85 Jahre PIJ in Indonesien[1]
von Michael Lejeune und Christoph Stender
1. War‘s das?
An Geburtstagen, in Verbindung mit Schicksalsschlägen, in Krisen oder auch einfach mal „nur so“, schleicht sich immer wieder die Frage an: Soll dein Leben so weiterlaufen, oder ist noch eine Wendung, eine Veränderung gewollt bzw. überhaupt noch möglich? Kurz gesagt: „War‘s das, oder kommt da noch was?“ Vor diese Frage sahen und sehen sich Menschen in allen Epochen und Regionen oft auch immer wieder neu gestellt.
2. Ihre Idee in die „neue“ Welt wagen
Am 6. Mai 1932 war für sechs junge Frauen die Antwort auf die Frage klar, ob da noch etwas Neues kommt. Denn für sie begann eine Lebenswende, die ihren Ausdruck fand mit dem ersten Schritt auf einen Ozeandampfer. Ziel ihrer Passage: Indonesien. In Gedanken malten sich die Schwestern das noch Fremde ihres Zieles gerade mal aus, als sich auf dem Schiff für sie bereits schon Fremdartiges ereignete. In ihrem ersten Brief an die Daheimgebliebenen berichten sie:
Man scheint die kommende Wärme zu erwarten, denn schon heute Morgen erschien ein großer Teil der Damen in ganz freier Toilette, ohne Ärmel und mit tief ausgeschnittenem Hals. Wir haben so alle den Eindruck, dass das Leben auf einem großen Schiff mit dem modernsten Leben der Großstadt gleichsteht. Da passt eine Schwester vom armen Kinde Jesus nun einmal nicht hinein. Wir halten uns denn auch so viel wie möglich für uns allein …[2]
Mit dem Verlassen des Ozeandampfers standen diese „auffallend gekleideten“ Ordensfrauen in ihrer neuen Welt, waren endlich angekommen und wollten loslegen, etwas nervös noch und in freudiger Erwartung auf die Menschen und besonders die Kinder, die ihnen begegnen würden.
3. Kinderarmut, Armut der Gesellschaft
Kleidung, zu allen Zeiten, kann ein starker Ausdruck eines Lebensentwurfes sein. Die Schwestern, damals in ihrem Habit mit schwarzem knöchellangem Kleid, weißer Haube und schwarzem Schleier standen für einen existentiell mit Gott verbunden Lebensentwurf. Diese Lebensbindung war für Clara Fey aus Aachen, die Gründerin der Genossenschaft der Schwestern vom armen Kinde Jesus (PIJ Congregatio Pauperis Infantis Jesus), das Fundament ihrer Gemeinschaft. In dieses Fundament eingebettet ist bis heute die Sorge um das arme, vernachlässigte und schutzlose Kind. Kinderarmut ist Clara Fey, selber noch ein Kind, an jeder Ecke in ihren Kindertagen begegnet. Während der Epoche der Industrialisierung in ihrer Heimatstadt Aachen sowie der Region und der damit verbundenen gnadenlosen Unterordnung der Arbeiterschaft unter den Fortschritt, „blühte“ die Kinderarbeit – darunter auch Kinder im Alter von sechs Jahren – in den „Geldbörsen vieler Industrieller“.
4. Ein Traum macht stark
13 Jahre nach dem Tode Clara Feys, leitet ein Biograph Claras den einen entscheidenden Traum der jungen Clara, der ihr Handeln geleitet hat, wie folgt ein: „Aus diesen frühen Jahren hat eine Erinnerung sich erhalten, merkwürdig in Anbetracht des Einflusses, den sie im späteren Leben der Ordensstifterin noch ausüben sollte.“[3] Das vom Biograph benutzte Wort „merkwürdig“ meint hier nicht komisch oder eigenartig, sondern bedenkenswert wie nachhaltig. Er schreibt weiter:
Um die Zeit, da Clara etwa 11 Jahre alt war, hatte sie einmal einen wunderschönen Traum, der sie tief bewegte. Sie meinte, sie gehe auf der Jakobstraße in Aachen; da begegnete ihr ein allerliebstes Knäblein, das aber sehr arm und dürftig gekleidet war. Es sah sie wehmütig an, als wolle es um eine Gabe bitten. Clara verstand den Blick und schickte sich an, dem Kinde ein Almosen zu geben. Das darbende Knäblein aber sagte zu ihr: ,Ich habe noch mehr arme Brüderchen.‘ Da fragte Clara: ,Wo wohnst du?‘ Der Knabe deutete mit dem Finger nach oben und lächelte freundlich das fragende Mädchen ,Wie heißt du denn?‘ fragte Clara weiter. Das Kind sprach: ,ich bin das arme Kind Jesus‘. Damit verschwand das Kind und Clara erwachte[4]
Gegen diese Armut gründete Clara Fey mit drei Freundinnen 1844 ihren Orden PIJ mit dem Ziel, Bildung, Kleidung, Nahrung und Gottvertrauen perspektivlosen Kindern zu ermöglichen. Diese segensreiche Tätigkeit der Schwestern sprach sich in der Region um Aachen schnell herum und motivierte immer mehr junge Frauen, sich dieser Gemeinschaft anzuschließen. Aber auch über die Region hinaus fand das Engagement der stetig wachsenden Schwesterngemeinschaft hohe Anerkennung. Damit verbunden meldeten auch andere Städte in der weiteren Umgebung den Wunsch an, von solchen Schwestern in der Armutsbekämpfung besonders unter Kindern profitieren zu wollen.
5. Dieser Traum geht über Wasser
Durch die späteren Niederlassungen der Schwestern in den Niederlanden erfuhr auch der Bischof von Malang in Indonesien – damals niederländische Kolonie – von der Arbeit der Schwestern und bat sie, auch für „seine“ armen Kinder in Pasuruan da zu sein. So begannen sie, ihre erste indonesische Niederlassung ins Leben zu rufen. Von diesen ersten Tagen berichtet eine der Schwestern: „Ich brauch nicht zu verhehlen, dass unser Leben hier ein reiches Opferleben ist, wenn ich nur an all das Ungemach des Klimas, der Hitze und der Tiere denke (…).[5] Doch die Schwestern ließen sich von diesem Ungemach nicht unterkriegen.
6. In der Spur der ersten Schwestern
85 Jahre später besuchten wir einen Teil der Einrichtungen der Schwestern vom armen Kinde Jesus in Indonesien, um zu dokumentieren, was weiter entstanden ist aus der „Holländisch – Chinesische(n) Schule mit 40 Kindern in Kindergarten, Vorschule und 1. Klasse Grundschule“[6], die die Schwestern nur wenige Wochen nach ihrer Ankunft vor 85 Jahren bereits aufgebaut hatten. Was damals erstaunlich aber klein begann, ist bis heute zu einem großen Werk gewachsen mit ca. 80 einzelnen Einrichtungen wie Kindergärten, Schulen und Internaten. In 28 Konventen (Lebensgemeinschaften) wirken 150 Schwestern zusammen mit vielen anderen, auch muslimischen Lehrkräften für eine perspektivenreiche Lebensgrundlage der ihnen anvertrauten Kinder.
Der größere Teil der dort unterrichteten Schüler(innen) sind Muslime, die auch die Ganzheitlichkeit der Pädagogik schätzen, die auf Wissensvermittlung gründet, aber auch musische und sportliche Qualifikation, fairen Wettbewerb und soziale Kompetenz besonders fördert. Damals wie heute steht die Begegnung vorrangig mit dem „armen“ Kind als Individuum im Mittelpunkt ihrer Pädagogik. Da, wo nötig, besonders bei Kindern mit Einschränkungen, gibt es eine Eins-zu-Eins- Betreuung, um jedes Kind seinen Bedürfnissen entsprechend fördern zu können.
7. Ein Produkt der Wirtschaft heute: Armut
Indonesien besteht aus ca. 17.500 Inseln, hat 249,9 Millionen Bewohner mit 2500 Volksgruppen. Mit 200 Millionen meist der sunnitischen Richtung des Islam zugehörigen Muslimen, hat Indonesien den weltweit größten muslimischen Bevölkerungsanteil. Von den 9% Christen im Lande sind 3% römisch-katholisch. Armut bestimmt das Leben vieler Familien, besonders auch auf dem Land. Dort ändern sich weite Teile der Landschaft mit dem für das Klima so wichtigen Regenwald merklich zu einem Schlachtfeld, auf dem kilometerweit am Stück Wald gerodet und Palmen „aufgestellt“ sind, wie ein Heer von Soldaten. Ihre Gegner: die Kleinbauern.
Indonesien ist ein Vielvölkerstaat, und so sind auch die Probleme von Niederlassung zu Niederlassung unterschiedlich. Die Schwestern verfolgen auf die ganze Region gesehen eine wirtschaftliche Strategie, die – vereinfacht gesagt – die Schulbeiträge der Kinder in den Städten dazu nutzt, die pädagogische Arbeit in den ländlichen Regionen zu finanzieren. So finden sich in den Großstädten wie Jakarta und Yogyakarta Schulen der Schwestern, deren Niveau weit über dem des Durchschnitts liegt und die deshalb gut angesehen sind. Das wird in großen Glasvitrinen in den Schulen mit gewonnenen Pokalen dokumentiert, die in Wettbewerben zusammengetragen wurden. In Indonesien ist es üblich, dass in fast jedem Schulfach Wettbewerbe veranstaltet werden, mal innerhalb einer, mal zwischen mehreren Schulen bis hinauf auf die nationale Ebene. Das gute Abschneiden der Schüler(innen) bei solchen Wettbewerben gilt als verlässlicher Garant für die Qualität der Bildung.
Auf dem Land finden sich neben den Bildungseinrichtungen der Schwestern ihnen angegliederte Internate. Durch die teils noch unerschlossene Infrastruktur dieser Gebiete sind viele Kinder darauf angewiesen, in einem Internat zu wohnen, da der Weg zur nächsten Schule ein, täglich nicht überwindbares, Problem darstellt.
8. Zwischen Naturreligion und Islam
Zeugnis geben
Die christliche Missionierung im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhundert sowie die muslimische Missionierung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert haben auf dem Inselstaat dennoch nicht dazu geführt, dass die Verbundenheit zu den Naturreligionen ausgelöscht wurde. Die gesetzliche Verpflichtung, einer Religion anzugehören, hat viele Indonesier dazu gebracht, offiziell zwar einer der großen Glaubensrichtungen anzugehören, diesen Glauben jedoch nicht zwangsläufig in „Reinkultur“ auszuüben. So ist die Angst vor Geistern und Flüchen verbreitet, sodass viele Familien auch aus Angst vor eben solchen ihre Kinder in ein Internat geben wollen. Verbreitet sind die Fälle, in denen ortsfremde Männer junge Frauen begatten, welche dann als verflucht gelten und soziale Exklusion erfahren.
Die Schwestern wollen deswegen soziale Bezüge stärken, die eine Wertschätzung aller Religionen des Landes beinhaltet. Mission bedeutet für sie, den eigenen Glauben als Zeugnis und Angebot öffentlich konkret zu leben. Gleichzeitig arbeiten in ihren Einrichtungen auch Muslime in der Verwaltung oder als Pädagog(innen), ein Miteinander in Verschiedenheit, das allen dient. Dennoch bedeutet dieses Engagement auch, sich an manchen Orten aus der Öffentlichkeit mit religiösen Ritualen weitestgehend zurückzuziehen, um fundamentalistischere Bevölkerungsgruppen nicht zu provozieren.
9. Pädagogik in Wandmalereien und „Graffitis“
In den Räumen der pädagogischen Einrichtungen der Schwestern, vom Kindergarten bis zur Oberschule über Internat und Vorkindergarten, ziehen unterschiedliche Bilder die Blicke der Schüler(innen) und auch die unsrigen als Besucher an. Neben den Bildern des Präsidenten (vorgeschrieben) und von Clara Fey geben vor allem die freien Bilderzyklen den Räumen innen wie außen eine gewisse Leichtigkeit und kindliche Verspieltheit.
Diese Bilderzyklen handeln fast alle von Clara Fey und ihrer Beziehung zu dem Kind, beziehungsweise von den Schwestern und ihrer Bezogenheit auf das Kind hin, genauer auf das Kindergartenkind, das Kind in der Schule und den jungen erwachsenen Menschen in den Internaten, allgemein auf die Kinder in der Obhut der Schwestern. Theologisch lässt sich die Thematik dieser Bildzyklen zusammenfassen in der Grundintention von Clara: „Die Kinder zu Jesus führen“. Als Wandmalerei halten sie diese Kernbotschaft, das Apostolat der Schwestern präsent, innerhalb des Schulbetriebes und darüber hinaus erzählen diese, oft auch wie Graffi tis wirkenden Wandbemalungen, von der Geschichte der Ordensgemeinschaft PIJ.
Allen Schulen zu eigen ist neben der gesetzlich vorgeschriebenen morgendlich gesungenen Nationalhymne zur Stärkung des Nationalbewusstseins als pädagogische Maßnahme in einem Vielvölkerstaat, das Vorsingen der Schulhymne, in der auch Clara vorkommt. Ebenso ist das Lehrmaterial vor allem in den unteren Klassen auch auf Clara Fey, ihre Sorge um das Kind und die Geschichte der Kongregation ausgelegt. Diese Auseinandersetzung reicht vom Ausmalen bis zur Klassenarbeit und garantiert, dass die Kinder – auch glaubensübergreifend – wichtige Punkte der Spiritualität der Schwestern nähergebracht bekommen.
In Gesprächen beineindruckte uns der Wunsch der Kinder, später eine Vielzahl von Berufen (Ingenieur, Arzt, Lehrer) anzustreben, alle jedoch mit dem Ziel, dadurch etwas zu bewirken, um die Lebensumstände der Familien zu verbessern.
10. „Ansteckungsgefahr“ zum Wohl der Kinder
Aber auch einige der jungen Frauen, die heute einen ersten Schritt in die Ordensgemeinschaft hineinmachen (Postulantinnen /Novizinnen), besuchten selber eine Ordensschule und wurden angesteckt von der Lebensfreude, dem Gottvertrauen und dem kompetenten Engagement der Schwestern, die so zum Vorbild für diese jungen Frauen geworden sind.
Einige dieser jungen Frauen stammen auch aus muslimischen Familien und mussten Ihre Entscheidung erst gegen Widerstand der Familie durchsetzen. Über 30 junge Frauen erproben aktuell ihre persönliche Wende, ob ihre Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft der Schwestern eine dauerhafte Lebensperspektive für sie bedeuten kann, in der sie ihre Beziehung zu Gott und damit besonders zu den Kindern weiter entfalten können.
11. Begeisterung organisiert Ordnung
Knapp 20 Postulantinnen und Novizen sitzen mit uns im Kreis. Jede der Schwestern, inklusive der Leitung, hat einen kleinen Tisch vor sich mit einer, auf allen Tischen gleichen, Tischdecke, die bedruckt ist mit indonesischer Ornamentik. Auf jedem Tisch liegen ein Gebetbuch, ein Schreibblock und ein Stift.
Dieses Arrangement signalisiert Ordnung, und die herrscht hier auch. Doch diese Ordnung, die an vielen „Orten“ im Haus zu spüren und zu sehen ist, beherrscht nicht im Sinne von Machtausübung, sondern herrscht in dem Sinn, dass sie dient. Die Ordnung dient der persönlichen und der gemeinschaftlichen Weiterentwicklung der jungen Frauen, die im Postulat oder im Noviziat ihren Weg zu gestalten suchen. Die Postulantinnen tragen eine Art Overall in weiß noch ohne Schleier und Plakette, und die Novizinnen trage ein beiges Ordenskleid (wie die Schwestern mit ewiger Profess auch), noch mit weißem Schleier und der Plakette (Manete in me), an einem weißen Band um den Hals gelegt. Diese Frauen, bei aller Ordnung, sind keine Trauerklöße, nein, ihre Haltung ist wach, ihre Augen hell und ihre Energie füllt den Raum.
Diesen Eindruck, dass hier das Leben pulsiert, spürt man im ganzen Gebäudekomplex, der unter einem Dach, Postulat, Noviziat, Exerzitienhaus und die Provinzleitung der Schwestern vereint. Die Ordnung dient auch diesem Miteinander der unterschiedlichen Einrichtungen, die hier nebeneinander, aber auch miteinander funktionieren.
Auf die Frage, wie die einzelnen Lebenswege in jungen Jahren zu den Schwestern führten, gab es sehr verschiedene Antworten, angefangen vom Interesse an der Bedeutung des „Sang Timur“ – „des armen Kindes Jesus“, vom reinen Interesse an der Ordenstracht über das Aufwachsen bei den Schwestern bis hin zu dem immer schon präsenten Wunsch, auch Schwester werden zu wollen. Allesamt aber offenbaren sie, dass der Weg, dem Orden beitreten zu wollen, nirgends fest vorgegeben ist, meist Umwege beinhaltet und auch für manche nicht als der einzige Weg in Frage kommt.
12. Eucharistie ist Krippe
Eucharistiefeier und eucharistische Anbetung sind im Alltag der Schwestern in Indonesien fest verankert. Der Traum von Clara Fey in jungen Jahren weitet den Blick der „Träumenden“, und lässt sie das Christkind Jesus (in der Krippe) in dem armen Kind von der Straße sehen. Vor dem Hintergrund dieses Traumes sieht Clara in den eucharistischen Gaben von Brot und Wein, also der realen Gegenwart Jesu Christi, von Jesus Christus aus auf das arme Kind und vom armen Kind aus auf die Gegenwart Jesu Christi in der Eucharistie. Bereits früh im Morgen gegen 5 Uhr gilt die immer gut besuchte Morgenmesse (auch von Externen) in der Schule oder am Land, als Start in den Tag. Ob die Messdiener nun barfuß im gefliesten Altarraum ihren Dienst verrichten oder der Dorfpfarrer sitzend die Messe feiert, immer wieder fällt der Blick in die Umgebung, den Kirchenraum, manchmal sogar darüber hinaus in die pure Natur, die die Feiernden umgibt.
13. Kommunion bedeutet auch „Hand anlegen“
Die Schwestern, die meist Berufen nachgehen, ob nun als Lehrerin in ihren Einrichtungen, aber auch im Bistum, in der Pfarre oder der Verwaltung, erhalten auch manchmal eine großzügige Spende von Bewohnern in den Städten für die Schulen auf dem Land. Die biblische Abgabe, der „Zehnte“, ist für manche Christen in Indonesien noch eine Verbindlichkeit aus dem Glauben.
Auch die Pfarreien, selbst an entlegeneren Orten, sind so autonom, dass in der Sonntagsmesse die Bevölkerung dazu aufgerufen wird, am Nachmittag beim Bau der neuen Kirche zu helfen. Diese aus Platznot geplante, sich im Aufbau befindliche neue Kirche beeindruckt nicht nur durch die Architektur, sondern vor allem durch die Bauweise, durch abertausende Bambusstäbe, die das statische Grundgerüst bis zur Vollendung des Baus bilden. Und auch der Kanarienvogel im Käfig, der künftigen Sakristei Leben einhauchend, wie auch die rings um die Kirche angezündeten Feuer dürfen nicht fehlen, gewähren sie doch den Bauarbeitern während der Bauzeit die Abwesenheit von bösen Geistern.
14. Neue Welt wagen, damit Kinder träumen können
Auch in Indonesien stehen die Schwestern vor immer neuen Herausforderungen, denn die gesellschaftlichen Entwicklungen bergen Risiken. Da Indonesien über ein ausgezeichnetes Mobilfunknetz, auch auf dem Land, verfügt und mobiles Internet dutzendfach billiger ist als hierzulande, wachsen viele Kinder mit dem Smartphone und mit ihm mit dem Abbild der westlichen Gesellschaft auf, präsentiert von YouTube, Facebook und weltweiten Meldungen anderer Anbieter. Dies führt jedoch dazu, dass der westliche Lebensstil zum Sinnbild für Erfolg stilisiert wird, die Kurzsichtigkeit dieser Lebensweise, genau wie hierzulande auch, verkennend. Jugendliche, die an selbstgebrautem Alkohol sterben, da sie auf dem Land keine andere Form der Unterhaltung vorfi nden, gehören ebenso zu den negativen Auswirkungen wie die Straßenkinder, geboren in wirtschaftlicher Ausbeutung, die zwar über ein Smartphone, aber kein Zuhause verfügen.
Die gesellschaftlichen Herausforderungen stellen die Schwestern vor Ort immer wieder auf die Probe und vor eine Zukunft, in der, wie Jahrhunderte zuvor, „Klöster“ immer wieder neue Antworten in Anbetracht gesellschaftlicher Probleme formulierten und lebten. Es bedarf der Menschen, die in ihrer Berufung und in ihrem Alter einen Querschnitt der Gesellschaft darstellen und sich sicher sind, die Arbeit an diesen Knotenpunkten fortsetzen zu wollen: um den Traum einer jungen Frau, der soviel bewegt hat, in die Zukunft zu träumen als Antwort auf das gesellschaftliche „War’s das?“.
Anmerkungen:
- Für alle Bilder dieses Artikels liegt das Copyright bei Michael Lejeune, der eigene Photos zur Verfügung gestellt hat.
- Erste Berichte unserer lieben Javamissionarin-nen, Bericht vom 8. Mai 32. Archiv PIJ Generalat Aachen Jakobstrasse (Diese Briefe liegen in einer maschinengeschriebenen Abschrift vor.).
- Pfülf, Otto. M. Clara Fey vom armen Kinde Jesus und ihre Stiftung. Freiburg im Breisgau, herdersche Verlagshandlung, 1907, S. 9.
- A.a.O. S. 9.
- Nachrichten aus der Genossenschaft der Schwestern vom armen Kinde Jesus. September 1932, S. 19. Archiv PIJ Burtscheid
- Bericht für das Generalkapitel 1996, S.5. Archiv PIJ Burtscheid, Einordnung 5360,9.