Predigt: Pfarrer Christoph Stender
Liebe Glaubensschwestern, liebe Glaubensbrüder,
zu wissen, wohin man gehört, ist ein großes Geschenk. Jeder von uns braucht Menschen, zu denen er gehört. Manchmal ist es nur ein einziger Mensch, der wissen lässt, wohin man gehört. Oder es ist die Familie, die gerade auch im Konflikt Beheimatung schenkt. Zugehörigkeit erfahren Menschen, die ihr Hobby gemeinsam pflegen und besonders auch ein Freundeskreis lässt getragen sein erfahren. Auch religiöse Gemeinschaft können spüren lassen, wohin man gehört.
Unsere eigenen Zugehörigkeiten machen wir uns allerdings nicht jeden Tag aufs Neue bewusst, sie stehen in unserem Alltag oft nicht im Vordergrund, da alltägliche Herausforderungen unsere Aufmerksamkeit beanspruchen. Aber, im Hintergrund sind unsere Zugehörigkeiten präsent. Meine Zugehörigkeit zu Menschen, also mein bei ihnen beheimatet sein ist ein Teil meiner Identität und gibt mir auch die Kraft, besonders in schweren Situationen meinen Alltag zu bewältigen. Solche Beheimatung schenken uns liebe Menschen, die unser Herz spüren lassen dazuzugehören.
Auch Jesus lebte in Beziehungen, auch er musste, wie jeder andere auch, seinen Alltag in den Griff bekommen. Er wusste aus eigener Erfahrung, wie wichtig die Menschen sind, die einander Heimat geben, die einem am Herzen liegen und spüren lassen, hier gehörst du hin. Jesus aber spürte in seinem Alltag eine Zugehörigkeit, die tiefer wurzelte als in einem aufgehoben und geborgen sein unter Mitmenschen. Immer stärker im Lauf seines Lebens spürte er die Einheit, die ihn mit seinem himmlischen Vater verband. Auf seinem Lebensweg, auf dem sein Kreuz ihm immer näherkam, erlebte er Situationen, die ihn glauben ließen, sogar von seinem himmlischen Vater verlassen zu sein. Aber auch wenn er in schwerem Leiden fragend nach Gott rief, wusste er, dass seine Heimat in Gott nicht der Zerbrechlichkeit der Welt unterlegen ist.
Deshalb erhoffte Jesus für die Menschen, die ihn begleiten, dass auch sie erleben würden, verlässlich aufgehoben und geborgen zu sein. Für die Menschen, die Jesus so am Herzen lagen bittet er, wie uns das Evangelium nach Johannes erzählt: „Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein.“ (Joh 17,21f) In diesen zärtlichen Worten Jesu wird deutlich, wie sehr er sich danach sehnte, dass wie er selbst, auch die ihm anvertrauten Menschen im Herzen spürten, wohin sie gehören, nämlich in die Einheit, die Gott selbst ist.
Seine Bitte um die Einheit der Menschen, ihr verbunden Sein in Gott ist aus heutiger Perspektive aber nicht nur in die Vergangenheit einzuordnen. Seine Bitte um Einheit, ein verbunden Sein in Gott, zusammengehörig in Gottes Namen, wissen wohin man gehört, diese Bitte Jesu gilt auch für uns heute, die wir versuchen ihm zu folgen.
Liebe Schwestern, liebe Brüder,
zu wissen, wohin man gehört, ist ein großes Geschenk. Dafür gilt es den Menschen zu danken, die Zugehörigkeit uns ehrlich spüren lassen. Es gilt Gott zu danken, der uns im Glauben wissen lässt, grenzenlos in ihm beheimatet zu sein.
Manchmal ist es schön, einfach sehr schön, sich so fallen lassen zu können in die geschenkte Geborgenheit. Doch Geborgenheit ist nicht nur ein schönes Gefühl, sie ist auch Kraftquelle!
Unsere Beheimatung ist eine Kraftquelle, aus der wir besonders dann schöpfen können, wenn uns das Wasser bis zum Hals steht, wenn Konflikte unser Leben bedrängen oder wenn wir uns ausgebrannt fühlen.
Beheimatung ist aber auch eine Kraftquelle aus der heraus Solidarität verschenkt werden kann. Solidarität beginnt mit dem Hinschauen, wahrnehmen wie Menschen leben, entdecken was ihnen fehlt. Solidarität bedeutet an Hintergründen interessiert zu sein, kulturelles Erbe wertzuschätzen und politische Gegebenheiten abzuschätzen. Solidarität bedeutet dann aber auch Einsatz, Selbstvergessenheit und Mut an den Tag zu legen.
Liebe Geschwister,
unsere Solidarität als Christinnen und Christen sowie aller Menschen guten Willens, ist das große „Kapital“ unseres Osteuropa-Hilfswerks Renovabis. Dieses Werk, 1993 von engagierten Christinnen und Christen ins Leben gerufen, lässt Menschen von Albanien bis Weißrussland und von Estland bis Tadschikistan durch konkrete Projekte spüren nicht allein zu sein.
Gerade Heranwachsende sollen in sozialen Projekten lernen ihre Fähigkeiten und Talente zu entfalten. Das qualifiziert sie später ihre Gesellschaften, Beheimatung mitzugestalten, um so auch eine persönliche Perspektive aufbauen zu können, die sonst eventuell nicht gegeben wäre. Solidarität ist ein Fundament auf dem Beheimatung wachsen kann und die Menschen mit frohem Herzen sagen lässt: da gehöre ich hin. So gelebte Solidarität kann aber nur ihre Kraft entfalten, wenn sie durchwoben ist von Glaubwürdigkeit und Transparenz, der Ehrlichkeit der Worte, und dem Respekt vor Gott.
Im Dienst an den Menschen in Mittel-, Ost- und Südosteuropa geben jene dem Hilfswerk Renovabis Gesicht und Stimme, die sich vor Ort engagieren und so stark machen für die Belange, und besonders auch für die Nöte der Menschen. Mit unserer Hilfe, unserer Verbundenheit sind sie so auch unsere Stimme, der geglaubt werden darf.