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Jetzt bewusst den Frieden leben

Jetzt bewusst den Frieden leben

Hochschulpfarrer Stender rüttelt mit Predigt auf – Akzeptanz statt Toleranz

Aachen. Der Krieg im Irak beschäftigt die Menschen. Die damit einhergehenden Gefühle reichen von Angst, Resignation bis hin zu Wut und Aggression. Der katholische Hochschulpfarrer Christoph Stender hat am Sonntag mit seiner Predigt, die er in St. Barbara, St. Apollonia und bei einem Hochschulgottesdienst in St. Nikolaus gehalten hat, viele Menschen berührt. Sein Handlungsvorschlag für das Hier und Jetzt: Jeden Morgen mit einem Gedanken des Friedens aufwachen und diesen ganz konkret im Laufe des Tages umsetzen.

AZ-Interview

Mit Christoph Stender, Leiter der Katholischen Hochschulgemeinde (KHG) und einer der Autoren der AZ-Kolumne «Andererseits», sprach AZ-Mitarbeiter Olaf Lindenau.

Haben Menschen in Krisenzeiten ein größeres Bedürfnis nach Glauben und Kirche?

Stender: Das lässt sich so allgemein nicht sagen. Allerdings bekommt die Sinnfrage eine andere Dimension. Nach der Demonstration vom vergangenen Donnerstag habe ich beispielsweise beim anschließenden Friedensgebet im Dom Menschen getroffen, die sonst vielleicht nicht in die Kirche gehen. Es zeigt sich eine gewisse Hilflosigkeit im Umgang mit der Vielzahl der Gefühle, die die Menschen bewegen.

Die Predigt, die Sie am Sonntag in verschiedenen Kirchen gehalten haben, hat viele Ihrer Zuhörer sehr beeindruckt. Was kann man mit einer Predigt überhaupt noch bewirken?

Stender: Ich denke, dass ich in meinen Predigten viele Anregungen geben kann. Noch am Sonntag habe ich es erlebt, dass sich ein afrikanisches Paar nach der Messe für die Predigt explizit bedankt hat. Eine gute Ansprache wirkt zudem über den Kreis der daran Teilnehmenden hinaus. Sie führt nicht selten auch zu kontroversen Diskussionen, etwa im Familien- oder Freundeskreis. Ich erlebe es oft, dass ich sogar mehrere Wochen nach einer Ansprache von Wildfremden um Hilfe in einer konkreten Lebenssituation gefragt werde.

Was können Sie den Menschen angesichts des Krieges raten?

Stender: Gefühle wie Wut, Entsetzen oder Trauer reichen nicht. Wichtig ist es, zu Gedanken zu kommen, die dann in Handlungen umgesetzt werden müssen. Die Weltpolitik können wir sicherlich nicht beeinflussen. Wir sind aber nicht zum Nichtstun verurteilt. Das habe ich auch am Sonntag in meiner Predigt deutlich gemacht. Jeder kann im kleinen etwas tun.

Was können wir denn tun?

Stender: Zunächst kommt es darauf an, dass jeder sich schon nach dem Aufstehen Gedanken des Friedens macht und versucht, diese im Laufe des Tages auch umzusetzen. Der zweite Punkt, der mir wichtig erscheint, ist die humanitäre Hilfe. Auch wenn wir in Deutschland jammern, wie schlecht es uns geht, so geht es uns bedeutend besser als den meisten Menschen auf dieser Welt. Es geht jetzt darum, klare Zeichen zu setzen. Wir müssen den Menschen im Irak zeigen, dass nicht nur Bomben aus dem Ausland kommen, sondern auch Ärzte, Medikamente und Lebensmittel. Die Menschen, denen so geholfen wird, können dann ihrerseits für den Frieden eintreten.

Wir leben in Aachen in einer multikulturellen Gesellschaft. Und doch weiß man wenig voneinander. Besteht da nicht auch akuter Handlungsbedarf?

Stender: Genau, das ist der dritte Punkt: Es geht darum, sich mit anderen Kulturen, anderen Glaubensrichtungen auch wirklich auseinander zu setzen, sich für diese zu interessieren. Denn das Fremde, wovor man zunächst noch Angst hat, kann unser Leben sehr bereichern. Hierbei geht es mir um die Akzeptanz der fremden Kultur, des fremden Glaubens. Das Wort Toleranz geht mir in diesem Zusammenhang auf die Nerven. Dahinter verbirgt sich eine Duldungshaltung, das Gefühl der Überlegenheit – etwa nach dem Motto: Wenn es dich nicht gäbe, würde mir auch nichts fehlen. Aber das Andersartige ist ein Reichtum. Nur durch die Akzeptanz bringe ich zum Ausdruck, dass ich die Kultur des anderen wertschätze.

Was können wir tun, um eine friedliche Welt zu bauen?

Stender: Zunächst müssen wir uns dafür sensibilisieren, dass unsere Welt nicht friedlich ist. Da haben wir uns in Deutschland in den letzten Jahren in die Tasche gelogen, indem wir viele Kriege erst gar nicht wahrgenommen haben. Wir müssen die Wirklichkeit wirklich wollen und dazu müssen auch die freien Medien helfen.

Die Katholische Hochschulgemeinde setzt auch an diesem Mittwoch ihre seit neun Wochen laufende Aktion „Viertel vor Zwölf – Gedanken des Friedens“ fort. In den Katakomben, Pontstraße 74-76, spricht der jüdische Student Jossi Avidor um 11.45 Uhr. Die Aktion ist als Treffpunkt, als kurzes Innehalten mitten am Tag angelegt.

Quelle: Aachener Zitung, 25.3.2003.
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