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Aachener setzen Hoffnung in den deutschen Papst

Aachener setzen Hoffnung in den deutschen Papst

Nach der Wahl Joseph Ratzingers beten zahlreiche Gläubige in den Kirchen für Benedikt XVI. Viel Zuversicht, aber auch noch Skepsis zu spüren.

Aachen. Als die Glocken im Dom und in der ganzen Stadt läuteten, machte sich Oberbürgermeister Dr. Jürgen Linden schnell nach Hause auf, „um diesen historischen Moment dort zu erleben“. Aachen blickte gebannt gen Rom. Auch wenn er im Vorfeld einer der Favoriten war: Dass schließlich Joseph Kardinal Ratzinger Papst wird, hat dennoch viele überrascht. Eine Stunde nach der Wahl strömten dutzende Gläubige in die Kirchen. Im Dom oder auch in St. Follian wurden es minütlich mehr. Viele beteten für Benedikt XVI. Stimmungen und Stimmen – die AZ hat sich gestern Abend in der Stadt umgehört.

Dr. Albert Altenähr, Abt der Benediktiner-Abtei in Kornelimünster: „Ich hatte mit einem längeren Konklave gerechnet. Ich habe gestern Abend im Internet die Predigt von Kardinal Ratzinger gelesen. Es war eine sehr geistliche Predigt. Man sollte jetzt nicht Klischees wie konservativ oder modern bemühen. Selbstverständlich freut es mich sehr, dass er den Namen Benedikt angenommen hat.“

Bernhard Aurin, Besucher in St. Follian: „Ich habe eben noch zu einem Kollegen gesagt, dass ich aus der Kirche austrete, wenn es der Ratzinger wird. Aber jetzt bin ich doch stolz, dass es ein Landsmann geworden ist. Der Papst braucht die Unterstützung von allen.“

Dr. Jürgen Linden, Oberbürgermeister: „Ich bin sehr überrascht, ich freue mich sehr. Der neue Papst ist der große intellektuelle Führer der katholischen Kirche. Wir werden ihn jetzt mit neuen – ich denke positiven – Eigenschaften kennen lernen. Vielleicht können wir von den Polen lernen, dass wir stolz darauf sein dürfen, dass der neue Papst ein Deutscher ist. Ich hoffe, dass er auch zum Weltjugendtag nach Köln kommt.“

Dr. Hans Müllejans, Alt-Dompropst: „Dieser Papst wird die Kirche im Sinne von Johannes Paul II. leiten. Er wird seinen Prinzipien treu bleiben, aber auch wissen, dass Fortschritt nötig ist – und darauf hoffe ich.“

Hans-Peter Bruckhoff, Superintendent der Evangelischen Kirche: „Ich bin gespannt, wie Joseph Ratzinger jetzt in voller Verantwortung sein Verhältnis zu den Kir-. chen der Reformen gestaltet. Manchmal verändern sich ja Menschen mit dem Amt, und ich wünsche mir seitens des Papstes eine Ökumene, die wirklich auf Augenhöhe stattfindet. Bei allen kritischen Gedanken ist es aber ein gutes und wichtiges Zeichen, dass die Wahl des neuen Papstes so rasch geschehen ist. Bei . seinen geistigen Gaben, seiner Entschlossenheit und seiner Verbundenheit zu Johannes Paul II. wird er sicher im Sinne des Friedens in den politischen Bereich hineinwirken, und das brauchen wir.“

Armin Laschet, CDU-Vorsitzender: „Das ist ein großer und historischer Tag für die Kirche weltweit, aber besonders in Deutschland. Benedikt XV., an dessen Namen er anknüpft, war ein sehr politischer Papst, der als Friedenspapst im 1. Weltkrieg bekannt wurde. Ich bin sicher, der neue Papst wird die christliche Verantwortung für die Gestaltung der Welt stärken und die Herzen der Menschen erreichen. Als Europäer haben wir Aachener ihn im Vorfeld der Karlspreisentscheidung für seinen Vorgänger erlebt.“

Anton Meyer, Vorsitzender des Katholikenrates Aachen-Stadt: „Ich habe den bisherigen Kardinal Ratzinger immer aufmerksam als Professor für Theologie verfolgt und mehrere seiner Bücher gelesen. Ich rechne jetzt nicht mit den Reformen, die fürs Innere der Kirche erwartet werden. Aber er wird den Glauben festigen können. Der neue Papst ist ein frommer Mann. Ich hoffe, dass Benedikt XVI. den weltpolitischen Kurs von Johannes Paul II. fortsetzen wird.

Hans-Günther Vienken, Domkapitular: „Ich bin begeistert. Ratzinger hat ein großes pastorales Herz, ist ein hervorragender Theologe, ausgezeichneter Kenner der Kurie und blitzgescheit. Das durch die Medien geprägte Bild, das die Öffentlichkeit teils von ihm hat, ist falsch. Begriffe wie konservativ sagen rein gar nichts aus.“

Heribert August, Pastor von St. Michael, zurzeit Sarajevo: „Hier herrscht große Begeisterung, alle haben mir gratuliert und freuen sich mit uns Deutschen. Benedikt XVI. steht für Kontinuität und Klarheit der Sprache. Es ist gut, dass wir einen Papst haben, der Abstand zu dem verstorbenen bringt und auch den Boden bereitet für einen jüngeren. Ein Papst ist immer für Überraschungen gut. Ich bin nicht euphorisch, aber voller Hoffnung darauf!“

Schwester Johanna, Elisabethin aus Aachen: „Ich freue mich sehr über diese Wahl, die ich nicht vermutet hätte. Ich hätte nicht ge glaubt, dass die Kardinäle aus aller Welt einen Deutschen zum Papst wählen. Aber das ruft uns Deutschen etwas in Erinnerung, was wir drohen zu vergessen, nämlich dass in der Weltkirche andere Akzente wichtig sind, als wir sie hier sehen. Er ist ein echter Konsenspapst.“

Andris Gulbins, KAB-Sekretär: „Die in den letzten Jahrzehnten ausgebliebene Demokratisierung und die Reformen werden in nächster Zeit wohl nicht angepackt werden. Es stellt sich für mich die Frage, ob der neue Papst das Engagement von Johannes Paul II. gegen Krieg, für den Frieden, gegen Armut, Unterdrückung und die Todesstrafe fortsetzen wird. Da hat der gestorbene Papst Großartiges geleistet. Ich hoffe, dass dies fortgesetzt wird. Ich bin aber skeptisch, ob der Vatikan den Mut zu innerkirchlichen Reformen haben wird.“

Heinke Maaßen und Ricarda Grothey, Dom-Besucherinnen: „Das ist uns ziemlich egal. Diesen Wirbel können wir nicht nachvollziehen. Schön wäre gewesen, es hätte einmal einen afrikanischen Papst gegeben. Aber auch dieses ganze kostspielige Brimborium hat nichts mit dem christlichen Glauben zu tun.“

Schwester Katharina Maria, Generaloberin der Franziskanerinnen in Aachen: „Ich war sehr überrascht. Es wurde zwar immer darüber gesprochen, dass Kardinal Ratzinger der Favorit ist, aber ich habe nie recht daran geglaubt, dass er auch Papst wird.“

Christoph Stender, Hochschulpfarrer: „Jeder Papst ist mit seinem Amt gewachsen, und zwar in eine unerwartete Richtung. Mit seiner Namenswahl lehnt Ratzinger sich an Benedikt XV. an, der explizit ein Friedenspapst war. Es wird entscheidend, ob Benedikt XVI. die Grundfrage stellt: Mensch, was brauchst Du, damit Dein Leben gelingt? Das ist weltweit die Grundfrage des Friedens.“

Quelle: Aachener Zeitung, 20.04.2005.
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