Taufe, Firmung, Kommunion und Wiedereingliederung – Eine Standortbestimmung
Sie ist sicher, ihr Gefühl ist klar, sie will jetzt diesen Schritt setzen, kein Vertun und kein Zurück. Ihre Bitte: „Ich möchte getauft werden“. Susann, 29 Jahre, Kauffrau. Er studiert Religion auf Lehramt, Jan, 24 Jahre. Ihm ist neu, und auch anders bewusst geworden, dass Glaube und Entscheidung zusammen gehören und dazu auch eine gewisse „Öffentlichkeit“. Seine Bitte: „Ich möchte gefirmt werden.“ „Bei euch bin ich geborgen, der Gottesdienst gibt mir Kraft, darf ich dazu gehören?“ Melanie, Studentin, 25 Jahre. Ihre Bitte: „Ich möchte übertreten in die katholische Kirche.
Drei von Sieben, denn Martin, Siegfried, Jessica und Annene Christin gehören auch zu der Katechetengruppe der katholischen Hochschulgemeinde (KHG) in Aachen, in der sich Studierende, junge Erwachsene teilweise schon ein Jahr intensiv mit ihrem Glauben in der katholischen Kirche auseinandersetzen.
Sie alle verbindet aktuell die Bitte, ein Sakrament zu empfangen. Im Hochschulgottesdienst bekamen sie jetzt eine Antwort, konkret, in Gemeinschaft und doch mit dem Potential auch mal einsam zu bleiben.
Vor Ort: Andere krakseln an diesem Abend waghalsig an irgendwelchen Hausfassaden hoch, um Maibäume zu positionieren, oder tanzen schon in den Mai. Während dessen füllt sich der Hochschulgottesdienst in St. Nikolaus in der Fußgängerzone ungewöhnlich früh. 200 Studierende und Angehörige der Katechumenen lassen etwas von dem Gefühl spüren, das Martin in der Partnerschaft mit seiner Verlobten überzeugend erfahren hat, und das mit dazu beigetragen hat, dass er sich heute firmen lässt. „Welches Gefühl das war“ fragen Sie. Das Gefühl: Glaube macht stark, nicht nur für den Augenblick, sondern auch für ein Morgen.
Trompetenklänge, Klavierspiel und Sologesang machen zum Einzug deutlich: Hier findet ein besonderer Gottesdienst statt. Klar, jeder Gottesdienst ist etwas Besonderes, da Gott uns Menschen berührt im Wort und in der Eucharistie. Christus ist die zentrale Gottesvermittelung auf uns Menschen hin, verdichtet in den Sakramenten. Und genau darum geht es an diesem Abend. Dieser Gottesdienst ist für diese jungen Erwachsenen ein Event mit Gott. Und das Evangelium vom Tage passt frapierend in ihre Erlebniswelt.
Aufhänger: Kurz nach der Auferstehung Jesu. Ort: unwichtig. Akteure: Jesus und seine Jünger. Situation: Der Auferstandene begegnet seinen Jüngern. Die meinen einen Geist zu sehen und haben Angst. Jesus versucht sie zu überzeugen, dass er, der Auferstandene ein Mensch aus Fleisch und Knochen ist, und lebt. Doch die Jünger zweifeln. Ende!
In dieser Szene kommen auch die konkreten Themen der jungen Menschen vor: Der lebendige Christus. Jüngerschaft. Aus Glauben befreit von der Angst um sich selbst. Zwischen Zweifel und Zeugnis. Kirche gleich „Gottes Zelt auf Erden“ und „ein Haus voll Glorie schauet“. Doch das waren nicht nur einfach Themen, die irgendwann erledigt waren, weil sie ausreichend erörtert wurden. Mit diesen Themen wussten sich die Katechumenen auf dem richtigen Weg.
Das sie mit solchen Gedanken nicht in den allgemeinen Trends liegen, ist allen Beteiligten klar. Das, was angeblich alle toll finden, spielte hier einfach keine Rolle. Hier war auch keine Gesellschaftskritik angesagt, und Politikschelte war ebenfalls kein Thema. Hier spielte nur die Entscheidung dieser sieben Menschen eine Rolle: „Wir setzen ein Zeichen, das Gott mit uns setzt.“
Weiter im Gottesdienst: St. Nikolaus, eher eine Baustelle als ein in sich geschlossener liturgischer Raum. Doch die Gerüste stören nicht wirklich, sie haben etwas von „schon fertig und doch noch im Werden“, ein Bild, das auf die Bedeutung der Sakramente verweisen kann. Der sichtbare und hörbare Augenblick der vermittelnden Kommunikation zwischen Gott in Jesus Christus und dem Menschen im Sakrament ist kaum da, und dann auch schon wieder weg. Bevor sich nun aber die Spendung der Taufe, die Aufnahme in die katholische Kirche und die Spendung der Firmung ereignen, stehen alle auf und verbünden sich gemeinsam im Glaubensbekenntnis: „Ich glaube an Gott…“.
Dann, die Blickrichtung ändert sich; nicht mehr das Ich aufgehoben im Wir steht im Mittelpunkt. Fast einsam: „Susann, ich taufe dich im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes“. Absolute Stille, Sekunden plätschert leise das Wasser und wieder Stille. Dieser Augenblick, es sind nur wenige Sekunden, für ein ganzes Leben lang, nicht umkehrbar nur verschweigbar.
Amen, ja so sei es, Gott sei Dank
Anschließend wird es wieder etwas formaler. Wie schon vor Taufe und Firmung, wird auch vor der Konversion das Dokument vorgelesen, das den Hochschulpfarrer ermächtigt, ausnahmsweise im Auftrage des Bischofs zu handeln und Melanie in die Kirche aufzunehmen. Nun folgt wieder nur ein Augenblick, ein Händedruck, ein „herzlich willkommen in der Gemeinschaft der Katholischen Kirche“. Und im Hintergrund wieder nur Stille, keine Nebengeräusche, nur Konzentration.
Bei ihren Namen gerufen, durchbrechen die Stille wenige Worte, und wohlriechendes Öl erstaunt sieben Nasen: „Sei besiegelt mit der Gabe Gottes, dem Heiligen Geist.“ Darauf folgt nur ein Wort aus dem Munde des nun Gefirmten: „Amen“. Und ihren Gesichtern ist es anzusehen, sie meinen auch was sie da sagen: Ja, so sei es, Gott sei Dank!
Die Stille schwindet, sie wird eingetaucht in Worte, die Frieden wünschen und Umarmungen die verletzbar machen könnten. Doch die Angst, die der Mensch um sich selbst hat, scheint hier vergessen. Lächelnde Gesichter, sie wirken befreit, ein Augenblick Erlösung mitten in der Normalität einer Mainacht. Die Trompete, das Klavier der Sopran, auch draußen, vor der Kirchentüre wird man sie hören. Aber wissen die Passanten draußen, was diese Klänge zum klingen bringen und warum? Wissen sie von dem Ereignis in der Kirche, wollen sie es wissen? Susann, getauft und gefirmt, Melanie in die Kirche aufgenommen und gefirmt sowie Martin, Siegfried, Jessica und Anne Christin gefirmt, diese Sieben werden nicht verschweigen was sie gehört und erlebt haben, Gott helfe ihnen. Sie werden ihre Zugehörigkeit zur katholischen schen Kirche nicht unter den Tisch fallen lassen, sie werden versuchen, Evangelium zu leben, so wie sie es im Glaubensbekenntnis gemeinsam bekannt haben: Ihre Botschaft in Kurzform lautet: „Gott hat mich berührt, dazu stehe ich, freiwillig lebenslänglich“.
Fürbitten, aus der Liturgie mitten in unsere Welt
Aus diesem Grund richteten die Gefirmten ihre und die Blicke der mit ihnen feiernden Gemeinde durch das fürbittende Gebet der Liturgie nun mitten in unsere Welt: Auf die Krisenherde dieser Erde, zu den gesellschaftlich und strukturell Benachteiligten, in die Familie, zu den Verstorbenen, und in der Kollekte ging es auch an die eigene Geldbörse, um Studierenden in finanziellen Schwierigkeiten unter die Arme zu greifen.
So wurde auch das Schlusslied fast zum Programm. „Und bis wir uns wieder sehen, halte Gott dich fest in seiner Hand…“ Aufbruch ist angesagt; Sakramente sind auch Standortbestimmungen stimmung mitten in unserer Gesellschaft auf dem Weg.