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Das ist doch Ihre Stadt

Bestimmt aber freundlich steuerte eine „mittelalterliche“ Dame über den Markt auf mich zu und stellte fest: „Das ist doch Ihre Stadt hier!“ Das Nein lag mir spontan auf der Zunge und nach einigen Schrecksekunden bemerkte ich dann doch: „Sie haben Recht!“ Und schon fuhr sie fort: „Dann können Sie mir doch bestimmt auch sagen wo man hier gut essen kann, aber bitte keine Touriläden. „Ich zeigte in eine Richtung und ging selbst in eine andere weiter, und mit mir die Frage, ob Aachen meine Stadt sei. Ein gebürtiger Aachener bin ich nicht und gewählt habe ich diese Stadt auch nicht, der Vorgänger von Bischof Heinrich hat sie mir verordnet. Ehrenbürger bin ich auch noch nicht, also was könnte diese Stadt zu meiner Stadt werden lassen, einfach nur 16 Jahre hier sein?

Kurz entschlossen gab ich ihr, dieser Stadt, zwei Stunden Zeit, mich von ihr zu überzeugen – jenseits von Dom und Rathaus. So ging ich los, durch diese Stadt, und ließ mir von ihr Argumente für sie vorführen. So viel mir eine Kirche auf dem Fels gelegen mit über 15 Treppenstufen auf, weil ein netter Mann eine scheinbar fast blinde Frau rückwärts die Treppe hinunter führte, weiter konnte sie dann wohl alleine.

Eine junge Frau, nur wenige Strassen weiter, mühte sich ab mit einem Messer das Unkraut zwischen den Platten auf dem öffentlichen Gehweg vor ihrem Wohnhaus zu entfernen. In einem Drogeriemarkt an der Kasse reichte mir ein netter Mensch unaufgefordert eine der kleinen „umsonst“ Tüten mit der Bemerkung: „Die können Sie doch sicher brauchen“. Ich sah das Fahrrad schon von weitem mitten auf dem Bordstein liegen als ein junger Mann von rechts kommend es vor meiner Nase aufhob, an die Laterne lehnte und weiter ging. Was sie sprachen konnte ich nicht hören, ich sah nur diese Familie auf die zwei Studenten zusteuern die dann offensichtlich nach dem Weg fragten, worauf hin die beiden Jungs absolut engagiert diametral in zwei verschiedene Richtungen zeigten.

Ein paar Gesprächsfetzen aus der Annastraße: Die buddeln hier schon ewig, es ist eine Zumutung, aber wir können uns ja bald von diesem jämmerlichen Anblick im neuen Elisengarten erholen. Aachen hätte noch Zeit gehabt, die zwei Stunden waren noch nicht abgelaufen als ich an „meinem“ Antiquar vorbei kam, der mal wieder, aber Wetter bedingt selten, vor seinem Ladenlokal saß bei einer Tasse Kaffe, zu späterer Zeit ist es auch mal ein Rotwein, und mich mit mehr als nur einem Hallo freundlich zur Kenntnis nahm. Zugegeben, diese Eindrücke sind nicht die ganze Wahrheit dieser Stadt, aber wenn ich sie immer wieder hier neu finden werde, dann ist Aachen auch meine Stadt.

Quelle: Aachener Zeitung, 22. Juli 2009
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