Faxbox-Predigt 1997
In den Fußstapfen dessen, von dem wir bekennen, er ist der Sohn Gottes der Erlöser unser Heiland gehen diejenigen, die der Gewalt eine Absage erteilen, der Gerechtigkeit ihre Stimme geben, Barmherzigkeit auf die eigene Fahne schreiben und Frieden zu ihrem Gebot der Stunde machen.
Auf heilendem Weg befinden sich diejenigen, die ihren Reichtum in der Gottes Nähe erkennen und ihn als den anerkennen, der er ist, der Geber des Lebens.
Den Spuren des Heilseins folgen diejenigen, die in der Trauer auf die Hand Gottes hoffen, und in der Beschimpfung, Verleumdung und Verfolgung kein ausreichendes Argument sehen, die Sache des Glaubens an Gott in Jesus Christus zu verraten.
Die Bergpredigt Jesu ist eindeutig. Sie verheißt in den Seligpreisungen nicht eine ungefähre Richtung, einen groben Weg oder ein eventuell, ein vielleicht, ein es könnte sein. Nein, wer die Möglichkeit zur Gewalt nicht nutzt, wer Gerechtigkeit in die Tat umsetzt und Barmherzigkeit nicht den anderen überlässt, der ist selig. Das heißt nicht ein bisschen selig zu sein, nochmals nein, selig sein heißt selig sein.
Selig, der tut, was Jesus getan hat, den Schritt Heil gegangen zu sein und das Himmelreich ist so geerdet! Jesus startet keine Unterschriftenaktion um zu erfragen, ob den gerecht Handelnden auch alle für würdig genug halten selig zu sein, auch wird dem Friedensstifter keine außerordentliche Bewährung auferlegt, um dann irgendwann einmal selig genannt zu werden und dem, der Gewalt unterlässt wird auch nicht zugemutet, noch weitere Beweise seiner Integration zu liefern um in den Kreis der selig Gepriesenen aufgenommen werden zu können.
Die Handlung in der Intention Jesu macht den Handelnden zum seligen. Weitere Diskussionen wären der Sache nur abträglich, würden Vorbehalte schüren und so die Chance, selig genannt zu werden, auf den Nimmerleinstag verschieben.
In den letzten Tagen und Wochen wird in Deutschland eine Debatte geführt, die, wenn Jesus sie zum Thema „wer darf selig sein genannt werden“ angeleiert hätte, wohl nie einen Menschen hervorgebracht hätte, von dem gesagt würde „Selig ist, wer….!“
Gemeint ist die Frage nach der doppelten Staatsbürgerschaft. Die einen befürworten unter bestimmten Bedingungen die baldige Zulassung der doppelten Staatsbürgerschaft andere, so einer der Kernsätze des Unterschriftenaufrufs der hessischen CDU, fordern erst das „Ende einer gelungenen Integration“ abzuwarten um eine Einbürgerung zu ermöglichen. Hier soll nicht der einen oder anderen Seite nach dem Mund geredet werden. Die Frage jedoch muss erlaubt sein: Wann ist eine Integration erfolgreich abgeschlossen, wer beurteilt ob das nun eigentlich gelungen ist und welche Auswirkungen werden jahrelange Diskussionen und öffentliche Unterschriftenaktionen letztlich auf das Zusammenleben unserer Bevölkerung haben?
Ist die Prothese einer prüfbaren Integration gerecht und friedenstiftend mit Blick z.B. auf den in Deutschland geborenen „Ausländer“, der sich hier zu Hause fühlt, hier sein soziales Umfeld hat und unsere Rechtsordnung mitträgt, weil er in Gerechtigkeit und Frieden hier mit allen Rechten und Pflichten anerkannt leben will, und nach einem deutschen Pass fragt?
Diese Frage soll hier nicht beantwortet werden. Allerdings ist schon zu fragen, ob der Weg der prüfbaren Integration eine faire Antwort auf eine solche Frage ist! Es ist sicherlich nachvollziehbar, das jede und jeder, egal in welchem Land er eine zweite Staatsbürgerschaft anstrebt, die Möglichkeit mitbringen muss, sich in seine Wahlheimat zu integrieren, doch was heißt Integration?
Mögen wir bei der Beantwortung dieser Frage eines nicht vergessen. In unsere Kirche wurden die meisten von uns nur auf Bitten der Eltern hineingetauft! Die Frage nach einer nachprüfbaren Integration hat nie einer gestellt. Die Aufnahme in unsere Kirche ist Vorschuss an Vertrauen, den alle Christinnen und Christen einfach geschenkt bekommen in der Hoffnung, die Integration wird gelingen. Sicherlich kann jemand aus unserer Kirche ausgeschlossen werden aber die Verbindung mit Gott, der in der Taufe zu jedem von uns sagt ich meine dich ganz, ist unaufkündbar. Gott setzt darauf, das die Integration zwischen Gott und seinen Menschen gelingt. Aber auch da, wo aus unserer Sicht dieses Miteinander scheinbar nicht funktioniert gibt Gott die Hoffnung nicht auf.
Bevor jeder für sich abwägt, ob er einer doppelten Staatsbürgerschaft zustimmen kann und wenn ja auf welchem Weg, sollten wir uns der Frage stellen, ob wir durch Gerechtigkeit, Gottesfurcht, Friedenstriebe, Barmherzigkeit, Gewaltlosigkeit und mit einem Herzen ohne doppelte Boden uns in die Gemeinschaft der Christinnen und Christen integriert haben. Und wer jetzt fragt, an welchen Kriterien ist das zu messen, der sollte einfach nochmals die Bergpredigt lesen, um festzustellen, es könnte möglicherweise einfacher sein, ein seliger Mensch zu werden als in Deutschland einen weiteren Pass zu erhalten.
Diese Ansprache erschien als Faxbox-Predigt des Bergmoser + Höller Verlags.