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Lügen säen und weggehen

Über die ersten Worte des Evangeliums bin ich schon gestolpert: „Kam sein Feind, säte Unkraut unter den Weizen und ging weg.“ Aber nicht wirklich über den namenlosen Feind, auch nicht über das Unkraut, wirklich gestolpert bin ich über die banalen Worte „und ging weg“. Hätte da auch stehen können: „Und blieb stehen, um zu sehen“ oder „kam später neugierig zurück“? Nein, das wäre zu harmlos. Deutlich steht da „und ging weg“. Denn mit diesen drei Worten wird die leise Brutalität des Erstickungsangriffes auf die gute Saat deutlich und somit der gewollte Verlust von Ernteerträgen. Das gesäte Unkraut hat zum Ziel das Werden der guten Saat zu ersticken. Der Feind braucht das Unkraut also nur zu säen, einfach in die Erde einzubringen und sein Plan würde präzise wie ein Uhrwerk aufgehen. Das Einzige, was den Plan hätte vereiteln können wäre eine Dürre. Dann aber wäre beides, Unkraut wie die gute Saat, verloren und der Feind hätte trotzdem sein Ziel erreicht. Zu gefährlich wäre, wenn beides wächst und sichtbar würde, das da Unkraut mit im Spiel ist, es gleich auszureißen. Deshalb mahnt der Gutsherr zu warten, bis die Frucht in der guten Saat sich ausgebildet hat, da dann erst wirklich unterschieden werden kann. Das Brauchbare und das Unbrauchbare existieren notwendig bis zu einem gewissen Punkt nebeneinander.

Mir kommt hier die folgende Parallele in den Sinn: Die zunehmende Art wie Menschen aktuell mit neuen Informationen umgehen, besonders in den „sozialen“ Medien. Ich meine das Wort der guten Saat und das „Unkrautwort“, das in der Lage ist, das gute Wort zu ersticken.

In mancher Kommunikation, ob öffentlich oder auch im kleinen Kreis, kann man sich oft nicht sicher sein was die ehrliche Wortsaat ist und was das ehrliche Wort erstickende Unkrautwort. Da tauchen Formulierungen auf wie Zuwanderung müsse geregelt werden, oder auf Sozialhilfe darf man sich nicht ausruhen können, oder kein Inflationsausgleich für Besserverdienende, oder eine nationale Identität stärkt den sozialen Frieden, oder wir können nicht jeden Flüchtling aufnehmen. Wächst da Unkraut neben der guten Saat? Und wenn ja, wer hat es warum gesät? Wer ist der Feind, wer der Gute? Ist da heute wirklich genug Zeit bis zur „Ernte“ zu warten, um mit dem schlechten Saatwort nicht das gute Saatwort auszureißen?

Nicht nur, aber besonders in den sozialen Medien werden verheerende Unkrautworte auf den Acker der Meinungsbildung gesät, die Unkraut in den Köpfen vieler Menschen in der Gestalt von Hass, Verleumdung, Diffamierung und Ausgrenzung gedeihen lassen. Der Feind aber, der das Unkraut sät, taucht klarnamenlos unter, geht einfach weg, und kann sich sicher sein, Fake News, Lügen wirken wie Unkraut und breiten sich aus.

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