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Die neue Art erfolgreich zu sein

Faxbox-Predigt zum 9.9.2001

Wer zukünftig in den wohlverdienten Ruhestand oder auch Vorruhestand geht, der könnte sich dann vor ein ganz neues Problem gestellt sehen, das den Ruhestand zu einem Unruhestand werden lassen könnte. Denn glaubt man einer Pressemeldung der vergangenen Tage, dann denkt doch tatsächlich eine Bundestagsabgeordnete aus der Opposition laut darüber nach, einen „Pflichtdienst für Senioren“ in unserer Republik zu installieren. Die Begründung dafür ist aus ihrer Sicht ganz einfach. Da das freiwillige soziale Engagement in unserer Gesellschaft abnimmt, bürdet man den mutmaßlich Schwächeren in unserer Gesellschaft ein neues Päckchen auf die Schultern, so nach dem Motto: Da ihr ja sowieso für das Bruttosozialprodukt unattraktiver geworden seid, dann könnt ihr doch wenigstens unsere Sozialbilanzen etwas aufpäppeln. Auf Nachfrage, so die DPA, bestätigte die Politikerin, daß ein solcher sozialer Einsatz für Senioren „durchaus verpflichtend sein könne“.

So viel Taktlosigkeit verträgt auch das beste politische Sommerloch nicht.
Das haben dann auch ganz schnell die regierenden Politiker gemerkt und gaben ihrer Kollegin entweder eine eher emotionale Abfuhr, das diese Idee ja wohl „aus der politischen Klamottenkiste stamme“, oder eher etwas sachlicher, daß das „Grundgesetz der Bundesrepublik für diese Bevölkerungsgruppe eine Dienstpflicht verbiete“.

Es ist mehr als verwunderlich das ausgerechnet eine Politikerin der Christdemokraten auf Zwangsmaßnahme, bezogen auf das Ehrenamt, zurückgreift, um das Ehrenamt zu „fördern“ und nicht nach neuen und anderen Wegen der Motivation zum Ehrenamt fragt, zumal gerade christlich geprägte Einrichtungen, und das sind nicht nur die Pfarrgemeinden, in unseren Land wesentlich das Ehrenamt mit tragen. Hier sollte man doch mal nach den Motivationen des ehrenamtlichen Handelns fragen.

Die Grundmotivation einem anderen Mensch helfen zu wollen liegt in der Erkenntnis seiner Hilflosigkeit. Dies bedeutet, das ein hilfsbereiter Mensch die Augen offenhalten muß, um den oder die Menschen in seiner Umgebung zu erkennen, der einer Hilfe, Begleitung, Motivation oder eines Dienstes bedürfen der ihrem Leben gut tut.

Solch eine Sichtweise kann keinem Menschen verordnet werden, um ihn dann zur Handlung via Gesetz zu zwingen. Welche Qualität hätte dann eine erzwungene Mitmenschlichkeit überhaupt? Muß man sich das dann so nach dem Motto vorstellen : Ich muß Ihnen zwar helfen, will das aber eigentlich gar nicht und wenn die Kontrolle Schlupflöcher aufweist dann bin ich auch gleich wieder weg.

Grundsätzlich stimmt ja die Feststellung, daß das Ehrenamt, der freiwillige soziale Dienst beziehungsweise das Engagement für den Menschen abzunehmen scheint und/oder sich auf immer weniger Schultern verteilt. Diese Entwicklung aufzuhalten kann aber nur dann gelingen, wenn es in unserer Gesellschaft wieder ein anerkannter und honorierter Wert wird, sich im Sinne der Menschlichkeit für andere Menschen einzusetzen. Das bedeutet beispielsweise das nicht mehr nur Erfolg ein gesellschaftlich hoch anerkannter Wert ist, sondern daß gleichwertig auch das geleistete Ehrenamt, die zwischenmenschliche Hilfsbereitschaft in den Olymp der modernen Tugenden aufgenommen wird. Dabei dürfen aber Erfolg, um bei diesem Beispiel zu bleiben, und Menschlichkeit sich nicht gegenseitig ausschließen, was wiederum zur Folge hätte, daß in unserer Gesellschaft auch neu darüber nachgedacht werden müßte, welche Kriterien sie anlegt um einen Menschen erfolgreich zu nennen.

In diese Fragestellung aber mischt sich nun für den christlich motivierten Menschen das Evangelium des heutigen Tages ein. Da heißt es aus dem Munde Jesu abschließend: „Darum kann keiner von euch mein Jünger sein, wenn er nicht aus seinen ganzen Besitz verzichtet.“ Diese Aussage, „auf seinen ganzen Besitz verzichten“ ist als Option zu verstehen und deshalb formulieren andere Bibelübersetzungen das Jesuswort mit „wer sich nicht lossagt von seinem Besitz“ oder „wer seinen Besitz nicht geringachtet“.

Grundsätzlich aber bleibt die Intention Jesu: Ihr müßt entscheiden was euch wichtiger ist, entweder euer Besitz oder meine Nachfolge.

Nachfolgen heißt aber, wie auch Jesus, aus dem Glauben an Gott heraus jeden Menschen als eine Gabe Gottes anzunehmen, und – mit den wirklichen Möglichkeiten die wir haben – Mitsorge dafür zu übernehmen, daß das Leben der Menschen gelingt, in der gläubigen Erwartung, Gott wird den Menschen endgültig in seiner Hand halten. Davon gilt es Zeugnis abzulegen, und dem entsprechend auch zu handeln. Das bezeichnet einen Menschen, der sich auf Christus bezieht und so im nachfolgen will.

Das ist auch die Grundmotivation weshalb sich ein Christ für den Menschen – wie auch immer – engagiert, um so dazu beizutragen, daß das Leben der Menschen gelingen kann. Christinnen und Christen helfen den Menschen nicht nur um ihm eine Hilfe zu sein, sondern um im helfenden Handeln den liebenden Gott in Jesus Christus zu verkünden, dem es ein „Herzensanliegen“ ist einem jedem Menschen zu helfen endgültig bei Ihm zu Hause sein zu können.

Helfen im Sinne Besitz zu teilen und zu verteilen kann dabei eine große Hilfe für einen hilfsbedürftigen Menschen sein, und in diesem Sinn sind die Worte Jesu auf den Besitz des Menschen bezogen zu verstehen. Angehäufter Besitz, vielleicht sogar auf Kosten anderer Menschen, steht im Widerspruch zu Nachfolge. Wer im Namen Jesu an der Seite der Menschen steht kann nicht gleichzeitig unbedingt in den Augen unserer Gesellschaft erfolgreich sein. Wenn aber Erfolg bedeutet an der Seite der Menschen zu stehen und ihnen zu helfen, in Not sie zu begleiten oder einfach nur für sie da zu sein, dann ist der für den Menschen engagierte Mitmensch erfolgreich.

Dies bedarf eines Prozesses des gravierenden Umdenkens in unserer Gesellschaft das die Vorzeichen von Erfolg verändern muß, wenn der Mensch der Zukunft als Helfender nur erfolgreich sein kann und nicht mehr als Besitzender. Diese Haltung kann niemand, weder eine Politikerin noch das Christentum verordnen. Diese Haltung muß als der aufrechte Gang des Menschen für wertvoll erachtet werden und deswegen gewollt sein. Das ist die Herausforderung des Christentum und seine größte Chance für die Zukunft.

Diese Ansprache erschien als Faxbox-Predigt des Bergmoser + Höller Verlags.

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