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Nähe in der Trauer

Dein Stuhl bleibt nur noch: „Da hast du gesessen.“
Dieses Lied wird niemand mehr so pfeifen wie du.
Deine Ecken und Kanten hast du mit ins Grab genommen.
Wenn ich deinen Namen rufe, gibt nur Erinnerung mir
Antwort mit dem Klang des Ebennoch. Der halb offene
Kleiderschrank ist einfach nur Schmerz. Die Luft riecht
nicht mehr nach dir. Die Zimmer gähnen mein Vermissen.
Das Grab frag ich: warum.
Sind dies die Gedanken, die dich treiben, dein Fühlen,
das dich lähmt, deine Erinnerung, die weh tut? — Ich kann
dir nicht gehen, was endgültig hier dir genommen.
Trauer ist so schwer zu teilen. Mitleid gibt der Leere
kein Gesicht. Kondolenzkarten haben meist nur einen schwarzen
Rand. Darf ich der Trauer Schweigen mit dir teilen? Meine
Hand für dich offen halten? Ein Lied vom Leben zu singen
versuchen und in Sichtweite zu dir stehen?

© 2005 Christoph Stender, aus Herzliche Anteilnahe – Trostworte von Dichtern und Denkern, Hrsg. Ludger Hohn-Morisch erschienen im Herder Verlag
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