Dieses Evangelium macht stark! Eine kanaanäische Frau bittet den Meister um Hilfe. Jesus aber ist abgeneigt, da überzeugt nur einem Volk die Liebe Gottes zusagen zu können, Israel.
Auftritt der Jünger: Die empfehlen diese ungläubige Frau fortzuschicken.
Hätte Jesus auf sie gehört, dann wäre eine Sensation in der frühen Gestaltwerdung unserer Kirche ausgeblieben. „Gott sei Dank“, Jesus folgte ihrem Rat nicht. Stattdessen lässt er sich von dieser Frau hinterfragen. Daran wurde offenbar, was es heißt, der Sohn Gottes wurde Mensch: Er wurde ein Lernender. Denn der Sohn Gottes korrigierte seine als richtig erachtete, und scheinbar mit der Tradition belegte Erkenntnis.
Dieses Evangelium kann nicht oft genug gelesen werden. Nicht weil die Sensation der lernende Jesus ist, sondern weil die Sensation die ungebrochene Kraft dieser Botschaft ist.
Diese Kraft könnte in dem aktuellen Gestaltwandel unserer Kirche feste Meinungen, allgemein geglaubte Einsichten, und in der Tradition begründete Lehrsätze, demütig und dienend neu justieren! Jesus gibt dies Kraft dadurch, selbst zu eingeschränkt gesehen zu haben, zu eigennützig gedacht zu haben und zu engstirnisch gehandelt zu haben. Und ausgerechnet eine am Rande stehende Frau hat Jesu Lernprozess angestoßen, der aus seiner „ein – sicht“ die „weit – sicht“ werden ließ.
Doch Jüngerinnen und Jünger heute gießen diese Kraft des Evangeliums in viele kleine „Förmchen“, um entkräftend mit ihr spielen zu können.
Diese Entkräftung begünstigt in unserer Kirche den Ruf jene wegzuschicken, die besonders die Meister hinterfragen, die scheinbare Partizipation als solche entlarven und jene, die um die ganze Kraft des Evangeliums für unsere Kirche bitten.
(Zum 20. Sonntag im Jahreskreis 2020, Text: Mt 15, 21–28)