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Leiden Jesu – Botschaft zur Hoffnung

Anna-Woche 2003 in Düren zum Thema
„Weil Gott unsere Hoffnung ist – Hoffen wider alle Hoffnung“

Als ich in den vergangenen Tagen ein gotisch anmutendes Kreuz aus dem Nachlass meiner Eltern in meiner Aachener Wohnung aufhängte, sagte ein Bekannter: „Das ist aber ein wunderschönes Kreuz.“

In der Tat ist der in seinen Proportionen ausgewogene Korpus ästhetisch sehr ansprechend. Der Künstler hat durch sein Talent in der Holzschnitzkunst jedoch streng genommen unseren Blick betrogen. Im Vordergrund steht nicht mehr das Ereignis der Kreuzigung eines Menschen, sondern deren künstlerisch gelungene Darstellung. Kunst kann Brutalität ästhetisieren, (es ist aber nicht ihr Ziel) wenn der Betrachter bei einem vordergründigen Hinschauen stehen bleiben will, und sich nicht dem eigentlichen Ereignis, der grausamen Tötung des Menschen Jesus von Nazaret nähern will. Wir lassen unseren Blick auch gerne betrügen durch das geschönte Abbild des Brutalen, da wir Menschen eher dazu neigen Brutalität und Gewalt in unseren persönliche Bezügen nicht sehen zu wollen. Viele Kreuzesdarstellungen in Kirchen und Wohnungen und an hervorgehobenen Orten sind so harmonisiert, dass sie die grausame Folterung, die Jesus am Kreuz ertragen musste reduzieren auf das Stilleben „toter Mann und Holz“.

Darüber hinaus haben wir uns so sehr an das Kreuz in unserer Umgebung gewöhnt, das wir es anschauen wie jedes andere beliebige Bild oder Werbeplakat. Der Skandal des Kreuzes, diese Blutpresse, der brutale Mord, der Karfreitag des Kreuzes Jesu wird kaum noch vergegenwärtigt. Wir leben harmonisch mit dem Kreuz ebenso wie mit dem Webeplakat einer Versicherungsgruppe.

Mit der Tatsache, dass wir die Schwere des Kreuzes, die Brutalität des Sterbens Jesu Christi nur schwer ertragen können geht die Frage einher: Wieso musste Jesus so grausam sterben? Ist ein solches Verrecken wirklich notwendig gewesen, um den Menschen den Glauben an seine Erlösung zu schenken. Hätte Jesus nicht auch im Bett sterben können? Warum wählte Gott diesen unmenschlich anmutenden Weg der Erlösung über das Kreuz?

Was will Gott eigentlich von und für uns Menschen. Hätte Gott den Menschen perfekt erschaffen. so währe der Menschheit viel Kummer, Ärger und Gewalt erspart geblieben. Perfekt, heil, und unantastbar aber ist einzig Gott allein. Der Mensch ist eben nicht perfekt zu haben. Anders kann es den Menschen nicht geben. Der Mensch, als nach dem Bilde Gottes geschaffen, ist nicht perfekt, da er nicht Gott ist. Wäre er perfekt, dann wäre er Gott, aber nicht mehr Mensch, denn es gäbe den Menschen nicht. Nur aus Gott heraus und auf ihn hin kann es etwas anderes geben als das was Gott selbst ist, aber immer nur als das von Gott gewollte Andere, den Menschen, die ganze Schöpfung. Die Existenz des Menschen ist nur nicht perfekt zu haben. Wir können uns also bei Gott nicht darüber beklagen, dass er den Menschen nicht perfekt, sprich fehlerlos geschaffen hat. Einzig beklagen könnten wir bei Gott darüber, warum er den Menschen überhaupt geschaffen hat. Doch hätte er uns nicht geschaffen, dann gäbe es das Leben, dann gäbe es die Welt, dann gäbe es all das nicht was ist.

Einzig existent wäre nur Gott, der in sich ruht, aber niemand würde es wissen. Gott hat, aus seinem vom Menschen nicht nachvollziehbaren Ratschluss, die Schöpfung und in ihr den Menschen werden lassen.

Der Mensch ist da!
Und was soll der Mensch mit seinem Dasein?
Er soll sein Dasein gestalten.
Das nennt man leben, der Mensch soll leben.

Mit dem Augenblick, in dem der Mensch sich der Tatsache bewusst wurde dass er lebt, begann er über seine Vergänglichkeit zu stolperte. Leben heißt vergänglich leben. Anders ist das Leben des Menschen nicht zu haben, nur als vergängliches Dasein. Wäre der Mensch aus sich heraus unvergänglich, dann wäre er auch anfangslos, dann aber wäre er Gott, und somit wäre er nicht Mensch. Die Existenz des vergänglichen und nicht perfekten Menschen gründet in der Tatsache nicht wie Gott zu sein, also Mensch.

Der Mensch aber stolperte nicht nur über seine Vergänglichkeit, sondern er spürte auch einen anderen Menschen lieben zu können, gleichzeitig konnte er ihn aber auch töten, wenn er stärker oder listiger als sein Mitmensch war.

So spürte der Mensch Hass, Liebe, Freundschaft Trauer, Wut, Verzweifelung, Machtgier, Einsamkeit, eben all das, was der Mensch bis heute spürt. Der Mensch lernte den Boden zu bearbeiten, Felder zu bestellen, Kriege zu führen und Folterinstrumente zu bauen, er errichtet aber auch Schulen, Krankenhäuser, Bordelle und Gerichte, er entfaltete die Wissenschaft, baute Sozialsysteme auf und erfand die Bank und die Börse. So lernte er zu betrügen, zu lügen, auszubeuten, zu stehlen und zu verschenken, einzukaufen, zu vererben und vieles mehr, eben all das was wir bis heute auch können. Der Mensch schlug im Lauf der Zeit nicht mehr seinen Gegner einfach tot, nein, er verlängerte seinen Arm und baute A-, B-, und C-Waffen, nannte das ganze dann später den chirurgischen Krieg, und war mit sich wieder im Reinen. Zwischendurch verliebte sich der Mensch auch immer mal wieder, und stellte sich der Frage:“ Woher komme ich und wohin gehe ich“, und einige fragten auch weiter: „Und was ziehe ich dazu an“?

Eine besondere Frage wird immer mal wieder auf ganz hohem oder auch auf sehr niedrigen Niveau gleichzeitig gestellt: „Was macht das ganze, was macht das Leben eigentlich für einen Sinn?“ Zwischendurch meinte der Mensch aber auch immer mal wieder er sei Gott, und fuhr lustig fort den Planeten Erde zu ruinieren.

Und irgendwann machte der Mensch eine große Entdeckung: Er war nicht nur nicht perfekt, er war auch nicht nur vergänglich, plötzlich hatte der Mensch auch noch Angst um sich selbst und fragt nach dem Sinn des Ganzen. Der Mensch lernte so sein Leben zu lieben und gleichzeitig an seinem Leben zu leiden. Das ist bis heute so geblieben.

Jesus hat sich dieses Lebens der Menschen angenommen, er hat alles durchlebt, beziehungsweise ist von alle dem bedroht worden, was das Leben der Menschen zwischen Licht und Dunkelheit ausmacht. Ihm ist auch das grausamste nicht erspart geblieben was der Mensch zu tun in der Lage ist, zu morden. Jesus hat all das was das Leben in seinen Grundzügen ausmacht an seinem eigenen Leib erlebt, selbst Vergänglichkeit und Gotteszweifel. Weil er in seinem Leib alles berührt hat was den Menschen angeht, kann er in seinem Leib auch alles retten was den Menschen berührt. Gott hat den Menschen an seinem eigenen Sohn bis zum Äußersten gehen lassen, damit an ihm, durch seinen Leib alles heil werden kann, selbst das äußerste des Menschen, der Tod.

Leiden Jesu – Botschaft zur Hoffnung? Ja, weil im Leiden Jesu auch der letzte Winkel menschlichen Denkens und Handeln von Jesu Leben von seinem Leib berührt worden ist, und so von Gott, der einzig heilen kann!

Nicht Gott ist brutal, sondern das, was wir aus der Schöpfung Gottes zur Realität gemacht haben ist oft sehr brutal. Diese Realität, unsere Realität heute kennt aber neben ihrer brutalen Seite auch Liebe, Zärtlichkeit, Mitmenschlichkeit, Vergebung unendlich viel Gutes. Die gelebte Brutalität in all seinen unterschiedlichen Ausprägungen ist die tiefste Schuld des Menschen. An ihr konnte Gott in Jesus Christus auf seinem Weg der Menschwerdung, Auferstehung und Himmelfahrt nicht vorbeischauen. Denn dieser Weg war der Weg der Rettung des Menschen, der Weg der Befreiung aus der Vergänglichkeit, aus der Sinnlosigkeit, aus der Angst des Menschen um sich selbst.

Das Kreuz spiegelt, zu was der Mensch fähig war und auch heute noch sein kann.
Das Kreuz spiegelt, was Gott dem entgegensetzt.
In der Brutalität des Kreuzes ist dem Menschen heil wiederfahren.
Jedes Kreuz, dem wir begegnen will uns mahnen: Mensch du bist zu weit gegangen!
Jedes Kreuz. dem wir begegnen will unserer Hoffnung stärken: Mensch ich bin dir nachgegangen! Und auch heute gehe ich dir nach in allen Fassetten deines Lebens, um deines Heiles willen.

Diese Predigt wurde im Rahmen der Anna-Woche 2003 in St. Anna, Düren gehalten.

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