www.christoph-stender.de

Im Vertrauen auf die Gegenwart Jesu Christi ökumenisch sensibel Abendmahl und Eucharistie feiern

Der besondere Akzent in den Liturgien am Samstag des 3. Ökumenischen Kirchentag 2021

 

Von Julia Meister und Christoph Stender

Sehnsucht nach dem gemeinsamen Mahl

Bereits die Vorbereitungen auf den 3. Ökumenischen Kirchentag (ÖKT) waren geprägt von intensiven ökumenischen Gesprächen und dem fortgesetzten gemeinsamen Ringen darum, die Trennung der Konfessionen bei den konfessionellen Mahlfeiern zu überwinden. So stand auch dieser ÖKT vor der Frage, ob es endlich einen Fortschritt geben könne, bezogen auf die Erfüllung der Sehnsucht nach einer gemeinsamen Mahlfeier der Konfessionen.

Die Hoffnung auf einen Fortschritt stärkte die einige Monate vor dem Ökumenischen Kirchentag erschienene Publikation Gemeinsam am Tisch des Herrn[1], die erarbeitet wurde vom ökumenischen Arbeitskreis evangelischer und katholischer Theologe (ÖAK).  

Die Autorinnen und Autoren haben darin im Wissen um bibeltheologische, historische und pastorale Erkenntnisse das Votum formuliert, sich im Vertrauen auf die Gegenwart Jesu Christi zu den liturgischen Feiern gegenseitig einladen zu lassen, deren Gestaltung in konfessioneller Verantwortung geschieht.

Das Präsidium des 3. ÖKTs entschied dieses Votum zu unterstützen und lud die christlichen Gemeinschaften in Frankfurt, aber auch darüber hinaus ein, im Geiste dieses Votums die Mahl- und Eucharistiefeiern am Samstagabend des 3. ÖKT ökumenisch sensibel zu gestalten.

Unter dem Leitwort Motto „Kommt und seht!“ standen an diesem Samstag dann die Türen der Frankfurter Kirchen weit offen. Sie luden ein, an den Gottesdiensten der je anderen Konfession vertrauensvoll teilzunehmen, und so die Traditionen der anderen Konfessionen kennen zu lernen und zu erleben: es ist Christus selbst, der an seinen Tisch lädt.

Katholikentag und Kirchentag

Evangelische wie katholische Christinnen und Christen in Deutschland feiern in der Regel alle zwei Jahre, jeweils versetzt den Evangelischen Kirchentag beziehungsweise den Katholikentag. Diese Feste des Glaubens mit mehreren 10 Tausend Teilnehmenden, durchgeführt in verschiedenen Städten, die große Besucherzahlen logistisch organisieren können, werden immer wieder neu ausgerichtet von dem „Deutschen Evangelischen Kirchentag“ beziehungsweise dem „Zentralkomitee der deutschen Katholiken“ und in Folge konkret durchgeführt von christlich engagierten Gruppen, Gemeinden, Verbänden und Organisationen. Von Mittwochabend bis Sonntagmittag versammeln sich Christinnen und Christen, um gemeinsam Gottesdienste zu feiern, aktuelle politische und gesellschaftliche Themen zu diskutieren, sich über theologische und kirchliche Gestaltungsfragen auszutauschen, Kultur zu erleben; kurz: um einander als christliche Geschwister kennenzulernen, zusammenzukommen und sich für gemeinsame Ziele zu engagieren. 

Ökumenische Kirchentage

Der letzte, der 37. Deutsche Evangelische Kirchentag 2019 fand in Dortmund statt und ein Jahr davor der 101. Deutsche Katholikentag 2018 in Münster. Die zeitliche Abfolge wurde nach dem ersten Ökumenischen Kirchentag (ÖKT) 2003 in Berlin und dem zweiten 2010 in München zum dritten Mal 2021 unterbrochen durch den 3. Ökumenischen Kirchentag in Frankfurt /M. Wie die anderen so wurde auch dieser Kirchentag verantwortet von den beiden „großen“ christlichen Kirchen und unter Beteiligung vieler weiterer christlichen Kirchen und Gemeinschaften (multilaterale Ökumene) durchführten.

Eucharistie und Feierabendmal

Schon zu den Ökumenischen Kirchentagen in Berlin und München gehörte das in der evangelischen Tradition entstandene Feierabendmahl, das erstmals auf dem Kirchentag 1979 in Nürnberg gefeiert wurde. Seitdem ist es Usus, dass sich am Freitagabend des Kirchentags Gastgebende und Gäste in den Kirchengemeinden der Stadt begegnen. In einem festlichen Gottesdienst teilt die versammelte Gemeinde nicht nur symbolisch Speis und Trank, sondern dieses Gottesdienstformat bieten auch die Gelegenheit zu mehr Begegnung und Austausch.

Für den 3. ÖKT war in der ersten Planung vorgesehen, den evangelischen Feierabendgottesdienst mit dem katholischen Gottesdienst dergestalt zu verbinden, dass sie parallel am Samstagabend stattfinden würden und im Anschluss an die Liturgien eine gemeinsame Agape gefeiert werden sollte. Somit behielten die konfessionellen Gottesdienste ihren je eigenen Charakter bei, mündeten aber in einer anschließenden die Konfessionen verbindenden Begegnung (Agape).

Die Feier der konfessionellen Gottesdienste am Samstagabend kam besonders der katholischen Verpflichtung entgegen, einen Sonntagsgottesdienst feiern zu können, der ein fester Bestandteil im Leben der Gläubigen ist. Um dieser Pflicht gerecht zu werden aber auch um den ökumenischen Gottesdienst am Sonntag zum Schluss eines ÖKT mitfeiern zu können (ohne gottesdienstliche Doppelung), ist die Vorabendmasse zum Sonntag, die am Samstagabend gefeiert werden kann, die legitime Möglichkeit dieser Pflicht nachzukommen.

Das Besondere konkret

Allen drei ökumenischen Kirchentagen war die Hoffnung gemeinsam das Mahl ökumenisch feiern zu können, gespeist aus der evangelischen Tradition des Abendmahls und der katholischen Tradition der Eucharistie. Doch die Hoffnung erfüllte sich nicht.

Trotzdem setzte der 1. Ökumenische Kirchentag in Berlin 2003 ein starkes Zeichen, das gemeinsame, die Konfessionen verbindende Taufgedächtnis im Eröffnungsgottesdienst. Auch der 2. Ökumenische Kirchentag in München 2010 setzte ein weiteres ökumenisches Zeichen mit der Feier der orthodoxen Artoklasia – des Brotbrechens auf dem Münchner Odeonsplatz an 1000 Tischen.

Der 3. ÖKT setzte nun sein besonderes Zeichen die Feier des Abendmahles und der Eucharistie betreffend: die ökumenisch sensibel gestalteten konfessionellen Gottesdienste am Samstagabend.

Konfessionell und ökumenisch sensibel

Grundlage dieses besonderen Schwerpunktes war die oben erwähnte Publikation des Ökumenischen Arbeitskreises evangelischer und katholischer Theologen (ÖAK) mit dem Titel „Gemeinsam am Tisch des Herrn“.

Die besondere ökumenische Sensibilität kommt zum Ausdruck in der Verbindlichkeit der Taufe als Zugang zur Teilnahme, durch die geprüfte Verwendung des Begriffes Opfer in der liturgischen Sprache, im würdigen Umgang mit den Mahlgaben, in der Verwendung des ökumenischen Liedgutes, in der Autorisierung der Vorsteherin und des Vorstehers in den Mahlfeiern, durch eine breite Beteiligung in der Liturgie aller Getauften, sowie in der Berücksichtigung des „Laienkelches“.

Die weit geöffneten Türen

So standen am Samstagabend des 3. ÖKTs in vielen Frankfurter Gemeinden (Evangelisch, katholisch, freikirchlich und orthodox) die Kirchentüren weit offen und luden dem Leitwort des 3. ÖKT entsprechend ein: Kommt und seht!

Durch die geöffneten Türen einzutreten, bedeutete für viele Christinnen und Christen noch wenig vertrauten Gottesdienstgestaltungen beizuwohnen durch gemeinsames Hören, Sprechen, Spüren, Schauen und auch (trotz Maskenplicht) Riechen.

Vier dieser Gottesdienste wurden live aus Frankfurt gestreamt und boten so vielen Menschen die Möglichkeit aus der Ferne an diesen Gottesdiensten teilzunehmen und auf diesem Weg die Liturgien anderer Konfessionen kennenzulernen. Auch medial wurden diesen Feiern als einer der zentralen Momente des 3. ÖKTs wahrgenommen.

Das gemeinsame Zeugnis

Ein weiterer Schritt war das Gemeinsame Zeugnis anlässlich des 3. ÖKT, dass in einer Arbeitsgruppe formuliert und vom Gemeinsamen Präsidium des 3. ÖKTs angenommen wurde. Es bringt das gemeinsame Vertrauen in die Zusage Christi zum Ausdruck, in der Feier seines Mahles präsent zu sein.

Ein zentraler Satz des Gemeinsamen Zeugnisses lautet: „Als Christinnen und Christen erfahren wir die Gegenwart Jesu Christi an allen Orten, an denen sich Menschen in seinem Namen versammeln.“

Materialheft zur Unterstützung und Motivation

Um die Gemeinden in der Vorbereitung des Samstagabends zu unterstützen und den ökumenischen Fortschritt theologisch zu erläutern, entwickelte eine ökumenisch besetzte Arbeitsgruppe des ÖKT das Materialheft „‚Kommt und seht!‘ (Johannes 1,39) Ökumenisch sensibel Abendmahl und Eucharistie feiern“. Neben ökumenisch-theologischen Grundlagen enthält es Vorschläge zur liturgischen Gestaltung konfessioneller Mahlfeiern in ökumenisch sensibler Ausrichtung.

Das Materialheft trägt dazu bei, die Idee des Samstagabends über den ÖKT hinaus weiterzutragen.

„Kommt und seht!“ über den 3. ÖKT hinaus

Durch diese besondere Form der Gestaltung erhielten die konfessionellen Eucharistie- und Abendmahlsfeiern am Samstagabend eine neue Bedeutung für den ÖKT: nicht die Trennung der Konfessionen sollte diesen Abend auszeichnen, sondern die neugierige Begegnung mit den noch unbekannten Liturgien, die den Reichtum der vielfältigen christlichen Traditionen erlebbar werden lässt.

Diese Gottesdienste waren das Besondere eines in sich besonderen 3. ÖKT, dessen Botschaft selbst die Covid-Pandemie nicht schmälern konnte, nämlich mit Herz und Verstand gemeinsam einzutauchen in das Geheimnis der Gegenwart Jesu Christi und nach geprüftem Gewissen ggf. hinzuzutreten an den Tisch des Abendmahls oder der Eucharistie, an dem einzig Jesus Christus der Gastgeber ist.

Über den 3. ÖKT hinaus legen diese Gottesdienste den Grundstein für weitere ökumenische Begegnungen. Denn „ökumenisch sensibel“ zu feiern bedeutet sich immer wieder einzulassen auf die Vielfalt der christlichen Traditionen, gemäß dem Motto: „Kommt und seht“!

Anmerkungen:
1 Der Text ist im Wortlaut auf der Homepage der Katholisch-theologischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms Universität Münster aufrufbar (WWU.FB02). Er ist als Buch im Mai 2020 erscheinen: Volker Leppin / Dorothea Sattler (Hg.), Gemeinsam am Tisch des Herrn. Ein Votum des ökumenischen Arbeitskreises evangelischer und katholischer Theologen, Freiburg / Göttingen 2020

Dieser Beitrag wurde in Aufsätze, Aufsätze + Artikel veröffentlicht und getaggt , . Ein Lesezeichen auf das Permalink. setzen. Kommentieren oder einen Trackback hinterlassen: Trackback-URL.

Einen Kommentar hinterlassen

Ihre E-Mail wird niemals veröffentlicht oder weitergegeben. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Sie können diese HTML-Tags und -Attribute verwenden <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>

*
*

© Christoph Stender | Webdesign: XIQIT GmbH
Impressum

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen