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Geistverdächtig

Wenn es um eine geerdete Ortsbestimmung geht, einen mutigen Rückblick oder einen hoffnungsstarken Ausblick, dann könnte da der kreative Geist Gottes mit im Spiel sein. Denn „geistverdächtig“ sind immer Kurskorrekturen, Erneuerungen und Neuanfänge, die mit der Befreiung von der Angst um sich selbst zu tun haben, also mit Lebensqualität für einen selbst und für die Gemeinschaft unserer Kirche. Vergebung ist so ein Ereignis, prädestiniert für Begeisterung.

Du sagst:
„Lass doch gut sein.“

So klingt es nach:
Nicht verstanden!

Du sagst:
„Vorbei und vergessen.“

So klingt es nach:
Kalter Güte!

Du sagst:
„Kann ja jedem passieren“

So klingt es nach:
Ich habe keinen Namen!

Du sagst:
„Ist doch nicht so schlimm.“

So klingt es nach:
Wie weltfremd bin ich eigentlich?

 

Ich träume:

Es ist nicht gut!
Vergessen ist es auch nicht!
Passiert ist es mir!
Schlimm bleibt es!

Und du sagt:
Aber ich vergebe dir!

Erschienen in: Kirchenzeitung für das Bistum Aachen, Bonifatiusbote (Fulda), Der Sonntag (Limburg), Glaube und Leben (Mainz), Kirchenbote (Osnabrück), Kirchenzeitung (Hildesheim), Neue Kirchenzeitung (Hamburg), Tag des Herrn (Dresden), Tag des Herrn (Erfurt), Tag des Herrn (Görlitz), Tag des Herrn (Magdeburg).
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Beruhigt in Dir

So suchen wir, so fragen wir,
bekennen uns und glauben,
wenn wir auch heute wieder hier
verneigen uns vor dir.

Mit Geist und Herz in deinem Wort
verstummt  im Jetzt die Welt,
dein Atem lässt Gebete sein,
das uns in Atem hält.

So danken wir an diesem Ort,
du heiligst unsre Welt,
in die du uns gerufen hast,
zur Einheit sie bestellst.

Denn du bist unaussprechlich hier,
und lässt uns nicht verstummen,
die wir von dir getragen sind
uns Liebe hat errungen.

So suchen wir, so fragen wir,
so glauben wir an dich.
Beruhigt geht weiter unsere Zeit,
in deinem Angesicht: Des Vaters,
des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Amen

Mit diesem abschließenden Gebet wird seit Gründung des Mentorates in Aachen jede Liturgie (donnerstagsabends) beendet.
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Dank sei Gott

Einander haben wir uns gewagt,
trugen uns auch in schwachen Armen.
Die uns geschenkte Zeit ist unser Leben,
ein miteinander Werden vertraut und jeden Tag neu.

Gott sei Dank

Die Rückschau ist unser Reichtum,
die zur Aussicht wird.
Denn du meinst mich doch immer noch,
wie auch ich dich.
Liebe wechselt eben nur die Haut.

Gott sei Dank

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Kommunikation, ein österliches Lebensmittel

Vom Wort ist hier die Rede. Festhalten an seinem Wort bedeutet identifizierbar, erkennbar zu sein, so das Evangelium. Gott erkennt den Menschen an seiner Worttreue. Gott gibt sein Wort und der Mensch traut diesem Wort und sagt es weiter. Gotteswort in Menschenwort! Diese Kommunikation zwischen Gott und den Menschen ist das „Kerngeschäft“ Jesu.

Für Jesus ist Kommunikation existentiell und sie prägte sein öffentliches Wirken. Die jesuanische Kommunikation zeichnete sich aus durch brillante Rhetorik, treffende Beispiele, nachhaltige Gesten und eingehende Zeichen. Jesus ist die Selbstmitteilung Gottes, sein  Aussprache, seine Grammatik. Gott kommuniziert eben nicht in seiner göttlichen Grammatik, denn die würde keiner verstehen. Gott bedient sich unserer Sprache, damit wir hören können, unserer Bilder damit wir entfalten können, unserer Symbole damit wir entschlüsseln können, unserer Zeichen damit wir deuten können.

Gott fällt also nicht einfach vom Himmel (plumps), denn das würde keiner verstehen, nein, er wird Mensch. Ein Baby das aufwächst können wir besser verstehen, da wir es kennen, so ist uns „Menschwerdung“ vertraut! Gott  verhält sich zu den Menschen einmalig in Jesus Christus. Und die Menschen verhalten sich auch zu ihm: Maria die Mutter, Josef der Vater, machtbesessene Stadthalter, weise Könige, Freundinnen, Ungläubige, Sünder, Propheten, Jünger, Fremde…

Blicken wir zurück auf die Kommunikation Jesu kurz vor seinem Tod am Kreuz dann stellen wir fest, dass seine Mitteilung immer stiller wird. Im Garten von Getsemani flüstert er, vor Gericht wird er immer wortkarger, mit dem Kreuz auf dem Rücken beginnt man ihm den Atem zu rauben, und endgültig wird er seiner Stimme beraubt in der Atemlosigkeit des Kreuzes. „Gott mein Gott, warum hast du mich verlassen.“ Hier ist alle Kommunikation ausgeblutet, der Stimme beraubt, ist der Sohn Gottes zu Tode verstummt, wortlos.

Zeitenwechsel:

Sie verließen die Wortlosigkeit und wollten hinter sich lassen: Den Schmerz, die Verzweiflung, die Selbstzweifel, eigentlich alles. Was hilft da besser, als dem was geschehen ist sich zu stellen, also darüber zu sprechen, erzählen, mitteilen, Wahrnehmungen austauschen, im Gespräch bleiben. Und sie gingen los, heraus aus der Wortlosigkeit durch die Erinnerung  hindurch zurück in die alte Heimat, zwei gingen nach Emmaus.

Und dann viel auf diesem Weg einer ihnen ins Wort  und fragte: „Wo seid ihr, was ist geschehen, erzähl!“ Und sie nahmen ihn auf in ihre Erinnerung, die zwei Jünger den Fremden. Und sie erzählten, erklärten, deuteten, setzten immer wieder einen Fuß vor den anderen, und schütteten ihr Herz aus, warben um Verständnis, wurden wütend, mal traurig und immer wieder sprachlos.

Aber dann nahm der Fremde Brot, dankte, teilte, reichtet es ihnen und sie nahmen IHN! Das Herz ging ihnen auf und eine neue Qualität der Kommunikation begann, die Kommunikation der Auferstehung, die  befreit ist von der Angst um sich selbst.

Was charakterisiert die Kommunikation der Auferstehung? Er, denn er nahm Brot, ein Lebensmittel, dankte, teilte, reichte. Die Kommunikation der Auferstehung ist befreit von der Angst um sich selbst und kann so den Anderen gelassen mitnehmen. Die Kommunikation der Auferstehung lässt den Menschen vorkommen, schützt Leib und Seele. Kommunikation wird zum Lebensmittel, sie eröffnet angstfreie Horizonte.

Unter welchen Vorzeichen steht  unsere Kommunikation, müssen sich Christen fragen wollen. Ist sie eine Karfreitagskommunikation des Wortraubes, des Würgens in die Wortlosigkeit, der Wortverweigerung und des Todschweigens? Oder ist sie eine Osterkommunikation, ein Lebensmittel, komponiert aus danken, teilen und reichen?

Erschienen in: Katholische SonntagsZeitung für Deutschland, 22. Mai 2010

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Seiner Stimme nachgehen

Stimmen umgeben uns fast immer, zumindest dann, wenn wir raus aus unseren vier Wänden z.B. an unserem Wohnort unterwegs sind. Stimmen aber werden vernehmbarer, wenn die Räume in denen wir sie  wahrnehmen kleiner werden: Stimmen im Kaffee, im Büro, an der Ampel, im Zugabteil, im Museum oder beim Frisör z.B.

Manchmal ist es mir passiert, dass ich im Stimmenwirrwarr meinte, eine vertraute Stimme zu hören. Ganz auf diese mich dann konzentrierend wurde mir klar: Die kennst du. Und dieser Stimme folgend kam es dann zur Begegnung: „Na klar, du bist doch …!“

Vertraute Stimmen ziehen an, sie sind wie eine Melodie – wohltuend, wie ein Fingerabdruck – identifizierend und wie ein Ortsschild – beheimatend.

In die Stimmenvielfalt reiht sich auch Jesus ein mit der Feststellung im heutigen Evangelium: „Meine Schafe hören auf meine Stimme“? Jesus setzt also voraus, dass wir seine Stimme identifizieren können. Lassen wir mal die Personenbeschreibung „Schaf“ bei Seite, und konzentrieren wir uns auf den Kern dieser Feststellung: Ist seine Stimme heute in der Vielzahl der Stimmen die uns umgeben wirklich vernehmbar?

Ich scheu mich auf Grund meiner Erfahrung zu behaupten, ich könne sie eindeutig identifizieren. Aber mit seiner Stimme ist es so wie mit jener Stimme, die im Stimmengewirr mir bekannt vorkommt und der ich dann nachgehe. Das mir vertraute an seiner Stimme ist ihre Klarheit. Sie fordert: Ehrlichkeit und Offenheit, gemeinschaftsstiftende Problemlösungen, eine angstfreie und gerechte Gesprächskultur und Vergebungsbereitschaft. Darauf hörend kommt es zur Begegnung!

Erschienen in: Kirchenzeitung für das Bistum Aachen, Bonifatiusbote (Fulda), Der Sonntag (Limburg), Glaube und Leben (Mainz), Kirchenbote (Osnabrück), Kirchenzeitung (Hildesheim), Neue Kirchenzeitung (Hamburg), Tag des Herrn (Dresden), Tag des Herrn (Erfurt), Tag des Herrn (Görlitz), Tag des Herrn (Magdeburg).
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Hat uns die Überlieferung da etwas verschwiegen?

Jesus sagte: „Geht in das Dorf, das vor uns liegt. Wenn ihr hineinkommt, werdet ihr dort einen jungen Esel angebunden finden (…). Bindet ihn los und bringt ihn her!“ (Lk 19, 29f)

„Wozu brauchst du den Esel, so kurz vor den Toren Jerusalems“, fragten die Jünger. Jesus wiederholte seine Anweisung und drängte auf Umsetzung. Die Jünger aber sahen keinen Sinn in dieser Aktion, „die würde ja doch nur aufhalten“. Jesus aber bestand auf dem Esel.

Plötzlich blieb einer der Jünger wie angewurzelt stehen und stammelte nervös: „Jesus, das ist jetzt nicht dein Ernst, sag dass das nicht dein Ernst ist!“ Und während er weiter nach Worten rang starrte er auf einen zufällig vorbeikommenden Bauern der auf einem Esel ritt.

„Das kannst du nicht machen“ war kurzgeschlossen einhellige Meinung. „Was sollen denn die Leute denken!“ Politisch sei das nicht korrekt, so der gemeinsame Tenor, und einer der Bedenkenträger merkte an: „Das war noch nie so!“

Als aber ein Jünger dem Vorhaben Jesu etwas Positives abgewinnen konnte, kam Unsicherheit auf und der Vorschlag abzustimmen wurde mehrheitsfähig.

Jesus starrte auf den Boden.

„Nein!“ intervenierte ein Jünger. „Hat da nicht eben jemand den Vorschlag gemacht, Jesus ein Kamel zu besorgen, das wäre doch der weitergehende Antrag und der hätte Vorrang bei einer Abstimmung.“

Jesus war während dessen ihren Blicken in Richtung Esel schon entschwunden, als das Thema anders gewendet, einen neuen Diskussionsverlauf nahm: „Müssen wir nicht mehr danach fragen, welche Bedeutung der Esel für die einfachen Menschen hat?“

Und als Sie noch abgewogen zog Jesus auf einem Esel in Jerusalem ein. Skandal!

Erschienen in: Kirchenzeitung für das Bistum Aachen, Bonifatiusbote (Fulda), Der Sonntag (Limburg), Glaube und Leben (Mainz), Kirchenbote (Osnabrück), Kirchenzeitung (Hildesheim), Neue Kirchenzeitung (Hamburg), Tag des Herrn (Dresden), Tag des Herrn (Erfurt), Tag des Herrn (Görlitz), Tag des Herrn (Magdeburg).
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Österliche Kommunikation

Predigt in der Karwoche,
Dienstag, 30. März 2010, St. Remigius Viersen

0.

Was machen wir jetzt?

I.

Meine Liebe Mitchristinnen und Mitchristen,
diese Frage „was machen wir jetzt“, ist nicht Ausdruck meiner Hilflosigkeit, nicht wissend wie es jetzt hier weiter geht, sondern diese ist eher eine rhetorische Frage und mündet in die Feststellung: Wir machen jetzt hier und heute das, was Menschen eigentlich immer tun, wir Kommunizieren miteinander.

Im Augenblick sieht das in unserem Gottesdienst so aus: Sie sitzen da in den Bänken und sind sich fast sicher was jetzt kommen wird. Ich stehe hier am Ambo und bin sicher das das, was Sie vermuten, auch eintritt, nämlich ich werde predigen, genauer ich bin schon dabei. Sie haben sich auf die Rolle der Zuhörenden eingestellt, und ich auf die des Sprechenden.

Uns gemeinsam ist, dass wir uns verhalten, nicht nur mit Worten sondern auch in Gesten und Haltungen. Ich versuche Sie in meiner Predigt mitzunehmen und sie reagieren hoffentlich durch gespannte Aufmerksamkeit, vielleicht aber auch mit einem Gähnen, innerem Abschalten oder vielleicht gehen Sie ja auch früher nach Hause.

Aber wenn wir dann nach Predigt und dem weiteren Verlauf dieses Gottesdienstes ganz normal wieder auseinander gehen, dann nehmen wir aus dieser Kommunikation (Interaktion) etwas mit, Informationen, Gefühle, Einschätzungen, vielleicht auch nur den Eindruck, gelangweilt gewesen zu sein.

Unsere Kommunikation behalten wir in der Regel aber nicht nur für uns, sondern wir teilen sie auch über den Kreis derer hinaus mit, mit denen wir hier heute Gottesdienst gefeiert haben. So könnte es sein, dass Sie nach dem Gottesdienst in der Familie oder unter Freunden sagen: „Schade dass ihr nicht im Gottesdienst gewesen seid, ihr habt echt etwas verpasst…“ oder so, oder auch ganz anders!

Der Mensch kommuniziert (in der Regel) einen großen Teil seines Lebens mit seiner Umgebung, er verhält sich irgendwie immer.

II.

Das ist kein Phänomen nur unserer Zeit, nein, das war zurzeit Jesu auch schon so. Für Jesus war Kommunikation existentiell und diese Kommunikation prägte sein öffentliches Wirken. Die jesuanische Kommunikation zeichnete sich aus durch brillante Rhetorik, treffende Beispiele, nachhaltige Gesten und eingehende Zeichen.

Das, was Jesus mitzuteilen hatte, war nicht der Stoff aus dem die Erde ist, auch nicht der Stoff aus dem die Träume der Menschen waren. Was Jesus in diese Welt hinein kommunizierte war ein so nicht gekannter Stoff, der Stoff der von Gott erzählt.

III.

Jesus ist die Selbstmitteilung Gottes, seine Aussprachen, seine Grammatik. Gott kommuniziert eben nicht in göttlicher Grammatik, die würden wir nicht verstehen. Gott bedient sich entschieden unserer Sprache, damit wir hören können, unserer Bilder damit wir entfalten können, unserer Symbole damit wir entschlüsseln können, unserer Zeichen damit wir deuten können.

Gott fällt nicht vom Himmel (plumps), denn das würde keiner verstehen, nein, er wird Mensch, ein Baby das aufwächst, das können wir besser verstehen da wir es kennen, so ist uns „Menschwerdung“ vertraut!

Gott verhält sich zu den Menschen einmalig in Jesus Christus. Er ist seine Grammatik. Und die Menschen verhalten sich auch zu ihm: Maria die Mutter, Josef der Vater, machtbesessene Stadthalter, weise Könige, Freundinnen, Ungläubige, Sünder, Propheten, Jünger, Fremde… Judas, der Verräter, von dem im heutigen Evangelium die Sprache ist, er verhielt sich auch zu Jesus. Jedoch verkehrte er ein zentrales Bild der Kommunikation zwischen Menschen in sein Gegenteil. So machte er den Liebeskuss zum Verräterkuss!

IV.

Verfolgen wir jetzt den weiteren Verlauf der Kommunikation bis zur Kreuzigung, dann stellen wir fest, dass mit dem Beginn der Passion Jesu die Kommunikation sich wesentlich verändert. Jesus, der noch in der Bergpredigt mit begeisternden Worten die Menschen aufhorchen ließ, wird immer stiller: Im Garten von Getsemani flüstert er, vor Gericht wird er immer wortkarger, mit dem Kreuz auf dem Rücken beginnt man ihm den Atem zu rauben, und endgültig wird er seiner Stimme beraubt in der Atemlosigkeit des Kreuzes.

„Gott mein Gott, warum hast du mich verlassen.“ Hier ist alle Kommunikation ausgeblutet, dem Atem und der Stimme beraubt, ist der Sohn Gottes zu Tode verstummt. Die jesuanische Kommunikation endet in der Wortlosigkeit. Mit der Kreuzigung Jesu ist die Türe zu Gott zugeschlagen. Ein letzter Luftzug, der Atem Jesu vom Kreuz. Der Mensch hat sich ausgesperrt, hinter dem Kreuz fehlen die Worte.

Wortlos wird der Leichnam abgenommen, in ein Felsengrab verbracht, ist es Still geworden, die wenigen Worte leer.

V.

Die Art der Kommunikation von Menschen, die das Kreuz aufrichtet, ist geprägt von der Angst um sich selbst, von Machtgier, Vorverurteilung, Sensationslust, Unterdrückung, Rechthaberei, von Missbrauch, Gier, Jugendwahn usw. Die Kommunikation, die den Menschen bis zum Kreuz führt ist abartig, so abartig, dass sie selbst Gott das Wort nehmen!

VI.

Schnitt und Ortswechsel:
Sie gingen aus der Wortlosigkeit heraus, sie wollten hinter sich lassen: Den Schmerz, die Verzweiflung, die Selbstzweifel, eigentlich alles. Was hilft da besser, als dem was geschehen ist sich zu stellen, also darüber zu sprechen, erzählen, mitteilen, Wahrnehmungen austauschen, im Gespräch bleiben. Und sie gingen los, aus der Wortlosigkeit heraus durch die Erinnerung in ihre Herkunftsorte, Heimat, zwei gingen nach Emmaus.

Und dann viel einer ihnen in die Worte der Erinnerung und fragte sie: „Wo seid ihr, was ist geschehen, erzählt mir: Und sie nahmen ihn auf in ihre Erinnerung, die zwei Jünger den Fremden. Und sie erzählten, erklärten, deuteten, setzten immer wieder einen Fuß vor den anderen, und schütteten ihr Herz aus, warben um Verständnis, wurden wütend, mal traurig und immer wieder sprachlos.

Und dann nahm der Fremde das Brot, dankte, teilte, reichtet es ihnen und sie nahmen IHN! Das Herz ging ihnen auf und eine neue Qualität der Kommunikation begann, die Kommunikation der Auferstehung befreit von der Angst um sich selbst.

VII.

Was charakterisiert die Kommunikation der Auferstehung? Er nahm Brot, ein Lebensmittel, dankte, teilte, reichte. Die Kommunikation der Auferstehung ist befreit von der Angst um sich selbst und kann so den Anderen gelassen mitnehmen. Die Kommunikation der Auferstehung lässt den Menschen vorkommen, schützt Leib und Seele. Kommunikation wird zum Lebensmittel, sie eröffnet angstfreie Horizonte.

VIII.

Und, was machen wir jetzt?
Das ist keine rhetorische Frage mehr!

Wir werden uns wohl fragen müssen welches Vorzeichen unsere Kommunikation, unser Umgang miteinander hat. Ist unsere Kommunikation eine Karfreitagskommunikation des Wortraubes, des Würgens in die Wortlosigkeit, der Wortverweigerung, des Todschweigens, des inhaltsleeren Wortschwallens? Oder ist unsere Kommunikation eine Osterkommunikation, ein Lebensmittel, komponiert aus danken, teilen, reichen und mitnehmen?

IX.

Dieser Frage müssen wir uns stellen als Kirche und als einzelne Christinnen und Christen. Aber warum müssen wir uns dieser Frage eigentlich stellen?
Die Antwort ist einfach: Wenn Auferstehung ein auch heute noch relevantes Ereignis ist, dann müssen wir Ostern als Qualitätskriterium an unser Leben anlegen, im Sinne einer Kontrolle unserer Lebensqualität. Das gilt auch für das Handeln, die Kommunikation in und als Kirche!

X.

Wer in diesen Tagen das Thema Kommunikation in einem Gottesdienst anspricht, der muss unsere Kirche anschauen. In unserer Kirche sind in den vergangenen Wochen Menschen aufgedeckt worden, die Kreuze aufrichteten, weil sie Kinder missbraucht haben.

Sie haben ihr eigenes Ansehen, ihre Autorität und ihre Kommunikationsmöglichkeiten missbraucht und Kinder den Atem genommen, sie in die Sprachlosigkeit verbannt, um ihren krankhaften Trieb auszuleben, der immer Opfer fordert.

Das ist Mord an den Seelen sprachloser Kinder, nicht wieder gut zu machen!
Aber in dieser Karfreitagskommunikation gefangen sind nicht nur diese Täter, die als Priester in unserer Kirche tätig waren oder als pädagogische Kräfte in Einrichtungen, denen Kinder in unserer Gesellschaft anvertraut sind.

Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass diese missbrauchten Kinder im Erwachsenwerden einen weiteren Missbrauch durchleiden mussten, den des Verschweigens von Seiten der strukturell Verantwortlichen in Kirche und Gesellschaft.

Den Missbrauchten wurde das Wort nicht erteilt, sie mussten schweigen, weil niemand sie stark gemacht hat, ihre aus Scham und Selbstzweifel geborene Wortlosigkeit zu überwinden. Auch unsere Kirche hat wohl verschwiegen!

Hier kauerte, und gleichzeitig überheblich verharrte unsere Kirche in der Karfreitagskommunikation, die in die Wortlosigkeit geführt hat und so Schuld auf sich geladen hat.
(Pause)

XI.

Schnitt, Ortswechsel:
Was machen wir jetzt?

Sie gingen aus der Wortlosigkeit heraus, sie wollten hinter sich lassen: Den Schmerz, die Verzweiflung, die Selbstzweifel, eigentlich alles. Was hilft da besser, als dem was geschehen ist sich zu stellen, also darüber zu sprechen, erzählen, mitteilen, Wahrnehmungen austauschen, im Gespräch bleiben. Und sie gingen los, aus der Wortlosigkeit heraus durch die Erinnerung in ihre Herkunftsorte, Heimat, zwei gingen nach Emmaus.

Wohin gehen Sie nach diesem Gottesdienst? Welche sind die Orte Ihrer Kommunikation, heute, gleich aber auch in naher Zukunft? Ihre Kommunikation mit Partnerinnen und Partnern, in der Familie, mit den Kindern, Kommunikation in der Schule, im Studium, am Arbeitsplatz, in der Freizeit, ist sie eine auferstandene Kommunikation, befreit von der Angst um sich selbst?

Ihre Kommunikation im Streit, in der Problembewältigung, in der Orientierung, in der Meinungsverschiedenheit, nehmen Sie einander mit, im danken, teilen, reichen? Gibt es Menschen denen Sie die Kommunikation aufgekündigt haben.

Genauso zu Hinterfragen ist die Kommunikation in den Pfarrgemeinden, zwischen hauptamtlich und ehrenamtlich Tätigen, in der Jugendarbeit und den Räten.

Machen Sie den Check:
Ist Ihre Kommunikation eine auferstandene Kommunikation, ein Lebensmittel komponiert aus danken, teilen, reichen, mitnehmen?

Schließen möchte ich mit einem Zitat des Dichters Hölderlin, das unserer früherer Bischof Klaus Hemmerle ein wenig „geglättet“ hat:
„Weiter ist der Mensch seit ein Gespräch er ist.“ Auferstehung!

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Die „Salzburger Hochschulwochen“

Wissen vernetzen – Bildung ist Orientierung

„Ich möchte verstehen, nicht hilflos kapitulieren vor den komplexen Realitäten unserer Welt“, wünschte sich eine katholische Studentin der Biologie im Gespräche mit Kommilitoninnen und Kommilitonen auf der Hinfahrt nach Salzburg zu den „Hochschulwochen“. „Wenn da dann noch mehr abgeht, super, ich komme!“

Ein exemplarischer Beitrag

Einige Jahre darf ich einen kleinen Teil mit dazu beitragen, dass eine fast schon historische Institution auch in die Gegenwart hinein einen exemplarischen Beitrag dazu leistet, Bildung komplexer zu verstehen und zu vermitteln als nur im Sinne eines sammelnden Erlernens von Tatsächlichem.

Bildung, die in – Stichworten – auch Sammlung ist, die darüber hinaus nicht kontextlos als nachhaltig vermittelbar ist, die an den jeweiligen Biographien der Menschen ausgerichtet sein sollte, die eine Orientierungsgröße in der Gesellschaft darstellt, die der Zukunft der Menschen dient und die in ihren Dosen und Darreichungsformen immer neu hinterfragt werden sollte, ist die Basis, auf der die Salzburger Hochschulwochen (SHW) seit ihrer ersten Durchführung im Jahre 1931 aufruht, bis heute, nicht aber sich ausruht.

Bildung – locker ein Gesprächsthema für jeden!

Das Thema Bildung liegt nicht selten nur all zu leicht auf der Zunge. Denn über sie zu diskutieren ist, ob in den Medien, den Fachzirkeln oder auf der Parkbank am Sandkasten meist recht entspannend.

Sind es nun Regierungspolitiker die diskutieren oder wird von der Oppositionsbank aus mitgeredet, sind da Lehrstuhlinhaber in Sachen Bildung beteiligt oder Lehrerinnen, Bildungsmanager sowie Elternteile Betroffener – hat nicht am Ende einer jeden Debatte doch jeder immer irgendwie mit seiner Position Recht, zumindest ein wenig? Lehrt die Erfahrung nicht auch, dass diese wie jene Positionen vergangener Bildungskonzepte immer irgendwie auch „etwas hatte oder sogar noch haben“? Bildungserfolge sind im Reagenzglas halt nicht messbar.

Darüber hinaus: Trägt nicht auch jene Erfahrung zu dieser Relativierung der Wahrnehmung faktischer Bildung bei, dass die bei uns gerade einmal eingetroffenen pädagogischen Trends oft in ihren Herkunftsländern schon längst wieder aus der Mode gekommen sind, oder gute Bildungserfahrungen aus anderen Regionen bei uns erst gar nicht landen können?

Bildung – der immerwährende modische Trend?

Ein weitgehender Kompromiss, der Bildung beschreibt, könnte so lauten: Alle Kommunikation hat mit Bildung zu tun. Bildung allerdings konkreter zu definieren bleibt wohl eher ein leichtfüßiges Thema, schwer einzufangen, und doch schon in ungezählte Definitionen einbetoniert. Könnte es nicht dann sogar sein, dass Bildung letzten Endes ein Modethema von kollektivem Interesse ist, also immer „kleidsam“, zeitgemäß für dick und dünn, mal übergestülpt, mal angelegt?

Bildung, eine Mode, die mal im provokanten Abendkleid daher kommt und dann wieder im eher konservativen Kostüm, so nach dem Motto: Hauptsache nicht nackt, man hat ja was umgelegt. Und von Bildung umschlungen zu sein ist doch kleidsam, steht sie nun doch wirklich jedem irgendwie zu Gesicht

Gerade deswegen wirkt das Bildungskleid (auch Bildungslandschaft genannt) in unserem Land angesichts der konkreten Fragen junger Menschen ihre Zukunft betreffend, oft wie ein gutgemeinter aber nicht wirklich passender Fummel.

Insofern junge Menschen ihre Zukunft überhaupt im Blick haben, sind die Antworten auf ihre konkreten Fragen nicht unbedingt von den Modeschöpfern untragbarer Bildung zu beantworten, sondern nachhaltiger eher von denen, die tragbare, also auf den Leib der Betroffenen zugeschnittene Bildung ihr Handwerk nennen.

Fragen junger Menschen

Die Fragen junger Menschen ihre Zukunft betreffend lauten oft so: Wie kann ich in den Systemen der Gesellschaft bestehen? Wie kann ich mich materiell absichern? Wie kann ich meine Persönlichkeit verwirklichen? Wo wird mir Anerkennung zu teil? Wie kann ich mein Umfeld mitgestalten? Woran kann ich mich orientieren? Auf den Punkt gebracht lautet die Frage: Wie kann ich sorgenreduziert an Gesellschaft teilhabend mit meinen Fähigkeiten und Hoffnungen morgen vorkommen?

Die Frage der jungen Menschen heute lautet in der Regel nicht: Wie kann ich Wissen anhäufen? Die Zukunftsorientiertheit der jungen Menschen ist fassbar in Begriffen wie: Sicherheit, Absicherung, Erfolg, Anerkennung, Selbstbestimmtheit und punktuelles Interesse an Gesellschaft. Bildungskonzepte, egal wie sie daherkommen, müssen sich immer auch fragen lassen, ob sie nicht vielleicht Antworten geben auf Bedürfnisse, die von den Betroffenen nicht geteilt werden. Das mindert nicht die Tatsache, dass Bildungskonzeptionen neben ihrer pragmatischen Ausrichtung immer auch eine Bringschuld haben, die in unserem besonderen kulturellen Erbe und den Menschenrechten begründet liegt.

Der vordergründige Bildungsinhalt vergangener Zeiten, „Wissen zu sammeln und so gebildet zu sein“, darf zwar nicht „aus der Mode kommen“, scheint aber immer schwerer vermittelbar, da die Bedürfnisse einer heranwachsenden Generation in Schule und Hochschule verändert gelagert sind.

Bildung – allgemein und individuell

Dass der reine „Wissenssammler“ ausgedient hat, belegen wissenschaftliche Forschung und experimentelle Erkenntnis aus der Praxis. Ich denke, es ist heute auch Konsens zu sagen, dass die Ansammlung von reinem Faktenwissen nicht nur als Selbstwert nicht ausreicht, sondern auch junge Menschen nicht befähigt, sich selbst eine bewohnbare Zukunft zu gestalten. Konfektionsgrößen auf Bildung bezogen sind bei der Beantwortung der Fragen junger Menschen eine erste Orientierung, aber irgendwann muss nach dem maßgefertigtem „Outfit Bildung“ gesucht werden, um allgemeine Fragen der Zukunft auf den einzelnen hin zu konkretisieren. Das allerdings muss gewollt sein von denen, die Bildung tragbar auf der eigenen Haut spüren wollen (z.B. Schüler und Studenten.), und denen, die Bildung anderen individuell auf den „Leib schreiben“ können (z.B. Lehrer, Lehrerinnen an den Schulen und Lehrende an den Hochschulen).

Die Individualität des Menschen fordert die erziehungswissenschaftliche Erkenntnis und deren Anwendung immer wieder neu heraus, auf dem Fundament allgemeiner Bildung individuell Bildung zu ermöglichen, um die Fähigkeiten und Einsichten des einzelnen Menschen weiter zu veredeln und Verschränkungsmöglichkeiten aufzuzeigen.

Bildung – vernetztes Wissen zur Orientierung

Ich möchte hier (auch auf dem Hintergrund eigener Erfahrung) eine Facette einer zukunftsfähigen, also einer für Menschen tragbaren Bildung unterstreichen, die bezogen auf die „Bildbarkeit“ eines jeden Menschen unverzichtbar ist. Diese Facette nenne ich: Die Vernetzbarkeit von Wissen als Orientierung in Gesellschaften. Jede Form von Faktenwissen kann so hinterfragt werden: „Und zu was hilft mir das in meinem Leben.“ Diese Frage stellen junge Menschen! Auf diese Frage gilt es mit jungen Menschen Antworten zu suchen.

Die Beantwortung dieser Frage bedeutet nicht, dass Bildungstheorie und Bildungspraxis alle möglichen Antworten selbst (in „Eigenverantwortung“) parat haben muss. Bildung muss allgemeine Basics aneignungsfähig zur Verfügung stellen, auf die aufbauend der Einzelne befähigt werden kann, tragfähige Antworten selber zu finden, um das eigene Lebenskonzept in unsere komplexe Welt hinein entwerfen zu können. Das gelingt nicht einfach so, z.B. in einer Unterrichtseinheit, einem Schuljahr, einem berufsbildenden Projekt oder dieser Sommerakademie, von der hier die Sprache ist. Bildung aber ist Wachstum! Dazu möchten die SHW ihre Facette beitragen.

Vernetzung – ein katholisches Anliegen

Damit die „Vernetzbarkeit von Wissen als Orientierung in Gesellschaften“ Bildungsziel sein kann, bedarf es deren Ermöglichung in den verschiedenen Lern- und Erkenntnisphasen die besonders der junge Mensch durchlebt. Eine wesentliche Lern- und Erkenntnisphasen ist für einen jungen Menschen, nachdem er die Schule für sich abgeschlossen hat, die Ausbildungsphase mit dem Ziel, das Erwerbsleben eigenverantwortlich anzustreben. Eine Möglichkeit, diese Ausbildungsphase anzugehen, ist das Studium.

Primär mit Blick auf die Zielgruppe der Studierenden möchte ich diese Facette der Bildung „Vernetzbarkeit von Wissen als Orientierung in Gesellschaften“ verorten in einem schon über 70 Jahre alten Instrument der Vermittlung von Bildung, den Salzburger Hochschulwochen. Diese Sommerakademie weist in ihrer Konzeption von ihrem Anfang an die Vernetzbarkeit von Wissen als wesentlich aus. Gerade die Programme der letzen Jahre belegen, dass die SHW das Prinzip der „Vernetzbarkeit von Wissen als Orientierung in Gesellschaften“ zu ihrer auch zukünftigen Daseinsberechtigung veredelt hat.

Hier nun ein Blick in die gesellschaftlichen Gemengelagen, aus denen heraus die SHW entstanden.

Salzburger Hochschulwochen in kritischer Zeit!

Prof. Dr. Gregor Maria Hoff, der heutige Obmann der SHW und Professor an der Theologischen Fakultät der Paris Lodron Universität in Salzburg, beschreibt wie folgt die gesellschaftliche Lage in der die SHW entstanden sind in seinem Vortrag „Theologie der Moderne im Vollzug: Streifzüge durch 77 Jahre Salzburger Hochschulwochen (1931-2008)“, gehalten am 26.1.2008 an der Bischöflichen Akademie in Aachen:

„1931: in Deutschland steigen die Arbeitslosenzahlen auf über fünf Millionen, die nationalsozialistische Propaganda forciert ihre antisemitischen Aktionen, während der italienische Faschismus die Auseinandersetzung mit dem Vatikan sucht. An den anderen Enden der Welt wird das Empire State Building eingeweiht und Gandhi erzielt einen ersten Erfolg im zivilen Kampf gegen die britische Kolonialmacht. Von der Buchproduktion des Jahres gibt es wenig Aufregendes zu berichten – insgesamt ein eher ruhiges Jahr in zumal politisch immer bewegteren Zeiten. In diesem Jahr 1931 findet sich, eher versteckt, in verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften ein Aufruf, an den erstmals veranstalteten „Salzburger Hochschulwochen“ teilzunehmen – 75 Jahre später ergibt sich mit dem entsprechenden Jubiläum eine eigene zeitgeschichtliche Klammer. Gerade für die katholische Kirche zeichnen sich im Rückblick Veränderungen ab, die im Licht der Salzburger Hochschulwochen eine kleine Theologie- und Kirchengeschichte präparieren.“

Eine Idee tritt in die Öffentlichkeit

Weiter führt Prof. Hoff aus: „Das wird schon im Anschreiben der ersten Hochschulwochen deutlich. Adressat sind die deutschsprachige Öffentlichkeit, darüber hinaus aber auch das gesamte Ausland und alle Kreise der Gebildeten, die ihr Wissen und ihre Bildung nach katholischen Grundsätzen in streng wissenschaftlicher Methode erweitern und vertiefen wollen. Die katholische Kirche in Deutschland befindet sich zu dieser Zeit in einer Schwellensituation. Der Antimodernismus hat seinen Höhepunkt überschritten, aber die Schleifung der Bastionen, die Hans Urs von Balthasar später beschwören wird, steht noch bevor. Nach dem 1. Weltkrieg hatte es verschiedene theologische wie kirchliche Versuche gegeben, den verspäteten Eintritt der katholischen Kirche in die Moderne mit anderen Mitteln nachzuholen. Nicht zuletzt die katholische Jugend- und exemplarisch die liturgische Bewegung suchten nach Möglichkeiten, ein dynamischeres Bild von Kirche gegenüber dem statischen Paradigma der Neuscholastik zu verwirklichen. Erste Ansätze einer Volk Gottes-Theologie, die später eine bedenkliche Nähe zum Nationalsozialismus zumindest partiell erlaubten, entstanden in dieser Zeit ebenso wie die kulturellen Übersetzungsversuche eines Romano Guardini auf seinem Berliner Lehrstuhl für katholische Weltanschauung. Eine gewisse Aufbruchstimmung machte sich breit. Man sah katholische Anknüpfungsmöglichkeiten an die nach dem Krieg veränderte moderne Gesellschaft – aber was die in sich zerrissene Gesellschaft der Weimarer Republik suchte, war nicht das, was die Kirche und die Theologen anbieten konnten oder wollten. So standen seit etwa 1927 die Zeichen im Katholizismus auf Introversion, Selbstbesinnung und Festigung des inneren Zusammenhalts.

Genau in diese Zeit hinein setzten die Salzburger Hochschulwochen ein theologisches Signal. Als Sommeruniversität konzipiert, sollten sie die Gründung einer katholischen Universität in Salzburg forcieren – ein über viele Jahre hinweg betriebenes Projekt, das ideengeschichtlich wie politisch weit bis in das 19. Jahrhundert zurückreicht. Das inhaltliche Interesse dieser Initiative markiert dabei bereits das zitierte Programm: Es geht um die wissenschaftlich fundierte Vermittlung katholischer Positionen, und zwar als Selbstüberprüfung nach innen wie als Darstellung nach außen hin.“ Diese Selbstüberprüfung konnte als Nabelschau nicht gelingen und war so immer angelegt als ein wissenschaftlicher Dialog unterschiedlicher Disziplinen. Bildung also verstanden als Wachstum von Orientierung.

Salzburger Hochschulwoche in Fakten

Die SHW sind eine Gründung der Benediktiner des gesamten deutschen Sprachraumes. Sie fanden 1931 zum ersten Mal statt, wurden zwischen 1939 und 1945 von den Nationalsozialisten verboten, nahmen aber schon 1945 wieder ihre Tätigkeit auf und werden seither jedes Jahr während des Sommers abgehalten.

Jährlich sind es ca. 1000 Personen, die zu den SHW nach Salzburg kommen. Diese stammen zum einen aus dem ganzen deutschen Sprachraum, zum anderen aber auch aus den Ländern Osteuropas. Träger der Einrichtung sind heute die Theologische Fakultät der Universität Salzburg, die Salzburger Äbtekonferenz der Benediktiner, das Katholische Hochschulwerk Salzburg, die Görres-Gesellschaft, die Katholischen Akademikerverbände Deutschlands und Österreichs sowie das Forum Hochschule und Kirche e.V.

Das Ziel der SHW ist es, ein universitäres Forum zu bilden, auf dem die Theologie gemeinsam mit allen anderen Wissenschaften gleichermaßen grundsätzliche wie aktuelle Fragestellungen und Probleme unserer Zeit aufgreift.

Karl Rahner hat in Salzburg seinen „Hörer des Wortes“ erstmals entwickelt und vorgetragen – einen der religionsphilosophischen Grundtexte des 20. Jahrhunderts. Mehrfach ist Joseph Ratzinger, Papst Benedikt XVI., als Festredner aufgetreten. Aber auch Persönlichkeiten wie Ruth Klüger, August Everding oder Hans-Georg Gadamer und zuletzt Peter Simonischek, um nur einige zu nennen, haben die Salzburger Hochschulwochen als ein Forum offener Katholizität und auseinandersetzungsbereiter Gesprächskultur etabliert.

Im Rahmen der Salzburger Hochschulwoche 2010 schreibt das Direktorium der SHW zum fünften Mal einen Publikumspreis für wissenschaftliche Kommunikation aus. Graduierte WissenschaftlerInnen aller Fachrichtungen der Jahrgänge 1975 und jünger werden herzlich eingeladen, sich zu bewerben. Erbeten werden Texte im Umfang eines 25-minütigen Vortrags zum Thema der Salzburger Hochschulwoche vom 2. bis 8. August 2010: „Endlich! Leben und Überleben“. Vortragssprache ist Deutsch. Eine Jury wählt drei Beiträge aus. Das Publikum der Salzburger Hochschulwochen wird die PreisträgerInnen bestimmen. Kriterien sind fachwissenschaftliche Qualität, inhaltliche Originalität sowie die kommunikative Transferleistung. Der Preis zielt in besonderem Maße auf die Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse an ein breiteres Publikum.

Der Theologische Preis der SHW wurde im Jahr 2006 ins Leben gerufen. Die bisherigen Preisträger waren Kardinal Walter Kasper, Professor Johann Baptist Metz, Professor Harding Meyer und Professor Erich Zenger. Präsent im WWW. ist die SHW unter: http://www.salzburger-hochschulwochen.at/index.php?idcat=2

Jahresthemen 1931-2009

Die inhaltliche Breite der Themen und die damit verbundene interdisziplinäre Auseinandersetzung der SHW dokumentieren den Vernetzungswillen von Wissen und deren Orientierungsqualität in der Gesellschaft. Das war und ist den Organisatoren der Hochschulwochen, die jeweiligen Direktorien der Hochschulwochen und deren Obmänner, Markenzeichen „ihrer“ Sommerakademie.

Generalthemen waren die Klammern, die jede der SHW in ihrer spezifischen Auseinandersetzung zusammenhielt, und so Themen und deren Spektren identifizierbar sein ließen.

Themen in Auswahl:

1949
Die Kirche gestern, heute und in Ewigkeit

 

1953
Der Gegenwartsauftrag der christlich abendländischen Kunst

 

1955
Die geistigen Mächte der Gegenwart und die Heilsmacht der Kirche

 

1956
Christliches Europa – Berufung, Würde, Verantwortung

 

1957
Das neue Welt- und Menschenbild der Wissenschaft

 

1959
Europäisches Denken, Dichten, Bilden

 

1960
Die Begegnung von Ost und West in Geschichte und Gegenwart

 

1961
Ideologien und Wissenschaft

 

1962
Die geistige Solidarität des Westens und die aufsteigenden Völker

 

1965
Der Christ in der Welt – Grundfragen christlicher Existenz

 

1966
Pluralismus-Universalismus-Christentum

 

1969
Auf dem Weg zu einer neuen Gesellschaft

 

1976
Menschenwürdige Gesellschaft

 

1977
Suche nach Sinn – Suche nach Gott

 

1978
Werte – Rechte – Normen

 

1979
Jesus Christus und die Religionen

 

1981
Die Kirche Christi – Enttäuschung und Hoffnung

 

1986
Lebensentscheidung

 

1987
Säkulare Welt und Reich Gottes

 

1988
Gott schuf den Menschen als Mann und Frau

 

1989
Leid – Schuld – Versöhnung

 

1990
Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde

 

1991
Der Christ der Zukunft – ein Mystiker

 

1992
Evangelium und Inkulturation

 

1996
Vor-Bilder

 

1998
Zeichen der Zeit

 

1999
Religiosität am Ende der Moderne

 

2000
Gerechtigkeit heute – Anspruch und Wirklichkeit

 

2001
Geist-Erfahrung-Leben

 

2003
Identität und Toleranz

 

2004
Chancen des Christlichen in einer ökonomisierten Welt 

 

2005
Ethik im Brennpunkt

 

2006
Gott im Kommen

 

2007
Macht und Ohnmacht 

 

2008
Lieben. Provokationen 

 

2009
Weltordnungen

 

2010
Endlich! Leben und überleben

 

Viele der Vorträge zu diesen Themen sind dokumentiert. Die Publikationen ab 2000 sind meist noch in der Reihe erhältlich: Salzburger Hochschulwochen, Tyrolia-Verlag, Innsbruck-Wien. Einen geschichtlichen Einblick in die Salzburger Hochschulwochen bietet Paulus Gordan (Hrsg.) in: Christliche Weltenordnung. Salzburger Hochschulwochen 1931 – 1981. Verlag Butzon & Bercker Kevelaer, Verlag Styria Graz-Wien-Köln.

Thema 2010: „Endlich! Leben und Überleben“

Die Salzburger Hochschulwoche, die vom 2. bis 8. August 2010 stattfindet, stellt sich einem Thema, das im Zuge begrenzter Lebensressourcen eine besondere Intensität verspricht und zu kritischen Positionsbestimmungen herausfordert: „Endlich! Leben und Überleben“. Die befristete Lebenszeit und das Ende des Lebens überhaupt sind Probleme, die Religionen immer wieder bearbeitet haben. Für das Christentum verbindet sich damit, prekär genug, eine Hoffnungsperspektive. Die menschliche Endlichkeit, die sich komplex in unseren Handlungsoptionen durchsetzt, vermittelt sich im Glauben an die unendliche Lebensmacht Gottes. Die Reich-Gottes-Botschaft Jesu Christi erfasst sie unter einem besonderen Vorzeichen: Nichts ist dringlicher als der Macht des Lebens über den Tod Raum zu geben.

Das „Endlich!“ des Programmtitels arbeitet in seinen unterschiedlichen Konnotationen an dem, was an- und was aussteht.

Endlich – das nimmt unsere Existenz-Limits ernst.
Endlich – darin steckt ein befreiendes Moment, ein Anfang.
Endlich – das meint zugleich die Anspannung angesichts anstehender Aufgaben.

Allemal hat solche „Eschatologie“, konkret gedacht und lebensweltlich orientiert, einen Lebensbezug. „Leben und Überleben“ zeigen die Tiefendimensionen unserer alltäglichen Lebenskämpfe an. Oft genug sind sie Überlebenskämpfe, psychisch, wirtschaftlich, medizinisch. Insofern sucht die Salzburger Hochschulwoche 2010 nach Bausteinen einer Eschatologie des globalisierten Alltags, in dem sie seine Risikopotentiale zu bestimmen, aber auch seine Ressourcen aufzudecken sucht. Sie will Handlungsoptionen entwickeln, die an den unabweisbaren Rekombinationen von Tod und Leben ihr Maß finden. Dabei verwickelt sie Theologie und Ökonomie, Ökologie und Politik, Wissenschaftsgeschichte und Zukunftsforschung in ein Gespräch.

Studierende und die Lust auf mehr …

Die SHW sind ein Erweis dafür, dass Bildung nicht als Modethema verstanden werden darf. Die Hoffnung der Studentin, die schon am Beginn diese Artikels zitiert ist: „Ich möchte verstehen, nicht hilflos kapitulieren vor den komplexen Realitäten unserer Welt“, hat einen neuen Nährboden für sie gefunden mit ihrer Teilnahme an den SHW. Bildung muss den Faktor Kontinuität beinhalten, auch im Sinne der Vernetzbarkeit von Wissen. Aus diesem Verständnis heraus leben die SHW. Sie leben von dieser Bildungsintention und mehr noch von den Menschen die sich interessieren lassen, neugierig sind, kommunikativ und die Lust haben auf das Salzburger Ambiente.

Studierende heute werden diese Sommerakademie in die Zukunft tragen, weil sie eine orientierende, disputfähige, interdisziplinäre und ehrliche Perspektive, ist als Kirche präsent zu sein. Die SHW in 2010 bedeuten: Vernetztes Wissen zur Orientierung, Kommunikation zwischen Studierenden verschiedener Disziplinen, gefeierter und geteilter Glaube, Menschen kennenlernen, Kultur in Salzburg inmitten der Salzburger Festspiele erleben.

Hier ist unsere Kirche am Puls der Zeit, hier ist unsere Kirche Entspannung! Wer an den SHW teilgenommen hat, beginnt, zu Hause oder am Studienort angekommen, davon zu erzählen. Das macht andere wiederum neugierig, die auch nach Orientierung in einer komplexen Welt suchen. Immer mehr von ihnen machen sich auf den Weg nach Salzburg, im Gepäck ihren Hunger auf Bildung und die Lust an Kommunikation.

Erschienen in: Pastoralblatt für die Diözesen Aachen, Berlin, Essen, Hildesheim, Köln, Osnabrück. J.P. Bachem Verlag GmbH. Februar 02/2010
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Prophetie nahe meiner Haut

Die Propheten von damals, im Alten Testament bezeugt als Elija, Elischa und wie sie alle hießen, sind verstorben. Sie haben gesagt was sie zu sagen hatten, wortgewaltig, nachhaltig, oft auch vergessen.

Darf ich mich nun vorstellen: Ich bin der, der jetzt aufsteht und seine Stimme erhebt, ähnlich wie die Propheten damals. Zugegeben, es viel mir anfänglich nicht leicht das Wort an mich zu ziehen. Ich war ein eher zurückhaltender Typ, führten doch andere das Wort vor mir, und unverbindliche Worte auch vor mir her, das muss ich heute bekennen. Die Anderen waren eben die Wortführer. Nun aber will ich mir das Wort nicht mehr nehmen lassen, von Wortführern die mir Worte untersagten, sie mir nicht zutrauten oder wortgewaltig lauter waren als ich. Anfänglich hatte ich auch Sorge ausgelacht zu werden, oder sogar als bekloppt abgetan zu werden, Sie wissen ja wie die Leute so tuscheln. Ich fragte mich natürlich auch woher ich das Recht nahm so zu sprechen. Klar, jeder hat das Recht gehört zu werden, aber Sie wissen ja. Eigentlich sind meine Worte diesmal auch nicht nett gemeint. Ich will mahnen, in Frage stellen, Kritik üben, und nicht nur streicheln.

Ich spüre eben dass es langsam an der Zeit ist den Mund aufzumachen. Denn wenn alle wortlos, kritiklos, protestlos einfach so weiter handeln wie wir momentan leben, dann fahren wir vor die Wand. Früher nannte man das Gottlosigkeit. Verzeihen Sie,  aber das was Sie hier lesen ist nur eine Übung, noch nicht der Einsatz eines Propheten, der würde mehr unter die Haut gehen.  Eigentlich möchte ich hier erst einmal ausprobieren meine Unruhe ins Wort zu bringen, also Protest im geschützten Raum vorzusprechen. Eine Übung für den Ernstfall, Sie verstehen!  Verstehen Sie, ja! Mehr noch, vielleicht machen Sie mir ja nun auch etwas Mut aus der Deckung herauszugehen, um sich einzumischen. Also, sind Sie dabei?

Sorry, ich habe mich noch immer nicht vorgestellt. Aber geben Sie mir doch einfach Ihren Namen!

Erschienen in: Kirchenzeitung für das Bistum Aachen, Bonifatiusbote (Fulda), Der Sonntag (Limburg), Glaube und Leben (Mainz), Kirchenbote (Osnabrück), Kirchenzeitung (Hildesheim), Neue Kirchenzeitung (Hamburg), Tag des Herrn (Dresden), Tag des Herrn (Erfurt), Tag des Herrn (Görlitz), Tag des Herrn (Magdeburg).
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Dem Griff zur Waffe geht Unausgesprochenes voraus

Er war damals sehr wütend, der kleine blonde Kerl. Gerademal in der vierten Klasse passierte, was er nicht mehr vergessen würde. Dieses Ereignis verfolgt ihn bis heute, zwar nicht ständig, aber immer mal wieder. Er war damals nicht der Starke in seiner Klasse, der andere war stark, alle waren dieser Meinung, Frank war der Starke.

Der kleine blonde Kerl kam nun seit zwei Tagen schon mit Mullbinden und Pflaster um den Kopf gewickelt zur Schule, der Arzt musste an seiner Wange eine Entzündung operieren. Für Frank eine gute Gelegenheit sich zu beweisen, die anderen, so meinte er wohl, forderten es förmlich heraus.

Zuerst ärgerte er den schwächeren Mitschüler und stupste ihn. Dann aber schlug er ihm auf die Wange: Einmal, zweimal: „Es tat so weh“. Die Wut kochte nun hoch in dem kleinen blonden Kerl, und sie kochte über. Mehr als drei wuchtige Schläge waren es nicht, aber Franks Lippe blutete, er hustete, massierte sich den Oberarm und verschwand drohend: „Dich kriege ich schon.“

Die anderen Gaffer machten sich eher wortkarg vom Pausenhof aber beteuerten im weggehen Frank mit vorgehaltener Hand, dass er ganz zu Unrecht angegriffen worden sei von diesem hinterhältigen Schwächling. Noch am selben Tag wurde der kleine Kerl von der Klassenlehrerin mit einem Verweis versehen: „Er sei aggressiv geworden, die anderen könnten das bezeugen!“

Diese Situation auf dem Pausenhof schlug zeitversetzt in der Schulklasse ein wie eine Bombe.

Die Lehrerin hat unbedacht entschieden, das war wohl allen klar, selbst den Gewinnern, und sie verlor ihr Ansehen. Die Klasse zerfiel in zwei Lager, ein größeres um Frank herum und ein ganz winziges, bestehend aus dem kleinen blonden Kerl und seine beiden Freunde. Die beiden Kontrahenten haben seit dem nie mehr ein Wort gewechselt, und die Pausen auf dem Schulhof waren seit dieser Begegnung ein Spannungsfeld.

Die kleine, fast harmonische Kultur einer Schulklasse war endgültig zerstört. Der Grund: Es blieb etwas unausgesprochen.

Was Kinder so erleben und erlernen, dauert oft nur wenige Augenblicke, reicht aber für ein Leben. Man wird wohl groß mit so erlebter Gewalt, die meist Ausdruck von Sprachunfähigkeit ist, und dann, wenn man später Erwachsen geworden ist, hat man oft nichts dazugelernt.

Auf diesem Pausenhof waren es „nur“ Hände von einander gegenüberstehenden Kindern die verletzten. Doch später können solche Hände auch zu Waffen greifen.

Die erste „Atomwaffe“ in der Geschichte der Menschheit war anfänglich – kurz nach der Entstehung des Neides – ein Knüppel, dann vielleicht ein Stein, später ein Pfeil und ihnen folgten Kugeln, Gas, Granaten und Bomben. Sie alle vernichteten Welten, weil etwas unausgesprochen blieb. Erst vernichteten sie den Mikrokosmos ungezählter Menschen, heute drohen sie den Makrokosmos Welt zu zerstören. Auch weiterhin geht jedem kriegerischen Griff zur Waffe Unausgesprochenes voraus.

Je länger der „Waffenarm“ der starken Menschen wurde, umso anonymer ist das Unausgesprochene. Dieses Unausgesprochene lässt Kommunikation nicht mehr zu, und diese Verhinderung ist der Nährboden des Krieges zwischen Menschen. Viele Jahre später haben Frank und der kleine blonde Kerl in ihren Schulen gelernt, dass das mit den heutigen Atomwaffen gar nicht so schlimm wäre. Es sei ja ausgewogen wenn nur die Stärksten Atomwaffen besäßen. Abschreckung durch Gleichgewicht nenne man das wohl.

Das klingt in Kinderohren sehr plausibel, so wie eine gelöste Rechenaufgabe. Doch in den Ohren derer, die sich nicht so leicht täuschen lassen, wie klingt das da?

So: Wer mit der unermesslichen Zerstörungskraft etwa einer Atombombe rechnet, der kann sich auch ungezählte zerfetzte Menschen vorstellen. Mit dieser sogenannten Ausgewogenheit können aber nur jene argumentieren, die das Unausgesprochene auch unausgesprochen sein lassen wollen. So war das auch schon bei den bisher geworfenen Atombomben, auch ihnen ging das Unausgesprochene voraus.

Wer heute auf Bomben setzt, egal in welchem Land, egal in welchem System, ist auch bereit, sie zu werfen, im Namen des Volkes und wird treffen, sein Volk!

Ist ihnen das zu unausgewogen? Stimmt! Atomwaffen lassen sich nicht auswiegen und Menschen nicht aufwiegen. Atomwaffen, alle Waffen sind unausgewogen, weil sie in den Tod wiegen, schleichend oder martialisch.

Frank und der kleine blonde Kerl hätten damals jemanden gebraucht, der ihnen überzeugend von dem Unausgesprochenen erzählt hätte, bevor sie ihren „kleinen Krieg“ auf dem Schulhof begonnen hätten.

Für uns heute, Frank und der kleine blonde Kerl sind groß geworden, könnte das oft Verschwiegene ausgesprochen so klingen: Mensch, ich habe dich nicht gemacht, so darf ich dich auch nicht zerstören, sei umarmt.

Klingt das immer noch zu einfach? Vielleicht, aber was wollen wir denn mehr „ins Feld führen“ als den Menschen und seine Sehnsucht zu leben!

Erschienen als geistliches Wort in der pax zeit: Zeitschrift der deutschen Sektion der internationalen katholischen Friedensbewegung pax christi, 3/2009
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