Vorliebe für leise Töne
Lyrikabend mit dem Pfarrer Christoph Stender
Aachen (nel). „Mir ist so kirschlich“ lautete der Titel des ersten Textes, den Christoph Stender, Lyriker und Aachener Hochschulpfarrer, bei seiner Lesung in der Buchhandlung Backhaus vortrug. Betitelt war die Veranstaltung als „Schatzansichten“ – nach Stenders aktuellem Buch.
Besser freilich hätte der Abend geheißen „Lass doch wachsen, werde und liebe, wer du bist“, wie Stender selber formulierte – schlug er doch einen großen Bogen über zehn Jahre seiner literarischen Tätigkeit, deren lyrisches Grundthema die leisen Töne, die Zwischentöne sind, getragen von der Sehnsucht nach Leben. Das größte Anliegen des 45-jährigen Lyrikers ist es, immer wieder gegen den Strich zu bürsten, Klischees aufzubrechen und eingefahrene Sehgewohnheiten zu hinterfragen, sie zu ändern. Und auch wenn er vor den Zuhörern behauptete, keinen Humor zu besitzen, beweisen so manche seiner eigenen Texte das Gegenteil: Kirschlich statt kirchlich eben.
Immer wieder wurden die neuen, dem Aachener Dom und seinem Schatz gewidmeten Texte zu älteren Gedichten der vier vorangegangenen Sammelbände in Beziehung gesetzt. Dabei leugnet Stender nicht, dass seine Texte auch auf der eigenen Biographie fußen, bis hin zu prägenden Kindheitserfahrungen.
Konzentriertes Hören
Wer freilich erwartet hatte, in der stillen Atmosphäre des Abends einen voyeuristischen Blick in das Privatleben eines Lyrikers und Priesters tun zu können, wurde harsch enttäuscht. Gefragt war konzentriertes Hören auf die außergewöhnlichen Texte eines außergewöhnlichen Autors, dem man an diesem Abend mehr Zuhörer gewünscht hätte.
Wer es bedauert, nicht dort gewesen zu sein: www.christoph-stender.de bietet nicht nur viele der Texte, sondern sogar die Stimme des Autors.