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Herodes

Titel König, Name Herodes, Beiname Kindermörder.

Jesus war  damals ein Baby. Fremde Königsdeuter schauten vorbei, auf dem Weg einem neuen Kindkönig zu huldigen. Klar, das interessierte mich, aber die drei Jungs, oder waren es zwei, ließen sich danach nicht mehr blicken.

Hallo, im eigenen Reich Konkurrenz, das geht gar nicht. Sie würden sich ja auch nicht die Wurst vom Brot nehmen lassen, gell. Eigentlich habe ich mein Volk geschützt, ein fremder, unberechenbarer Herrscher, das endet leicht in Sklaverei. Historiker sagen 1400 Kinder seien erschlagenen worden, alles Quatsch, Betlehem war ein Kaff, das waren höchstens 20. Ich schwöre, Familie, Kinder, da geht mir das Herz auf. Macht muss denen dienen und das Ganze beschützen! Aber ihnen geht es doch ähnlich, ne` Nummer kleiner gewiss, nicht wahr!

Erschienen in: Kirchenzeitung für das Bistum Aachen, Bonifatiusbote (Fulda), Der Sonntag (Limburg), Glaube und Leben (Mainz), Kirchenbote (Osnabrück), Kirchenzeitung (Hildesheim), Neue Kirchenzeitung (Hamburg), Tag des Herrn (Dresden), Tag des Herrn (Erfurt), Tag des Herrn (Görlitz), Tag des Herrn (Magdeburg).
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Das Kind, nichts als das Kind

Clara Fey und ihre Gemeinschaft der „Schwestern vom armen Kind Jesus“

Kindergruppe im Haus Loreto (NL) um 1900

Kindergruppe im Haus Loreto (NL) um 1900

Clara Fey, in wohlbehüteter Umgebung als Fabrikantentochter groß geworden, war selbst noch ein Kind, als sie fast täglich mit dieser anderen Realität in ihrer Heimatstadt Aachen konfrontiert wurde, diese ihr noch fremde Realität, arm, heimatlos und dreckig zu sein. Keine 500 Meter von ihrem schönen Zuhause entfernt vegetierten gleichaltrige Kinder im Dreck der Straße vor sich hin. Diese „Schmuddelkinder“ nutzten den Wohlhabenden der damaligen Gesellschaft nur als „Brennholz“ ihrer aufstrebenden Industrie, der Lizenz Geld zu drucken. Noch heute zeugen auch in Burtscheid „Baudenkmäler“ von dieser damaligen industriellen Entwicklung. Lesen Sie mehr »

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Laetare wäre auch eine gute Antwort

Jedes Jahr bestätigt sich: Weihnachten ist Kommerz, aber auch Touristenbelustigung und pseudoreligiöse Abzocke. Dass dies mit dem „wahren Kern“ der Weihnacht  nichts zu tun hat, ist klar, zumindest uns.

Würden wir heute Weihnachtsmarktbesucher nach dem Beinahmen des 3. Adventssonntages fragen, so würde wohl kaum einer antworten: „Wir feiern Gaudete“. Schön wäre es ja schon, würde sich da jemand einfach nur irren und versehentlich „Laetare“  antwortet.

Warum bekommt Weihnachten das Klischee nicht los, nur ein „Einkauffest“ zu sein? Das kann ja nicht daran liegen, weil manche Muslime auch Weihnachtsbäume kaufen, bekennende Religionslose in Kirchen Kerzen anzünden und die auch bezahlen, oder XXL-Kirchgänger in Klostergottesdienste  abtauchen und gerne spenden, weil es da ja „fremdenfrei“ sei. Also, wer ist schuld?

Sind es die fehlenden in der Öffentlichkeit bekennenden Christen? Sind es die Katholiken, die abtauchen in ihre Kreise? Sind es die jungen Menschen, die am Sonntag noch Messe dienen in der Woche, aber unter Freunden  „Nichts“ sind? Ist der liebe Gott selbst schuld, der könnte ja mal…?  Oder ist es einfach nur so?

Schuldzuweisung ist keine Antwort. Aber wir wären eine Antwort.  Nicht auf die Frage, warum es so ist, sondern auf die Frage, warum der „Kern“ uns so wichtig ist. Wir sollten ins Gespräch bringen, davon reden, nicht aber beklagen oder vorwerfen. Den uns wichtigen Kern der Weihnacht ins Gespräch bringen, motiviert von der Lust an unserer Religion, wäre ein Antwortversuch.

Schriftstelle: Lk 3,10-18

Erschienen in: Kirchenzeitung für das Bistum Aachen, Bonifatiusbote (Fulda), Der Sonntag (Limburg), Glaube und Leben (Mainz), Kirchenbote (Osnabrück), Kirchenzeitung (Hildesheim), Neue Kirchenzeitung (Hamburg), Tag des Herrn (Dresden), Tag des Herrn (Erfurt), Tag des Herrn (Görlitz), Tag des Herrn (Magdeburg).
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In der Herausforderung entfaltete Clara ihr Profil

Clara Fey und ihre Gemeinschaft der „Schwestern vom armen Kind Jesus“

Mutter Clara vor 1890

Mutter Clara vor 1890

Die soziale Not weiter klar im Blick, war im Mai 1869 der entscheidende Schritt getan: die Gründung der Gemeinschaft der „Schwestern vom armen Kind Jesus“ in Aachen mit päpstlichem Segen. Das „Kloster Modell“ vom Glauben getragen, ehelos – also ungebunden zu leben, gehorsam – also dem eigenen Versprechen verpflichtet zu leben, arm – also nicht vom Besitz defi niert zu leben, kam an, weckte Interesse. Der Grund dafür war einerseits der beißenden sozialen Not, besonders spürbar in den Städten mit fortschreitender Industrialisierung, etwas entgegen zu setzen. Andrerseits war die Klarheit dieses Lebensmodells attraktiv und überzeugte durch konkretes, sinnstiftendes Handeln. Diese Kombination bewegte besonders Frauen und begann Lebenswege zu prägen. Bis zum Ausbruch des Kulturkampfes im Jahre 1872 begeisterten sich 600 Frauen für diese Gemeinschaft und ein Leben im Kloster.

Clara Fey um 1835

Clara Fey um 1835

Es entstanden fast 30 verschieden große Niederlassungen im deutschsprachigen Raum. Das konkrete Handeln der Ordensschwestern entfaltete sich primär in Kinder- und Jugendheimen, damals noch Waisenhäuser genannt, sowie in Kindergärten und Schulen. Der Kulturkampf in Preußen eskalierte von 1871 bis 1878 unter Reichskanzler Otto von Bismarck, hatte aber vorher wie nachher bleibenden Zündstoff bezüglich der Klärung des  Verhältnisses zwischen Kirche und Staat. Es ging um die Frage nach den gesellschaftsgestaltenden Kräften, deren Präsenz, Einfl ussnahme, und Machtausübung. Im Juni 1872 mussten nach Ministerialerlass alle Ordensschwestern die öffentlichen Schulen verlassen und wenig später wurden ihre Klöster verboten.

Entsprechend wurden in Preußen 18 Klöster aufgelöst aber sieben Häuser im Ausland neu gegründet. Das Mutterhaus wurde von der Jakobstraße in Aachen nach Simpelfeld grenznah in die Niederlande verlegt. Nur das Kloster der Schwestern in Burtscheid blieb offen. Mit Sondergenehmigung durften hier die kranken Schwestern gepflegt werden.

Es ist schon krass, wenn eine mit viel Engagement gerade gegründete Ordensgemeinschaft von den offiziellen Vertretern der eigenen Gesellschaft, ihren Politikern verboten wurde, und die Idee, Menschen zu helfen, flüchten und das Heimatland verlassen musste. Aber Clara, die von ihren Mitschwestern Mutter genannt wurde, gab nicht auf. Sie wuchs an dieser scheinbaren Niederlage, mehr noch, diese Vertreibung stärkte sie in ihrem Gottvertrauen, aber stellte sie in stillen Stunden auch vor die Frage, ob ihr Gottvertrauen auch in die Zukunft hinein tragen würde?

Porzellan der Familie Fey

Zeitzeugen bestätigten Clara eine starke Ausstrahlung, manchmal auch eine starke Anziehungskraft – nicht nur weil sie schön war, sondern auch einfach und ungezwungen. Ein Blick in das Porzellanregal der Fabrikantenfamilie Fey belegt einen einfachen Lebensstil, den Clara als Ordensgründerin noch auf den Punkt brachte. Clara war neben ihrer Arbeit vielseitig interessiert, so an der Kunst und an allem was innerlich oder äußerlich harmonieorientiert war. Ihre Personalführung in der Gemeinschaft war geprägt von einer intensiven Zuwendungsbereitschaft und gleichzeitig von Diskretion, von Feinfühligkeit aber gleichzeitig auch der klaren Rede. Konnte man ihr auch zu Recht nachsagen, sie sei zu sanft, zu anpassungsfähig, so ließ sie dennoch nicht bei anderen denken, sondern sie dachte selbst. Clara entwickelte sich – auch unter Mühen – zu einer „legendären“ Ordensgründerin ihrer Zeit, nicht auch zuletzt dadurch, dass sie eigene Fehler in den Blick nahm und an und mit ihnen lernte.

Vierter Teil einer siebenteiligen Serie über die „Schwestern vom armen Kind Jesus“, anlässlich der Überführung der sterblichen Reste deren Gründerin Schwester Clara Fey im September 2012, von Simpelfeld (NL) in ihre Heimat nach Aachen.
Erschienen in:  Burtscheid aktuell, Ausgabe 13, November 2012, Fotos: Daniel Karmann
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Sie, in einem Buch verewigt?

Steht ihr Name in einem Buch? Ich meine in so einem richtigen Buch aus Papier, in dem Seiten, schlägt man sie um noch rascheln? Die meisten von uns werden das wohl verneinen müssen. Klar, unsere Daten sind elektronisch gespeichert, wo auch immer. Doch der eigene Name, in einem richtigen Buch, fast auf ewig für jeden zugänglich?

Auch wenn Sie es gar nicht für erstrebenswert hielten so verewigt zu sein, könnten Sie doch zu denen gehören, die verewigt sind. Wo? In dem Buch das Christus, das Lamm Gottes, in den Händen hält.

Denn nachdenkend über Gott, so die Heilige Schrift, ist der Mensch zu der Erkenntnis gelangt, dass Gott eine Erinnerungshilfe braucht, sprich ein Buch, in dem die aufgeführt sind, die aus seiner Perspektive gerettet sind, also die, die den Tod überleben.

Vielleicht stehen Sie ja in diesem Buch. Aber mit Verlaub gefragt, wie käme ihr Name in dieses Buch hinein? Für deutsche Christen wäre es ein Vorteil, einkommensteuerpflichtig ein Kirchensteuerzahler zu sei. Aber welche Pluspunkte hätten Christen anderer Länder?

Liegt da nicht die Vermutung nahe, dass Gott sich nicht wirklich für  Pluspunkte interessiert, sondern einfach nur zählt und jeder Dritte z.B. kommt ins Buch? Aber bei wem fängt er an zu zählen? Bei einem Menschen vor mir? Ich wäre dann raus! Sollen wir so weiterdenken? Oh Gott, wie kleinkariert gedacht. Doch diese Denke lässt mich spüren, dass Gott anders drauf ist. Und: Das stärkt meine Hoffnung einfach „nur“ in die „Hand“ Gottes geschrieben zu sein. Und Amen!

 

Schriftstelle: Dan 12, 1-3

Erschienen in: Kirchenzeitung für das Bistum Aachen, Bonifatiusbote (Fulda), Der Sonntag (Limburg), Glaube und Leben (Mainz), Kirchenbote (Osnabrück), Kirchenzeitung (Hildesheim), Neue Kirchenzeitung (Hamburg), Tag des Herrn (Dresden), Tag des Herrn (Erfurt), Tag des Herrn (Görlitz), Tag des Herrn (Magdeburg).
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Ich habe immer aufgetragen

Nein, ein „Gutmensch“ war ich nicht, sondern Geld  für’s Studium zu verdienen war angesagt und da kam der Job im Altenheim gerade recht. Betten beziehen, Essen anreichen, leichte Pflegedienste, meine Tätigkeiten auf der „letzten Station“, wie wir Hilfskräfte diese Bettenansammlung auf der S3 unromantisch nannten. Für „Oma“, sie freute sich so genannt zu werden, war diese, wie für alle anderen hier auch, wirklich die letzte Station.

„Oma“ lächelte, wenn ich kam. Sie lag fest im Bett, Dekubitus und so, da ging fast nichts mehr, nur die Augen und die Stimme waren noch relativ klar. Sie sang immer wieder und immer das gleiche: “Ännchen von Tharau“. Nicht meine Musikrichtung, aber „Oma“ zu liebe summte ich mit. Total unvermittelt brach sie wieder einmal ab und hauchte kaum hörbar: „Ich habe immer aufgetragen, immer nur aufgetragen.“ Dann  kam das “Ännchen von Tharau“ wieder. Von der Pflegedienstleitung wusste ich, dass „Oma“ schon als junges Mädchen Haushaltshilfe war und dann bis ins hohe Alter in der Gastronomie arbeiten musste, um über die Runden zu kommen.

„Oma“ döst auch bei der Pflege immer mal wieder ein, aber dann  kam so ein wacher Moment und sie hauchte lächelnd: „Aber nun trägst du für mich auf, du nur für mich“. Fast stammelnd bestätigte ich: „Ja, Oma, jetzt bediene ich dich!“

Und mit zittriger Stimme sang sie: „…Ännchen von Tharau ist’s die mir gefällt …“ Hat dieses Lied eigentlich nur eine Strophe? Egal, am nächsten Tag war Omas Bett leer und das „Ännchen von Tharau“ stumm.

 

Schriftstelle: Mk 10, 35-45

Erschienen in: Kirchenzeitung für das Bistum Aachen, Bonifatiusbote (Fulda), Der Sonntag (Limburg), Glaube und Leben (Mainz), Kirchenbote (Osnabrück), Kirchenzeitung (Hildesheim), Neue Kirchenzeitung (Hamburg), Tag des Herrn (Dresden), Tag des Herrn (Erfurt), Tag des Herrn (Görlitz), Tag des Herrn (Magdeburg).
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Weil die anders tickte, konnte sie verändern

Clara Fey und ihre Gemeinschaft der „Schwestern vom armen Kind Jesus“

Clara, Tochter des Fabrikantenehepaars Fey, eine Frau mit Einblick in die soziale Schieflage Aachens, besonders in die der armen Kinder. Diese Frau tickte anders! Was aus gelebtem katholischen Glauben, realistischer Wahrnehmung und sozialer Verantwortung langsam entstand, hatte sichtbare und einschneidende Konsequenzen im Leben dieser jungen Frau. Das „lockere“ Engagement für die vernachlässigten Kinder, getragen vom Kreis der Vertrauten, konnte nur der Anfang einer „Zu–Wendung“ sein. Nun musste Clara den nächsten Schritt tun, und den spürte sie sicher von Gott gesetzt und mit ihm wolle sie diesen auch gehen.

Ab dem 14.09.1848 erstes Mutterhaus Jakobstraße  Ecke Klappergasse

Ab dem 14.09.1848 erstes Mutterhaus Jakobstraße Ecke Klappergasse

Es ist Freitag, der 2. Februar 1844, Clare Fey und mit ihr die Freundinnen Leocadia Startz, Wilhelmine Istas sowie Louise Vossen schließen sich zu einer Gemeinschaft zusammen und geben sich so eine Struktur, die ersten Statuten.

Der Stein ist ins Rollen gebracht. Am Samstag dem 31. Mai  werden die Statuten beim Kölner Erzbischof eingereicht, Montag,  8. 12. Clara fährt u. a. mit Bruder Andreas nach Berlin, um Königin  Augusta das Gesuch zu übereichen, ihre Gemeinschaft staatlich  anzuerkennen.

Am 28.Januar 1848 bestätigte der Erzbischof von Köln ihren Zusammenschluss auf Probe und am 14. September bezog die  Gemeinschaft in der Jakobstrasse im Zentrum Aachens ihr neues „Heim“, das „Mutterhaus“.
Am 18. Oktober 1848 erfolgte die Einkleidung der ersten Schwestern, das Anlegen des Ordensgewandes (Habit) also, äußeres Zeichen der inneren Zugehörigkeit zu dieser neu entstandenen Gemeinschaft. Diese innere Zugehörigkeit sollte eine Lebensentscheidung sein, die in der Profess (lat. Professio – Bekenntnis) zum Ausdruck brachte.

Von nun an beginnt der Habit dieser Schwestern vom Armen Kind Jesus, der damaligen „Klostermode“ entsprechend sehr „zugeknöpft“, das Bild der Stadt Aachen sowie das der bis 1897 noch eigenständigen Stadt Burtscheid zu bereichern. Nach der Fertigstellung der Klosteranlage in Burtscheid 1866 schauten ab und zu, und wenn dann eher verhalten, zwei junge Ordensfrauen auf dem Burtscheider Markt vorbei. Ihre Namen: Schwester Mechtildis und Schwester Gertrud.

Sr. Mechtildis, geborene Maria Vossen (weißer Schleier, links) Sr. Gertrud geborene Emma Vossen (schwarzer Schleier, rechts)

Schwester Mechtildis geb. Maria Vossen
* Aachen 28.09.1834, Eintritt ins Kloster 04.05.1851, Einkleidung September 1851, Profess 17.10.1852, + 10. 07.1895.

Schwester Gertrud geb. Emma Vossen
* Aachen 02.08.1833, Eintritt ins Kloster 28.10.1850, Einkleidung 02.05.1851, Profess 21.05.1852, + 28.05.1881.

Die Aufmerksamkeit dieser Schwestern, ihre Haltung und ihre Herzlichkeit standen ein für die Spürbarkeit des Anliegen Clara Feys, besonders dem armen Kind eine Mitte zu geben.

Angesichts dieser unerwarteten Entwicklung der Gemeinschaft verhallten nun auch so manch belächelte Kommentare damaliger Würdenträgern aus Stadt und Kirche, die sinngemäß so klangen: „… dass Claras kindliches Engagement für diese ungewaschenen Kinder schnell würde wie eine Seifenblase zerplatzen.“

Dem setzte Clara einfach ihre Überzeugung weiter entgegen:

„Wenn nur ein einziges Kind vor dem Untergang gerettet werden kann, ist es mit einem Leben voller Anstrengungen nicht zu teuer bezahlt.“ (Handschrift vom 7.12.1849)

Diese Botschaft war damals ein verhaltener Knaller in den der Kinderarbeit verbundenen deutschen Landen mit Folgen.

Dritter  Teil einer sechsteiligen Serie über die „Schwestern vom armen Kind Jesus“, anlässlich der Überführung der sterblichen Reste deren Gründerin Schwester Clara Fey im September 2012, von Simpelfeld (NL) in ihre Heimat nach Aachen.

Erschienen in:  Burtscheid aktuell, Ausgabe 10, August 2012
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Eine Idee „lernt laufen“ und verändert alles

Clara Fey und ihre Gemeinschaft der „Schwestern vom armen Kind Jesus“

Luise Hensel

Luise Hensel

Wir bleiben einer fitten Frau auf der Spur. Clara Fey, Kind aus wohlhabendem Hause, lernt schon früh zu schauen auf das, was in der ersten Hälfte des 19. Jh. in ihrer Heimatstadt Aachen passiert. Clara ist „Kind“ der Zeit der Industrialisierung in Europa. Später wird man diese Zeit das Zeitalter der „Industriellen Revolution“ nennen. Aber später wird man auch analysieren, dass in dieser Zeit die Kinderarbeit zu katastrophalen sozialen Folgen führte. Konkret in Aachen „zählte man 1805 zum Beispiel in der Fabrik der Familie Jecker von den 250 Arbeitskräften 225 Kinder zwischen vier und zwölf Jahren.“[1] Solche Kinder arbeiteten oft über 12 Stunden pro Tag für einen Hungerlohn. Im Hause Fey waren Arbeitslosigkeit und Kinderarmut Thema. Die Geschwister Fey, wache Priester der Stadt, Freundinnen von Clara und andere sozial engagierte Frauen trafen sich sonntäglich. Ihr Ziel, Perspektiven zu suchen, um der körperlichen und geistigen Verarmung und Verelendung vieler Menschen in ihrer Stadt etwas entgegen zu setzen. In Claras Gedanken und Herz begann nun unaufhaltsam eine Idee „laufen zu lernen“, die ihr Leben radikal verändern würde. Lesen Sie mehr »

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Delegierte „Nächstenliebe“

„Der da, der an der Ecke sitzt und bettelt, ist das eigentlich wirklich ein Armer, oder tut der nur so, um  Mitleid zu ernten.“

Wer darf sich eigentlich berechtigt bettelnd  hinstellen um mindestens indirekt mir klarzumachen:  „Ich müsse ihm Geld geben, damit er leben könne“.

Wenn ich zu Fuß von zu Hause zu meinem Arbeitsplatz gehe und zurück, begegne ich täglich zwischen sechs und acht Menschen, die mich um Geld angehen. Würde ich jedem nur 50 Cent geben kostet mich das ca. 4 € am Tag und im Monatsschnitt 120 €. Das ist nicht wenig!

Aber mal langsam!  Bettlern etwas zu geben, ist ja nicht wirklich „not – wendig“, denn andere kümmern sich ja um diese Menschen: Die Caritas!

Mitarbeiter der Caritas versichern: Kein Mensch muss in dieser Stadt Hunger leiden oder auf der Straße übernachten, denn die Caritas sorgt sich auch um die Armen. Das ist gut zu wissen und das ist ja auch so! Wer bettelt ist vielleicht arm, aber mindesten auch schlecht organisiert, nutzt er doch die sozialen Angebote nicht.

Wer sich also um „Arme“ sorgt, der kann seine Sorge „ent – sorgen“ in Richtung Caritas. Individuelle Sorge ist institutionell organisiert, die Caritas sorgt sich an meiner Stelle. Das beruhigt! Also helft der Caritas, damit sie helfen kann! Aber entpflichtet mich das auch?

Ein bulgarischer Freund erzählte mir von einem Brauch seiner Heimat: Wem eine Freude gemacht wurde, wer Besonderes sich leisten konnte, wem Glück wiederführ, der schenkte eine Kleinigkeit einem Menschen am Weg. Eine Kleinigkeit …

 

Schriftstelle: Mk 9, 30-37

Erschienen in: Kirchenzeitung für das Bistum Aachen, Bonifatiusbote (Fulda), Der Sonntag (Limburg), Glaube und Leben (Mainz), Kirchenbote (Osnabrück), Kirchenzeitung (Hildesheim), Neue Kirchenzeitung (Hamburg), Tag des Herrn (Dresden), Tag des Herrn (Erfurt), Tag des Herrn (Görlitz), Tag des Herrn (Magdeburg).
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Eine „ganz normale“ Frau schaut hin

Clara Fey und ihre Gemeinschaft der „Schwestern vom armen Kind Jesus“

Sie war eine ganz normale junge Frau, die Fabrikantentochter aus dem Hause Fey. Die Tatsache, dass sie zur „besseren Gesellschaft“ zählte, in die sie am 11. April 1815 hineingeboren worden war, hat sie nicht gestört. Sie ist in dieser Welt, mit eigenem Herrenhaus in der Bendelstraße nahe dem Dom und auch der Pfarrgemeinde St. Paul, einfach groß geworden.

So ist sie sicher öfters in jugendlichen Jahren auch mal mit Freundinnen an einem Sonntagsnachmittag durch die Straßen Aachens geschlendert, mal schauen wen man so kennt, ein bisschen sehen und gesehen werden und bestimmt wird sie dann auch zu einem Gebet in den Dom gegangen sein.

Clara schaute mit Sicherheit aus der Perspektive einer bessergestellten Persönlichkeit in die „Welt“ ihrer Stadt Aachen, aber nicht weltfremd. Die Mutter Claras lehrte ihre Tochter schon in jungen Jahren hinzuschauen, was
um sie herum passierte, aber besonders die gesellschaftlichen Verhältnisse Aachens aufgrund der Industrialisierung im beginnenden 19. Jahrhunderts in den Blick zu nehmen.

An der Hand ihrer sozial sehr engagierten Mutter sah Clara nicht nur die Welt der Reichen sondern auch die Armenhäuser und Armenviertel ihrer Stadt, und so wurde ihr das Elend ihrer Zeitgenossen auch vor Augen geführt. Die Kindheit Claras war so eine „Sehschule“, eine Schulung in Sachen hinschauen, um für wahr zu halten was sie sah. Die behütet aufgewachsene Clara lernte so schon früh – aus der Distanz – das Unbehütete, das Hoffnungslose, das Schicksalsergebene kennen.

Konkret entdeckte sie dieses „unbehütet sein“ in den Augen armer Kinder ihrer Zeit. Augen, die einfach nur danach schrien, behütet sein zu dürfen, also einfach Kind sein zu dürfen und nicht „Maschinenfutter“ einer aufstrebenden Industriegesellschaft. Zu lernen, die ganze Realität der Gesellschaft einer Stadt in den Blick zu nehmen, hinterließ bei Clara eine Unruhe, die sie ihr ganzes Leben lang begleiten sollte: Diese Unruhe, nicht ruhig
werden zu wollen angesichts der Missstände in einer Gesellschaft, und dies konkret angesichts der sozialen Unausgewogenheit in ihrer Heimatstadt.

Der eigene Besitz war für Clara keine Belastung, vielleicht nahm sie ihr „Haben“ bewusst als ein Geschenk Gottes an. Doch Besitz bedeutete für Clara auch Verantwortung, das hatte sie von Mutter und Vater gelernt! So leiteten zwei Begrifflichkeiten – eigentlich zwei „Weisen hinzusehen“ – das Handeln Claras: Zum einen die „nackte Realität“ in den Blick zu nehmen und zum anderen sich davon „beunruhigen“ zu lassen.

Diese beiden „Weisen hinzusehen“ provozieren aus sich heraus das Motiv, handeln zu sollen. Doch Claras Motivation, Hand anzulegen, fußt nicht einzig in der Wahrnehmung von sozialer Unausgewogenheit aus der Sicht einer Bessergestellten. Ihr Handeln wird geleitet von ihrem christlichen Glauben, der sie in der katholischen Kirche Aachens zu Hause sein ließ.

Sie erlebte in ihrer Familie eine authentisch gelebte und gefeierte Glaubenstradition, die Grundlage ihrer persönlichen Gottesbeziehung wurde.

Sie entdeckte in den schreienden Augen der benachteiligten Kinder ihrer Zeit die Augen eines Kindes, das ihr von ihrem eigenen Herzen her sehr vertraut war. Es waren die Augen des armen Kindes Jesus, das in einem „Futtertrog“ zur Welt gekommen war. Am 8. Mai 1894 starb Clara, doch nicht die Augen, die  so hinschauen. Sie leben weiter in den Ordensfrauen der von Clara Fey gegründeten Gemeinschaft vom „Armen Kind Jesus“, die auch heute noch zum Stadtbild Burtscheids und Aachens gehören.

Erster Teil einer siebenteiligen Serie über die „Schwestern vom armen Kind Jesus“, anlässlich der Überführung der sterblichen Reste deren Gründerin Schwester Clara Fey im September 2012, von Simpelfeld (NL) in ihre Heimat nach Aachen.
Erschienen in:  Burtscheid aktuell, Ausgabe 10, August 2012
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