Rennen für eine bessere Welt
Regenbogen und weiße Taube: Knapp 3.000 junge Läufer machen mit beim 9. Aachener Friedenslauf. Trotz der brütenden Hitze haben die Teilnehmer jede Menge Spaß daran, sportlich zu helfen.
Von Nadine Preller
Eine Frage an Christoph Stender, Pax Christi im Bistum Aachen
Eine Sportveranstaltung für Schulen, um Geld für den Frieden sammeln. Kommt auf diese Weise mehr zusammen als bei einem herkömmlichen Spendenaufruf?
Stender: Das ist nicht zu vergleichen. Hier setzt man ein Zeichen nach außen, rennt durch die Straßen, feiert, macht auf sich aufmerksam. Das alles animiert die Kinder ungemein und macht sie sensibel für die Friedensarbeit. Genau das ist der Punkt. Die jungen Leite wissen, wofür sie schwitzen, und schmeißen nicht einfach Geld in eine Dose nach dem Motto „aus den Augen, aus dem Sinn“. Deshalb auch im Vorfeld das Begleitprogramm an den Schulen, das über Themen wie Gewalt und Konflikte aufklärt. Das ist eine ganzheitliche Arbeit, die vor Ort in Aachen und in der Welt etwas bewegt.
Aachen. Wenn der Schuss ertönt, dann ist er mit am Start, versucht, im Getümmel von über 1000 Grundschülern seinen Weg zu finden, Runde um Runde. Lorenz weiß, dass beim 9. Aachener Friedenslauf jeder einzelne zählt. Mit jeder Runde über den Katschhof, Münsterplatz, vorbei am Dom, fließt mehr Geld in den Topf, der den Bedürftigen in der Welt zukommt. Eltern, Freunde und Bekannte haben zusammengelegt, sponsern jede Runde des Neunjährigen. Hinter Lorenz steht somit eine ganze Liga an unscheinbaren Friedensaktivisten.
„Das ist auch das Besondere am Lauf“, erklärt Christoph Bongard. „Im Endeffekt unterstützen rund 12.000 Aachener unsere Friedensarbeit.“ Bongard erhält mit dem Forum ziviler Friedensarbeit einen Teil des Erlöses, daneben auch Pax Christi im Bistum Aachen sowie das Netzwerk Aachener Schulen gegen Gewalt und Rassismus.
Noch zehn Sekunden, dann ertönt der Pistolenknall. Die jungen Läufer schwingen regenbogen-bunte Fahnen, der Katschhof bebt von stimmungsvoller Musik, afrikanischen Rhythmen, hunderte weiße T-Shirts strahlen eine Botschaft unter dem blauen Himmel in die Welt: „Lauf mit – schaffe Frieden!“
So viel Spaß hat Lorenz selten, wenn es ums Thema Sport geht. Doch das hier ist kein Unterricht.
„Krieg ist doof. Warum töten sich die Menschen gegenseitig? Man kann ja auch miteinander sprechen.“
Lorenz, 9 Jahre alt
Der Neunjährige begreift die Wichtigkeit des Events. In der Schule hat er viel gelernt, „über den Krieg in Afghanistan, über arme Menschen in Ländern, die sich nicht wehren können gegen die, die alles kaputt machen“. Lorenz will was tun. Er weiß, wofür er heute schwitzen wird.
Im letzten Jahr kamen rund 46.600 Euro an Spendengeldern zusammen. Die Veranstalter erwarten dieses Jahr in etwa die gleiche Summe. Fließen sollen die Gelder vor allen Dingen in die Friedensarbeit in Palästina und Israel sowie nach Bosnien-Herzegowina. „Wir wollen Vor Ort den Dialog fördern, Ursachen der Kon?ikte zwischen den verschiednen Bevölkerungsgruppen klären“, unterstreicht Karen Siebert; Projektleiterin des Friedenslaufs.
Matthias Fischer war von Anbeginn mit dabei, organisierte den ersten Lauf und engagiert sich heute im Netzwerk Aachener Schulen gegen Gewalt und Rassismus, das im Vorfeld das Begleitprogramm an den Schulen organisiert: Anti-Gewalt- und Anti-Rassismustraining, Mimenspiele mit dem Aachener Pantomimekünstler Scheibub, Workshops und Theaterstücke. Fischer: „Besonders glücklich sind wir, dass die Stadt seit einem Jahr nun regelmäßig 50.000 Euro pro Haushaltsjahr für solche Schulaktionen zur Verfügung stellt.“
Neben vielen weiteren Partnern ‚ist in diesem Jahrzum ersten Mal Amnesty International mit dabei, leistet Aufklärungsarbeit in den höheren Klassen. die mit rund 2.000 Läufern nach den Grundschülern an den Start gehen. Für die ist der Startschuss gerade gefallen. Alle rennen, was das Zeug hält.
Nach einer Runde ist Lorenz ziemlich kaputt. Es ist einfach viel zu heiß an diesem Tag. Doch er ist stolz auf seine Leistung, weiß, wofür er alles gegeben hat. „Krieg ist doof. Warum töten sich die Menschen gegenseitig? Man kann ja auch miteinander sprechen“, überlegt sich der Neunjährige. So kindlich – vielleicht für manchen auch auch ein wenig naiv – Lorenz die Sache sieht: Es könnte sich so manch einer eine Scheibe abschneiden von Lorenz‘ Sicht der Dinge: „Wenn wir nur alle zusammenhalten, dann ist auch Frieden möglich.“ Lorenz hat heute bewiesen, wie so ein Zusammenhalt funktionieren kann. Und wie man im Kleinen auch Großes bewirkt.