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Die Frage nach Recht und Gerechtigkeit

Mit dem Streit bei der Schumag sind wieder einmal Arbeitsplätze in der Region gefährdet, und damit wackelt die soziale Sicherheit weiterer Familien. Wer hat da eigentlich Recht?

Der Vorstand der Schumag fordert eine Erhöhung der Wochenarbeitszeit von 35 auf 40 Stunden. Das sei zum Erhalt des Standortes nötig, sonst ginge es ab nach Rumänien. Die Belegschaft, die wohl nicht geneigt ist nach Rumänien überzusiedeln, bietet aber nur eine Erhöhung auf 37,5 Wochenstunden an. Bleibt zu hoffen, dass Betrieb und Belegschaft doch noch eine Einigung finden werden.

Die Frage jedoch, wer hat in seinen Forderungen Recht, kann sich morgen an einem anderen Ende des Kreises Aachen wieder neu stellen. Denn wer hat Recht? Die Heerscharen der Aachener, die bei den großen Lebensmittelketten am liebsten jeden Tag die Milch noch einen Cent billiger hätten, oder die dortigen Angestellten, die absehbar mindestens den Inflationsausgleich fordern werden, die Betreiber der Supermärkte, die unter dem Preisdruck Personal reduzieren, oder die Bauern, die auf ihre Subventionen für die Milch bestehen. Wer hat Recht?

Alle können nicht Recht haben, es sei denn, das private Drucken von Euro-Noten würde erlaubt. Wer hat da Recht? Die vielen kleinen Anleger in Aachen, die einen Anspruch auf die vereinbarte Rendite ihrer Anlagepaketen zu meinen haben, oder die börsennotierten Unternehmen die, auch um ihre Kleinaktionäre bei Laune zu halten, Personalabbau aus Gründen der Effizienz aktiv betreibt. Wer hat da Recht?

Die Globalisierungsbefürworter, die neue Märkte mittelfristig auch für den Standort Aachen sichern möchten, oder die Manager die sich grinsend dicke Abfindungen durch die Fusion von Unternehmen einstecken mit der Begründung, sie so tauglich gemacht zu haben für den Weltmarkt. Oder jene, die das Thema Subventionsabbau bei Kohle und der Landwirtschaft natürlich nur aus moralischen Gründen für verwerflich halten.

Ich weiß nicht mehr wer recht haben könnte. Alle jedoch nicht! Aber wer ist denn dann im Unrecht? Alle ein bisschen? Ja auch, aber nicht nur: In den letzten Jahren haben die Arbeitnehmer gut bekommen und die Arbeitgeber sich gut genommen, alle jedoch behaupten das Gegenteil.

Zukünftig wird Recht, Gerechtigkeit, so glaube ich als Laie, nur zu finden sein jenseits der Subventionen in Milliardenhöhe, sowie jenseits von Abfindungen einzelner in mehrfacher Millionenhöhe.

Gerechtigkeit und parteilicher Stimmenfang sind auch in diesem Wahljahr unvereinbar. Gerechtigkeit gründet in Ehrlichkeit und in dem Interesse am Wohl des Volkes, dem so genannten Gemeinwohl, wo es allen mindestens gleich wohl gehen sollte, komischerweise sich einige wenige aber sichtbar wohler fühlen als andere, die sich so gar nicht mehr wohl fühlen können!

Quelle: Aachener Zeitung, 11.08.2004
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