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Identitätsfindung aktuell

Die junge Clara Fey

Vom Vorbild

Jeder Mensch der gelebt hat ist ein (abgeschlossenes) „Vorbild“, so wie jeder noch lebende Mensch ebenso ein (unabgeschlossenes) „Vorbild“ ist. Subjektiv kann behauptet werden, das nicht jeder Mensch ein Vorbild (gewesen) sei. Objektiv geht das allerdings nicht, da jeder Mensch „vor“ einem selbst ein „Vor – einem – selbst – Bild – des – Lebens“ ist ein Abbild gelebten Lebens, und somit gedeutete Vergangenheit. Schauen wir wissenschaftlich ordnend auf dieses Phänomen zurück, ergeben Lebensbilder, die in einem Zeitabschnitt hohe  vergleichbare Merkmale aufgewiesen haben, ein (zeitlich umrissenes) Zeitalter. Die „Vorbilder Mensch“ helfen uns nicht nur die Vergangenheit (deutend) zu ordnen, sondern ermöglichen uns im Rückgriff auf diese, die Zukunft in die Hand zu nehmen. Dem voraus geht unsererseits einen Beurteilung dieser Lebensbilder. Unabhängig von unserer (moralischen) Beurteilung wohnt allerdings jedem Lebensbild das gleiche Prinzip von Ursache und Wirkung inne. So verhält es sich auch in im „Fall“ der Clara Fey, deren Lebensbild nur aus ihrem Zeitalter heraus zu verstehen ist.

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Achtung Kleinigkeit

Kleinigkeiten fallen nicht auf. Sie kommen alltäglich daher. Sind geschaffen um übersehen zu werden.

Du Kleinigkeit, ständig da, mehr noch als diese täglichen „Hallo“ die man so sagt.
Manchmal aber, wenn du uns fehlst, stolpern wir über dich.

Kleinigkeiten haften an Menschen, sie schmücken dich, an ihnen wirst du erkannt, sie ordnen dein Leben, du findest sie scheinbar unscheinbar. Aber sie sind beständig da, Bestandteil eben.
Ganz von Kleinigkeiten umgeben, wirst du scheinbar selbst zur Kleinigkeit.

Kleinigkeit, auch dieser Text nur eine Kleinigkeit, der die Kleinigkeiten aufheben mag, Achtung, mit denen du lebst, jeden Tag.

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Fehler gehören zum Leben

Eine Handreichung zum Bewerbungsgespräch empfiehlt: „Gut wäre neben der Aufzählung spezifischer Kompetenzen auch, im Gespräch zu erwähnen, mal einen Fehler gemacht zu haben.“ Weitere Nachfragen allerdings, heißt es in der Empfehlung weiter, sollten mit dem Hinweis vermieden werden, das sei privat. Sorry, aber diese Empfehlung ist dumm! Bedarf es doch nicht einmal der Einsicht in Statistiken, um als Normalsterblicher zu wissen, dass jeder Mensch Fehler macht, beruflich wie privat. Irren ist menschlich! Darüber hinaus zeichnet den Menschen doch auch aus, über seine Fehler und deren Wurzeln nachdenken und sprechen zu können, ja sogar aus ihnen lernen zu können. Sind Fehler wirklich eine Privatangelegenheit? Zu differenzieren ist hier bezüglich der Qualität, der Häufigkeit und der Auswirkung, die ein Fehler zur Folge hat. Selbstverständlich kann eine Tätigkeit in einem Unternehmen oder ein soziales freiwilliges Engagement nicht durch die Aneinanderreihung von Fehlern gekennzeichnet sein. Und wenn ein Fehler mehr als nur die eigene Person betrifft, ist er keine private Angelegenheit mehr. Die meisten Fehler, die Menschen machen, haben mindestens Konsequenzen für zwei Personen. Allerdings werden Fehler gerne unter dem Mäntelchen des Privaten verborgen, weil die Öffentlichkeit nicht an Fehlern und ihrer Ursache interessiert ist, sondern eher an ihren angeblich vernichtenden Konsequenzen. So gibt es in der Politik ja auch keine Fehler mehr, sondern nur noch Skandale. „Bei euch soll es anders sein …“ (Mk 10,43): Ein Fehler, dessen Konsequenzen abwendbar sind, oder den „man wieder gut machen kann“, sollte sowohl in Beziehungen als auch im beruflichen Kontext nicht zum Fallholz (Skandalon) gemacht werden. Vielmehr sollte der Umgang mit ihm der Vertrauensbildung und somit der Qualität des Beziehungs- oder Betriebsklimas dienen. Übrigens: Eine christliche Kernkompetenz besteht in der Wahrnehmung und dem Umgang mit den eigenen Fehlern sowie der „kreativen“ Bewertung der Fehler anderer. Fehler gehören zum Leben. Weitsichtig mit ihnen umzugehen, ist Lebensqualität. So zeichnet sich ein gut angelegtes Bewerbungsgespräch dadurch aus, dass der Arbeitgeber für mögliche Fehler des Bewerbers und dessen Umgang mit ihnen Raum lässt. Was für ein (Betriebs-)Klima mag dort herrschen, wo nicht erwünscht ist, Fehler gemacht zu haben und darüber zu sprechen noch weniger? Eine Bewerbung an solch lebensfeindlichem Ort wäre sicher ein Fehler! Sollte die Kirche sich ertappen, den Fehler des Menschen zu seinem Fallholz werden zu lassen, dann wäre das nicht mehr nur ein Fehler – sondern ein echter Skandal!

 

Erschienen  in: Katholische SonntagsZeitung für Deutschland, 13./14. Dezember 2014
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Sünden – Begriff, begraben in Sprache

Sieben Charaktereigenschaften unter deren Oberfläche sich Menschen
aktuell selbst verlieren

Von Michael Lejeune/Christoph Stender  (Pastoralblatt 9/2014)

 

Begriffe kommen und gehen

Manche Worte, Begriffe und Formulierungen sterben umgangssprachlich langsam aber sicher aus, weil sie mehrheitlich keine Aussagekraft mehr haben und so bedeutungsleer geworden sind, was nicht gleichbedeuten ist mit unbekannt oder gar unnütz.

Ein Beispiel: Der Begriff „interessant“ ist generationenübergreifend ein gängiges Wort, quasi ein „zeitloses“ Wort. Weniger zeitlos allerdings sind andere Begriffe, obwohl sie dasselbe oder sehr Ähnliches meinen. Aus den 1980iger Jahren Worte wie „knorke“ und „dufte“, oder aus den 1990igern hipp, cool oder geil. Wer heute sagt “wie abgefahren ist das denn“, der will mit dieser Wortwahl auch „wie interessant ist das denn“ zum Ausdruck bringen.

Der Begriff Sünde fällt sprachlich durch

„Kann denn Liebe Sünde sein …“ Diese rhetorische Frage stammt aus dem 1938 gedrehten Film „Der Blaufuchs“, in dem Zarah Leander diesen Titel singt.

Diese Frage ist heute erledigt aber wie steht es um den Begriff. Der Begriff Sünde ist allgemein bekannt, ob der Einzelne in der Allgemeinheit allerdings auch einen persönlichen Zugang zum Sündenbegriff hat, ist fraglich.

Sicher ist, dass das Wort Sünde immer mehr in der sprachlichen Bedeutungslosigkeit versinkt.

Rufen wir uns selbst kurz und knapp, und somit nicht alle Facetten des Begriffes berücksichtigend, die Bedeutung des Wortes Sünde in Erinnerung.

In katholischen Kreisen ist das Schuldbekenntnis (lat. Confiteor -„Ich bekenne“) noch ein Begriff.

Der Begriff Sünde korrespondiert, wie auch in diesem Sündenbekenntnis primär mit dem Begriff Gott. „Wer Gutes unterlassen und Böses getan hat …“, der hat sich in jedem Falle gegen Gott versündigt, nicht nur, da auch gegen den Menschen, aber immer auch!

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Eine Sache der Beziehung

Da sagt jemand „glaubt an mich“ und mehr noch, „wer mich sieht, sieht den Vater“. Der immer schon gesuchte Gott, in der Antike, dem Judentums, den Naturreligionen… jetzt ist er entdeckt, denn hier sagt jemand:  „Wer mich sieht, sieht Gott.“

Es ist doch ok zu fragen, was Sie ganz persönlich von jemandem halten, der so etwas sagt? Wir fragen und werden ja auch befragt, was wir von anderen Menschen halten, z.B. vom Bankberater, dem Pfarrer, dem Hausmeister, der Nachbarin, dem Briefboten usw.

Und mit der Einschätzung einer Person, ob subjektiv oder objektiv angehaucht, geht ja auch einher, wie wir uns zu ihr verhalten.

Einem geliebten Menschen verzeiht man öfters als einem Fremden, wer betrogen hat dem traut man das eher auch nochmals zu, und einem der Vertrauliches ausplaudert vertraut man eben nichts mehr an.

Also, was halten sie von Jesus. Haben sie eine Beziehung zu ihm?  Ist er für Sie eine körperlose Erscheinung, oder würden Sie ihn gerne mal umarmen. Ist Ihre Beziehung zu Jesus ein handfester Kontakt zu Gott. Lassen Sie ihn sich in Ihre Entscheidungen einmischen. Wie weit geht ihr Vertrauen zu ihm, der als Christus bekannt wird?

Ist er für Sie eher so ein „fremder Nachbar Typ“, oder mehr ein vertrauter „ich mag dich Typ“?

Auch hier gilt: Alle auf Dauer angelegten  Beziehungen bedürfen der erneuerten Klärung, da der Mensch im Älter werden sich wandelt, egal ob ab 10 oder ab 60 Jahren aufwärts.

Es ist eben alles eine Sache der Beziehung, auch zwischen Ihnen und Gott in JesusChristus!

 

Text: Joh 14, 1-12

Erschienen in: Kirchenzeitung für das Bistum Aachen, Bonifatiusbote (Fulda), Der Sonntag (Limburg), Glaube und Leben (Mainz), Kirchenbote (Osnabrück), Kirchenzeitung (Hildesheim), Neue Kirchenzeitung (Hamburg), Tag des Herrn (Dresden), Tag des Herrn (Erfurt), Tag des Herrn (Görlitz), Tag des Herrn (Magdeburg).
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Die Stille, die Gemeinschaft, die Arbeit

Ein Blick in einen der Gänge des Gebäudekomplexes.

Ein Blick in einen der Gänge des Gebäudekomplexes.

Einblicke in das Leben der Schwestern vom armen Kinde Jesus. Ein Besuch im Kloster in Aachen-Burtscheid. Die entscheidende Rolle von Ostern. Und dann gibt es in diesem Mikrokosmos noch einen ganz besonderen Schatz.

Von Christoph Stender (Text) und Michael Lejeune (Fotos)

Gegensprechanlage, Kamera, automatischer Türöffner, Schleuse, eine freundlich lächelnde Nonne hinter Glas, so der erste Eindruck. Die Pforte – heller Stein, klare Linien – liegt im Neubau von 2004, der links den Altbau aus der Gründungszeit anno 1864 und rechts einen Bau, entstanden 1973 an der Michaelsbergstraße in Aachen-Burtscheid, zu einem Ensemble verbindet.

Im linken Gebäudeteil befinden sich die Verwaltung, kleinere Wohneinheiten für Mitarbeiter und ein Konferenzraum der besonderen Art. Denn in Vitrinen und Schränken werden hier fast beiläufig Geschirr, Spielzeug, Stickarbeiten und andere Kleinigkeiten aus dem Hause Fey aufgehoben und präsentiert.

Den größten Teil des Klosters der Schwestern vom armen Kinde Jesus – Clara Fey gründete die Gemeinschaft 1844 – macht der im neugotischen Stil errichtete Altbau aus, in dem über drei Etagen verteilt 74 Ordensschwestern, zwischen 63 und 100 Jahre alt, wohnen. In diesem Mikrokosmos zu leben, bedeutet miteinander beten, täglich die Eucharistie feiern, sich einander zumuten, gemeinsam die Mahlzeiten einnehmen, den anvertrauten Aufgaben nachgehen, die Alten und Kranken pflegen, sich gemeinsam erinnern und sorgenvoll in die Zukunft schauen.

Dreh- und Angelpunkt des Klosterlebens: In ihrer Kirche kommen die Schwestern vom armen Kinde Jesus zu Gottesdiensten und Gebeten zusammen – sie ist im Übrigen auch für Gäste offen. Stille, Einkehr, Anbetung gehören zum Alltag der Gemeinschaft.

Schmuckloser Kreuzgang

Jetzt ist Essenszeit: Rollstühle und Rollatoren parken im Kreuzgang vor dem Refektorium, dem Speisesaal der Ordensschwestern.

Jetzt ist Essenszeit: Rollstühle und Rollatoren parken im Kreuzgang vor dem Refektorium, dem Speisesaal der Ordensschwestern.

Durch das Parterre zieht sich ein 65 Meter langer, fast schmuckloser Kreuzgang, über den auch das Refektorium zu erreichen ist. Wenn dort vor diesem Speisesaal Elektrorollstühle, Rollatoren und andere Gehhilfen geparkt stehen, dann ist Essenszeit angesagt. Am Ende des Gangs befinden sich Tagungsräume für interne Weiterbildung und Konferenzen und eine kleine Anbetungskapelle.

Anbetung bedeutet hier, sich in Stille zu konzentrieren auf die Gegenwart des von den Toten auferstandenen Christus, der in dem Eucharistischen Brot gegenwärtig ist. Anbetung geht nur mit Blick auf Ostern, denn sie ist keine christliche Nabelschau, sondern ein sich ausgesetzt Wissen inmitten der Welt angesichts dieses sich offenbarenden Gottes.

Christen bekennen, dass in der Menschwerdung Jesu Gott einen einmaligen und anhaltenden Dialog mit uns Menschen eröffnet hat, der Konsequenzen hat für das Miteinander in unserer Gesellschaft.

Ein kleiner Gegenstand, der hier in der Kapelle verborgen im Tabernakel steht, hat so viel Aussagekraft, dass er auch Menschen fasziniert, die mit dem christlichen Eucharistieverständnis nichts am Hut haben: eine sogenannte Kustodia. Dieses Schaugerät ist kunstvoll aus „Vermählungsringen“ verstorbener Ordensfrauen gearbeitet, in deren Mitte das Eucharistische Brot zur Verehrung eingestellt ist.

Einen „Vermählungsring“ streift eine Ordensfrau bei der ewigen Profess, also dem Versprechen, einer Ordensgemeinschaft lebenslang anzugehören, über den Ringfinger, als Symbol dafür, nun eine ausschließliche Beziehung zu Christus pflegen zu wollen.

Wenige persönliche Dinge

Der Gang in die zweite Etage ist eigentlich nur den Schwestern vorbehalten, denn hier beginnt ihr privater Bereich, die Klausur. Die von dort aus zugängliche große Kirche steht allerdings stets willkommenen Gästen offen. An diesen öffentlichen Raum schließen sich aber dann die kleinen Zimmer der Schwester an, bitte privat!

Einfach möbliert, mit wenigen persönlichen Kleinigkeiten ausgestattet: Blick in ein Schwesternzimmer.

Einfach möbliert, mit wenigen persönlichen Kleinigkeiten ausgestattet: Blick in ein Schwesternzimmer.

Jede hat hier ihr eigenes Zimmer, einfach möbliert, mit wenigen persönlichen Kleinigkeiten ausgestattet. Gemeinsam haben sie die sanitären Örtlichkeiten, eine Bibliothek und Gruppenräume, in denen Fernseher und Tageszeitungen präsent sind.

Hier in der Klausur atmen der Schatz der Gemeinschaft, die Biografien der Schwestern, die oft fast ein ganzes Leben lang mit dieser Gemeinschaft in das Leben anderer Menschen investiert haben. Sie waren unterwegs als Kindergärtnerinnen, Lehrerinnen, Erzieherinnen, Krankenschwestern und Pädagoginnen. Sie investierten Lebenszeit in soziale Brennpunkte und caritative Einrichtungen. Sie verstanden das Kunsthandwerk der Stickerei und der Herstellung von Krippenfiguren aus Wachs. Sie waren aber auch tätig in der eigenen Landwirtschaft, Klosterküche und Wäscherei.

Jedes Schwesternleben ist ein „Einsatzbericht“ für das arme Kind Jesus, „denn mit ihm rückt jedes Kind dieser Welt in die Mitte“ (Clara Fey).

Hier ist die Erinnerung zum Schneiden dick, die Krankheit Alltag, und der Tod hat eine Dauerkarte. Auf den Fluren sind zu vernehmen munteres Erzählen, herzhaftes Lachen, geduldiges aufeinander Eingehen, aber auch Schreie in der Nacht.

Mit jeder Schwester, die stirbt, stirbt ein Stück der Geschichte dieser Gemeinschaft, ein Gesicht des Ordens, eine Stimme der Botschaft Jesu.

Der Zukunft Raum geben

Doch wer meint, nur der Sensenmann habe dieses Kloster im Griff, der irrt. Denn die Bausteine für die Zukunft der Gemeinschaft liegen auch hier, kulturell und sozialgeschichtlich bedingt, greifbar im physischen Nachlass der Ordensgründerin.

In die Zukunft planen, bedeutet für die Schwestern, sich zu fragen: Wovon werden wir leben? Wir kann das biografische und kulturelle Erbe der verstorbenen Schwestern weiter bewahrt werden? Wie können wir auch in nicht klösterlichen Lebensformen die Spiritualität der Gemeinschaft weitertragen? Wie gestalten wir mit nur wenigen Schwestern eine Ordenspräsenz in der Stadt? Wie ist die Pflege der alten, kranken und sterbenden Schwestern zu garantieren? Wie kann das Apostolat, die Identität der Gemeinschaft, „an der Seite der bedürftigen Kinder zu sein“, neu realisiert werden? Die Antworten auf diese Fragen können die Schwestern in Aachen allerdings nicht alleine finden, das „große Wir“ der Gemeinschaft, zu dem alle Mitschwestern in Europa (230 Schwestern), Kolumbien (57) und Indonesien (203) gehören, ist da gefragt.

Im August diesen Jahres kommt in Burtscheid das alle sechs Jahre stattfindende Generalkapitel, zu dem 38 delegierte Schwestern aus den drei Kontinenten gehören, zu Beratungen und der Wahl einer neuen Generalleitung zusammen. Grundlegende Themen, die auch relevant sind für die Schwestern in Aachen, werden sein: das Alleinstellungsmerkmal der Gemeinschaft, neue effizientere Strukturen, stärkere Vernetzungen der Kommunikation über drei Kontinente hinweg. Und sie werden auch klären, welche Kompetenzen die zukünftigen Schwestern in Leitungsfunktionen haben sollten.

Das Kind in der Mitte

Für drei Wochen wird dann die „Schwesterndichte“ zumindest in Burtscheid zunehmen. Ein wenig mag das dann an die Situation vor gut 75 Jahre erinnern, als „genügend“ Schwestern in Aachen waren, um damals vier zu entsenden mit dem Auftrag, in Bogotá eine Schule aufzubauen, in der sich im religiösen und pädagogischen Geiste Mutter Claras um Kinder gekümmert wird.

2013 durfte ich (Christoph Stender, Anm. d. Red.) fünf Schwestern begleiten, die anlässlich des 75. Bestehens das Kolleg Santa Clara besuchten.

Weitere acht Einrichtungen der Schwestern besuchten wir, und in jeder wurden wir mit Freude, Zuneigung und Dankbarkeit empfangen, gepaart mit herzlicher Gastfreundschaft. Die jungen Menschen begrüßten uns mit Tänzen, Liedern, Instrumenten, holprigen Reden und immer mit einem Meer kleiner Fähnchen in Schwarz-Rot-Gold und Gelb-Blau-Rot. Zusätzlich erläuterten uns die Schwestern das pädagogische Konzept ihrer Arbeit. Auf den Punkt gebracht: „Kindern einen verlässlichen Rahmen zu gewährleisten, innerhalb dessen sie bei sich selbst ankommend Kind sein dürfen, miteinander lernen, drei Mahlzeiten am Tag haben, spielerisch in Gemeinschaft dem Leben auf den Grund gehen und das im Respekt vor Gott und voreinander.“

Sehr bedrückend war die Fahrt nach Cazuca, einem Slum am Rande von Bogotá. Meinte ich aus dem Fernsehen zu wissen, was ein Slum ist – wie eingebildet und naiv –, hatte ich doch keine Ahnung von dieser Armut und Perspektivlosigkeit in dieser Trostwüste. Als wir dann den Kinderhort mit angrenzender Krankenstation betraten, erwarteten uns schon aufgedrehte, fröhliche Kinder, die gar nicht abwarten konnten, uns ihre Lebenslust zu zeigen. Es schien, als sei das eine andere Welt, aber nein, es war die Welt dieser Kinder, mitten im Slum, in denen die Schwestern „einfach“ nur ein anderes Fenster öffneten. Hier tanken die Kinder Hoffnung, die ihnen hilft, den Alltag im Slum etwas leichter zu ertragen.

Ich verließ Kolumbien, begleitet von starken Eindrücken und einem Koffer, in dem meine Wäsche komplett gewaschen und gebügelt den Rückflug antrat.

Kleinigkeiten

Clara Fey, die Gründerin

Clara Fey – geboren am 11. April 1815 in Aachen und gestorben am 8. Mai 1894 im niederländischen Simpelveld – war die Gründerin der katholischen Kongregation der Schwestern vom armen Kinde Jesus. Sie war eine Fabrikantentochter, das vierte Kind der Familie, wuchs wohl behütet auf. Schulbildung genoss sie an St. Leonhard, auch durch ihre Lehrerin Luise Hensel. Mutter Fey stärkte ihre soziale Wahrnehmung, Clara begleitete sie auf ihren Wegen zu den Armen. In dieser ganz normalen Frau wuchs eine starke Christusbeziehung heran, in der sie ihre Liebe zum Kind entdeckte. Bis zu ihrem Tod stand besonders das notleidende Kind für sie im Mittelpunkt. Mit der Gründung ihrer Gemeinschaft am 2. Februar 1844 ging Clara so auf ihre Weise auf die Barrikaden für die verwahrlosten Kinder in Aachen.

Die Eckpfeiler der Gemeinschaft: die Verbundenheit mit Christus (ihr Leitmotiv: „manete in me“ – „bleibt in mir“, Joh 15,4) und die Sorge um das Kind, festgeschrieben im Namen der Gemeinschaft, Schwestern vom armen Kinde Jesus.

Unter den Delegierten zum Generalkapitel 2014 ist auch Sr. Johann Baptist, promovierte Ärztin, sie leitet die Krankenstation im Slum bei Bogotá. Wenn sie dann drei Wochen hier im Kloster lebt, wird sie sich wie selbstverständlich auch um die Wäsche kümmern und den Schwestern und Angestellten in der hauseigenen Wäscherei zur Hand gehen.

Kleinigkeiten und Selbstverständlichkeiten sind aus einem Kloster nicht wegzudenken, verbreitet sich mit ihnen doch die Menschenfreundlichkeit, eine Lebensqualität, die auch nach Gott schmeckt.

Drei Köpfe

Schwester Maria Virginia Hohn

Geboren: 1937
Tätigkeit: Regionaloberin Deutschland
Geburtsort: Baasem
Highlight: Überführung der sterblichen Überreste Clara Feys von Simpelveld (Niederlande) in den Aachener Dom.
Kernsatz: Jesu Aufforderung „manete in me“, übersetzt „bleibt in mir“.
Lebensgefühl: Von Gott erzählen als dem, der uns nahe ist, und das im Leben greifbar werden lassen.

Schwester Maria del Rocio Angel-Moreno (Kolumbien)

Geboren: 1948
Tätigkeit: Generaloberin
Geburtsort: Armenia
Highlight: Die Zeit in Monterredondo, einem kleinen Ort in den Bergen Kolumbiens, wo ich bei den Ärmsten und Verlassensten arbeiten konnte.
Kernsatz: „Lieben wir die Kinder, weil Jesus sie liebt, und lieben wir Jesus in ihnen.“ (Clara Fey)
Lebensgefühl: Die Eucharistie so leben, dass Menschen durch uns Gottes Barmherzigkeit erfahren.

Schwester Petra Floeck
Geboren: 1957
Tätigkeit: Büroleiterin im Sekretariat des Bischofs von Aachen
Geburtsort: Grevenbroich
Highlight: Die Mitarbeit als Katechetin für mehrfach behinderte Kinder in England. Die tiefe Freude dieser Kinder, zu Christus zu gehören, hat meinen Glauben gestärkt.
Kernsatz: „Gott liebt uns zuerst, von seiner Seite ist alles klar, uns bleibt nur eines übrig, dass wir uns ihm zuwenden und ihn anschauen.“ (Clara Fey)
Lebensgefühl: Mit Christus auf dem Weg zu sein, verschont nicht vor schweren Zeiten, aber anders als mit Christus will ich ihn nicht gehen.

Kunsthandwerk: Aus der Not zur Fachfrau

Als Gemeinschaft feierten die Schwestern am 21. September 1848 ihren ersten Gottesdienst. Die Gewänder für den Priester liehen sie sich damals in Nachbargemein-den aus. Doch die mäßige Qualität und Ästhetik dieser Leihgaben bewog die Schwestern, Messgewänder selber herzustellen. Im Oktober 1848 fertigten sie ihr erstes Exemplar.

Schon sieben Jahre später wurden Werkstadtniederlassungen über Aachen hinaus in Köln eingerichtet und später unter anderem auch in Luxemburg, Österreich und England.

Textautor Christoph Stender (rechts) ist tätig in der Ausbildung von Religionslehrern im Bischöflichen Mentorat an der RWTH Aachen. Der Aachener Fotograf Michael Lejeune begleitet die Ordensgemeinschaft bei ihrer Öffentlichkeitsarbeit. Foto: Michael Jaspers

Textautor Christoph Stender (rechts) ist tätig in der Ausbildung von Religionslehrern im Bischöflichen Mentorat an der RWTH Aachen. Der Aachener Fotograf Michael Lejeune begleitet die Ordensgemeinschaft bei ihrer Öffentlichkeitsarbeit. Foto: Michael Jaspers

30 Stickschwestern arbeiteten um 1860/70 „Vollzeit“ im Aachener Strickatelier. Hier wurden bis 1865 allein 400 Messgewänder im „mittelalterlichen Schnitt“ mit Darstellungen aus dem Leben Jesu und der Heiligen hergestellt.

Bestechend sind die absolute Präzision, mit der die Schwestern ihr Handwerk ausübten, und nicht minder die künstlerischen Bildkompositionen. Aus ganz Europa bezogen sie Stoffe, Garne, Goldapplikationen und Pailletten. Das Bild oben zeigt Probestickereien und Skizzen für Messgewänder und Fahnen aus dem 19. Jahrhundert.

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Ostern und nichts Neues?

„Wir werden auferstehen!“ Das kann man glauben, aber auch lassen und trotzdem gut leben. Auferstehung, entweder sie funktioniert, dann steht der Himmel offen, wenn nicht, dann merkt es sowieso niemand, man ist ja tot.

Der Auferstehungsglaube kann beruhigen, muss es aber nicht, er ist kostenlos, stört keinen und über ihn zu streiten macht wenig Sinn. Ist dieser Glaube also nur ein Überraschungsei aus dem Jenseits? Ja, kann man so sagen, muss man aber nicht!

Der Auferstehungsglaube bedeutet: Befreit zu sein von der Angst um sich selbst. Weil dieser Glaube uns Sicherheit gibt für ein Leben nach dem Tod, will er uns die Angst nehmen die wir „vor“ (im doppelten Sinn) dem Tod haben. Wer diese Konsequenz der Auferstehung nicht fürchtet, kommt im eigenen Leben neu an.

Konkret:

Sie spielen Rollen, um Ärger zu vermeiden, treffen sich mit Menschen, nur weil es sich so gehört, akzeptieren Entscheidungen, die bequem sind, erfüllen Aufgaben, obwohl Sie in ihnen keinen Sinn sehen. Sie verhalten sich nur, weil es andere so erwarten, verbergen ihre Meinung für Annehmlichkeiten, unterdrücken Gefühle gegen Ihren Willen und geben vor, Empathie zu empfinden, obwohl das nicht stimmt. Sie finden sich nicht schön, weil sie Idealen nicht entsprechen, kaufen, um zu gefallen, geben nach, obwohl sie nicht mittragen können und gehen mit dem Hund raus,um jemanden zum reden zu haben.

Wie wäre Ihr Leben, wenn Sie um sich selbst keine Angst hätten, also angstfrei handeln würden? Was wäre anders, befreiter, österlicher?

 

Erschienen in: Kirchenzeitung für das Bistum Aachen, Bonifatiusbote (Fulda), Der Sonntag (Limburg), Glaube und Leben (Mainz), Kirchenbote (Osnabrück), Kirchenzeitung (Hildesheim), Neue Kirchenzeitung (Hamburg), Tag des Herrn (Dresden), Tag des Herrn (Erfurt), Tag des Herrn (Görlitz), Tag des Herrn (Magdeburg).
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Feindesliebe! Geht nicht?

Feindesliebe! Darf ich Sie einladen sich dieses Wort kurz auf der Zunge zergehen zu lassen?

Haben Sie einen Feind, jemanden also den Sie für lebensbedrohlich halten, mindestens aber jemanden der Ihre Lebensqualität bewusst beeinträchtigt um Ihnen zu schaden? Unter Feinden versteht man ja eigentlich nicht Leute die man nicht mag, die einen z. B. beklaut haben, nerven oder übel nachreden. Ein Feind wäre jemand der  bösartig ihr Dasein bedroht! Haben sie einen Feind?

Lieben Sie jemanden? Gemeint sind hier nicht Leute die Sie nett finden, die Ihre Meinung teilen, sie einladen, oder mit denen Sie gut diskutieren können. Ein von Ihnen geliebter Mensch, der auch Sie liebt würde alles dafür tun Ihr Leben zu schützen, und Sie würden ebenso beschützen wollen.  Haben Sie einen geliebten Menschen?

Aber wie geht das dann zusammen: Das Leben dessen beschützen zu können, der das eigene Leben willentlich bedroht. Denn das ist die Forderung Jesu wenn er von Feindesliebe spricht.

Wer klar hat was ein Feind ist und was Liebe ist, der muss wohl ein Heiliger sein, um Feindesliebe konsequent leben zu können. Die exklusive jesuanische Forderung an jene, die sich nach ihm Christen nennen, ist eine grenzwertige Herausforderung, unmöglich alltäglich zu leben, so denke ich. Trotzdem, auch nur mit der Annäherung an diese Forderung, nur in einer Teilerfüllung, also einem „ein bisschen“ den Feind lieben, oder es sich wenigstens einmal vorzustellen, wäre schon ein riesiger Schritt in Sachen Nächstenliebe.

 

Text: Mt 5,38ff

Erschienen in: Kirchenzeitung für das Bistum Aachen, Bonifatiusbote (Fulda), Der Sonntag (Limburg), Glaube und Leben (Mainz), Kirchenbote (Osnabrück), Kirchenzeitung (Hildesheim), Neue Kirchenzeitung (Hamburg), Tag des Herrn (Dresden), Tag des Herrn (Erfurt), Tag des Herrn (Görlitz), Tag des Herrn (Magdeburg).
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Durchsichtige Worte

Ein gutes Gespräch lebt oft von seinen Argumenten, besonders dann, wenn es um Entscheidungen geht. Wollen Sie Ihrer Meinung Gehör verschaffen, dann sollten Sie sich sachliche Argumente zurechtlegen. Laut werden im Gespräch ist genauso wenig ein Argument wie, „ach mit dir kann man ja nicht reden“, oder „du bist einfach zu doof!

Jeder Mensch hat grundsätzlich die Gabe des Verstehens, ist also in der Lage eine Botschaft aufzunehmen und sich ihr entsprechend zu verhalten. Entscheidend ist nur, dass Argumente für alle verständlich daher kommen. Möchten Sie also überzeugen, dann müssen Sie  sich mit Ihren Argumente auf Ihr Gegenüber einstellen, sonst sprechen Sie aneinander vorbei. Wer also  sein Gesprächsgegenüber nicht über den Tisch ziehen will, der muss verstehbare Argumente sammeln.

In der Antike gab es den Brauch, nach dem Gespräch die nicht überzeugenden Argumente festzuhalten, um sie in einem späteren Dialog treffender wiederverwendet zu könnten.

Wer heute in einem Gespräch seinem Gegenüber so viel Beachtung  schenkt auch seine unwichtigen Argumente aufheben zu wollen, ist souverän.  Wichtig ist, die Argumente der anderen wirklich verstehen zu wollen. Da hilft, wenn Sie, bevor sie Ihre Gegenargumente schärfen, das gehörte Argument des Anderen einmal in eigene Worte zu fassen, um dann zu fragen, ob man das Argument so richtig verstanden hat. „Dia – Log“ bedeutet das „durchsichtige Wort“. So könnten selbst schwere Gespräche, auch in den Dialogprozessen unserer Kirche. gut gehen.

 

Text: 1. Kor 1

Erschienen in: Kirchenzeitung für das Bistum Aachen, Bonifatiusbote (Fulda), Der Sonntag (Limburg), Glaube und Leben (Mainz), Kirchenbote (Osnabrück), Kirchenzeitung (Hildesheim), Neue Kirchenzeitung (Hamburg), Tag des Herrn (Dresden), Tag des Herrn (Erfurt), Tag des Herrn (Görlitz), Tag des Herrn (Magdeburg).
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Unhöflicher Dialog

Eigentlich bist du als Muslim geboren.
Sagt er.
Sagt der Muslim.
Zu mir.
Ich bin Christ.

Ist schon heftig,
eigentlich ein verlorener Muslim,
sprich ein Christ zu sein.
Lässt Wut aufkommen,
und wohin damit.

Ein Muslim,
musste ich kontern,
kommt nicht in den Himmel,
zumindest nicht in den, an dem ich anstehen darf.
Lässt Wut aufkommen,
und wohin damit.

Das haben wir uns gesagt,
so unhöflich konnten wir sein.

Uns verbindet Freundschaft,
die Verschiedenheit trennte uns nicht,
lässt uns aber auch nicht eins sein.

Wir diskutierten, erzählten, erklärten, ließen Gefühle zu, organisierten Verletzlichkeiten und verabredeten uns immer wieder neu.

Wir wollten das Schwierige nicht verschweigen,
was auch weh tun kann,
verband und „ver – bindet“
unsere Verschiedenheit doch zur Freundschaft.
Deshalb hören wir nicht auf zu sprechen.

Und es stimmt:
„Weiter ist der Mensch, seit ein Gespräch er ist“ (Hölderlin)

Erschienen in: Kirchenzeitung für das Bistum Aachen, Bonifatiusbote (Fulda), Der Sonntag (Limburg), Glaube und Leben (Mainz), Kirchenbote (Osnabrück), Kirchenzeitung (Hildesheim), Neue Kirchenzeitung (Hamburg), Tag des Herrn (Dresden), Tag des Herrn (Erfurt), Tag des Herrn (Görlitz), Tag des Herrn (Magdeburg).
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