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Heiligtümer quer gesucht

Heiligtum über Zukunft hinaus ( Grabtuch Jesu Christi in Kornelimünster). Foto: Herzog

Heiligtümer im Alltag klingen weit weg, wenig realitätsverhaftet und eher dem Reich der Träume zuzuordnen. Heiligtümer haben was von: „Habe ich nicht, wer besitzt die schon, dafür bin ich ’ne Nummer zu klein, würde mir auch niemand glauben.“ Dem gegenüber sind sie tief verankert in Tradition und Gegenwart katholischer Praxis.

Diese Einführung macht es nun nicht einfach, das Thema Heiligtümer im Alltag eines „Normalbürgers“ zu verorten. Wenn Heiligtümer allerdings quer gedacht werden, dann geht das doch. Quer, wenn sie gegen den traditionell vermuteten Strich gebürstet werden, also etwas unkonventionell, nicht ganz so heilig und doch als wertvoll betrachtet werden.

Sie quer denken bedeutet, sie vom Ballast materieller Werte befreit zu suchen. Sie quer denken, ihnen eine persönliche Botschaft zuzutrauen, in der eigenen Biografie und Realität nach ihnen Ausschau zu halten, dem Banalen Bedeutung beizumessen und den eigenen Gefühlen Respekt zu zollen. So könnten auch mitten in Ihrer Realität Heiligtümer zu entdecken sein. Mit sehr viel Gefühl „behaftet“ war in meiner Kindheit eine ganz bestimmte Straßenecke in der Nachbarschaft.

Heiligtum in die Gegenwart geborgen.

Mittags, nach den Hausaufgaben, gab es für mich nur dieses Ziel, denn dort war eines sicher anzutreffen, meine Freunde. Diese Straßenecke war für mich ein Ort der Geborgenheit, hier spürte ich zu meiner Clique dazu zu gehören, hier war ich angenommen, ich war wer unter Freunden. Neben dem Messedienen war diese Straßenecke das Heiligtum meiner Kindheit. Heute haben meine Heiligtümer ein neues Gewand angelegt: Ein kleiner Ring, umfangreicher war die „Schmucksammlung“ meiner verstorbenen Eltern nie.

Ein Stück Astgabel, über 50 Jahre diente sie in einem bulgarischen Dorf dazu, die Frühlingssaat in den Boden einzubringen, überlebenswichtig für diese gütige alte Frau, die mir vor drei Jahren dieses, ihr Heiligtum geschenkt hat. Entpuppen sich in Ihrer Umgebung Heiligtümer? Und wenn da welche wären und Sie davon erzählen wollten, was würden Sie berichten?

PILGERGEBET
Gott ungehalten in Händen
Mein kleines Heil
gewoben
aus Banalem und Erinnerung,
Blut und Berührung
erhoben, mein Heiligtum
das schmeckt,
fühlt sich an,
richt nach dem
was aus der Ferne
himmlische Berührung
mir entgegenhaucht.
Und dahinter Gott
aufgehoben im Banalen,
ungehalten in Händen.

 

Haben solch in Ehren gehaltene Gegenstände Zugang zu Ihrem Herzen, die angeschaut wertvolle Erinnerung wecken, die Augenblicke der Vergangenheit für Sie vergegenwärtigen, in die Sie gedanklich, ja fast physisch einsteigen könnten? Unsere „profanen Heiligtümer“ sind eng verwandt mit den Heiligtümern, die wir in unserem Bistum verehren. Beide vergegenwärtigen Leben, Verehrung und Hoffnung. Unsere religiösen Heiligtümer jedoch reichen weiter aus der Vergangenheit in die Zukunft hinein, berühren Ewiges, von dem unsere „profanen Heiligtümer“ nur „träumen“ können.

Beide Gewichtungen dessen, was Heiligtümer genannt werden darf, sind wesentlich für die Lebensqualität. Die Heiligtümer, die die Schätze unserer Biografien bergen und verbergen und die fast täglich ihrer Wirkung Raum geben können. Ebenso auch jene Heiligtümer, die nur alle sieben Jahre öffentlich gezeigt werden und mit denen wir auf Tuchfühlung mit dem Heiligen gehen dürfen, das von Gott ausgehend auf uns zu kommt.

Erschienen in: Kirchenzeitung für das Bistum Aachen, 13. Mai 2007, S. 13

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