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Fronleichnam

Faxbox-Predigt zu Fronleichnam 1999

Wer hätte das gedacht!
Mitten auf der ersten Wirtschaftsseite einer renommierten überregionalen Tageszeitung überrascht neben Artikeln zum Finanzmarkt Lateinamerikas, dem Rentenkassenloch, steigenden Verbraucherpreisen und den Risiken des Online-Bankgeschäftes eine Anzeige mit der Überschrift: „Handkommunion?“

In einem Ambiente von Zahlen, Fakten, Analysen und Börsendaten fällt diese Großanzeige „Handkommunion“ einmal mehr aus der Reihe, zumal sie den Leser vor dem Empfang der Kommunion in die Hand gelegt warnt, da dies unwürdig sei und in keinem Fall der Intention Jesu entspräche. Die Initiatoren dieser Anzeige halten auch nicht mit entscheidungsleitenden Warnungen hinterm Berg, indem sie behaupten, die Kommunionspender, die die Mundkommunion nicht einfordern, begeben sich in die Gefahr der ewigen Verdammnis.

Es ist einfach nur müßig sich an dieser Stelle in die Auseinandersetzung zu begeben, ob die Handkommunion nun würdig oder unwürdig ist. Fakt bleibt: Der kultivierte Mensch benutzt zum Essen seine eigenen Hände und nur einem kranken oder alten Menschen sind beim Essen die Hände eines helfenden Menschen behilflich.

Die Intention dieser Anzeige, da nicht relevant für unseren Glauben, beiseite gelegt, führt diese Anzeige als solche, eingebettet in Wirtschaftsfakten und Bilanzen, den Leser in ein eigenartig anmutendes Szenario, das sich heute in vielen Städten in genau derselben Widersetzlichkeit präsentiert. Denn so bizarr wie sich das Thema Handkommunion in dem Wirtschaftsteil einer Tageszeitung darstellt, so bizarr wirken auch unsere Fronleichnamsprozessionen in einem eher säkularisierten Stadtbild.

An dieser Stelle breche ich den Vergleich zwischen der im Wirtschaftsteil einer Zeitung gestalteten Anzeige zum Thema Handkommunion und den Fronleichnamsprozzesionen in unseren Städten und Dörfern ab. Denn das, was die Menschen in den Prozessionen am Fronleichnamstag bewegt, hat mit der Motivation der Anzeigenschalter nichts zu tun, zumal der Begriff Mut etwas mit den Menschen zu tun hat, die als Zeuge ihres Glaubens auf die Straße gehen, nicht aber damit eine solche Anzeige aufzugeben. Um aber genau dieses Wort Mut soll es heute gehen!

Mut ist ein Wort, das einem Menschen, der Mut beweist, zuspricht etwas zu tun, dass ihn in positiver Weise von anderen Menschen unterscheidet, die das selbe zwar tun könnten, es aber unterlassen, weil ihnen eben der Mut dazu fehlt.

Mut legt ein Christ und eine Christin an den Tag, wenn er in aller Öffentlichkeit sich zu einem Stück Brot bekennt von dem unser Glaube sagt: In diesem Stück Brot gibt sich Gott uns in seinem Sohn Jesus Christus zu essen.

Mut beweist der, der in einer scheinbar erklärbaren Welt singend und betend sich hinter die Gegenwart Jesu Christi in der Eucharistie stellt und so dem Erklärbaren von Welt das Unerklärbare in dieser Welt gegenüberstellt.

Mutig zu nennen ist der Mensch, der sich nicht schämt der Gemeinschaft von Gläubigen sichtbar zuzugehören, von der man zu recht als einer Kirche sprechen kann, die Fehler macht und gemacht hat, die aber viel mehr dem Mensch half und hilft ihr Leben als Geschenk und Chance zu entdecken.

Mut ist dem Menschen in unserer Gesellschaft zuzusprechen, der für seinen Glauben auf die Straße geht und sich nicht scheut ein Demonstrant zu sein für die Menschenfreundlichkeit Gottes und die Botschaft Jesu Christi unser Leben so aus der Hand Gottes anzunehmen, wie wir es in uns spüren und unser Leben so auch zu bejahen.

So mancher von uns wird nun sagen: „Ich bin doch nicht mutig, ich tue was ich für richtig halte, was zu meinem Glauben heute dazugehört, also etwas ganz Normales.“ Zugegeben, für den einen scheint es ganz normal zu sein, Fronleichnam auf die Straße zu gehen, andere aber benötigen etwas Mut für denselben Schritt. Doch bleibt denen zu sagen, die der Fronleichnamsprozession ihr Gesicht geben, sie gehen mutige Schritte!

Aber würden Sie es auch zulassen, ein Demonstrant genannt zu werden? Wir demonstrieren doch den Menschen in unseren Straßen, was uns heilig ist und deswegen für uns auch unaufgebbar bleibt, die Nähe Gottes in Jesus Christus, der sich uns anvertraut in der sichtbaren Gestalt des eucharistischen Brotes, den wir in der Monstranz tragen um ihn zu sehen und zu zeigen.

Wir demonstrieren aber nicht nur den in den eucharistischen Gaben anwesenden Gott in Jesus Christus. Wir demonstrieren so auch einen Lebensgrundsatz, der uns als Christinnen und Christen identifizierbar macht. Dieser Grundsatz lautet: Als von Jesus Christus um einen Tisch eingeladen und versammelt sind wir eingeladen, die zu versammeln, die sich nach mehr sehnen als nur nach dem von Menschen machbaren! Wir versammeln Menschen an einen Tisch, ungeachtet ob sie uns gefallen oder nicht, einfach nur mit der Begründung, weil Gott für jeden Menschen einen Platz an seinem Tisch freigehalten hat und uns bittet, diesen Platz den Menschen anzubieten.

Dieser gemeinsame Tisch, das Gemeinde- und Gemeinschaft-Sein, ist Ort und Prinzip um deren Willen wir demonstrieren. In der Präsentation dieser Orte und der Verwirklichung dieses Prinzips demonstriert Gott für unser Leben und demonstriert er uns sein Heil, das an diesen Orten und in der Entfaltung des uns anvertrauten Prinzips schon spürbar nach dem Reich Gottes schmeckt.

So verstanden sich zu Gott zu bekennen bedeutet schon Mut zu haben. Mut zum Menschen, egal wie er sich mitbringt, weil Gott sich jedem Menschen zumuten will. Mut zur Auseinandersetzung mit anderen Meinungen, Erfahrungen und Kulturen, weil Gott die Pluralität in der Einheit liebt.

Mut zu sich selbst, weil Gott auch uns gerufen hat, damit wir vorkommen wie wir heute sind, auch zur Veränderung fähig.

Mut mit all dem auf die Straße zu gehen und zu demonstrieren für das, was Gott uns schenkt aber auch für das zu demonstrieren, was wir verwirklichen wollen,oft aber noch nicht geschafft haben.

So werden wir immer Demonstrierende bleiben, die auf das uns Heilige zeigen, auf Gott in Jesus Christus, uns zum Essen nahe in geteiltem Brot.

So werden wir immer Demonstrierende bleiben, die auf das uns Heilige zeigen und selbst gerufen sind, Heil in Menschenfreundlichkeit erfahrbar werden zu lassen.

Für Gott demonstrieren bedeutet: Demonstrant der Menschenfreundlichkeit Gottes zu sein. So teilt sich der Leib Christi uns zu essen geschenkt weiter mit, in dem wir selbst das Brot zum Leben werden.

Diese Ansprache erschien als Faxbox-Predigt des Bergmoser + Höller Verlags.

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