Vadim hat sein Maschinenbaustudium fast hinter sich. Ein Überflieger ist er nicht, Mathe liegt ihm nicht wirklich. Religiös ist er eher unmusikalisch. Aber er will Zusammenhänge verstehen.
Eher zufällig sind wir uns an der Uni begegnet. Die Chemie stimmte auf Anhieb und er fragte etwas frech: “Kann man dich eigentlich abonnieren?“ „Wie meinst du das?“, erwiderte ich. “Ich würde mir gerne einen Priester leisten, der mich fragen lässt.“ „Okay,“ sagte ich, „ab jetzt hast du einen!“
Vadim legte los: „Bin ich zufrieden?“ „Woher soll ich wissen ob du zufrieden bist,“ erwiderte ich. „Aber du musst doch wissen, was Zufriedenheit ist“ bohrte Vadim. Antwort: „Wenn dich nichts in Versuchung führen kann, dann bist du zufrieden!“ Kaum das Wort Versuchung ausgesprochen stockte ich, wieso jetzt dieser Begriff? Vadim platzte in meinen Gedanken: „Versuchung, von Versuchung habe ich keinen Plan.“
Ich war nun dran, also: „Wenn es dich reizt, einen Kumpel zu mobben, um selber besser zu wirken. Wenn es reizt, nur in besonderen Klamotten ein toller Kerl zu sein. Wenn es reizt, Geiz geil zu finden. Wenn es reizt, anzugeben, was du nicht bist. Wenn es reizt, Geld zu haben, um andere zu beherrschen…“ Vadim: „Versuchung heißt also, es reizt mich etwas.“ „Ja, alles, was dich reizt mehr darzustellen, als du nackt vor dem Spiegel bist, ist Versuchung. Und sie funktioniert dann, wenn du meinst, ohne all das, was dich reizt, wertlos zu sein.“
Vadim: „Wer sich vor dem Spiegel nackt aushält, dem kann Versuchung nichts anhaben.“
(Zum 1. Fastensonntag)