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Das Leben in Ecken

In den eigenen vier Wänden fühlt sich der Mensch meist wohl. Zu Hause sein bedeutet Orientierung, Geborgenheit und bedingt Freiheit.

Aber versuchen Sie doch mal Ihre eigene Wohnung aus der Perspektive eines Besuchers zu betrachten und bringen Sie ruhig eine kleine Portion Neugier auf. Vorab: Dieser Artikel könnte seine Wirkkraft besser entfalten wenn Sie ihn innerhalb ihrer vier Wänden lesen.

Also, Sie kommen durch die Wohnungstüre in den Flur, gehen rechts, wenn es geht und sie nicht vor eine Wand laufen, sonst links oder vielleicht auch ersteinmal ein Stück weiter gerade aus. Links und rechts geben Türen den Blick frei in Zimmer, von denen jedes seinen eigenen  Charakter hat mit speziellen Funktionen. Schauen Sie nun kleinteiliger auf Schränke, Regale, Sitzecke, Esstisch, Sofa, Anrichte, Fensterbänke, Bett, Badewanne und einiges mehr. Noch kleinteiliger hingeschaut könnten Sie Bücher entdecken, Fernseher, Pc,  Vasen, Skulptugen, Papiere, Musikanlage, Bilder, Porzellan, Zeitungen … Frage: Schauen Sie jetzt nur in den Artikel oder schweift ihr Blick schon durch Ihre vier Wände, was gut wäre, denn jetzt kommen entscheidende Fragen, die alle enden mit den selben Worten: „oder auch nicht“.

Warum steht die Sitzecke mittig, …? Warum sind die Bücher so exponiert,…? Warum steht der Fernseher so dominant,…? Warum ist das Porzellan hinter Glas,…? Warum liegt der Pröll im Schrank ,…? Warum ist alles so aufgeräumt, …? Übrigens: Kann Ihrer Wohnung angesehen werden ob in ihr ausser Ihnen noch andere leben, und wenn ja, hat da jeder so seine Ecke, Mann, Frau, Kinder, Hund, Katze und wer noch so  „Mitbewohner“ ist?

Die Frage nach der Ecke hat sich mit der anhaltenden Coronapanedie besonders für jene Menschen neu gestellt, die kein eigenes „Arbeitszimmer“ haben, sich aber auf Homeoffice einstellen müssen.

Wo kann in meinen vier Wänden die Ecke für Homeoffice sein, oder ist sie schon eingerichtet und wenn ja, warum dann da? Musste wegen der Ecke jemand „umziehen“ und wenn ja wer, Hund, Kind, Katze …? Neue Ecken finden zu müssen oder zu wollen verändert den eigenen unmittelbaren Lebensraum. Ecken können so zu Burgen von Eindringlingen werden. Ecken können aber auch Gärten sein in denen durchgeatmet werden kann. Haben Sie eigentliche eine Ecke für Ihre Heiligtümer, Dinge die Ihnen unendlich wichtig, da wertvoll sind, einen Brief, einen Ring, eine gepresste Blüme, ein Rosenkranz, „irgend etwas“, das wichtige Erinnerung verdichtet?

Räume haben normalerweise Ecken, aber um sich zu Hause fühlen zu können ist es wichtig auch besondere Ecken für sich in der Wohnung zu haben, die nicht immer in einer Ecke sein müssen.

Erschienen in: Anzeiger für die Seelsorge 01/2022
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