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Die weit geöffneten Kirchentüren am Samstagabend zu den konfessionellen Gottesdiensten ökumenisch sensibel

Von einem normalen Ökumenischen Kirchentag (ÖKT) konnte man anlässlich auch seiner zweiten Wiederkehr nach Berlin und München in Frankfurt mit einem allgemeinen Blick auf die Gesamtkonzeption der Liturgien und mit einem besonderen Blick auf die Gottesdienste am Samstagabend, eingebettet in sein Gesamtkonzept, nicht sprechen. Zum einen schon deshalb nicht, weil sich aus den beiden Vorgängern, bezogen auf das Gottesdienstangebot keine durchgängige Linie ableiten lässt, obwohl eine Vergleichbarkeit mit Kirchentagen und Katholikentagen gewollt ist.

Nicht nur jeder DEKT und KT, sondern auch die konfessionsverbindenden ÖKT´s sind je ein Unikat, aber den Frankfurter ÖKT machte die Coronapandemie zu einem herausragenden.

Die große Hoffnung Mahlgemeinschaft bleibt zu hoffen

Allen drei Ökumenischen Kirchentagen war eine Hoffnung und deren Enttäuschung gemeinsam. So war denn auch mit der Durchführung des 3. ÖKT die Hoffnung verbunden, wonach sich viele aktive Christinnen und Christen schon seit Jahren und Jahrzehnten sehnen, die Mahlgemeinschaft (mindestens) zwischen der katholischen und der evangelischen Konfession.

In dem Beschluss „Grundlagen, Aufgaben und Ziele des 3. Ökumenischen Kirchentages in Frankfurt“, verabschiedet vom Hauptausschuss des ZdK am 25. März 2018 und vom Präsidium des DEKT am 14.04.2018 wird abschließend formuliert: „Wir sehnen uns danach, gemeinsam Abendmahl/Eucharistie feiern zu können. Deshalb werden wir mit ganzer Kraft bei der Vorbereitung, während der Tage in Frankfurt am Main und nach dem Ökumenischen Kirchentag, in gestärkter Verbundenheit um die Möglichkeit eines gemeinsamen Abendmahls ringen. Ökumenische Fortschritte sind möglich und dringend nötig. Wir müssen nicht begründen, was wir gemeinsam, sondern was wir noch getrennt tun.“[1]

Mit der Vorbereitung des 3. ÖKT war zu erwarten, dass die Sehnsucht nach dem gemeinsamen Mahl mit derselben Intensität im Raum stehen würde, wie das beim 1. und 2. ÖKT auch der Fall war. So wurde die Mahlgemeinschaft in Berlin nicht erreicht und das gemeinsame Taufgedächtnis bildete im Eröffnungsgottesdienst eine starke Verbindung unter den Konfessionen. Auch später in München wurde die Mahlgemeinschaft nicht erreicht und die Feier der Artoklasia wurde zu einem starken gemeinsamen Zeichen.

Der „normale“ gottesdienstliche Samstagabend, mit dem besonderen Schwerpunkt

Zwei große (vom Fernsehen übertragene) ökumenische Gottesdienste prägten das liturgische Profil der Ökumenischen Kirchentage, der Gottesdienst am Donnerstag, nach der Eröffnung am Mittwoch und der Schlussgottesdienst am Sonntag. Aus katholischem Selbstverständnis heraus ist der sonntägliche Gottesdienst ein fester Bestandteil der Wochengestaltung. Um dieser Pflicht gerecht zu werden und den ökumenischen Gottesdienst am Sonntag zum Schluss eines ÖKT mitfeiern zu können (ohne gottesdienstliche Doppelung), ist die Vorabendmasse (am Samstag nach 18 Uhr) die legitime Möglichkeit diese Pflicht zu erfüllen. Somit ist der konfessionelle Gottesdienst aus katholischer Sicht auch ein „Bestandteil“ eines ÖKT.

Zu den Ökumenischen Kirchentagen in Berlin und München gehörte das in der evangelischen Tradition entstandene Feierabendmahl, das erstmals auf dem Kirchentag 1979 in Nürnberg gefeiert wurde. Seitdem ist es Usus, dass sich am Freitagabend des Kirchentags Gastgebende und Gäste in den Kirchengemeinden der Stadt begegnen. In einem festlichen Gottesdienst teilt die versammelte Gemeinde nicht nur symbolisch Speis und Trank, sondern dieses Gottesdienstformat bieten auch die Gelegenheit zu mehr Begegnung und Austausch.[2] Anders formuliert: „So. Feierabend! Endlich Schluss für heute. Feierabend: Schön, wenn man etwas zu feiern hat. Freie Zeit, ausschnaufen, gemeinsam feiern, die Seele baumeln lassen. (…) Gemeinschaft mit den anderen. Gemeinschaft mit Gott. Zusammen bleiben nach dem Gottesdienst. Sich gemeinsam satt essen und trinken. Miteinander den Feier-Abend genießen.“[3]

Für den 3. ÖKT war in der ersten Planung vorgesehen, den evangelischen Feierabendgottesdienst mit dem katholischen Gottesdienst dergestalt zu verbinden, dass sie parallel am Samstagabend stattfinden würden und im Anschluss an die Liturgien eine gemeinsame Agape gefeiert werden sollte. Somit behalten die konfessionellen Gottesdienste ihren je eigenen Charakter bei, münden aber in einer anschließenden die Konfessionen verbindenden Begegnung (Agape).

Alle Gemeinden in Frankfurt hätten sich daran beteiligen können und so wäre diese Gestaltung des Samstagabends erst einmal nur ein „normaler“ Programmpunkt des 3. ÖKT gewesen. Jedoch war mit den Feiern am Samstagabend bei dem 3. ÖKT ein besonderer Schwerpunkt verbunden, die ökumenisch sensible Gestaltung dieser konfessionellen Gottesdienste. Diese ökumenisch sensible Gestaltung war verbunden mit der Idee der weit geöffneten Kirchentüren, die die Christinnen und Christen auch der anderen Konfession motivieren sollten zu diesen Gottesdiensten hinzuzutreten. Grundlage dieses besonderen Schwerpunktes war das Papier des Ökumenischen Arbeitskreises evangelischer und katholischer Theologen (ÖAK) mit dem Titel „Gemeinsam am Tisch des Herrn“[4]. Dieses Papier reflektiert u. A. ein Zueinander von evangelischer Abendmahlsfeier und katholischer Eucharistiefeier, welches einen Ausdruck finden kann in der Teilnahme einzelner katholischer Christinnen und Christen an der evangelischen Abendmalfeier und umgekehrt.

Konfessionell aber ökumenisch sensibel

Ein (der) Höhepunkt des 3. ÖKT waren dann auch diese konfessionellen Gottesdienste in ökumenischer Sensibilität. In vielen Frankfurter Gemeinden standen die Kirchentüren an diesem Abend weit offen und luden dem Leitwort folgend ein: Kommt und seht! Diese Art der Einladung galt besonders den Frankfurtern, die bei Beachtung der Hygieneregeln es sich nicht nehmen lassen wollten, „neugierig“ zu sein, und über die eigene konfessionelle Erfahrung hinaus die Gottesdiensttraditionen und aktuellen Feierformen anderer christlicher Konfessionen mitzuerleben.

Durch die geöffneten Türen einzutreten, bedeutete für viele Christinnen und Christen noch wenig vertrauten Gottesdienstgestaltungen beizuwohnen durch gemeinsames Hören, Sprechen, Spüren, Schauen und auch (trotz Maskenplicht) Riechen. Dieser besonderen Einladung zu folgen konnte auch weitergehend bedeuten, dem tiefen Vertrauen der Geschwister anderer Konfession an die Gegenwart Jesu Christi in Mahl und Eucharistie, das eigene Vertrauen zu schenken, um dann auch gemeinsam zu bekennen: Jesus Christus, ist der, der sich selbst in Eucharistie und Abendmahl vergegenwärtigt.

Die besondere (neue) ökumenische Sensibilität kommt zum Ausdruck in der Verbindlichkeit der Taufe als Zugang zur Teilnahme, durch die geprüfte Verwendung des Begriffes Opfer in der liturgischen Sprache, im würdigen Umgang mit den Mahlgaben, in der Verwendung des ökumenischen Liedgutes, in der Autorisierung der Vorsteherin und des Vorstehers in den Mahlfeiern, durch eine breite Beteiligung in der Liturgie aller Getauften, sowie in der Berücksichtigung des „Laienkelches“.

Vier dieser konfessionellen Gottesdienste in ökumenischer Sensibilität aus Frankfurt wurden im Internet gestreamt, damit möglichst viele Interessierte auch über Frankfurt hinaus teilnehmen konnten. Das führte aber auch zu einem besonderen Interesse der Medien daran, welche katholischen Persönlichkeiten den evangelischen Abendmahlsgottesdienst mitfeierten und wie die sich dort verhalten würden. Übertragen wurden aus dem Katholischen Dom St. Bartholomäus eine Eucharistiefeier, aus der Evangelischen Gemeinde Riedberg und der Freien evangelischen Gemeinde jeweils ein Gottesdienst mit Abendmahl und aus der Griechisch-Orthodoxe Kirchengemeinde Prophet Elias eine Vesper mit Elementen einer Artoklasia.

360 Gottesdienstteilnehmer nahmen real und etwas über 5500 nahmen digital an diesen vier Gottesdiensten teil. Darüber hinaus wurde dieses Gottesdienstformat vom Samstagabend landesweit in vielen Gemeinden gefeiert.

Diese Gottesdienste waren das Besondere eines in sich besonderen 3. ÖKT, dessen Botschaft selbst Corona nicht schmälern konnte, nämlich mit Herz und Verstand gemeinsam einzutauchen in das Geheimnis der Gegenwart Jesu Christi und nach geprüftem Gewissen ggf. hinzuzutreten an den Tisch des Abendmahls oder der Eucharistie, an dem einzig Jesus Christus der Gastgeber ist.

In drei der Gottesdienste wurde gepredigt. Mit Blick auf die konfessionelle Zukunft unterstrich der Stadtdekan Dr. Johannes zu Eltz im Frankfurter St.  Bartholomäus Dom: „Die (se) elementare Bedürftigkeit, die Angewiesenheit auf Ergänzung, die Suche nach ebenbürtiger Hilfe, das ist unsere Verfasstheit als Menschen. Sie ist Bedingung der Liebe und, weil Jesus sich auf sie eingelassen hat, auch Bedingung der Kirche. Deshalb dürfen wir uns nicht hart machen, nicht unbedürftig sein wollen, so dass uns am Ende gar nichts mehr fehlt, wenn der andere nicht da ist, nicht mit am Tisch sitzt.“[5]

Als mit der Evangelischen Gemeinde Riedberg in Frankfurt vertraute Gastpredigerin betonte die Gemeindereferentin Angela Köhler vor dem Hintergrund vieler ökumenisch gewachsener Gemeinsamkeiten in dieser noch jungen Gemeinde: „Die großen Tische in der Innenstadt an der Hauptwache zeigen: da muss manches in den Gesamtkirchen noch wachsen, damit wir alle einen guten Platz auf Augenhöhe haben. Vielleicht können die vielen kleinen Erfahrungen an vielen kleinen Orten das Gesicht der christlichen Kirchen – als eine in Einheit wahrgenommene Kirche – verändern.“[6]

Pastor David Schultze von der freien evangelischen Gemeinde Frankfurt, Oeder Weg lässt seine Predigt in die folgenden Worte münden: „Gestern fuhr ein LKW vor mit auf der Straße einer deutschen Supermarktkette. Hinten stand drauf: Wenn du einkaufen willst, dann erstmal zu P. In einem Satz zusammengefasst ist das auch das, was das Neue Testament ihnen und mir rät, wenn wir unsere Glaubensgeschwister und unsere Mitmenschen lieben wollen, wie uns selbst – erstmal zu Christus und seinem Kreuz. Wenn du diese Liebe haben willst, dann erstmal zu Jesus! Und dann bleib bei ihm, der dir seine Liebe schenkt und die du weitergeben kannst. Und dann ankert unserer Liebe in der größten Liebe, die diese Welt je kennen wird. Dann können wir lieben auch im Angesicht von Unterschieden, sogar dann, wenn Unversöhnlichkeit uns entgegenschlägt oder wir auf Hass auf Feindseligkeit stoßen.“[7]

Das Gemeinsame Zeugnis, die Handlungsoption über den 3. ÖKT hinaus

Das Präsidium des 3. ÖKT hat das gemeinsame Zeugnis beschlossen, welches die Konfessionen verbindet in dem Vertrauen auf die Gegenwart Jesu Christi in der Feier von Abendmahl und Eucharistie. Nicht nur in den vier gestreamten Liturgien am Samstagabend war dieses Gemeinsame Zeugnis unterschiedlich präsent.

Gemeinsames Zeugnis anlässlich des 3. Ökumenischen Kirchentag in Frankfurt am Main 2021

„Als Christinnen und Christen erfahren wir die Gegenwart Jesu Christi an allen Orten, an denen sich Menschen in seinem Namen versammeln.

Wir glauben gemeinsam, dass Jesus Christus selbst uns im verkündigten Wort des Evangeliums anspricht.

Wir vertrauen darauf, dass Jesus Christus – wie er es uns zugesagt hat – in der Feier des Abendmahls und in der Feier der Eucharistie wahrhaft und wirksam gegenwärtig ist.

Wir verkündigen seinen Tod für uns; wir glauben, dass er auferstanden ist und lebt; wir hoffen, dass er wiederkommt zum Heil der Welt.

Gemeinsam feiern wir dieses Geheimnis unseres Glaubens und lassen uns von ihm zu seinem Gedächtnis sagen: schaut hin und erkennt mich beim Brechen des einen Brotes und in der Gabe des einen Bechers für euch alle. Dann geht in meinem Geist verwandelt und gestärkt in die Welt.“[8]

Über den 3. ÖKT hinaus weist auch sein Materialheft zum Thema „Konfessionelle Gottesdienste ökumenisch sensibel feiern“, welches eine bleibende Hilfestellung sein will in dieser Intention auch zukünftig Gottesdienst zu feiern. Die Internetseite des 3.ÖKT hält neben dem Materialheft auch weiter ein Erklärvideo bereit, das in einfacher Sprache und mit klaren Bildern die Entstehung von konfessionellen Gottesdiensten verdeutlicht. Mit diesen Gottesdiensten hat der 3.ÖKT einen neuen Schritt getan, der darauf angelegt ist, auch zukünftig in ökumenischer Verbundenheit fortgesetzt zu werden auf dem Weg der Erfüllung der Bitte Jesu Raum zu geben, „alle mögen eins sein“ (Joh. 17,21). Ökumenische Lebensräume, in die hinein auch in Zukunft weitergehendes ökumenisches Miteinander gestaltet werden soll, sind diesem Wunsch Jesu bleibend verpflichtet. So hat der 3. ÖKT auf dem gemeinsamen Weg der Ökumene einen weiteren einmaligen Schritt getan, der fortschreiten will!

Anmerkungen:
1 Archiv des ZdK. Bonn, Hochkreuzallee 246. 
2 Vgl.: https://www.mdr.de/kirchentag/artikel110340.html (Zugriff 20.07.2021)
3 https://www.evangelisch.de/blogs/stilvoll-glauben/115415/14-01-2010 (Zugriff 18.07.2021)
4 V. Leppin, D. Sattler (Hg.), Gemeinsam am Tisch des Herrn. Ein Votum des ökumenischen Arbeitskreises evangelischer und katholischer Theologen. Freiburg / Göttingen 2020.
5 Aus der Predigt im Gottesdienst am Samstag, den 15. Mai 2021, 19.00 Uhr im Bartholomäus Dom in Frankfurt. Prediger Dr.Johannes zu Eltz, Stadtdekan
6 Aus der Predigt im Gottesdienst am Samstag, den 15. Mai 2021, 19.00 Uhr in der Ev. Gemeinde Riedberg, Riedbergallee 61, Frankfurt/Main. Predigerin: Angela Köhler, Gemeindereferentin
7 Aus der Predigt im Gottesdienst am Samstag, den 15. Mai 2021, 19.00 Uhr in der freien ev. Gemeinde Frankfurt, Oeder Weg 6, Frankfurt/Main. Prediger David Schultze, Pastor
[8] https://www.oekt.de/feiern/konfessionelle-gottesdienste/gemeinsames-zeugnis (Zugriff 20.4.2021)

Berichtsband 3. ÖKT, Liturgien am Samstagabend
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