Es ist wieder stiller um ihn geworden. Die Diskussion um seinen Rücktritt nun eher ein Thema für das Hinterzimmer, und die Schlagzeilen müssen sich wieder um andere Aufreißer bemühen.
Doch diese Einschätzung kann schon morgen Schnee von gestern sein.
Die Frage oben man den außerordentlichen Karlspreisträger der Stadt Aachen nicht in Ruhe alt und krank sein lassen könne, findet auch in unserer Stadt täglich Antworten. Viele wünschen dem Papst, dass er sich zurückziehen könne um in Ruhe sein Leben zu beschließen.
Einige finden es unerträglich, diesen von Parkinson gezeichneten Mann nun auch noch röchelnd im Fernsehen präsentiert zu bekommen. Andere urteilen, der muss abdanken, denn dieser kranke Mann kann seinen Auftrag nicht mehr erfüllen.
Welchen Auftrag eigentlich? Parkinson ist eine krankhafte Muskelerstarrung aber keine Geisteskrankheit und somit nicht stringent gleichbedeutend mit Leitungsunfähigkeit.
Aber lassen Sie mich mit Blick auf das Stichwort Auftrag kurz zurückschauen. Da war dieser Papst vor über 25 Jahren ein Genuss für jeden Zuschauer, wenn er in weißer Soutane auf Schiern schneedurchflutete Landschaften durchstreifte, die letzten vier Treppen der Gangway herunter sprang oder sich Arm in Arm mit jungen Menschen in schnellen Rhythmen wog.
Jede seiner Reisen wurde live übertragen, denn seine Staats- und Pastoralbesuche hatten längst auch politischen Charakter. Kein Papst bisher hat sich so dynamisch und medienfreundlich gezeigt. Kein Papst und Staatsmann vor ihm hat so kontinuierlich zum Weltfrieden und zur Demokratie beigetragen können und eindeutig jeden Krieg verurteilt, auch den im Irak.
Nun ist dieser Papst alt und krank, und er hat trotzdem noch die Stirn, eine Entscheidung zu treffen, die aber offenbar nicht konsensfähig mit unserem bisherigen gesellschaftlichen Verhalten zu sein scheint.
Dieser Papst bricht die Präsenz seiner Existenz in der Öffentlichkeit nicht ab, nur weil seine Vergänglichkeit nun unübersehbarer geworden ist. Denn dieser Pontifex stand und steht bedingungslos auf der Seite des Lebens, und da bleibt er auch. Darum lautet seine existenzielle Botschaft: Auch das Alter, die Krankheit und das Sterben gehören zum Leben dazu.
Dieser Papst steht an der letzten Schwelle seines persönlichen Übergangs vom Leben zum Tod.
Dafür steht auch das Kreuz Jesu Christi. Christinnen und Christen aber beten in diesem Kreuz nicht Leiden und Tod an, sondern wir verneigen uns angesichts des Sterbens Jesu, dem Heilshandeln Gottes am Menschen, vor dieser einmaligen Zukunft, die nur im Glauben zu haben ist und die nur in Gott möglich werden kann. Stammelnd nennen wir das Ziel dieses Übergangs «Ewiges Leben».
Unser außerordentlicher Karlspreisträger verneigt sich aktuell in seinem Übergang vom Leben zum Tod zutiefst vor diesem Geheimnis und berührt die Erde, auf der auch wir stehen.