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Mit Zettel verbindlich himmelwärts

Beiläufig – so scheint es – gibt Jesus den Jüngern im Evangelium dieses Sonntags die Order: „Amen, ich sage euch: Alles, was ihr auf Erden binden werdet, das wird auch im Himmel gebunden sein, und alles, was ihr auf Erden lösen werdet, das wird auch im Himmel gelöst sein.“

Während Jesus diese irdischen und himmlischen Vollmachten verteilt, lehnt sich gerade Johannes an Matthäus, Bartholomäus schaut rüber zu Thomas, Andreas ist mit sich selbst beschäftigt, Petrus und Philippus tuscheln, Jakobus kränkelt, der andere Jakobus schaut einem Vogel hinterher, Judas Iskariot sucht etwas in seiner Tasche und Simon spielt dezent „schnick schnack“ mit Thaddäus. Dem Prinzip folgend „Wer alle meint, meint keinen“ sprechen Jesu Worte auf diese Gruppe bezogen keinen so richtig an.

Aber jetzt kommt’s: Jesus wendete sich plötzlich nur an Jakobus, ruft ihn aus der Gruppe und wiederholt fast flüsternd dieselben Worte nur auf ihn allein bezogen: „Amen, ich sage dir, Jakobus: Alles, was du auf Erden binden wirst, das wird auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du auf Erden lösen wirst, das wird auch im Himmel gelöst sein.“

Zugegeben, so steht es nicht in der Bibel. Aber vielleicht nur deshalb, weil diese konkrete Ansprache folgerichtig ist und deshalb keiner besonderen Erwähnung bedurfte. Die Reaktion der Jünger ist übrigens nicht überliefert. Wie hätte sie klingen können? „Klar Jesus, geht in Ordnung!“ – „Ne, das ist mir eine Nummer zu groß!“ – oder: „Danke Jesus, Macht ist schon eine feine Sache.“?

Was überträgt Jesus mit der „Bindeformel“ konkret auf jeden einzelnen seiner Jünger? Geht es Jesus darum, das Privileg, die Macht, exklusiv an handverlesene Menschen zu binden? Nein, Jesus geht es mit Blick auf die Nachfolge seiner Jünger, also in der frühen Gestaltwerdung der Kirche, um die Bindefähigkeit eines jeden einzelnen: „Wie du dich als mein Jünger an mich bindest, so binde Kraft deiner Verkündigung auch den, der dich hört, an mich.“

Jesu Ziel ist Verbindlichkeit im Bekenntnis, die in Verlässlichkeit verankert ist. Denn nur, wenn die Jünger selbst an Jesus gebunden bleiben, lassen sich Menschen im Hören auf die Botschaft an Jesus binden. Wer sich an Jesus bindet, der ist mit ihm auch lernfähig, der fragt mit ihm nach den Belangen der Menschen, der macht sich mit ihm selbst verletzlich in der Suche nach Wahrheit und der bürstet mit ihm auch sich selbst und die Gesellschaft gegen den Strich.

Und was kann, mit Blick in den Himmel, der verbindlich für den tun, der sich hat binden lassen durch dessen Verkündigung? Vielleicht kann er ihm einen Zettel in die Hand drücken, mit der Option ihn an der Himmelspforte einzureichen. Darauf könnte stehen: „Wie dieser Mensch im Großen und Ganzen tickt, kann ich nicht sagen. Aber für mich war er ein Engel.“

Quelle: Katholische SonntagsZeitung für Deutschland 127 Jg. 5./6. September 2020
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