Brot hat was! Ich meine das nicht ernährungstechnisch, bezogen auf Ballaststoffe, Kalorien und Spurenelemente. Brot hat mehr!
Mit einem bulgarischen Freund besuchte ich zum ersten Mal seine Lieblingsoma in deren Heimatdorf Guljanzi nahe der Donau an der Grenze zu Rumänien. Mit einem uralten Lada ging es teils über Schotterspisten ins Dorf. Wir halten vor einem grünen Metalltor. Miroslav rüttelt ortskundig, bis das Tor sich quietschend öffnen lässt und wir über vier bröckelige Stufen die Terrasse erreichen. Mein Blick ist gefangen von der Einfachheit des Gemäuers, den fast reifen Weintrauben, den roten Tomaten. Dann werden meine Blicke abgelenkt von zwei zerfurchten Händen, die sich mir entgegenhalten mit frischem Brot und Salz, ein Willkommensgruß, verzaubert von einem freundlichen Lächeln einer alten, einfach gekleideten Frau, Miros Oma. Synchron übersetzt Miroslav ihren rührenden Gruß ins Deutsche. Tränen melden sich bei mir an.
Dass die Oma mitten in der Nacht aufgestanden war, um dieses Brot zu backen erfuhr ich erst Tage später.
Dieses Brot verdichtete die ganze Aufmerksamkeit der alten Dame für mich, den ihr noch Fremden. Brot wurde hier zur Metapher: „Das Wenige, was ich habe, möchte ich mit dir teilen.“ Dieses Brot hatte eine Melodie, die so nachklingt: Ankommen dürfen kann so „ein –Fach“ sein. Brot hat eben was!
Und: Das Brot ist gegessen und die Oma tot. Doch sie hat mit diesem Brot Erinnerung gestiftet: Mich erinnert es an einfache, überzeugende Güte mit fast nichts in Händen.
Bibelstelle: Joh 6, 1-15