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Nachfolge als Abenteuer?

„Ich will dir folgen, wohin du auch gehst“ (Lk 9,57). Hielte Jesus dieses bedingungslos klingende Angebot für wirklich überzeugend, dann wäre seine Antwort nicht so: „Die Füchse haben ihre Höhlen und die Vögel ihre Nester; der Menschensohn aber hat keinen Ort, wo er sein Haupt hinlegen kann“ (Lk 9,58). „Netter“ reagiert er bei einem weiteren Interessierten auch nicht: „Keiner, der die Hand an den Pflug gelegt hat und nochmals zurückblickt, taugt (…)“ (Lk 9,62).

Warum zögert Jesus? Nimmt er an, diese Interessierten suchen nur das schnelle Abenteuer, weil er, Jesus, spannender tickt als die meisten frommen Männer seiner Zeit? Aber wäre es denn grundsätzlich daneben, die Nachfolge Jesu als ein Abenteuer zu verstehen?

Wer in seinem Leben ein Abenteuer eingehen will, also die vertrauten Wege zu verlassen bereit ist, der muss alles  Bisherige hinterfragt haben: Sicherheiten, Gewohntes, Liebgewonnenes, soziale Netzwerke, das ganze persönliche Umfeld also. Denn ein lebensrelevantes Abenteuer, das keine  Lagerfeuerromantik sein will, ist kein Spaziergang mit Gänsehaut, sondern eine risikoreiche Unternehmung und fernab des Gewohnten eine Expedition ins Ungewisse. „Die Heimat des Abenteuers ist die Fremde“, schrieb der deutsche Dramatiker Emil Gött.

Damals wie heute gilt: Wer „an und für sich“ festhält, das Gewohnte unbeirrt weiter pflegt, an einmal getroffenem Urteil festhält, und Jesus verwenden mag als neues „Dressing“ für den Alltag, dem hat Jesus nichts zu bieten. Nachfolge ist Abenteuer: Abenteuer für den, der das Unbekannte nicht scheut, der sich in der Fremde mit sich selbst konfrontiert, der in dem gestern noch Fernen eine Bereicherung entdeckt. Wer in der Fremde die neue Begegnung mit Gott erahnt, der könnte in die Spur Jesu passen.

Wo ist die Fremde konkret? Dort, wo wir erst einmal Klarheit haben, nichts geben zu müssen, sondern wo wir neue Horizonte erfahren dürfen: Also sich wenden zu den Lebensumständen derer, die so anders sind als die eigenen; zu der Denkart derer, die uns bisher kalt ließen; zu den Lebensorten jener, die anders leben müssen, wollen oder sollen als man selbst. Der Weg in die Fremde: Nachfragen, sich ein-mischen, hin-hören, von sich ab-sehen, sich ein-lassen, zu-wenden. Das hat Jesus auch so gemacht, als er über unsere Erde ging, die „Fremde“ Gottes.

Klingt das nach Überforderung, aus dem Glauben heraus vielleicht sogar noch im Alter ein neues Abenteuer zu wagen? Ist das wirklich so, oder nennen wir es einfach nur Überforderung, um die Botschaft Jesu (weiter) „an und für sich“ als Beruhigungspille einzunehmen und nicht als Aufputschmittel? Sorry, aber anders geht es nicht. Wir müssen uns das fragen lassen.

Erschienen in: Katholische SonntagsZeitung für Deutschland, 25./26. Juni 2016
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