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„Ich muss Dir jetzt mal was beichten“

„Ich muss Dir jetzt mal was beichten“

Von Jürgen Seyffert

Wer Fehler äußert, der will ernst genommen werden. Pfarrer Christoph Stender hält von Bagatellisierung nichts.

Es muß nicht immer in der Kirche sein: Beichte, wie etwa beim XX. Weltjugendtag 2005 auf dem Marienfeld in Kerpen oder in einer Halle der Kölner Messe (unten), ist an vielen Orten möglich.

„Ist doch nicht so schlimm.“
„Halb so wild.“
„Mach Dir nichts draus, kann doch jedem mal passieren.“
„Wir sind doch alle kleine Sünderlein.“

Schön, wenn man Freunden sagen kann, „ich muss Dir jetzt mal was beichten“, und die das nicht so eng sehen. Die, wenn man – platt gesagt — Bockmist gebaut hat, den Ball flach halten. Schwamm drüber, alles vergeben und vergessen, geht ganz schnell.
Christoph Stender ist da anderer Meinung. Nicht, weil er etwas gegen verständnisvolle Freunde hat. Den Pfarrer der Katholischen Hochschulgemeinde Aachen stören viel mehr die fehlende Tiefe und Ernsthaftigkeit solcher Äußerungen. Flugs dahergesagte Beruhigungsfloskeln sind das für ihn – vielleicht sogar gut gemeint. Eine Hilfe sind sie aber nicht. „Wir müssen wieder dahin kommen zu sagen: „Ja, Du hast Grenzen überschritten. Ja, da hast Du Dich schuldig gemacht. Aber jetzt gehen wir das Thema mal konstruktiv an.“ Vom Bagatellisieren der Situation halte ich deshalb nichts, weil so der Mensch, der seine Fehler äußert, ja gar nicht ernst genommen wird.“

Christoph Stender führt eine ganze Reihe solcher Gespräche – Tendenz steigend. „Ich stelle fest, dass es wieder mehr Menschen gibt, die den Mut haben zu sagen: „Ich brauche ein Stück weit jemanden an meiner Seite.“ Und nicht selten drehen sich die Gespräche um das Erleben von Versagen sowie um die Frage von Schuld und den Umgang mit Schuld.“

Lebensbegleitung

Es sind zunächst meist keine konkreten Beichtgespräche, die der Pfarrer führt. Er beschreibt sie selber als eine Art Lebensbegleitung. Jedoch ergibt sich die tatsächliche Situation des Beichtens sehr oft in diesen Dialogen. Mit den unterschiedlichsten Wünschen und Vorstellungen, wie Stenders Erfahrungen zeigen. Die ganz klassische Variante muss es längst nicht immer sein. „Eine Frau hatte beispielsweise einmal den Wunsch, schon irgendwie in der Kirche zu beichten, aber doch bitte nicht im Beichtstuhl. Sie hat sich dann einen Tag vorher eine Säule in der Kirche ausgesucht und mich gebeten, ihr doch genau an dieser Stelle die Beichte abzunehmen“, sagt Stender.

Fotos: Michael Jaspers/ddp

Ein Problem hat der Pfarrer damit nicht. Das pure Abspulen von Ritualen ist ohnehin nicht sein Ding. Als Jugendlicher, vor dem Theologiestudium, hat er es selber öfter so erlebt: ab in die Kirche, rein in den Beichtstuhl, reden, raus aus der Kirche, fertig. „Ich will das auch gar nicht schlecht reden. Zumal einige Menschen, die ich begleite, genau dieses Ritual für die Beichte ausdrücklich wollen“, sagt Christoph Stender. Aber Räumlichkeit und Zeitpunkt sind für den Geistlichen eben nicht so entscheidend. Die Beichte selber ist für ihn der Ort – ein einzigartiger überdies. „Es gibt auf der ganzen Welt keinen anderen, an dem Menschen ihre Schuld bekennen können, ohne irgendwelche negativen Konsequenzen befürchten zu müssen.“

Kein Therapeut

Im Gegenteil: „Sie werden zutiefst ernst genommen und der Moment der Vergebung, der Moment der Befreiung ist einmalig. Wenn die Leute anschließend sagen, dass ihnen eine Last von der Schultern gefallen ist, dass sie leichter geworden sind, ist das genial.“ Sicher, manche Beichten seien auch für ihn bedrückend, „aber ich nehme nicht die Schuld des anderen mit mir mit“.

Ebenso wenig versteht er sich als Therapeut, der Therapien verschreibt. Einmal, als die Beichte genau in diese Richtung lief, hat Stender, nachdem er dem Betroffenen eine seinem Anliegen gerechter werdende Perspektive aufgezeigt hat, den Beichtstuhl ganz bewusst verlassen. „In diesem Fall war ich nicht der, der helfen konnte. Meine Aufgabe ist es nicht, Antworten zu geben. Ich helfe, dass der Mensch die Antworten bei sich selber und in seiner Beziehung zu Gott findet“, sagt Christoph Stender.
Mal ebenso im Vorbeigehen ist das kaum möglich.

Wünscht sich wieder mehr Tiefe bei Fragen von Schuld und Vergebung: Christoph Stender, Pfarrer der Katholischen Hochschulqemeinde in Aachen.

Zum Thema: In der katholischen Kirche ist die Beichte die persönliche Aussprache eigener Schuld gegenüber einem bevollmächtigten Geistlichen. Sie ist Teil des Bußsakramentes. Dagegen ist die Beichte in der evangelischen Kirche meist eine gottesdienstliche Handlung zur Vorbereitung auf das Abendmahl, die Einzelbeichte ist jedoch auch möglich. Der Inhalt der Beichte ist durch das Beichtgeheimnis geschützt. Selbst bei gröbsten Verfehlungen ist der Beichtvater zur Verschwiegenheit verpflichtet. Das Beichtgeheimnis kennen alle Kirchen.

Quelle: Magazin der Aachener Zeitung und Aachener Nachrichten, 09. Dezember 2006
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