www.christoph-stender.de

Mit Profil und Zukunft

Über die Präsenz der Kirche an den Hochschulen

Hochschulpastoral auf zwei miteinander korrespondierenden Ebenen

Wenn die von der katholischen Kirchen getragene Hochschulpastoral, in Zukunft für die Institution Hochschule und deren Angehörige, sowie für die an den Hochschulen Studierenden relevant sein will, dann wird sie mit einem eindeutigen Profil auf zwei nicht voneinander zu trennenden und miteinander korrespondierenden „Ebenen“ handeln müssen!

Die erste Ebene (Basisebene) hochschulpastoralen Handelns sind die Studierenden in ihren Lebens- und Studiensituationen.

Die zweite Ebene hochschulpastoralen Handelns ist die Institution Hochschule (mit ihren angegliederten Einrichtungen) und die in ihr tätigen Hochschulangehörigen in Forschung und Lehre.

In diesem Artikel geht es mir in erster Linie darum, die zukünftig notwendige Präsenz der Kirche an den Hochschulen, bezogen auf die Institution Hochschule und die in ihr tätigen Hochschulangehörigen in Forschung und Lehre, hervorzuheben.

Hochschulpastoral muß als Kirche an der Hochschule identifizierbar sein!

Grundlage einer zukünftigen interessengeleiteten Hochschulpastoral muß ihre Identifizierbarkeit sein, als ein von der Kirche gewolltes und verortetes Angebot auf beiden Ebenen, ohne Etikettenschwindel!

So allerdings stößt die Hochschulpastoral noch mehr als bisher auf dieses kaum auszurottende Problem, daß das Bild von der katholischen Kirche, so wie es in einer breiten Öffentlichkeit tradiert wird, das Bild von einer zurückgewandten, introvertierten, unzeitgemäßen und arroganten Einrichtung Kirche, das in sich schon unreflektiert ist, nun genauso unreflektiert noch stärker auch auf die Einrichtungen der Hochschulpastoral dieser Kirche übertragen wird.

Würden die so verblendeten „Traditionalisten“ allerdings einmal genauer hinschauen, dann merkten sie, das dieser Imagetransfer, wenn er in sich denn überhaupt berechtigt ist, auf die Einrichtungen der Hochschulpastoral im Regelfall nicht zutrifft.

Nicht nur aus diesem Grunde aber auch, müssen die Tätigkeitsfelder der Hochschulpastoral in Zukunft noch transparenter auf diese Öffentlichkeit hin kommuniziert werden. Sonst bleibt diese „fixe Idee“ von einer nutzlosen Kirche auch weiter in den Köpfen vieler Studentinnen und Studenten sowie Hochschulangehöriger stecken.

Darüber hinaus ist diesem Zerrbild nur nachhaltig dann etwas entgegenzusetzen, wenn sich Kirche kompetent, selbstbewußt und in ihrer Intention klar präsentiert, durch ihre Priester und hauptamtlichen Laien, in den verschiedenen Aufgabenfeldern der Hochschulpastoral.

Hochschulpastoral muß von den Verantwortlichen der Diözesen gewollt sein!

Das bedeutet aber – und ist hierin nicht einzig begründet – daß die Bischöfe und ihre Verantwortlichen in den Ordinariaten und Generalvikariaten dafür Sorge zu tragen haben, daß qualifizierte und hoch motivierte Hauptamtliche (der Anzahl der eingeschriebenen Studierenden eins Hochschulstandortes angemessen), ihrer Kompetenz entsprechend, Mitverantwortung für die Hochschulpastoral vor Ort übernehmen können und wollen.

Hochschulpastoral muß ein qualifizierte personales Angebot sein!

Nur über ein qualifiziertes personales Angebot sind letzten Endes Studierende und Hochschulangehörige zu motivieren, mit Hochschulpastoral etwas zu tun haben zu wollen, die darüber hinaus dann auch selbst zu Multiplikatoren eines zeitgemäßen und authentischen kirchlichen Engagements werden können, ohne gleich in der Gesellschaft den Rang eines Reptils zu erwerben.

Hochschulpastoral bedarf eigener Strukturen!

Wesentlich für die Hochschulpastoral der Zukunft ist auch, daß die mit den Aufgaben gewachsen eigenständige Struktur der Hochschulpastoral, nicht im Sinne eines Elementes von Seelsorge einer Pfarrgemeinde (Territorialgemeinde) angegliedert wird, als ein von dort aus mit zu versorgendes Klientel.

Hochschulpastoral bedarf eigener unabhängiger und sensibler Strukturen, die kompatibel mit denen der Institution Hochschule und ihren studentischen Einrichtungen sind.

Hochschulpastoral muß eine profilierte „Erscheinung am Rand“ sein!

So verstanden ist die Hochschulpastoral der Zukunft notwendig eine Erscheinung am Rande der Kirche, in der sich allerdings die ganze Wahrheit der Kirche abbilden muß, und gleichzeitig eine Erscheinung am Rande der Hochschule, von der sie unabhängig bleiben muß, um sich relevant, im Kontext der Hochschulen, als Kirche positionieren zu können!

Sie kann aus dieser Position heraus Seismograph von und für die Kirche sein, um dann gegebenenfalls von dieser in ihre „Mitte“ gerufen zu werden, damit sie sich mit ihrer Kompetenz in die Ortskirche einbringen kann mit dem Ziel „die Zeichen der Zeit zu deuten“.

Gleichzeitig kann die Hochschulpastoral aber auch unter anderem ein freiwillig aufgehobener „Stein des Anstoßes“ für die Hochschulen sein, die fähig und bereit sind, ihre eigenen Entwicklung kritisch zu hinterfragen.

Hochschulpastoral ist ein zentraler Lernort, an dem der Menschen als Subjekt des Handelns im Blick behalten wird!

Hochschulpastoral ist so ein zentraler Ort der Auseinandersetzung, an dem zumindest eine kleiner Prozentsatz derer, die in Zukunft, oder schon heute auf der mittleren und oberen Etagen der Wirtschaft, Politik und Wissenschaft die Geschicke unserer Gesellschaft lenken, die Überzeugung entwickeln können, daß der Mensch selbst, in seiner Ebenbildlichkeit Gottes, das Subjekt des Handelns bleiben muß!

Aus dem selben Grund kann die Hochschulpastoral auch für die Hochschulen von Bedeutung sein, wenn die Hochschulen denn Interesse daran haben, Menschen zu Qualifizieren, die ihre Qualifikation nicht als Selbstzweck verstehen, sondern als einen qualifizierten Dienst an dem Menschen.

Hochschulpastoral mit Perspektive muß auf der Zufahrtsstraße Hochschule in die Zukunft, deren dominantes Ziel die Unbegrenztheit menschlichen Könnens ist, die Abbiegespur sein, zu der den Menschen bedingenden Grenze und seiner wirklichen Sehnsucht.

Hochschulpastoral muß Kirche für die Studierenden und auch die Lehrenden sein wollen

In diesem Bild wird auch die andere Ebene der Hochschulpastoral deutlich, die in Zukunft auch nicht aufgegeben werden darf, das uneingeschränkte Interesse der Kirche an den Menschen, die im Kontext der Hochschulen leben.

Auch auf diese Menschen bezogen muß Hochschulpastoral eindeutig identifizierbar sein, als in der befreienden Botschaft der Heiligen Schrift und in der Tradition der Kirche verwurzelt, gleichzeitig aber nicht einer ängstlichen Selbstbegrenzung der Kirche verhaftet.

So wird die Hochschulpastoral auch in Zukunft ein Lernfeld der Kirche sein, aus dem sie heraus auch Avantgarde für diese Kirche sein kann.

Die Aufgaben der Hochschulpastoral dürfen nicht zur Last werden!

Die Präsenz der Kirche an den Hochschulen nun auf beiden Ebenen konkret gestalten zu können, hängt wesentlich von der jeweiligen Situation der Hochschulen vor Ort ab und dem personellen Engagement der Diözesen . Die Verantwortlichen für die Hochschulpastoral in den Bistümern scheinen mehr auf das Pferd streichen zu setzen, als auf das Paradepferd investieren! Eine Hochschulpastoral für die Zukunft, mit immer weniger hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, und gleichzeitig immer neu hinzukommenden Herausforderungen und Anforderungen, kann die Hoffnung aufgeben, in Zukunft relevant für die Präsenz der Kirche an den Hochschulen zu sein.

Darüber hinaus ist es unverantwortlich, immer weniger in der Hochschulpastoral hauptamtlich Tätigen, immer mehr aufzuladen. Gerade eine Neuakzentuierungen der Hochschulpastoral bedarf kompetenter und engagierter Menschen, die in die Lage versetzt werden, zusätzlich die neue Wege mindestens exemplarisch gehen zu können.

Mögliche Wege zu einer zukunftsfähigen Präsenz der Kirche an den Hochschulen

Bei den folgenden Stichworten zu einer zukunftsfähigen Präsenz der Kirche handelt es sich um eine Erweiterung der Präsenz der Kirche an den Hochschulen, bezogen auf die in Lehre und Forschung tätigen Hochschulangehörigen und die Präsenz im kirchlich – wissenschaftlichen Diskurs. Im Folgenden werden einige Perspektiven aufgezeigt, die dann, den jeweils verschiedenen Situationen vor Ort entsprechend, entfaltet werden können!

Forum Wissenschaft und Kirche

Ein solches Forum, bestehend aus Professorinnen und Professoren unterschied-licher Disziplinen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus der Hochschulpastoral und anderen Vertretern der katholischen (christlichen) Kirche(n), hätte das Ziel, in einem Dialog zwischen Wissenschaft und Kirche vor Ort Impulse und Standortbestimmung zu ermöglichen.

Kernfrage des Dialoges ist zum einen die Verortung von christlichem Gedankengut und Wertehintergrund für eine zukunftsfähige und verantwortete Wissenschaft und Forschung, und zum anderen der nachhaltige Wandel einer Kirche, die sich in der heutigen Gesellschaft identifizieren will und muß.

Zielgruppe Promovierende und Postgraduierte

Hier sollte ein Ort geschaffen werden, an dem sich junge Forscher und Forscherinnen austauschen können (Interdisziplinärer Dialog). Darüber hinaus wäre eine kollegiale Beratung (evtl. auch professionelle Supervision) angestrebt, die dieser speziellen Lebens- und Studiensituation Rechnung trägt.

Talk zu aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen

Pro Semester sollte im Rahmen der Hochschulpastoral eine größer angelegte öf-fentliche Talkveranstaltung stattfinden, die mit Professorinnen und Professoren und mit Vertretern der Kirche und der Stadt aktuelle Themen aufgreift, die we-sentlich zu einem Selbstverständnis von Gesellschaft (vor Ort) beitragen.

Dialogforen (Kooperation mit den Hochschulen)

Diese sollten zeitlich überschaubare, projektbezogene „Arbeitskreise“ sein, die sich mit Themen befassen, wie:

  • Finanzierbarkeit von Wissenschaft (Abhängigkeit von wirtschaftlichen Profitinteressen)
  • Globalisierung von Kapital und Macht und politischer Ohnmacht
  • Wissenschaftliche Herausforderungen im internationalen Vergleich
  • etc. (Veröffentlichungen im Sinne eines Impulses zum Weiterdenken sind möglich!)

Exemplarische Beteiligung an Lehrinhalten

Bezogen auf relevante Lehrveranstaltungen sollten Elementkonzepte entwickelt werden, die es den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der KHG auch in Koope-ration mit anderen kirchlichen Einrichtungen ermöglichen, ihre Fachkompetenz in exemplarischer und projektorientierter Zusammenarbeit mit Lehrstuhlinhabern einzubringen. (Stichwort: Verantwortete Technik)

„Pro-facere“

„Besinnungstage“ für Lehrende, die zum einen die Bedeutung des Dienst der Lehrenden in ver-änderter Zeit neu aufgreifen, zum anderen Hilfestellungen geben, neben dem Lehrbetrieb auch noch Lehrer (= Vormachender; Pädagoge und Pädagogin) für die ihnen anvertrauten Mitmenschen zu sein.

„Semesterthema“ orientiert an den Fachbereichen der Hochschulen

Der (alte) Gedanke des Semesterthemas könnte ganz neue Perspektiven aufzeigen, wenn ein Fachbereich an den Hochschulen oder ein Referat der ASten Thema wären.

Weitere Stichworte (ohne Kurzanmerkungen):

  • Kunstausstellungen/Ausstellungen aus den Fachbereichen in Kombination mit „kirchlichen“ Themen.
  • Professoren/Professorinnen „predigen“.
  • Wettbewerbe, besonders für gestaltende Studiengänge, zu zukunftsorientierten Themen die Religionen und die Gesellschaftspolitik betreffend.
  • Zusammenarbeit und Kooperationen mit:
    • Hochschul- und Studierendengemeinden im Umfeld
    • Akademiker Akademikerinnenseelsorge
    • Akademien
    • kirchlichen Krankenhäusern
    • kirchlichen Instituten und Werken
    • theologischen und pädagogischen Fakultäten
    • etc.

Auf der hier angesprochenen Ebene der Präsenz der Kirche an den Hochschulen ist es für alle Hochschul- und Studierendengemeinden wertvoll, eine kompetent ausgestattete Struktur der Hochschulpastoral auf Bundesebene zu haben, die selbst den Dialog zwischen Wissenschaft und Kirche gestaltet und die Hochschulen vor Ort auch in diesem Bereich subsidiär begleitet und fördert. Eine so ausgerichtete Bundesebene, von den Bischöfen getragen und ausgestattet mit entsprechender Kompetenz, beide hier angesprochenen Ebenen im Blick zu haben, und der Möglichkeit entsprechend zu Handeln, wäre ein deutliche Signal der Kirche mit Blick auf die Hochschulstrukturen, die über die einzelnen Hochschulen vor Ort hinausgehen.

Die Basis der Präsenz der Kirche an den Hochschulen muß bleiben und gestärkt werden!

In diesem Artikel geht es mir nicht in erster Linie um die grundlegende Präsenz der Kirche an den Hochschulen die ich bezeichne als die Basisebene hochschulpastoralen Handelns, bezogen auf die Studierenden in ihren Lebens- und Studiensituation.

Die Tätigkeitsfelter dieser Basisebene (die ich hier nicht weiter ausführe, da sie bekannt sein dürften) haben sich vielerorts bewährt als eine auf die Lebenssituation von Studierenden/Hochschulangehörigen bezogene Pastoral zur Sinnfindung, lebendiger Kommunikation und Partizipation sowie Glaubenspraxis. Sie muß auch unabhängig von den hier aufgeführten Perspektiven weiter die Basis bleiben.

Aus: DENKEN + GLAUBEN, Zeitschrift der Katholischen Hochschulgemeinde für die Grazer Universitäten, Nr. 109, Dezember 2000. (Diesen Artikel schrieb Christoph Stender in seiner Funktion als Vorsitzender der Konferenz für katholische Hochschulpastoral in Deutschland.)
Dieser Beitrag wurde in Aufsätze, Aufsätze + Artikel veröffentlicht und getaggt , , , . Ein Lesezeichen auf das Permalink. setzen. Kommentieren oder einen Trackback hinterlassen: Trackback-URL.

Einen Kommentar hinterlassen

Ihre E-Mail wird niemals veröffentlicht oder weitergegeben. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Sie können diese HTML-Tags und -Attribute verwenden <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>

*
*

© Christoph Stender | Webdesign: XIQIT GmbH
Impressum

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen