www.christoph-stender.de

Weite ist das „Maß“ allen Daseins

Ganz am Anfang war da ein Garten, berichtet in seiner Sprache und Bilderwelt das erste, das alte Testament der Heiligen Schrift. Sorry, korrekt muss es natürlich heißen: „Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde.“ (Genesis 1.1) Aber im entstehen der Welt, also jener „Potenz“ aus der alles hervorgeht was ist und wird, spielt mit dem Auftreten des Menschen dieser Garten eine entscheidende Rolle. Ein Garten, in dem man in alle Himmelsrichtungen schauen kann, grenzenlos. Der Blick ist unbegrenzt, Weite ist dass „Maß“ allen Daseins, dass Maß der Schöpfung.

Doch ein Ort in diesem Garten gab dem Menschen deutlich eine Grenze vor. Besser gesagt: Es gab da einen Ort, der für den Menschen nicht zu haben war, nicht durchsichtig für ihn, er war ihm nicht verfügbar. Hier war die Grenzenlosigkeit des Paradieses für den Menschen vordergründig begrenzt, da dieser Ort vorbehalten war für das Gegenüber des Menschen, für Gott, seinen Schöpfer, der einzig Grenzenlose. Dieser Ort ist das sinnenfällige „Bild“ für die Grenzenlosigkeit, die Unantastbarkeit Gottes. Sie kennen das Bild für diesen Ort, „den“ Baum, und die Begebenheit drum herum mit Eva und Adam bestimmt auch.

Ortswechsel:

Ich bin da, nein nicht mehr im Paradies, an meinem Ort bin ich da, da gibt es mich wie ich bin, und wie ich bin so bin ich sehr zerbrechlich. An meinem Ort möchte ich wer sein, mich entfalten auf dem Boden der Erinnerung und gehalten von den Wurzeln meiner Tradition. Geliebt möchte ich werden, etwas Erfolg haben, und mir ist klar, all das ist mir nur geliehen, weil ich zerbrechlich bin.

Und da gibt es dann auch noch dieses andere ich, das ich meines Gegenübers, den ich Du nennen darf, und der auch mich Du nennt, eben der Andere der nicht ich bin. Auch Du möchtest da sein wie Du bist, und so wie Du bist, bist Du sehr zerbrechlich. An deinem Ort möchtest Du wer sein, Dich entfalten auf dem Boden der Erinnerung und gehalten von den Wurzeln deiner Tradition. Geliebt möchtest Du werden, etwas Erfolg haben und auch Dir ist klar, all das ist Dir nur geliehen weil Du zerbrechlich bist.

Eigentlich wäre Platz genug für Dich und mich, für deine Tradition und die meine, für meine Identität und die deine, für deine Liebe und meine, für deinen Weg und meinen Weg. Ja, wenn Du zu meiner Weite gehören würdest und ich zu deiner, wenn du meine und ich deine Weitsicht wären, dann wäre ich mit Dir bei mir und du mit mir bei Dir.

Mauern werden zu Klagemauern

Aber der Mensch erfand die Mauer, weil er wie Gott sein wollte und will und ihn so verachtet. Beherrschen will er, sich erheben über den Anderen, gegen das Du, ihn ausräumen, weg räumen, von einem Platz einfach abräumen. Und so setzte er Stein auf Stein, zuerst im Kopf dann auf die Erde, so z.B. in China, hunderte Jahre vor Christi Geburt begonnen, um Städte herum wie Rom, durch Länder wie Korea, damals durch das Volk der Deutschen und heute durch Jerusalem, das Heilige Land. Mauern wurden errichtet: Um sich zu schützen, sagt man, und dann um auszugrenzen, einzugrenzen, fern zu halten, weg zu nehmen, einzusperren.

„Und Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde, nach dem Bilde Gottes schuf er ihn, als Mann und Frau schuf er sie.“ (Gen. 1. 27)

Unser Gott, dessen Ansicht alle Weite und mit ihr die Freiheit in sich birgt, dieser Gott schuf uns nach seiner Ansicht. Ja, und er gab den Menschen diesen Garten, das Paradies der Weite, in dem Du Du und ich ich sein dürfen. An Dir werde ich ich und an mir wirst du Du vor Gottes Angesicht.

Halten wir heute Ausschau, das Paradies verloren, dann scheitert unser Weitblick oft an Mauern, in den Köpfen und fest gemauert in der Erde.

Und mit Blick auf den, der einen jeden von uns ins Dasein gerufen hat, werden alle Mauern die nicht zu überwinden sind zu Klagemauer, Orten der Klage gegen jene die Mauern bauen oder deren Bau provozieren.

 Ein Traum, der weiter lebt

Wie gut das sich der Mensch erinnern kann, auch an diese Wort wie die Heilige Schrift sie uns überliefert: Und Gott schaute auf sein Werk und sah dass es gut war. Und mit dieser Erinnerung wird ein Traum nie Sterben, der Traum von diesem Garten, der einfache Weite ist. Und solange auch nur ein Mensch diesen Traum träumt, hat die Kraft der göttlichen Weite einen Ort an dem sie im Menschen kräftig werden kann und neu beginnt Mauern einzureißen, zu erst in den Köpfen.

Ja, in den Herzen und dann in den Köpfen müssen wir Anlauf nehmen wie der Psalmist, der uns von sich und seiner Welt, damals – heute, erzählt: Mit meinem Gott springe ich über Mauern (Psalm 18,30).

Erschienen als geistliches Wort in der pax zeit: Zeitschrift der deutschen Sektion der internationalen katholischen Friedensbewegung pax christi, 3/2009
Dieser Beitrag wurde in Aufsätze + Artikel veröffentlicht und getaggt , , , . Ein Lesezeichen auf das Permalink. setzen. Kommentieren oder einen Trackback hinterlassen: Trackback-URL.

Einen Kommentar hinterlassen

Ihre E-Mail wird niemals veröffentlicht oder weitergegeben. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Sie können diese HTML-Tags und -Attribute verwenden <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>

*
*

© Christoph Stender | Webdesign: XIQIT GmbH
Impressum

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen