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Schandfleck „gute Stube“?

So häufig wie in den letzen Monaten bin ich noch nie durch die „gute Stube“ Aachens gegangen. Eigentlich bin ich in der kleinen Grünanlage mitten im Aachener Zentrum auch mehr stehen geblieben als gegangen.

Aber nicht nur bei mir „genießt“ das, was vom Elisengarten momentan noch übrig ist, besonderes Interesse. Auch Einzelpersonen und kleinere Gruppen, die aufgrund der Digitalkameras – die sie unablässig vor dem Auge tragen – als Touristen auszumachen sind, verlangsamen ihren Gang in Höhe Elisengarten. Schaut man ihnen dann ein wenig „auf’s Maul“, bekommt selbst ein Wahlaachener, wie ich es einer bin, einen nach innen gewandt roten Kopf.

Denn da wird gesagt, wie auch gestern zu hören: „Die pflegen ihre Stadt aber nicht schön, da liegt ja überall nur Schutt und Müll herum“. Sprachfetzen verschiedener Herkunft und Idiome, gepaart mit verdrehten Blicken und nach unten gezogenen Lippen machen unmissverständlich deutlich: „So etwas ist eine Zumutung! Einige Kiddies nehmen es da eher sportlich und bekundenden lauthals: „In diesem Festzelt zappelt aber auch keiner mehr ab.“ Recht haben sie, zumindest, was die Funde angeht! Allerdings auf den Punkt gebracht meinen nicht nur Touries: Aachens „gute Stube“ ist ein Schandfleck. Sicherlich ist der Elisengarten und der unmittelbar umbaute Raum drumherum keine optische Augenweide. Bauten werden saniert und umgebaut, Kabel verlegt, Gehwege aufgerissen und mitten drin wird gebuddelt. Aber was die einen voreilig, oft nur auf Grund äußerer Anschauung als Schandfleck bezeichnen, nennen anderen eine Fundstelle, ein Fenster in die Geschichte unserer Stadt, einen kleinen Querschnitt in die Urbanisierung Aachens.

Ich würde gerne noch einen draufsetzen. Im Elisengarten wird die (historische) Identität unserer Stadt und ihrer Bewohner „gestreichelt“. In die Vergangenheit hinein zu graben, etwas erfahren zu wollen, Vergangenes zu deuten, das Leben gestern heute begreifen zu wollen bedeutet das Fundament unserer lokalen Kultur zu wertschätzen. Solche Wertschätzung stiftet Identität und baut mit an einer Kultur des heutigen Umgangs miteinander, fußend auf dem Umgang mit unserer lokalen Vergangenheit.

Anerkennung ist denen zu zollen, die Mut zu diesem „Schandfleck“ haben, die offen legen was unter weißen Planen „gehoben“ wird, die einladen den Fund des Monats zu besichtigen, die dokumentieren und erläutern und die versuchen zu vermitteln, das „nicht immer schön“ auch mal Sinn macht. Der Elisengarten heute steht unserer Stadt gut zu Gesicht! Gerne schau ich immer mal wieder vorbei, was es Neues zu sehen gibt. Ich freue mich aber auch schon auf den Frühling.

Quelle: Aachener Zeitung, 1. Oktober 2008
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