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Nein, zu einfach, unwahr!

Allen Gedanken gemeinsam ist normalerweise ihre Unverfügbarkeit, sie sind bekanntlich frei. So werden sie nicht nur gedacht, sondern auch besungen, wie in der vierten Strophe des Lieds „Die Gedanken sind frei“ in der Version des Liederbuches „Zupfgeigenhansel“: „Und sperrt man mich ein im finsteren Kerker, das alles sind rein vergebliche Werke; denn meine Gedanken zerreißen die Schranken und Mauern entzwei: die Gedanken sind frei.“ Der Text beschreibt, dass Gedanken sich nicht einmauern lassen, da sie Beschränkungen jeder Art niederzureißen in der Lage sind dadurch, dass der Gedanke einfach nur gedacht werden muss. Gedanken aber bleiben nicht folgenlos, wenn sie ausgedrückt werden, also eine Öffentlichkeit erlangen in ausgesprochenen Worten oder tätigem Handeln.

„Die Gedanken sind frei“, das bedeutet aber noch nicht, dass jeder Gedanke auch gut ist. Die deutsche Geschichte belegt traurig, und aktuell beweisen es beispielsweise terroristische islamistische Mörder, wie bestimmtes Gedankengut Leben rücksichtslos vernichtet. Die Anzahl derer nimmt zu, die meinen, dass ihre Gedanken ungefiltert eine Öffentlichkeit verdienen, und die „sozialen“  Medien im Internet machen das möglich. Und je simpler ein Gedanke ist, umso mehr erweckt er bei vielen Menschen, Tendenz steigend, die Gewissheit, dass solches „Gedankengut“ auch richtig ist.

Besonders nationalkonservative Kreise propagieren den einfachen Gedanken als die Lösung aller Probleme. Da werden neuerdings auch gerne sogenannte „alternativen Fakten“ gedacht und  ausgesprochen, die vor wenigen Wochen noch Lüge genannt wurden. Ja, auch hier gilt, „die Gedanken sind frei“. Ja, Gedanken sind frei, deren Äußerung aber nicht frei von jedweder „Rücksicht“. In diesem Sinne beschreibt die vierte Strophe auch eine Bedrohung durch die Gedanken, die freigesetzt für sich in Anspruch nehmen, Schranken und Mauern, die die Gesellschaft als Allgemeingut würdigen Umgangs untereinander aufgestellt hat, so einfach niederzureißen. Das Ergebnis ist der sogenannte Shitstorm, die Freiheit, Gedankendreck kübelweise über andere Menschen auszukippen.

Menschen, die schwarzweiß denken und populistisch niveaulose Gedanken als einfache Lösungen anbieten, täuschen. Liebe Leser, helfen Sie Menschen, einfachen Lösungen nicht zu trauen und helfen Sie ihnen, differenzierter hinzuschauen. Helfen Sie Menschen, nein zu sagen, wenn ihnen eingetrichtert wird: Das Böse ist im Fremden festzumachen, nein! National ist besser als gemeinsam europäisch, nein! Mauern schützen und befreien, nein! Religionen auszugrenzen gibt Sicherheit, nein! Nehmen Sie den Rattenfängern mit einem Nein den Zulauf.

Erschienen in: Katholische SonntagsZeitung für Deutschland, 11./12. Februar 2017
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