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Wert als Begriff, Werteoptionen als Parteinahme und das „C“ – Zweiter Teil

Das „C“ in der Politik ist Programm auch ohne Bekenntnis, Provokation und Alltagsgeschäft. Oder: Wo „C“ drauf steht, kann nicht allgemeine Politik drin sein.

Zweiter Teil

Vortrag zur Klausurtagung der Jungen Union,
Aachen am 12. Juni 2005 in Richterich.

Die Bedeutung des „C“ in einer Partei.

Das „C“ ist ein von der CDU und in Folge von der Jungen Union selbst erhobene Kennung, die gleichzeitig einen Anspruch zum Ausdruck bringt, der sich als Exponent messen lassen muss an der Signifikanz dessen, auf den sie sich explizit bezieht (Christus und die Gemeinschaft der Christen.).
Das „C“ ist somit eine eher nicht zu relativierende Größe, da es nicht relativiert angeführt, sondern als Behauptung im Namen der Partei geführt wird eine christliche zu sein, also sich auf die Botschaft Jesu Christie berufend und beziehend. (CDU ist nicht das Kürzel für „vielleicht“ christlich Demokratische Union oder Partei derer, die sich als Christen in dieser Partei bekenntnisbezogen zusammenschließen!)

Die CDU ist mit dem „C“ ihrem Namen folgend explizit christlich und somit „christlicher“ als jede andere Partei (außer der CSU), da jene sich nicht auf das „C“ des Christlichen in ihrer Namensgebung, das auch Programm ist, beruft. (Das „S“ in der SPD ist unverbindlicher, da es sich auf einen Begriff bezieht der variabel definierbar ist.)

Auf die Botschaft Jesu bezogen Politik gestalten zu wollen bezeichnet den Willen und das Vermögen, Entscheidungen und Handlungen in Ableitung der christlichen Botschaft zu begründen.

Das spezifisch christliche ist die ausgewiesen Kernbotschaft des befreienden Wortes Gottes in Jesus Christus.

Im Gegensatz zu dem Bekenntnis des einzelnen Christen, ist der Anspruch einer Partei sich auf das „C“ zu beziehen mehr als nur die Summe der subjektiv glaubenden einzelnen Christen, die sich in einer solchen Partei zusammenfinden.

Aus dem „C“ als dem „Mehr“ oder „Anders“ einer Partei resultiert für die Polis, das diese C Partei als Fraktion, Regierung oder in Opposition strukturell das spezifisch christliche als Handlungsoption zu garantieren anstrebt.

Das subjektiv christliche Bekenntnis einer Politikerin, eines Politikers kommt im Sinne der persönlichen Überzeugung hinzu, ist aber nicht konstitutiv für den Anspruch als „C“ Partei aus den christlichen Wurzeln heraus für die Polis zu handeln. Auch wenn in der CDU kein einziger bekennender Christ mehr wäre, dann würde sie als Partei weiterhin für das spezifisch Christliche stehen, solange sie mit dem „großen C“ diesen Anspruch erhebt.

Kernbotschaft der Verkündigung Jesu in Auswahl.
  • Option für die Armen und Ausgestoßenen (Zachäus, Aussätzige)
  • Die andere Herrschaftsform (Jesus auf dem Esel, Einzug in Jerusalem)
  • Das andere „gesellschaftliche“ (Gegengesellschaft) miteinander Umgehen (Bei euch soll es anders sein. Seligpreisungen.)
  • Reichgottesverkündigung (Paulus: Unsere Hoffnung aber ist es…)
  • Freiheit des Menschen. (Jesuswort: Ich nenne euch nicht mehr Knechte…)

Vom Wert, Teilziel und Motivation.

Generell muss differenziert werden zwischen einem grundlegenden Wert, dem daraus resultierenden konkreten Einzelzielen, und dem Weg dieses aus dem Wert erhobene Ziel zu etablieren (über Teilziele).

1. Egal wer diesen Versuch anstrebt, er muss sich messen lassen an der Kernbotschaften Jesu Christi (Nicht an seinem persönlichen christlichen Glauben.)!

2. Zukunftsbezogene Teilziele für die Zukunft der Gesellschaft:

  • die Interdependenz der Generationen
  • gegensteuern gegen ein Kulturmobbing zwischen den Kulturen
  • teilen, aber nicht verteilen
  • das Zwischenmenschliche als Wert neu entdecken (Höflichkeit [Türe aufhalten] Wertschätzung des sozialen Engagements, gemeinsame Entfaltung der Generationen etc.)
  • Spiritualität als Integrativ in Alltagshandlung und Lebensplanung.
  • Botschaften von Politikern müssen eine Haltwertzeit haben. Wenn nicht müssen sie sanktioniert werden. (Ich lasse mich messen an den Arbeitslosenzahlen.).
  • Mindestens mittelfristige (besser langfristige) Wirk- und Verantwortungsspannen der politischen Entscheidungen (Keine Wahlgeschenke die nicht zu finanzieren sind.).
  • Karriere macht das Thema, nicht der Politiker, die Politikerin.

3. Motivation der Mitglieder in der Jungen Union:

  • Sie verantworten (noch) kein konkretes politisches Handeln im Sinne einer Zielverantwortung in Regierung oder Opposition. Sie habe Polis im Nacken und somit auch keinen Politikstress.
  • Ihr grundsätzliche Motivation mit persönlicher Prägung könnte ihr Interesse an der eigenen Zukunft sein. Dazu gehören Selbstverwirklichung (auch Gelderwerb), Familie und Generationenkultur. Entscheiden sie politisch den Entwurf Ihrer Zukunft für sich.

Drei beispielhafte Konkretisierungen eine Grenze des grundlegenden Wertes der Freiheit.

Oder:
Freiheit bedeutet Freiheit für, nicht Freiheit von!

1. Konkretisierungen:

Ein daraus abgeleitetes Ziel: Freiheit zu Wirtschaft und Ökonomie. (Diese ist vom Gesetzgeber geschützt.)

Wer nun in Wirtschaft und Ökonomie (aus freier Entscheidung) nicht investiert, also nicht arbeitet, kein Geld anlegt etc. wir dafür strafrechtlich nicht verflogt, weil er ja die Freiheit hat sich wirtschaftlich und ökonomisch zu verhalten oder auch nicht.
Beispiel: Wenn die überwiegende Mehrheit ihr Gemüse im Vorgarten oder auf den öffentlichen Grünflächen anbaut, für die Miete jobbt und tingelt, die eigene Sau auf dem Balkon hält und den Tabak im Keller züchtet, dann ist das auch Freiheit. Diese Freiheit fährt die Wirtschaft an die Wand, und lässt den Staat in aller Freiheit zu Grunde gehen.
(Mangelnde Arbeit in einem Staat führt zu dem selben „Erfolg“ aber hat mit Freiheit nicht zu tun.)

2. Konkretisierungen:
Ein daraus abgeleitetes Ziel: Freiheit zur Kultur

Kultur auf eine Kurzformel gebracht: Kultur wird immer wieder sie selbst aus ihrer Vergegenwärtigung heraus. Sie wird so geschichtlich übermittelt um aufgehoben, entfaltet oder abgebrochen, also gelebt oder nicht gelebt zu werden.

(Ausgeführt an Hand des Exkurses.)

Exkurs:

Kultur, ein Begriff in Wandlung:

Kultur ist nicht mehr vornehmlich bezogen auf die klassisch „bildenden“ Künste wie Literatur, Malerei, Plastik, Musik und Schauspiel, so wie es noch bis in die Mitte des 20. Jh. der Fall war. In der zweiten Hälfte des 20. Jh. beginnt sich ein erweiterter Kulturbegriff zu etablieren, erweitert über den „klassischen“ Kunstbegriff hinaus, der nun all das umfasst „was der Mensch, in seiner lebendigen Begegnung mit der umgebenden Welt, schafft und ist. […]“1
Bildung ist ein Habitus im Prozess. So ist mit dem Begriff der Bildung auch immer der Begriff des Bildungsprozesses verbunden. Ihn definiert H. Peukert so: „[…]Bildungsprozesse [sind] die Sollbruchstelle bei der Weitergabe einer Kultur. Sie bedeutet immer Dekonstruktion, Rekonstruktion und Neukonstruktion zugleich und zwar aus der Lebensperspektive von Individuen, die mit der Perspektive von Gruppen und von ganzen Gesellschaften verschränkt ist.“2 Kultur lebt von der Vergegenwärtigung ihrer selbst und ist deshalb ihrer Zukunft nicht sicher, obwohl fast jedem „kulturellen Augenblick“ der Anspruch innewohnt, ewig, mindestens aber zukünftig sein zu wollen.
Kultur kennt nicht die Ewigkeit eines Olymps sondern „Kultur ist die Fähigkeit der Menschen, ihr gesellschaftliches Dasein in materialer, sozialer und ideeationaler [von der Idee geprägt] Hinsicht zu gestalten. […]“3 Das setzt Interaktion (soziales Handeln) voraus, kreative Beteiligung (Teilhabe an der Gestaltung) und Bedeutungsfülle (Sinngebung und Lebenserhaltung) gegen Kultursteuerung als Instrument der Verhinderung von Öffentlichkeit oder der kulturellen Beharrung.4Kultur hat Vergangenheit, erkannte und verborgene! Menschen werden in Kulturen hineingeboren, sie finden Kultur vor, ob im Orient oder im Okzident, ob in einer selbsternannten „Ersten Welt“ oder einer so genannten „Dritten Welt“. Kultur entsteht, wo der Mensch Natur berührt. So ist Kultur unausweichlich vorhanden. Die von Menschen geschaffenen Beiträge zu seiner Kultur oder bestimmte kulturelle Abschnitte sind in ihrer Nachhaltigkeit unterschiedlich und so differenziert zu gewichten. Während beispielsweise die Kultur der Griechen im Denken des 21. Jh. noch immer einen Platzt hat und so Kultur bis heute beeinflusst, ist dem imperialen Kaisertum der antiken Römerzeit, zumindest im „old Europe“, abgesehen davon ein Kapitel in der Weltgeschichte zu sein, gegenwärtig keine aktive kulturelle Bedeutung zuzuordnen. Kultur wandelt sich auch aus Kultur zur Kultur und bedarf, um Gegenwart zu werden oder zu bleiben, immer wieder der Vergegenwärtigung ihrer selbst, also dessen was geworden ist.
Kultur ist immer aber auch Interpretationsangebot von Gegenwart, mit dem Ziel der Orientierung in komplexen gesellschaftlichen Strukturen, die individuelle Entscheidungsmöglichkeiten ermöglicht. Jürgen Habermas merkt an: „Kultur nenne ich den Wissensvorrat, aus dem sich Kommunikationsteilnehmer, indem sie sich über etwas in der Welt verständigen, mit Interpretationen versorgen.“5
Den Kulturbegriff nun ergänzt um eine sozialpsychologische Perspektive definiert Alexander Thomas so: „Kultur ist ein universelles, für eine Gesellschaft, Organisation und Gruppe aber sehr typisches Orientierungssystem. Dieses Orientierungssystem wird aus spezifischen Symbolen gebildet und in der jeweiligen Gesellschaft […] tradiert.“6

Kultur auf eine Kurzformel gebracht: Kultur wird immer wieder sie selbst aus ihrer Vergegenwärtigung heraus. Sie wird so geschichtlich übermittelt um aufgehoben, entfaltet oder abgebrochen, also gelebt oder nicht gelebt zu werden.

3. Konkretisierungen:
Ein daraus abgeleitetes Ziel: Freiheit zur Familie
Gesellschaft lebt von der Familie und den daraus hervorgehenden Kinder. Sie sind die nicht austauschbaren Garanten für den Generationenvertrag (Renten und Krankenversicherung etc.), für Kultur, Demokratie, Freiheit etc.
Jeder hat die Freiheit auf Familie und Kinder zu verzichten. gefährdet so aber die Zukunft unserer Gesellschaft.
Diese Freiheit fährt die Zukunft unserer Gesellschaft an die Wand, und lässt den Staat in aller Freiheit zu Grunde gehen.

Der Staat überantwortet seine Zukunft der Familie von der er sich erhofft, dass aus ihr freiheitsliebende, demokratische Kulturträger hervorgehen die die Zukunft der Gesellschaft stabilisieren und auch weiterhin gewährleisten.
Themen zur Familie:

Familie ist nicht nur das „kleine Idyll“ sondern korrespondiert mit:

  • Kinder- und Jugendentwicklung (Persönlichkeitsbildung)
  • Ehe und Beziehung (Verlässlichkeit und Dauerhaftigkeit)
  • Kindergarten, Schule und Bildung
  • Gemeinsame Finanzierung von Familienarbeit
  • Familiäre Erziehung:
    • als wirtschaftlicher Wert (Vgl.: Lehrer, Erzieher,Sozialpädagogen etc.)
    • als kompatibel mit Berufstätigkeit (Beruflicher Wiedereinstieg)
    • Geschlechtergerechtigkeit.

Ein Grundwert wie z.B. der der Freiheit existiert nicht aufgrund seiner nackten Errungenschaft, sondern er muss immer neue errungen werde. Das heißt zwar nicht täglich auf die Barrikaden gehen im Geist der Französische Revolution. Das heißt aber politisch auf die Barrikaden zugehen für Kinder, deren Beheimatung in Familie, sowie Erziehung und Bildung. Kinder sind Sinn an sich und der Garant damit des Lebens in der Gesellschaft Sinn macht.

1 Guardini, Romano. Unterscheidung des Christlichen, Gesammelte Studien von R. Guardini. Mainz, 1935. S. 75.
2 Peukert, Helmut. Zur Neubestimmung des Bildungsbegriffs. In: Meinert A. Meyer/Anne Reinartz, Hg. Bildungsgangdidaktik, Opladen. 1998. S. 17.
3 Grverus, Ina-Maria. Menschsein ist kulturelle Kompetenz. In: Thomas Schreijäck. Menschwerden im Kulturwandel. Luzern. 1999. S. 43.
4 Vgl. A. a. O.
5 Habermas, Jürgen. Theorie des kommunikativen Handelns, Bd. 2. Frankfurt/M. 1981. S. 209.
6 Thomas, Alexander. Psychologie interkulturellen Lernens und Handelns. In: Ders.., Kulturvergleichende Psychologie. Göttingen. 1993. S. 380.
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