des Kindes. Wir hören Stimmen, Lieder und seltsame Geräusche. Die Zunge ist eher unentschieden, kein eindeutiger Geschmack.

Mit den Heiligtümern wahrnehmen ist mehr als Annäherung, da die Sinne uns zu Zeitzeugen machen. Als Zeitzeugen aber nicht dokumentierend, sondern nach-haltig emotional. So eingestiegen in die Szenen auf der Bühne wächst in uns ein Gefühl, werden wir empathisch. Wir sind nicht Zeugen des Ereignisses sondern Mitfühlende.

PILGERGEBET
Die waren schon da,
damals.
Ich jetzt, im Schatten
des Leibes der Heiligen,
angezogen, streichle Haut,
verliere mich.
Erinnerung weckt auf,
entkleidet,
Realität aufersteht
in jedem Menschen
zur Verneigung,
der bekennt:
Gott legt
seinen Leib
der Welt
als Mantel um.

Mit dem Abendmahlstuch stehen wir auf der Bühne etwas abseits, mittig ist der Jüngerkreis mit Jesus. Ihre Körper senden unterschiedliche Botschaften aus, mit den Augen wahrnehmbar. Es riecht nach gut gewürztem Essen, aber auch Schweiß liegt in der Luft. Der leichte rote Wein schmeckt fruchtig auf der Zunge, ein säuselnder Luftzug spielt auf der Haut, ist da jemand gegangen? Erst gehen die Stimmen alle durcheinander, dann wird es still, Jesu Worte füllen den Raum. Spannung liegt in der Luft. Wortfetzen dringen über die Tischgemeinschaft hinaus: „Nehmt, das bin ich, mein Fleisch und mein Blut, mein Bei-euch-Bleiben, euer In-Gott-Sein, ihr in mir …“

Erschienen in: Kirchenzeitung für das Bistum Aachen, 20. Mai 2007, S. 12

? Mehr Texte zur Heiligtumsfahrt

In Aufsätze, Aufsätze + Artikel, Heiligtumsfahrt 2007 veröffentlicht | Getaggt , , , , , | Kommentieren

Der Dom als Werbefläche

Eine der wohl ältesten Werbeflächen Aachens ist sein Dom. Das einige Jahrhunderte alte Werbekonzept ist einfach. Einige Wochen vor Beginn des zu bewerbenden Ereignisses wird am realen Ort des Geschehens durch Plakatierung angekündigt, dass es nach siebenjähriger Pause bald wieder losgehen wird. Gemeint sind nicht die kleinen in Blau und in Gold gehaltenen Plakate, die in vielen Schaufenstern der Stadt freundlich und aktuell die Heiligtumsfahrt bewerben. Gemeint sind die Schmucktücher, die an der Galerie des Domturmes ausgehängt, Werbeträger der Heiligtumsfahrt sind.

Aber, so darf doch gefragt werden, wer wird hier eigentlich beworben? Die, die ohnehin kommen werden, die brauchen keine Werbung. Die, die informiert sind, aber mit der Heiligtumsfahrt nichts am Hut haben, die sind resistent dieses Produkt betreffend. Oder jene, die unwissend sind, die das Produkt nicht kennen, denen aber eigentlich nichts fehlt, sind es die?

Weiter gefragt, auf welches Produkt setzt das Werbekonzept? Äußerlich jedenfalls kommt das Produkt eher „nur von gestern“, daher: Alte Stoffe, an altem Gemäuer, gleich alte Bärte?

Dann sind jene übrigens, die keine Insider sind, verlassen, denn sie erfahren nichts. Die Tücher am Turm hängen schweigend vor sich hin.

Also schlechte Werbung?

Nein, Werbestrategie vom Feinsten und nur ehrlich zu haben. Denn diese Tücher sind das Signal für jenen, die etwas zu erzählen haben, spätestens jetzt damit zu beginnen und den Mund aufzumachen.

Von der Heiligtumsfahrt zu erzählen ist angesagt in Familie, Schulen, Kneipen, Sportvereinen, am Rande der Karlspreisverleihung, eben in unserer Stadt.

Thema: Glauben ins Wort zu bringen anhand der Stoffreliquien, die uns die Haut Mariens, Jesu und Johannes des Täufers nahe bringen. Sie erzählen, dass Gott in Jesus Christus seine Haut hingehalten hat, um unsere Haut zu retten, dass uns die Haut des anderen nicht egal sein darf und, dass wir unsere eigene Haut streichelnd, uns selbst annehmen dürfen, weil wir Angenommene sind in Gott. Dieser Glaube ist ein Stück Geschichte unserer Stadt, und diese Herkunft nicht zu verschweigen, auch dafür werben diese Tücher am Turm zur Heiligtumsfahrt.

Quelle: Aachener Zeitung, 16. Mai 2007
In Aufsätze + Artikel, Kolumne in der AZ veröffentlicht | Getaggt , , , | Kommentieren

Frieden, eine Erfolgsgeschichte

Suchergebnisse im „www“ für Frieden

Die ersten 20 Einträge von ungefähr 16.800.000:
Frieden-fragen.de
Frieden & Sicherheit
Frieden stiften – jeden Tag
Frieden für Europa – Europa für den Frieden
Ostern (Ratschlag für Frieden)
Institut für Theologie und Frieden
Zwischen Krieg und Frieden
Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden
Greenpeace – Themen – Frieden
FrauenNetzwerk für Frieden
Kinder brauchen Frieden e.V.
Institut für Entwicklung und Frieden
Wissenschaft & Frieden
Forum InformatikerInnen für Frieden
institut frieden und demokratie

Suchergebnisse im „www“ für Bomben

Der erste Eintrag von ungefähr 3.060.000:
Bomben einfach selbst gebaut

Quintessenz:
Frieden ist in der Überzahl

Erschienen in: Kirchenzeitung für das Bistum Aachen, Bonifatiusbote (Fulda), Der Sonntag (Limburg), Glaube und Leben (Mainz), Kirchenbote (Osnabrück), Kirchenzeitung (Hildesheim), Neue Kirchenzeitung (Hamburg), Tag des Herrn (Dresden), Tag des Herrn (Erfurt), Tag des Herrn (Görlitz), Tag des Herrn (Magdeburg), Juni 2007
In Auf ein Wort, Aufsätze + Artikel veröffentlicht | Getaggt | Kommentieren

Heil auf nackter Haut

Ein personenbezogener Zugang zu den „Vier Großen Aachenern Heiligtümern“

Prolog der Gedanken

Nackt sein, was für ein Gefühl?
Bekleidet sein, was für ein Gefühl?

Die Nacktheit des Anderen in seinem Bekleidet sein zu spüren, was für ein Gefühl?
Bekleidet die eigene Nacktheit zu spüren, was für ein Gefühl?

Die Nacktheit des Anderen zu bedecken, was für ein Gefühl?
Nackt bedeckt zu werden, was für ein Gefühl?

Nacktheit zu verletzen, was für ein Gefühl?
Nackt verletzt zu werden, was für ein Gefühl?

Die Nacktheit des Anderen zu berühren, was für ein Gefühl?
Nackt berührt zu werden, was für ein Gefühl?

Die Kleidung eines Anderen zu berühren, was für ein Gefühl.
An der Kleidung berührt zu werden, was für ein Gefühl?

Die eigene Nacktheit

Kommt Ihnen in diesem Einsieg vielleicht das Wort „nackt“ zu häufig vor? Oder ist Ihnen 12mal der Begriff Gefühl zu viel Gefühl?

Zugegeben, es ist nicht gewöhnlich am Beginn der Reflexion über christliche Spiritualität, bezogen auf Stoffreliquien so dezidiert mit dem Begriff der Nacktheit konfrontiert zu werden. Zum Thema Stoffreliquien können wir darauf allerdings nicht verzichten.

Und wir müssen noch einen Schritt weitergehen, um uns anzunähern: Mögen Sie sich selbst? Mögen Sie sich auch noch, wenn Sie nackt vor dem Spiegel stehen? Damit ich nicht missverstanden werde, die Frage hat nichts damit zu tun, ob Sie mit den mutmaßlich Schönen dieser Welt mithalten können. Am Anfang dieser Annäherung an die vier Aachener Heiligtümer muss die Frage nach sich selbst stehen, der Ganzheitlichkeit, dem Leib, der eigenen Nacktheit und des Bekleidet-Seins, sowie nach dem Gefühl, das mit diesen Fragen in Ihnen wach wird.

Der Mensch im Mittelpunkt

Diese sehr persönliche Frage und deren Antwortsuche sind ein Schlüssel zur Erschließung dieser Stoffreste, die Grundlage diese überhaupt wertschätzen zu können.

Alle sieben Jahre werden nach altem Brauch diese Heiligtümer erhoben, das bedeutet sie verlassen den Schutz des Marienschreins im Aachener Dom, um Ihnen die Möglichkeit zu geben sie anzuschauen und heutig im Ausnahmefall (z. B. im Krankengottesdienst) von ihnen auch berührt zu werden. Aber lassen sich mich jetzt nicht der stillen Hoffnung so mancher Leser dieses Artikels erliegen, mich endlich wegzuwenden von Nacktheit und Gefühl, um mich dann allgemein nur noch rein theoretisch und empfindungsfrei diesen Aachener Heiligtümer, verbal sie sezierend zu nähern.

Denn nicht nur auf die eigene Nacktheit zu schauen ist hier zum Verstehen wesentlich, sondern gleichbedeutend geht es mit Blick auf den anderen Menschen auch um dessen Nacktheit und deren Umhüllung. Mit den Aachener Heiligtümern steht der Mensch im Mittelpunkt, der „bedeutende“ Mensch, der „Heilige“, aber auch der mutmaßlich (noch) nicht so bedeutsame, der Pilger und die Pilgerin, der (fromme) Betrachter und die (fromme) Betrachterin sowie Sie als Leserinnen und Leser. Der Mensch im Mittelpunkt allerdings ist auch der Herausgerufene, provoziert zu berühren um berührt zu werden. Das allerdings gelingt nur, wenn wir die eigene Nacktheit und die des Anderen liebevoll aushalten und an sich „anhalten“ wollen und können.

Nacktheitsgeschichte

Am Beginn der Nacktheitsgeschichte der Menschheit steht die wohl prominenteste Schlange der Welt. Sie erinnern sich:

„Nimm den Apfel von diesem verbotenen Baum“ so die Versuchung „und du wirst wie Gott sein, allmächtig!“ sprach die Schlange und verschwand und der Mensch fiel darauf rein, eitel wie er bis heute ist, nahm den Apfel. Damit trat der Mensch die Unantastbarkeit Gottes mit Füßen und versuchte so sich dieser Immunität Gottes zu entledigen. Der Mensch wollte einfach alles haben, selbst ein Gott sein, das Andere und den Anderen immer wieder besiegen um Besitzer zu sein. Machtrausch führte zum Sturz in auch heute noch unbekannte Abgründe, das Paradies aufs Spiel gesetzt ging verloren, die Weite des irdischen Himmelsgartens wandelte sich für den Menschen in die verzweifelte Angst um sich selbst. „Da wurden ihrer beider Augen aufgetan, und sie erkannten, dass sie nackt waren; und sie hefteten Feigenblätter zusammen und machten sich einen Schurz“ (Gen 3,7).

Nacktheit polarisiert: Ein entblößter Körper kann sehr verführerisch sein, andere finden ihn grundsätzlich irgendwie unmoralisch. Dem einen ist Nacktheit Ausdruck der Freiheit, dem anderen Beleg für Kulturlosigkeit. War z.B. noch die idealisierte Darstellung nackter Körper der Antike ob ihrer „Kunst“ frei von Tadel (und im musealen Kontext auch noch heute), so war das 19. Jh. doch eher puritanisch.

Die Nacktheit des mittelalterlichen Menschen hat die Mediävistik bislang kaum behandelt. Heute allerdings, in der auch so genannten Postmoderne, scheint weitgehend Öffentlichkeit in Werbung und Film ohne nackte Haut, oder deren teilweise gewollter entblößender Verhüllung nichts zu gehen, und die auflagestärksten Blätter bedienen sich aktuell dessen, was der Leser sehen will, nackter meist weiblicher Haut in Form.

Nacktheit geht den vier großen Heiligtümern voraus

Die vier großen Heiligtümer betreffend geht es um den Menschen, des Menschen Leib, seine nackte Haut und mit ihr sekundär um das, was sie umgibt und so verbirgt, um Stoffe.

Damit sei ausgeschlossen dass es sich hier um künstlerische Ästhetik oder um das Zur-Schau-Stellen von nackter Haut handelt. Hier geht es um die Vergegenwärtigung aus der Erinnerung heraus, und so um die Verneigung vor verehrenswürdigen Existenzen, deren Leiber für uns nicht mehr berührbar sind, die aber in der Anschauung und in der Berührung dessen erahnbar sind, was sie zu berühren in der Lage waren, die sie berührenden Stoffe.

In Folge geht es mit diesen Reliquien also um (leibliche) Nähe zwischen dem Anbetungswürdigen und Ihnen. Sich seiner eigenen Leiblichkeit stellend, den eigenen Körper auch in seiner Nacktheit wahrzunehmen, ermöglicht respektvoll sich der Haut des Anderen, eines Gegenübers zu nähern. Aus genau diesem Blickwinkel gilt es auf die Windeln Jesu, das Kleid Mariens, das Enthauptungstuch Johannes des Täufers und das Lendentuch Jesu am Kreuz zu schauen.

  • Warum wickelt man einem Kind, das seinen Schließmuskel noch nicht beherrschen kann, ein Tuch (Windel/Pampers), das darüber hinaus täglich mehrmals gewechselt wird, um Po und Primärgeschlechtsteil? Den hygienischen Gründen voraus geht der Wunsch Kot und Urin zu begrenzen und nicht den ganzen Körper damit zu „beschmutzen“, das Kind also nicht in seinen Exkrementen sitzen zu lassen. Dem zerbrechenden Menschen wird diese Zuwendung mitunter auch wieder zu teil, damit er im Vergehen nicht unwürdig zwischen Kot und Urin sein Leben loslassen muss.
  • Maria trug ein einfaches Kleid der Zeit und ihren Möglichkeiten entsprechend. Sie bedeckte ihre Nacktheit mit Stoff, wie jeder es damals ebenso tat, der erkannt hat, was Nackt-Sein bedeutet.
  • Jesus Christus am Kreuz, nackt, der Körper geschunden und dann kraftlos weil kein Herzschlag mehr. Die Mächtigen haben gesiegt, einen Menschen zerstört und seine Nacktheit ohne Scham zum Lustgewinn öffentlich ausgestellt. Fast könnte da das Lendentuch Jesu als Gnadenakt der Kunst spätere Jahre gedeutet werden.
  • Das Enthauptungstuch Johannes des Täufers. Johannes, ein Christuszeuge, enthauptet um damalige Lust an der Macht zu mehren und sie gleichzeitig zu provozieren. Ein grausamer Mord an einem Bekenner flankiert den Weg des Menschensohnes. Eine Klinge, mit großer Wucht geführt, trennt dumpf vom Rumpf den Kopf, der fällt in den Dreck, wird aufgehoben, auf einem Tuch präsentiert, ein „Geschenk des Wahns“.

Vom Heil umhüllt

In der Nacktheit Jesu von Nazaret, Marias seiner Mutter und des Bekenners Johannes der Täufer markierten Stoffe sogar bis an den Rand des Lebens im Sterben und jenseits dieses Randes im Tod einen Rest von gereichter Würde.
Alle Stoffe berühren (nicht berührten) Nacktheit, die des Kindes, der Mutter, des Gekreuzigten, des Enthaupteten.
Alle Stoffe berühren Heiliges, Heilendes, Heil. Des Geschenk der Befreiung, das Gott der Menschheit gemacht hat, diese Gabe die so einmalig nach Gott schmeckt ist auf Tuchfühlung mit dem Menschen gegangen:

Das Kind, Menschwerdung!
Die Mutter, „mir geschehe nach deinem Willen“.
Der Gekreuzigte, Heil!
Der Enthauptete, „ich bin es nicht wert, ihm die Schuhriemen zu lösen“.
In Summe: „In der Gabe gibt sich der Geber“ (K. Rahner), hautnah!

Unsere vier großen Stoffreliquien sind stumme Zeugen dieser Nacktheit! Diese Nacktheit, von Stoffen nur gestreift, wird zur greifbaren Erinnerung der Berührung des Göttlichen und ihrer Zeugen mit und in dieser Welt. Das Heil-Werden durch Gott ist in dieser Welt berührbar Mensch geworden: Haut! Diese Haut berührt uns und was uns sie berühren lässt, ist ein auf sie verweisendes Heiligtum, in dem wir Gott verehren (der einzig unsere „Haut retten“ kann).

„Wenn wir uns darauf einlassen, bringen uns diese Zeichen spirituell in seine Nähe, können wir etwas von ihm sehen, betasten, erspüren.“ [1]

Was gibt es 2007 zu sehen

Frage: Was sieht also der, der 2007 nach Aachen pilgert um die vier großen Reliquien [2] zu verehren oder sie in Augenschein zu nehmen?

Antwort: Stoffe, gefaltet (Windel, Enthauptungstuch und Lendentuch) und entfaltet (das Kleid Mariens).

Frage: Haben diese Stoffe die Haut von Jesus, Maria und Johannes wirklich berührt, also sind die echt?

Antwort: Was wäre mit ihrer „Echtheit“, wenn diese Reliquien nachweislich aus den Jahren zwischen 10 vor und 35 nach Christus stammten, allerdings am Ende des 20.Jh. mehrfach chemisch gereinigt worden wären und so jede DNA der chemischen Keule zum Opfer gefallen wäre?

Was wäre, wenn sie wissenschaftlich erwiesen echt wären, aber klinisch rein: kein Schweiß, kein Urin, kein Blut und kein Kot.

Was wäre, wenn sie echt wären aber eins zu eins identisch mit Stoffen aus derselben Zeit, jedoch von ganz anderem Ort, weit weg von den damaligen Geschehnissen um Jesus Christus?

Die Akte

Meines Wissens gibt es einen aktenkundigen Beschluss des Aachener Domkapitels früherer Jahrzehnte der besagt, dass die Heiligtumsfahrt eingestellt werden solle, wenn erwiesen sei, dass diese Stoffreliquien nicht echt wären. Aber die „Echtheitsfrage“ wird der Heiligtumsfahrt wohl kaum ein Ende bescheren, denn: “ … dieses Mysterium besteht weder allein nur aus dem, was wir wissenschaftlich aus diesem Schrein herausnehmen können, noch aus dem, was wir gläubig hineinlegen wollen.“ [3]

Quo vadis

Wo gehst du hin? Banal, eine alltäglich mit unter öfters gestellte und/oder gehörte Frage. Eine Frage die auf einen Moment abzielt und immer wieder beliebig gestellt werden kann, da sie in der Frageintention oft absichts- und emotionslos ist.
Wo gehst du hin? Neben aller Banalität die dieser Frage als solcher anhaften kann, kann sie aber auch sehr gewichtig, sogar existentiell verstanden werden.

Wege, Richtungen können lebensbedrohend sein, aber auch befreiend, sie können ganz neue Perspektiven eröffnen, oder sogar Realitäten antasten, die bis dahin noch nie berührt werden konnten.
Wo gehst du hin, dies kann eine alles entscheidende Frage sein.
Auf diese Frage zu antworten, ich gehe zur Heiligtumsfahrt, könnte als banal eingestuft werden. Andererseits könnte der mit dieser Antwort beschrittene Weg auch existentielle Konsequenzen aufweisen.
Wo geht man eigentlich hin, wenn man aufbricht, um sich pilgernd „Heiligtümern“ zu nähern.

Die kleinen alltäglichen Pilgerfahrten.

Manchmal sind es nur wenige Meter und unser Pilgerweg ist an einem Ziel. Das kann vor dem Schrank im Wohnzimmer sein, der Anrichte im Schlafzimmer oder sonst an einem fast „normalen“ Ort in unserer Welt. Unsere Heiligtümer „lokalisieren“ sich in einer von „Etwas“ angeregten oder verstärkten Erinnerung an einen Menschen und sind damit nachhaltige Vergegenwärtigung.

Oft bemerken wir diese kleinen Pilgerfahrten zu den „heiligen“ Stätten unseres Alltags gar nicht. Ihr Ziel kann ein Foto, eine gepresste Blume, ein Brief, ein Ring, ein Kleidungsstück oder einfach auch ein „Stelle“ sein. Bei ihnen angekommen sind wir weiter weg! Jeder von uns hat solche Heiligtümer, Reliquien, die die tiefsten, wärmsten, schönsten und traurigsten Herzensgründe vergegenwärtigen. Wer keinen solcher Herzensgründe sein „eigen“ nennen darf, der empfindet sich oft bodenlos, heimatlos und so im Herzen verlassen.

Wer um seine Heiligtümer weiß und mit ihnen mehr begegnet als dem, was allgemein zu sehen, spüren, schmecken, riechen und zu ertasten ist, der ist auf einem Weg, auf dem er sich des Gedankens der Wandlung, der Veränderung nicht mehr erwehren kann, und so nach dem „nicht mehr hier sein“ fragen wird. Denn es scheint in das Leben der Menschen schlechthin eingeschrieben die Frage, die spätestens an unseren Heiligtümern nicht mehr zu verschweigen ist: Da, wo ich jetzt bin, ist das mein Ziel, bin ich angekommen, oder wo möchte ich sein?

Große Pilgerreise

Aller „Wanderung“ (Wallfahrt/Pilgerfahrt) geht das Bleiben voraus.

Das klingt ein wenig philosophisch, aber auch nach täglich gemachter Erfahrung, nach Weisheit der Alten und ebenso paradox. Diese Aussage möchte ich pragmatisch verstanden wissen, denn: Wer ein Interesse an dem Weg hat, muss eine Erfahrung mit dem Angekommensein gemacht haben oder genau daran zweifeln, sonst würde er nicht „weg“ (Weg) wollen. Der wandernde (wallfahrende) Mensch will ankommen an einem Ziel, auch wenn er einen nur minimalistischen Anspruch hegt nämlich den, bei „B“ angekommen zu sein um zu wissen, dass er „A“ verlassen hat.

In diesem Kontext wird oft postuliert: „Der Weg sei das Ziel“. Aber diese Annahme ist auch nur die halbe Wahrheit, denn ich komme, wenn ich mich auf den Weg mache, immer irgendwo an, ungeachtet der Tatsache, wie ich dieses Angekommen sein qualitativ bewerte. Der pilgernde Mensch bricht auf, um nicht zu bleiben, wo er ist. Er will jedoch dort hin zurückkehren und ankommen, von wo er aufbrach, anders jedoch, als er gegangen ist. So unterscheidet sich die Pilgerfahrt von einem Spaziergang dadurch, dass der Spaziergänger die Welt um sich herum in Betracht zieht, der Pilger aber sich selbst.

Um bei sich selbst anzukommen bedarf es eines Ortswechsels aber viele Pilger nehmen darüber hinaus oft große körperliche Strapazen auf sich um die eigene physische Grenze zu spüren und auch damit sich selbst anders zu erleben.

Unverhüllt vor Gott

Entscheidend für den Pilgerpfad bleibt das Verlassen eines „hier und jetzt“ und so ein in Bewegung kommen, um dann durch das erreichte und durchschrittene Heiligtum hindurch das Göttliche zu verehren und zu bedenken und so anders sich selbst wieder zu finden und zurückzukehren. Dieses Sich-Wiederfinden lässt die eigene alte Nacktheit neu entdecken. Die Nacktheit, die keine Verlorenheit mehr ist, kein Angstschrei und auch keine Demütigung mehr. Auf solchen Pilgerwegen lernen wir immer neu den aufrechten Gang, das Göttliche im Blick und gleichzeitig vom Göttlichen getragen, umgeben von ihren Stoffen, die Nacktheit bedecken. Eines (jüngsten) Tages aber werden wir diese uns verhüllenden und schützenden Stoffe abgeben dürfen, da wir sie nicht mehr brauchen, denn unverhüllt werden wir vor Gott da sein dürfen. Das lassen uns die Aachener Heiligtümer „ganz nebenbei“ auch wissen.

Sie und diese Heiligtümer

Ein großes Thema des Mittelalters, in dem die Verehrung solcher Heiligtümer eine Blüte erlebte, war der Tod und mit ihm verbunden die Angst davor. Um dem Ungewissen „nach dem Tod“ etwas von seinem schmerzhaften Geheimnis zu nehmen, vertrauten die Menschen damals auf die Wirkmächtigkeit ihrer Heiligtümer und hofften, sie berührend, auf göttliche Milde. Damals schienen diese Heiligtümer, Ziel ungezählter Pilger aus aller Herren Länder, „für sich zu sprechen“. Heute bedürfen sie oft der Fürsprecherin und des Fürsprechers, Personen, die diese Reliquien kommunizieren. Es ist eben ein Unterschied, ob Sie (bzw. Institutionen) Menschen diese Aachener Heiligtümer zumuten und somit vermitteln als Stofflappen oder als Stoffreliquien.

Fragen zum Anfang

Haben Sie einen Zugang zu diesen Heiligtümern, auch wenn er kritisch angehaucht sein sollte? Können Sie mit den Gedanken zu Nacktheit und Verhüllung einen anderen Blick auf diese Reliquien werfen? Können Sie von sich, der eigenen Nacktheit, dem Erleben ihrer eigenen Heiligtümern und ihrem Zugang zu den vier großen Aachener Heiligtümern anderen etwas mitteilen, wollen Sie das?

Ich glaube, wir Christen geben das Letzte aus der Hand, wenn wir aufhören vom Geheimnis zu stammeln. Die Aachener Heiligtümer sind letzten Endes nicht anders als „stammelnd“ zu haben. Diese Heiligtümer in den Blick zu nehmen, vielleicht sogar vor ihnen sich verneigend Gott die Referenz zu erweisen, mindestens aber sich mit ihnen unaufgebbar an das Heilige zu erinnern, das mit Christus und all dem, was ihn berührt, Mensch in unserer Welt geworden ist, das würde das lang-weilig Normale in unserem Alltag längerfristig relativieren.

Prolog der Gedanken

Damals:
Hätte ich dich berühren wollen?
Meine Haut an deiner Haut?
Deine Haut an meiner Haut?
Meine Haut an deinem ersten/letzten Kleid?
Dein Kleid an meiner Haut?
Damals, hätte ich es gewollt?
Damals:
Christus, Maria, Johannes

Heute:
Ich bin nackt,
geh unter die Haut,
leg deinen Leib als Mantel mir um,
Heil mag mich umhüllen,
im Tuch Gott fühlen,
Stoffwechsel,
hin oder zurück,
Weg!

Heute:
Christus, Maria, Johannes.

1    Silvesteransprache, Manuskript. Bischof Dr. Heinrich Mussinghoff. 30.12.2006, Dom zu Aachen.

2    Es gibt auch noch die kleinen Heiligtümer: Die Geißelstricke Christi, der Gürtel Christi und der Gürtel von Maria, der Mutter Jesu. Die Fassungen der Reliquien sind im 14. Jh. entstanden.

3    Stender, Christoph. Schatz Ansichten. Eupen, 2001. S. 126.

Quelle: Heiligtumsfahrt 2007 – Kommt, und ihr werdet sehen (Joh 1,39) – Ideen und Aktionen, Geschichten und Bilder, hrsg. vom Katechetischen Institut des Bistums Aachen 2007, S. 8-14.

Mehr Texte zur Heiligtumsfahrt

In Aufsätze, Aufsätze + Artikel, Heiligtumsfahrt 2007 veröffentlicht | Getaggt , , , , , , | Kommentieren

Heiligtümer quer gesucht

Heiligtum über Zukunft hinaus ( Grabtuch Jesu Christi in Kornelimünster). Foto: Herzog

Heiligtümer im Alltag klingen weit weg, wenig realitätsverhaftet und eher dem Reich der Träume zuzuordnen. Heiligtümer haben was von: „Habe ich nicht, wer besitzt die schon, dafür bin ich ’ne Nummer zu klein, würde mir auch niemand glauben.“ Dem gegenüber sind sie tief verankert in Tradition und Gegenwart katholischer Praxis.

Diese Einführung macht es nun nicht einfach, das Thema Heiligtümer im Alltag eines „Normalbürgers“ zu verorten. Wenn Heiligtümer allerdings quer gedacht werden, dann geht das doch. Quer, wenn sie gegen den traditionell vermuteten Strich gebürstet werden, also etwas unkonventionell, nicht ganz so heilig und doch als wertvoll betrachtet werden.

Sie quer denken bedeutet, sie vom Ballast materieller Werte befreit zu suchen. Sie quer denken, ihnen eine persönliche Botschaft zuzutrauen, in der eigenen Biografie und Realität nach ihnen Ausschau zu halten, dem Banalen Bedeutung beizumessen und den eigenen Gefühlen Respekt zu zollen. So könnten auch mitten in Ihrer Realität Heiligtümer zu entdecken sein. Mit sehr viel Gefühl „behaftet“ war in meiner Kindheit eine ganz bestimmte Straßenecke in der Nachbarschaft.

Heiligtum in die Gegenwart geborgen.

Mittags, nach den Hausaufgaben, gab es für mich nur dieses Ziel, denn dort war eines sicher anzutreffen, meine Freunde. Diese Straßenecke war für mich ein Ort der Geborgenheit, hier spürte ich zu meiner Clique dazu zu gehören, hier war ich angenommen, ich war wer unter Freunden. Neben dem Messedienen war diese Straßenecke das Heiligtum meiner Kindheit. Heute haben meine Heiligtümer ein neues Gewand angelegt: Ein kleiner Ring, umfangreicher war die „Schmucksammlung“ meiner verstorbenen Eltern nie.

Ein Stück Astgabel, über 50 Jahre diente sie in einem bulgarischen Dorf dazu, die Frühlingssaat in den Boden einzubringen, überlebenswichtig für diese gütige alte Frau, die mir vor drei Jahren dieses, ihr Heiligtum geschenkt hat. Entpuppen sich in Ihrer Umgebung Heiligtümer? Und wenn da welche wären und Sie davon erzählen wollten, was würden Sie berichten?

PILGERGEBET
Gott ungehalten in Händen
Mein kleines Heil
gewoben
aus Banalem und Erinnerung,
Blut und Berührung
erhoben, mein Heiligtum
das schmeckt,
fühlt sich an,
richt nach dem
was aus der Ferne
himmlische Berührung
mir entgegenhaucht.
Und dahinter Gott
aufgehoben im Banalen,
ungehalten in Händen.

 

Haben solch in Ehren gehaltene Gegenstände Zugang zu Ihrem Herzen, die angeschaut wertvolle Erinnerung wecken, die Augenblicke der Vergangenheit für Sie vergegenwärtigen, in die Sie gedanklich, ja fast physisch einsteigen könnten? Unsere „profanen Heiligtümer“ sind eng verwandt mit den Heiligtümern, die wir in unserem Bistum verehren. Beide vergegenwärtigen Leben, Verehrung und Hoffnung. Unsere religiösen Heiligtümer jedoch reichen weiter aus der Vergangenheit in die Zukunft hinein, berühren Ewiges, von dem unsere „profanen Heiligtümer“ nur „träumen“ können.

Beide Gewichtungen dessen, was Heiligtümer genannt werden darf, sind wesentlich für die Lebensqualität. Die Heiligtümer, die die Schätze unserer Biografien bergen und verbergen und die fast täglich ihrer Wirkung Raum geben können. Ebenso auch jene Heiligtümer, die nur alle sieben Jahre öffentlich gezeigt werden und mit denen wir auf Tuchfühlung mit dem Heiligen gehen dürfen, das von Gott ausgehend auf uns zu kommt.

Erschienen in: Kirchenzeitung für das Bistum Aachen, 13. Mai 2007, S. 13

? Mehr Texte zur Heiligtumsfahrt

In Aufsätze, Aufsätze + Artikel, Heiligtumsfahrt 2007 veröffentlicht | Getaggt , , , , , | Kommentieren

Heil auf nackter Haut

Bedeutungsgeschichtlicher und personenbezogener Zugang zu den „Vier Großen Aachenern Heiligtümern“.

Vortrag zur Heiligtumsfahrt 2007 in der KHG am 9. Mai 2007, 20.00 Uhr, Kleiner Saal.

Problemandeutung:

„Allem Wissen geht die Berührung voraus, und allem Wissen ist die Berührung zu wenig. Wissen ist die Antwort auf die Frage Warum. Die Frage warum aber entsteht nur dann, wenn mich etwas berührt hat. Einfach so, berührungslos fällt kein warum vom Himmel. Es wird geweckt durch sehen, hören, spüren, riechen, erfahren, eben er-leben und wird verdichtet zu Wissen. Allem Wissen geht die Berührung voraus, und allem Wissen ist die Berührung zu wenig. …“

1. Teil

Pilgern und Heiligtümer im Rückblick

Leben von Ort zu Ort

Das Pilgern, als das auf dem Weg sein von einem Ort zum anderen, ist wohl so alt wie die Menschheit. Die Gründe, warum Menschen oft auch vertraute Orte verlassen um neue aufzusuchen, sind allerdings sehr unterschiedlich.

Biblische Erzählungen vom unterwegs sein

Das Alte Testament beispielsweise berichtet von Abraham, der der Weisung Gottes gehorchend in ein anderes Land geht, das er erben soll. So macht er sich auf, weg vom bekannten Ort in die Fremde (Vgl. Genesis 12,1)

Ortswechsel gibt es in den Schriften des Alten Testamentes immer wieder und oft an zentraler Stelle. So z. B. der Verlust des Paradieses, Adam und Eva, mit der Weg – Erkenntnis in der Fremde nackt zu sein.

Noach und die große Flut. Fast verliert sich die Schöpfung ganz, nur ein kleines Schiff, die Arche mit von allem ein Paar, bleibt in unbekannten Gewässern auf dem Weg. Auch eine andere Art des auf dem Weg sein ist der Turmbau zu Babel. Da ist der Weg unbekannt aber dafür das Ziel klar.

Das ganze Buch Exodus erzählt vom Weg, dem Fliehen und dem Ankommen und von immer erneutem Aufbruch.

Ein vertrautes Beispiel für das auf dem Weg Sein im Neuen Testament ist die Geschichte vom „verlorenen Sohn“, der sich freiwillig in die Fremde begibt, sich dort fast vollständig verliert und dann zurück kehrt an vertrauten Ort, wohl mit der Option einer neue und untergeordnete Rolle. Das gelingt ihm aber aufgrund der Barmherzigkeit seines Vaters nicht. Wieder von anderer Aussagequalität ist die Erzählung vom Barmherzigen Samariter. Besonders das auf dem Weg Sein der verschiedenen Personen, angefangen bei dem Überfallenen bis hin zum Samariter, markiert diese Begebenheit.

Vielleicht etwas fast lapidar könnte man sagen: Ist nicht die ganze Heilige Schrift eine Erzählung von einem gigantisch in kleinen Episoden sich verlierenden „auf dem Weg Sein“? Geht das eigentlich auch gar nicht anders, weil wer vom Leben erzählt muss letztlich von Orten und den Wegen dazwischen erzählen, da Leben einfach anders nicht zu haben ist.

Der Christ als Pilger

Konsequent ist aus dem christlichen Verständnis heraus das Leben eine Pilgerschaft durch die Welt hindurch in das Reich Gottes, die nicht statisch sondern dynamisch zu verstehen ist.

So sind Christinnen und Christen auf der Pilgerschaft (Peregrinatio) immer wieder dieser Fremde (Peregrinus), der sich dazu macht (oder gemacht wird) in dem er vertrautes Terrain (Heimat, Geborgenheit, Verlässlichkeiten, Strukturen etc.) verlässt (oder auch verlassen muss) und so zum Fremden in der Fremde wird.

Pilgerfahrt oder Wallfahrt

Oft werden die Begriffe Pilgerschaft und Wallfahrt synonym verwandt. Ein Klärung der Begriffe wie sie Kötting macht schärft besonders dramatisch die Aussage über die Pilgerschaft. Von einer Wallfahrt spricht er dann, wenn das Motiv in dem Wallfahrer selbst ruht und er dadurch motiviert seine „Gemeinde“ verlässt mit dem Ziel, eine „heilige Stätte“ aufzusuchen um von dort dann wieder zurück zu kehren in seine vertraute „Gemeinde“.

Eine Pilgerfahrt hingegen braucht den Rückkehrwillen nicht, eine Pilgerfahrt kann diesen explizit aus asketischen Gründen ausschließen.

Nur weg von hier?

Warum machen sich Menschen auf einen Weg, verlassen vertrauten Raum und begeben sich in unbekannte Situationen. Schon Kinder werden von einem gewissen Reiz geleitet, nennen wir ihn Neugier oder Interesse, der sie veranlasst via Räuberleiter einen Bretterzaun zu überwinden um zu erfahren was dahinter ist. Das nicht wissen dessen was dahinter ist, veranlasst aber nicht nur dazu die Ausgrenzung zu überwinden, sondern im Vorfeld dazu bestimmten Phantasien Tür und Tor zu öffnen bezüglich dessen, was dahinter sein könnte. Der andere, unbekannte Ort übt einen gewissen Reiz aus, der durchaus auch negativ besetzt sein kann wie z. B. das „Knusperhäuschen“ im Märchen von Hänsel und Gretl. Gerade Märchen bedienen sich der Sehnsucht des Menschen nach anderen Orten und führt sie in der Welt der Phantasien dahin.

Die Magie des anderen Ortes

Schon die Antike kennt den Brauch, an die Orte zu pilgern, an denen ihre Helden begraben wurden, weil sie den sterblichen Überresten übernatürliche Kräfte zusprachen, die auf jene Pilger übergehen konnten, die diese Orte „berührten“. Darüber hinaus scheinen sich Waldlichtungen, Bergkuppen oder irgendwie aus der „Norm“ herausfallende Orte anzubieten für Begegnungen mit dem Geheimnisvollen und Jenseitigen. Aber auch an den Orten, die bezeichnend für jene Menschen denen Verehrung zukommt wie Geburtsort, Sterbeort, Orte der Wandlung und der Erkenntnis, Orte besondern Wirkens …, haben eine Anziehungskraft auf Menschen und mach ihn zum Wallfahrer.

(Exkurs: Japaner in Salzburg und Mozart.)

Viele der Touristen die nach Aachen kommen, fragen allerdings eher selten nach den Aachenern Heiligtümer. Für sie interessanter ist die Frage: „Wo ist eigentlich der Thron van Karl dem Grossen, und hat er original auch darauf gesessen?“

(Exkurs: Thron Karls als Reliquie, Bedeutung der Reliquien im Mittelalter.)

Die christlich Motive des auf dem Weg sein

Die Motivation von Christen sich auf eine Wallfahrt zu begeben basiert eher weniger in der Hoffnung „übernatürlichen Kräften“ zu erwerben. Allerdings werden mit bestimmten Wallfahrtsorten auch wundersame Kräfte verbunden (z.B. Lourdes).
Die Motive zu wallfahrten können verschieden sein: Bitte um Hilfe, Danksagung für ein besonderes (unerwartetes) positives Erleben, Einhaltung eines Versprechens, Gemeinschaftsgefühl Gleichgesinnter an „heiligem Ort“. (Solch einen Orte haben auch die Juden, Jerusalem und die Muslime, Mekka.) Sehr verstärkt im Mittelalter waren bestimmte Orte für Christen verbunden mit einem außergewöhnlichen Ablass, also der Tilgung von zeitigen Sündestrafen, womit auch oft ein Ablasshandel verbunden war. Für Christen war Rom z.B. ein solcher Ort in der Geschichte.

Die Aachener Heiligtumsfahrt ist wohl eher was für Wallfahrer, weniger etwas für Pilger (Kötting) und das ist sie wohl auch immer schon gewesen. Allerdings sollte wertschätzend berücksichtigt werden, dass der wallfahrende Mensch im Mittelalter eher unter der Kondition eines Pilgers aufgebrochen war bezüglich der Strapazen und Entbehrungen die er auf sich genommen hatte.

Aber warum nahmen Menschen mit dem Jahr 1239 nachgewiesener Maßen Entbehrungen auf sich um in diesem Fall. die vier großen Heiligtümer von Aachen zu sehen die 799, so die fränkischen Annalen von einem Mönch im Auftrag des Patriarchen von Jerusalem Karl dem Grossen überbracht wurde zur Verehrung in seiner Pfalzkappelle.

Die christliche Verehrung von Reliquien und besonderer Orte als „Heiligtümer“ steht im Zusammenhang mit der Verfolgung und Ermordung der ersten Christinnen und Christen.

Solche besonderen Reliquien, die auch ein besonderes Wallfahrtsverhalten entstehen lassen, gehen entweder unmittelbar auf Christus zurück, auf die frühen Bekennerinnen und Bekenner oder auf Menschen, die in ihrem Leben in besonderer und herausragender Weise Zeugnis abgelegt haben (Heilige genannte Männer und Frauen) für ihren Glauben an Jesus Christus.

(Exkurs: Katakomben Rom, Reliquien in den Altären der Kirchen, der Glaube kommt vom Hören.)

Geschichtlicher Überblick zu den Reliquien bzw. Heiligtümer:

  • Die Reliquien gehen bis auf die Zeit Karls des Großen zurück, der Patriarch von Jerusalem überbringt in den Jahren 799/800 Reliquien vom „Ort der Auferstehung“
  • Erste „Aachenfahrt“ im Jahre 1239 – auch Datum der Fertigstellung des Marienschreins
  • Die älteste Nachricht über die Aachener Heiligtumsfahrt stammt aus dem Jahr 1312
  • Siebenjahresrhythmus seit 1349
  • Im Mittelalter wird die Aachener Heiligtumsfahrt so bedeutend wie die Wallfahrten nach Rom, Jerusalem oder Santiago de Compostela
  • Gegen Ende des 15. Jahrhunderts, als die Stadt 10.000 Einwohner hatte, zählte man an einem einzigen Tag 142.000 Pilger an den Stadttoren
  • In politischen Krisenzeiten hat die Aachener Heiligtumsfahrt immer wieder große Bedeutung erlangt. herausragend ist die Wallfahrt 1937 mit fast 1 Mio. Pilgern. Als die Wallfahrt des „stummen Protestes“ ist sie in die Geschichte eingegangen.

2. Teil

Ein neuer Gedanke: Heil auf nackter Haut

Prolog der Gedanken:

„Nackt sein, was für ein Gefühl?
Bekleidet sein, was für ein Gefühl?

Die Nacktheit des Anderen in seinem Bekleidet sein zu spüren, was für ein Gefühl?
Bekleidet die eigene Nacktheit zu spüren, was für ein Gefühl?

Die Nacktheit des Anderen zu bedecken, was für ein Gefühl?
Nackt bedeckt zu werden, was für ein Gefühl?

Nacktheit zu verletzen, was für ein Gefühl?
Nackt verletzt zu werden, was für ein Gefühl?

Die Nacktheit des Anderen zu berühren, was für ein Gefühl?
Nackt berührt zu werden, was für ein Gefühl?

Die Kleidung eines Anderen zu berühren, was für ein Gefühl.
An der Kleidung berührt zu werden, was für ein Gefühl?“

Die eigene Nacktheit

Kommt Ihnen in diesem Einsieg vielleicht das Wort „nackt“ zu häufig vor? Oder ist Ihnen 12mal der Begriff Gefühl zu viel Gefühl?

Zugegeben, es ist ungewöhnlich über christliche Spiritualität, bezogen auf Stoffreliquien nachzudenken und so dezidiert mit dem Begriff der Nacktheit konfrontiert zu werden. Zum Thema der Aachener Stoffreliquien können wir darauf allerdings nicht verzichten.

Und wir müssen noch einen Schritt weitergehen, um uns anzunähern: Mögen Sie sich selbst? Mögen Sie sich auch noch, wenn Sie nackt vor dem Spiegel stehen?

Damit ich nicht missverstanden werde, die Frage hat nichts damit zu tun, ob Sie mit den mutmaßlich Schönen dieser Welt mithalten können. Am Anfang dieser Annäherung an die vier Aachener Heiligtümer muss die Frage nach sich selbst stehen, der Ganzheitlichkeit, dem Leib, der eigenen Nacktheit und des Bekleidet-Seins, sowie nach dem Gefühl, das mit diesen Fragen in Ihnen wach wird.

Der Mensch im Mittelpunkt

Diese sehr persönliche Frage und deren Antwortsuche sind ein Schlüssel zur Erschließung dieser Stoffreste, die Grundlage diese überhaupt wertschätzen zu können. Denn nicht nur auf die eigene Nacktheit zu schauen ist hier zum Verstehen wesentlich, sondern gleichbedeutend geht es mit Blick auf den anderen Menschen auch um dessen Nacktheit und deren Umhüllung.

Mit den Aachener Heiligtümern steht der Mensch im Mittelpunkt, der „bedeutende“ Mensch, der „Heilige“, aber auch der mutmaßlich (noch) nicht so bedeutsame, der Pilger und die Pilgerin, der (fromme) Betrachter und die (fromme) Betrachterin. Der Mensch im Mittelpunkt allerdings ist auch der Herausgerufene, provoziert zu berühren um berührt zu werden. Das allerdings gelingt nur, wenn wir die eigene Nacktheit und die des Anderen liebevoll aushalten und an sich „anhalten“ wollen und können.

Nacktheit geht den vier großen Heiligtümern voraus

Die vier großen Heiligtümer betreffend geht es um den Menschen, des Menschen Leib, seine nackte Haut und mit ihr sekundär um das, was sie umgibt und so verbirgt, um Stoffe.

Hier geht es um die Vergegenwärtigung aus der Erinnerung heraus, und so um die Verneigung vor verehrenswürdigen Existenzen, deren Leiber für uns nicht mehr berührbar sind, die aber in der Anschauung und in der Berührung dessen erahnbar sind, was sie zu berühren in der Lage waren, die sie berührenden Stoffe. In Folge geht es mit diesen Reliquien also um (leibliche) Nähe zwischen dem Anbetungswürdigen und dem Betrachter.

Sich seiner eigenen Leiblichkeit stellend, den eigenen Körper auch in seiner Nacktheit wahrzunehmen, ermöglicht respektvoll sich der Haut des Anderen, eines Gegenübers zu nähern. Aus genau diesem Blickwinkel gilt es auf die Windeln Jesu, das Kleid Mariens, das Enthauptungstuch Johannes des Täufers und das Lendentuch Jesu am Kreuz zu schauen.

  • Warum wickelt man einem Kind, das seinen Schließmuskel noch nicht beherrschen kann, ein Tuch (Windel/Pampers), das darüber hinaus täglich mehrmals gewechselt wird, um Po und Primärgeschlechtsteil? Den hygienischen Gründen voraus geht der Wunsch Kot und Urin zu begrenzen und nicht den ganzen Körper damit zu „beschmutzen“, das Kind also nicht in seinen Exkrementen sitzen zu lassen. Dem zerbrechenden Menschen wird diese Zuwendung mitunter auch wieder zu teil, damit er im Vergehen nicht unwürdig zwischen Kot und Urin sein Leben loslassen muss.
  • Maria trug ein einfaches Kleid der Zeit und ihren Möglichkeiten entsprechend. Sie bedeckte ihre Nacktheit mit Stoff, wie jeder es damals ebenso tat, der erkannt hat, was Nackt-Sein bedeutet.
  • Jesus Christus am Kreuz, nackt, der Körper geschunden und dann kraftlos weil kein Herzschlag mehr. Die Mächtigen haben gesiegt, einen Menschen zerstört und seine Nacktheit ohne Scham zum Lustgewinn öffentlich ausgestellt. Fast könnte da das Lendentuch Jesu als Gnadenakt der Kunst spätere Jahre gedeutet werden.
  • Das Enthauptungstuch Johannes des Täufers. Johannes, ein Christuszeuge, enthauptet um damalige Lust an der Macht zu mehren und sie gleichzeitig zu provozieren. Ein grausamer Mord an einem Bekenner flankiert den Weg des Menschensohnes. Eine Klinge, mit großer Wucht geführt, trennt dumpf vom Rumpf den Kopf, der fällt in den Dreck, wird aufgehoben, auf einem Tuch präsentiert, ein „Geschenk des Wahns“.

Vom Heil umhüllt

In der Nacktheit Jesu von Nazaret, Marias seiner Mutter und des Bekenners Johannes der Täufer markierten Stoffe sogar bis an den Rand des Lebens im Sterben und jenseits dieses Randes im Tod einen Rest von gereichter Würde. Alle Stoffe berühren (nicht berührten) Nacktheit, die des Kindes, der Mutter, des Gekreuzigten, des Enthaupteten. Alle Stoffe berühren Heiliges, Heilendes, Heil. Des Geschenk der Befreiung, das Gott der Menschheit gemacht hat, diese Gabe die so einmalig nach Gott schmeckt ist auf Tuchfühlung mit dem Menschen gegangen:

Das Kind, Menschwerdung!
Die Mutter, „mir geschehe nach deinem Willen“.
Der Gekreuzigte, Heil!
Der Enthauptete, „ich bin es nicht wert, ihm die Schuhriemen zu lösen“.
In Summe: „In der Gabe gibt sich der Geber“ (K. Rahner), hautnah!

Unsere vier großen Stoffreliquien sind stumme Zeugen dieser Nacktheit! Diese Nacktheit, von Stoffen nur gestreift, wird zur greifbaren Erinnerung der Berührung des Göttlichen und ihrer Zeugen in Welt. Das Heil-Werden durch Gott ist in dieser Welt berührbar Mensch geworden: Haut! Diese Haut berührt uns und was uns sie berühren lässt, ist ein auf sie verweisendes Heiligtum, in dem wir Gott verehren (der einzig unsere „Haut retten“ kann).

„Wenn wir uns darauf einlassen, bringen uns diese Zeichen spirituell in seine Nähe, können wir etwas von ihm sehen, betasten, erspüren.“

Was gibt es 2007 zu sehen

Frage: Was sieht also der, der 2007 nach Aachen pilgert um die vier großen Reliquien zu verehren oder sie in Augenschein zu nehmen?
Antwort: Stoffe, gefaltet (Windel, Enthauptungstuch und Lendentuch) und entfaltet (das Kleid Mariens).

Frage: Haben diese Stoffe die Haut von Jesus, Maria und Johannes wirklich berührt, also sind die echt?
Antwort: Was wäre mit ihrer „Echtheit“, wenn diese Reliquien nachweislich aus den Jahren zwischen 10 vor und 35 nach Christus stammten, allerdings am Ende des 20.Jh. mehrfach chemisch gereinigt worden wären und so jede DNA der chemischen Keule zum Opfer gefallen wäre? Was wäre, wenn sie wissenschaftlich erwiesen echt wären, aber klinisch rein: kein Schweiß, kein Urin, kein Blut und kein Kot. Was wäre, wenn sie echt wären aber eins zu eins identisch mit Stoffen aus derselben Zeit, jedoch von ganz anderem Ort, weit weg von den damaligen Geschehnissen um Jesus Christus?

Die Akte

Meines Wissens gibt es einen aktenkundigen Beschluss des Aachener Domkapitels früherer Jahrzehnte der besagt, dass die Heiligtumsfahrt eingestellt werden solle, wenn erwiesen sei, dass diese Stoffreliquien nicht echt wären. Aber die „Echtheitsfrage“ wird der Heiligtumsfahrt wohl kaum ein Ende bescheren, denn: “ … dieses Mysterium besteht weder allein nur aus dem, was wir wissenschaftlich aus diesem Schrein herausnehmen können, noch aus dem, was wir gläubig hineinlegen wollen.“

Quo vadis

Wo gehst du hin? Banal, eine alltäglich mit unter öfters gestellte und/oder gehörte Frage. Eine Frage die auf einen Moment abzielt und immer wieder beliebig gestellt werden kann, da sie in der Frageintention oft absichts- und emotionslos ist.
Wo gehst du hin? Neben aller Banalität die dieser Frage als solcher anhaften kann, kann sie aber auch sehr gewichtig, sogar existentiell verstanden werden.

Wege, Richtungen können lebensbedrohend sein, aber auch befreiend, sie können ganz neue Perspektiven eröffnen, oder sogar Realitäten antasten, die bis dahin noch nie berührt werden konnten. Wo gehst du hin, dies kann eine alles entscheidende Frage sein.

Auf diese Frage zu antworten, ich gehe zur Heiligtumsfahrt, könnte als banal eingestuft werden. Andererseits könnte der mit dieser Antwort beschrittene Weg auch existentielle Konsequenzen aufweisen. Wo geht man eigentlich hin, wenn man aufbricht, um sich pilgernd „Heiligtümern“ zu nähern.

Große Pilgerreise

Aller „Wanderung“ (Wallfahrt/Pilgerfahrt) geht das Bleiben voraus. Diese Aussage möchte ich pragmatisch verstanden wissen, denn: Wer ein Interesse an dem Weg hat, muss eine Erfahrung mit dem Angekommensein gemacht haben oder genau daran zweifeln, sonst würde er nicht „weg“ (Weg) wollen. Der wandernde (wallfahrende) Mensch will ankommen an einem Ziel, auch wenn er einen nur minimalistischen Anspruch hegt nämlich den, bei „B“ angekommen zu sein um zu wissen, dass er „A“ verlassen hat. In diesem Kontext wird oft postuliert: „Der Weg sei das Ziel“. Aber diese Annahme ist auch nur die halbe Wahrheit, denn ich komme, wenn ich mich auf den Weg mache, immer irgendwo an, ungeachtet der Tatsache, wie ich dieses Angekommen sein qualitativ bewerte.

Der wallfahrende Mensch bricht auf, um nicht zu bleiben, wo er ist. Er will jedoch dort hin zurückkehren und ankommen, von wo er aufbrach, anders jedoch, als er gegangen ist. So unterscheidet sich die Wallfahrt von einem Spaziergang dadurch, dass der Spaziergänger die Welt um sich herum in Betracht zieht, der Pilger aber sich selbst. Um bei sich selbst anzukommen bedarf es eines Ortswechsels aber viele Pilger nehmen darüber hinaus oft große körperliche Strapazen auf sich um die eigene physische Grenze zu spüren und auch damit sich selbst anders zu erleben.

Unverhüllt vor Gott

Entscheidend für den Pfad bleibt das Verlassen eines „hier und jetzt“ und so ein in Bewegung kommen, um dann durch das erreichte und durchschrittene Heiligtum hindurch das Göttliche zu verehren und zu bedenken und so anders sich selbst wieder zu finden und zurückzukehren. Dieses Sich-Wiederfinden lässt die eigene alte Nacktheit neu entdecken. Die Nacktheit, die keine Verlorenheit mehr ist, kein Angstschrei und auch keine Demütigung mehr. Auf solchen Wallfahrten lernen wir immer neu den aufrechten Gang, das Göttliche im Blick und gleichzeitig vom Göttlichen getragen, umgeben von ihren Stoffen, die Nacktheit bedecken. Eines (jüngsten) Tages aber werden wir diese uns verhüllenden und schützenden Stoffe abgeben dürfen, da wir sie nicht mehr brauchen, denn unverhüllt werden wir vor Gott da sein dürfen. Das lassen uns die Aachener Heiligtümer „ganz nebenbei“ auch wissen.

(Exkurs: Pilgerabzeichen und andere Erinnerungen)

Mehr Texte zur Heiligtumsfahrt

In Heiligtumsfahrt 2007, Vorträge veröffentlicht | Getaggt , , , , , , | Kommentieren

Erkannt oder erwischt?

Andere haben Sie erlebt:
Mit dem Gekreuzigten am Hals.
In einer Prozession.
Vollmundig, wenn es um katholisch geht.
„Urbi et Orbi“ zugegeben gesehen zu haben.
Mit Kerze am Gnadenbild.
Namenstag feiernd.
Die Kirche nicht ständig kreuzigend.
Sprechend von Kindern als Segen Gottes.
Als Befürworter des Gottesbezuges.
Kritisch gegenüber dem Wallfahrtstrend.
Gerne katholisch.
Auch leise zweifelnd.
Im Gebet vor dem Essen.
Hat man Sie nun erkannt oder erwischt?

Erschienen in: Kirchenzeitung für das Bistum Aachen, Bonifatiusbote (Fulda), Der Sonntag (Limburg), Glaube und Leben (Mainz), Kirchenbote (Osnabrück), Kirchenzeitung (Hildesheim), Neue Kirchenzeitung (Hamburg), Tag des Herrn (Dresden), Tag des Herrn (Erfurt), Tag des Herrn (Görlitz), Tag des Herrn (Magdeburg), April 2007
In Auf ein Wort, Aufsätze + Artikel veröffentlicht | Getaggt , , | Kommentieren

Tanzende zwischen Berührung und Erinnerung

Zwischen Erinnerung - für französisch sprechende Pilger 1902 - ...

Alle besonderen Erlebnisse, ob wunderschön oder einschneidend beängstigend graben sich entsprechend ihres Gewichtes in unserer Erinnerung nachhaltig ein.

Sagt Ihnen das noch was: Erste Freundin oder erster Freund? Auch Scheitern, Existenzangst, Krankheit, Verlust sowie die Sternstunden unserer Freude hinterlassen Kerben in unserer Erinnerung. Bezogen auf große Ereignisse, die aber noch gar nicht die Möglichkeit gehabt haben zur Erinnerung zu gerinnen, ist folgende Redensart vertraut: „Das geht mir unter die Haut“.

Berührung, die tiefer greift als von der Haut nur abzuperlen, geht eben unter der Haut in „Mark und Bein“. Auch Heiligtümer sind ungezählten Pilgerinnen und Pilgern in der Vergangenheit schon unter die Haut gegangen, oft als wundersamer Schauer, vielleicht sogar sichtbar als Gänsehaut. Sich bewegen lassen, bewegt werden, in Bewegung kommen, geht dem Erleben voraus, das unter die Haut gehend wiederum bewegt.

... und Berührung. Fotos: Herzog

Wallfahrten zu den Heiligtümern in unserem Bistum bedeutet, sich bewegen zu lassen, anders gesagt, zu tanzen zwischen Berührung und Erinnerung: Von der Berührung zur Erinnerung und wieder zur Berührung. Ein Heiligtum, wie das in Mönchengladbach verehrte Abendmahlstuch, weckt Erinnerung an das Liebesmahl Jesu, das er mit seinen Jüngern vor seiner Passion gefeiert hat. Diese Erinnerung jedoch kann neu unter die Haut gehen und so uns wieder berühren.

PILGERGEBET
Leg dich mir um
Im Spüren
etwas berühren
das über das Spüren
hinaus
mich umgibt
bist Du.
Nicht Stoffe sind
mein Ziel
nicht heiliger Ort.
Du,
leg Du dich mir um,
auf meinem Weg,
der ist mein Leben,
Gott!

Erinnerung greift zurück auf Berührung. Was uns wirklich einmal berührt hat, ist erinnerungswürdig. Heiligtümer sind Berührungen – Impulse -, die durch sich selbst hindurch auf das verweisen, an das wir uns anlässlich ihrer Anschauung erinnern können und wollen. Wer keine Erinnerung an Jesus Christus hat, also von ihm und seiner Botschaft nichts an sich herankommen lassen wollte, konnte oder durfte, also nicht berührt wurde, der sieht in den Exponaten der Heiligtumsfahrten nur Gegenstände, die Anlass zu Spekulationen geben können, aber nicht die Qualität haben, unter die Haut zu gehen.

Was den Menschen berührt, das wertschätzt er aber auch. Heilige Orte – Orte der Heiligenverehrung – sind kommunikative Schnittpunkte der Berührung zwischen Himmel und Erde, an denen der Mensch diese Erfahrungen wertschätzt. Beispielsweise kann auch der Friedhof ein ähnlicher Ort der Wertschätzung sein, wenn an ihm die Berührung Erinnerung und die Erinnerung Berührung zulassen. Auch Heiligtümer und Reliquien sind „wahr – haftig“, da sie sehr konzentriert berühren und erinnern.

So haften ihnen auch keine magischen Kräfte oder wundersame Geheimnisse an, die könnten ihnen höchstens von außen angeheftet werden. Das Ereignis, das unter die Haut gehen will, ergibt sich auf den Betroffenen, den Berührten hin, der den Impuls, das Heiligtum, bei sich ankommen lässt, um sich berühren zu lassen, was wiederum bewegt. Nur so bleibt im tiefsten Sinne des Wortes auch noch Spielraum für den Geist Gottes.

Er ist es, der die Tanzenden zwischen Berührung und Erinnerung anrufen will, wieder, mehr, neu zu entdecken.

Erschienen in: Kirchenzeitung für das Bistum Aachen, 6. Mai 2007, S. 40

? Mehr Texte zur Heiligtumsfahrt

In Aufsätze, Aufsätze + Artikel, Heiligtumsfahrt 2007 veröffentlicht | Getaggt , , , , | Kommentieren

Kommt, und ihr werdet sehen

Vortrag anlässlich der Präsentation der Arbeitshilfe zur Heiligtumsfahrt 2007 mit dem Thema: „Kommt, und ihr werdet sehen“ im Katechetischen Institut des Bistums Aachen

„Kommt, und ihr werdet sehen“, das ist das biblische Motto, welches das einladende Domkapitel der diesjährigen Heiligtumsfahrt (Heifa) gegeben hat.

In seinem weiteren Sinn aber ist dieses nicht nur ein Motto, sondern es ist auch der Maßstab an dem Sie von jenen gemessen werden könnten, die Sie, in welcher Weise auch immer, mit dem Phänomen der Heiligtümer bzw. dem der Heifa konfrontieren.

Was gibt es da zu sehen? Diese Frage wird zwar das „noch real existierende katholische Bildungsbürgertum“ aus Pietät eher so nicht stellen. Darüber hinaus wird dieser „Stand“ diese Frage sowieso als irgendwie beantwortet betrachten auf dem Hintergrund ihrer Selbstannahme „ja schon zu wissen was es da zu sehen gibt“. Aber vielleicht würden sie ja doch gerne lauschen wollen, wenn irgendwelche Kiddies in der Schule ohne jede Scheu, eine Antwort auf diese Frage nicht nur erwarten sondern auch provozieren: „Und, was gibt es da nun zu sehen?“

Wer nun meint korrekt, weil aufgeklärt, antworten zu müssen „Stoffreste gäbe es da zu sehen“, der bedient die Frage photographisch hinreichend aber in der Sache nicht ausreichend. Auf der Seite des Fragenden muss allerdings die Bereitschaft bestehen nicht nur den eigenen Augen trauen zu wollen, sondern auch der eigenen Erinnerung, der eigenen Selbstwahrnehmung, den eigenen Gedanken, Emotionen und Gefühlen. Denn aus diesem Blickwinkel heraus gibt es mehr zu ent – decken als es zu sehen gibt.

Wer mit solcher „korrekten“ antwort nur die Augen der Hin – Gucker bedienen will, der beginnt schon -in die Geschichte zurückgeschaut- all die ungezählten Millionen Pilger Lügen zu strafen, die im Mittelalter begannen nach Aachen zu pilgern, sowie jene ca. 15ooo die im Heiligen Jahr 2000 zuletzt bei den Heiligtümern gewesen waren.

Sehen und Anschauen

Besonders der Mensch des Mittelalters beschäftigte sich alltäglich eher zwanghaft mit seinem Tod und dem Danach, und versprach sich von den mutmaßlich „echten“ Stoffen, also Heiligtümern, auch magische Wirkung im Sinne der Mehrung der persönlichen Gnadenfrüchte, die besonders im Jenseits eingelöst so etwas waren wie die „Lizenz doch nicht Tot sein zu müssen“. Trotzdem aber hatten die Menschen des Mittelalters, wenn sie die Heiligtümer betrachteten und vielleicht sogar von den Stoffen berührt wurden, meist ein ganz in die Tiefe ihrer selbst gehendes Gefühl, eben dem nahe zu sein, was Jesus, Maria und Johannes nahe waren, so ihr Glaube.

Wer diesen Heiligtümern wirklich nahe kommen will, der muss um zu verstehen, um wirklich zu „schauen“ was er sieht, erst einmal ganz bei sich sein können!

„Nackt sein, was für ein Gefühl?
Bekleidet sein, was für ein Gefühl?

Die Nacktheit des Anderen in seinem Bekleidet sein zu spüren, was für ein Gefühl?
Bekleidet die eigene Nacktheit zu spüren, was für ein Gefühl?

Die Nacktheit des Anderen zu bedecken, was für ein Gefühl?
Nackt bedeckt zu werden, was für ein Gefühl?

Nacktheit zu verletzen, was für ein Gefühl?
Nackt verletzt zu werden, was für ein Gefühl?

Die Nacktheit des Anderen zu berühren, was für ein Gefühl?
Nackt berührt zu werden, was für ein Gefühl?

Die Kleidung eines Anderen zu berühren, was für ein Gefühl.
An der Kleidung berührt zu werden, was für ein Gefühl?“

Kommt Ihnen in diesem Text vielleicht das Wort „nackt“ zu häufig vor? Oder ist Ihnen 12-mal der Begriff Gefühl zu viel Gefühl?

Wann haben Sie sich zuletzt nackt ganz im Spiegel gesehen? Der Begriff „sehen“ ist hier nicht zu verstehen als „ups und am Spiegel vorbei gehopst“ sondern als betrachten (nicht nazistisch), in aller Ruhe „für Wahr nehmen“.

Die Kernklarheit der Heiligtümer in einer Kurzformel

Mit den Heiligtümern schauen wir auf die nackte Haut von Jesus, Maria und Johannes! Und wir tun es glaubend, verehrend, betend und hoffend, weil „ihre Haut unsere Haut gerettet hat“.

Das ist der Kernsatz dessen, was wir erblicken, wenn wir die Heiligtümer betrachten.

Konkret:

  • Diese Haut, Marias Haut, die gestreichelt ein Kind barg und die an den Leiden ihres Sohnes immer dünner wurde.
  • Diese Haut, Jesu Haut, die blutig geprügelt am Kreuz verreckte, die verklärt von Thomas berührt werden durfte.
  • Diese Haut, Johannes des Täufers Haut, der mit seiner Haut Zeugnis gegeben hat und so bis aufs Blut uns von Gott in Jesus Christus erzählt hat.

Aber diese Heiligtümer streifen nicht nur die hingehaltene Haut der Verehrten (hingehalten für die Zukunft). Diese Heiligtümer lassen uns auch die eigene Haut spüren und wir berühren mit ihnen auch die Haut unserer Mitmenschen, aktuell und konkret.

Mit den Heiligtümern in Hautkontakt

Diese Heiligtümer führen also unsere Blicke auch über unsere leibliche Begrenztheit hinaus und stellen uns vor die Frage: „Was hat die Haut entfernter Menschen oder meines Nächsten mit mir zu tun?“

Dieser weitere wichtige Blickwinkel auf die Heiligtümer sei hier nur kurz bedacht. Wenn mich die hingehaltene Haut Jesu, Mariens und die des Johannes unberührt und so kalt lässt, dann werde ich wohl kaum auf die Frage kommen: Was habe ich mit der geschundenen Haut eines Menschen zu tun, der gestern in eine Diktatur hineingeboren wurde, seine Stimme zu erheben lernte und heute deswegen von den Machthaben seines Landes gefoltert wird?

Die Haut dieses Menschen ist mir solange egal, solange ich nicht wahr haben, nicht begreifen, besser mich nicht berühren lasse will davon, dass mit der Menschwerdung Gottes in Jesus Christus die Haut des Anderen auch zu „meiner Haut“ geworden ist. Diese „Haut des Anderen“, dieses Leben eines Menschen in der Entfernung ist mir nur „angelegt“ und ich kann das Leben anderer nicht verantworten, von struktureller Schuld einmal abgesehen auch nicht die Machenschaften der Machthaber. Aber die Haut des Anderen, und das führen die Aachener Heiligtümer vor Augen, darf mir zumindest in meinen Gebeten nicht egal sein, ihre Haut muss der meinen gleichgültig sein, auch wenn ich hilflos bleibe und die Haut dieses Menschen nicht retten kann.

Der Pilgerweg zu den Heiligtümern

Wenn Sie sich den Heiligtümern annähern wollen, dann müssen Sie sich dessen bewusst sein auch vor folgende Fragen gestellt zu sein:

  • Was ist Ihnen Ihre eigene Haut wert?
  • Erinnern Sie sich daran was Ihnen weh tut?
  • Für wen würden Sie ihre Haut hinhalten?
  • Wer darf Ihre Haut berühren?
  • Mögen Sie sich auch streicheln?

Wenn Sie Menschen zu diesen Heiligtümern begleiten oder führen, dann müssen Sie ihnen eine Chance geben, hinter dem, was es in den Vitrinen zu sehen gibt, das „eigentliche“, das Mysterium entdecken zu können: Bereiten Sie die „Pilgerrinnen und Pilger“ auf das Ziel ihres Pilgerweges oder ihrer Pilgerfahrt vor, denn: “ …dieses Mysterium besteht weder allein nur aus dem, was wir wissenschaftlich aus diesem Schrein herausnehmen können, noch aus dem, was wir gläubig hineinlegen wollen.“

Dazu gehören u. a. diese Fragen:

  • Was ist dir deine eigene Haut wert?
  • Erinnerst du dich noch daran was dir weh tut?
  • Für wen würdest du deine Haut hinhalten?
  • Wer darf deine Haut berühren?
  • Magst du dich auch streicheln?

Anders gesagt: Wer zu den Heiligtümern führt, sollte sich um die ihm anvertrauten oder der sich ihm anvertrauenden Menschen Willen der Herausforderung bewusst sein, dass es mit den Heiligtümern um eine existentielle Annäherung an das Leben geht, das nur mit dem „Ankommen – können“ im eigenen Leben einhergehen kann. Darum werden die Heiligtümer auch nicht besucht, sondern sie sind das Ziel einer Pilgerschaft.

Pädagogisch gewendet: Es geht um die kritische und produktive Wechselbeziehung zwischen Glaubensüberlieferung, hier die Heiligtümer und lebensnaher Erfahrung, hier der Pilger und Pilgerinnen (auch Korrelation genannt).

Rahmen vor und nach der Berührung

Bis hier hab ich in Fragmenten versucht den Kern der Verehrung unserer Heiligtümer darzustellen. Es gibt natürlich, und das ist sehr wichtig, ein „zum Kern hin“ und ein „vom Kern wieder zurück“, was nicht gleichbedeutend sein muss mit „vom Kern weg“.

Auf dem Weg „hin zum Kern“ gehören Themen angesprochen wie beispielsweise:

  • Was bedeutet einen Ort haben, ein zu Hause, eine Heimat?
  • Warum macht sich der Mensch auf den Weg, warum geht er weg, um dann doch wieder zu Hause anzukommen, aber vielleicht etwas verändert mit sich?
  • Die Geschichte (Kirchengeschichte) der Pilgerfahrten.
  • Die bedeutendsten Pilgerstätten der Religionen.
  • Was sind die Heiligtümer in meinem Zimmer?

Auf dem Weg „von Kern kommend“ sind diese Themen beispielsweise relevant:

  • Was geht mich die Haut des anderen Menschen an?
  • Hat mich was berührt und kann oder will ich darüber sprechen.
  • Welche Bilder gehen mir durch den Kopf.
  • Wie ertrage ich Nähe, auch körperliche.
  • Wenn das vielleicht doch nur Stoffreste zum hingucken geblieben sind was ist dann mit meinen Heiligtümern wie gepresste Rose, dieser eine Brief, der Ring. die Locke etc.?
  • Wie passen ein Verantworteter, also reflektierter Glaube und Gefühl zusammen?

Eine letzte Frage und eine letzte Provokation

Die letzte Frage:

Frage:
Könnte man da nicht dann irgendwelche Hosen oder Hemden in die Vitrinen hängen, so alle sieben Jahre, und mit ihnen dann die Leidenschaft von Maria Jesus und Johannes uns unter die Haut gehen lassen?

Antwort:
Warum sollten wir das tun, wir haben doch diese verweisenden Stoffe und die lassen das Ereingis Jesus, Maria und Johannes schon weit über 1000 Jahre unter die Haut gehen. Mehr Qualität kann diese Art von Nähe nicht haben. Es sei denn, Ihre Jacke würde eines Tages Menschen bewegen mit ihnen auf Tuchfühlung gehen zu wollen, glaubend, betend und verehrend.

Die Letzte Provokation:

Zurück-gelassen für die Zukunft

Reliquien tragen der Zukunft hinterher
was gestern auf das Schöne, Gute und Gläubige reduziert
vorgestern ein Mensch war
der zurück ließ
was Menschen heute
als Schatz in ihren Herzen bergen
um sich so zu verneigen
vor Überresten
die all das nicht mehr sind
was sie zu sein auch nie vorgaben

Reliquien aber machen nicht traurig

Die Visionslosigkeit der Menschen heute
Reliquien nicht mehr nötig zu haben
macht traurig
weil der Mensch vergessen hat:

Verehrung deutet Leben
das in der Verneigung die Gegenwart überdauert
und so des Menschen Blick weitet:
Selbst Reliquie für die Zukunft zu sein

Trauen Sie sich diese Reliquien zu nähern, muten Sie sich und Andere unsere Heiligtümer zu!

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Mehr Texte zur Heiligtumsfahrt

In Heiligtumsfahrt 2007, Vorträge veröffentlicht | Getaggt , , , , | Kommentieren
© Christoph Stender | Webdesign: XIQIT GmbH
Impressum

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen