Begann nicht so vieles oft nur mit einem Wort? Wie wahr, wird mancher von Ihnen sagen und sich erinnern: Mit einem Wort begann eine große Liebe. Es reichte ein Wort, und Menschen zogen in den Krieg. Ein Wort nur, und Versöhnung wurde möglich. Ein Wort, und ein Schicksal wendete sich. Sag doch, sag doch bitte nur ein Wort, so manch flehende Bitte, die hofft auf nur ein Wort!
Fast jedes Ereignis wird von Worten begleitet. Am Anfang so mancher Entwicklung, ob nun erfreulich oder belastend, steht ein Wort. Inflationär ist das als verlässlich gepriesene Wort von Liebe und Vertrauen. Worte, nichts als Worte, so die Erkenntnis des Enttäuschten, und trotzdem sehnen sich Menschen immer wieder, mit nur einem Wort ganz gemeint zu sein: geliebt, angenommen, geborgen.
Auch der Evangelist Johannes erinnert: „Am Anfang war das Wort…“. Gemeint ist der Anfang der Schöpfung. Alles hat mit einem Wort begonnen, und alles ist auf Grund dieses Wortes auch heute noch im Werden.
Welche Qualität aber hat das Wort, und überhaupt: Wie lautete dieses Wort, das nach Johannes „bei Gott war“, und noch verdichteter, „das Gott selbst war“? Hieß das Wort des Anfangs „Liebe“, weil Gott in der heiligen Schrift als die Liebe bezeichnet wird, „Herrschaft‘, weil Gott über alles herrscht, oder „Bund“, weil Gott immer wieder den neuen Anfang mit dem Menschen wagt?
Der Verlauf der Geschichte Gottes mit dem Menschen entfaltet – das ist aus dem Glauben heraus nachzuzeichnen -, dass das Wort des Anfangs keine objektiv einholbare Aussage darstellt, sie war eine Berührung und ist es noch. Das göttliche Wort des Anfangs kann vom Menschen erst in dem Augenblick seiner Konsequenz, seiner unmittelbaren Auswirkung vernommen werden:
Indem es bereits schon bewirkt hat, was es ist, indem der Wille Gottes als schon erfüllt in der Schöpfung geworden ist. Anders gesagt: Das Wort Gottes ist absolut verlässlich, weil es nur als erfülltes Wort dessen zu haben ist, was es aussagt.
Johannes schildert das Ereignis der heiligen Nacht, die Geburt Jesu Christi mit den Worten „und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.“ Das gleiche Ereignis der Menschwerdung des göttlichen Wortes schildert der Evangelist Lukas mit seiner Erzählung von der Geburt Jesu in einem Stall, mit Maria, Josef, den Engeln, dem Stern und den Hirten.
Beide Erzählweisen, sowohl die abstrakt-theologische des Johannes wie auch die anschauliche Erzählung des Lukas vom Kind in der Krippe, sind in der Qualität dessen, was sie uns mitteilen, nicht zu überbieten. Auch wenn er nicht daran gebunden ist, so ereignet sich der zeitlose Wille Gottes, sein Wort, in dem Moment, wo wir diesen Willen wahrnehmen – also bei der Geburt des Kindes. So berührt das Wort Gottes die Welt in einem Kind, dem Wort Gottes, das er selbst ist.
Wie aber begegnet der mit Glauben beschenkte Mensch dieser göttlichen Offenbarung, die einmalig geschehen ist in der Fleischwerdung des Wortes, die aber immer auch gegenwärtig wird, wenn Menschen sich an dieses Geheimnis feiernd erinnern – wie jetzt an Weihnachten?
Die angemessenste „Reaktion“ kann nur eine kompromisslose sein, ohne Wenn und Aber, ohne „vielleicht“ oder „ich muss mal sehen“. Wenn Gott berührt, dann kann die Antwort nur lauten: „Dich wahren Gott ich finde in meinem Fleisch und Blut, darum ich fest mich binde an dich mein höchstes Gut. Eja, eja, an dich mein höchstes Gut.“ Friederich Spee verdichtete seine Antwort 1637 in diesen uns eher fremd klingenden Worten, die wir aber Weihnachten gerne singen als die vierte Strophe des Liedes „Zu Betlehem geboren …“.
Formulieren wir sie zeitgemäß, aber nicht weniger eindeutig:
Meine Versicherung = Gott,
mein Reichtum = Gott,
meine Motivation = Gott.
Ein klares Wort, eine klare Botschaft!