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Auf die Lebensweise kommt es an

Faxbox-Predigt 1997

Wie wurde das doch noch geschrieben? Ein Anschreiben, eine schriftliche Reklamation, ein lieber Brief an einen Freund, eine Tagebuchnotiz. Ab und zu steigen Zweifel an der eigenen Rechtschreibsicherheit auf. Doch das lässt sich schnell klären. Ein griff ins Bücherregal und der Blick in den Duden lässt alle Unsicherheiten schwinden!

Der Griff zum Rechtschreiblexikon wird in Zukunft wohl häufiger. Denn spätestens ab August 1998 treten die neuen Regeln der deutschen Rechtschreibung in Kraft. Schon heute werben die entsprechenden Verlage um Käuferinnen und Käufer für ihre neuen Nachschlagewerke, damit wir bis spätestens 1998 fit in der vereinfachten Rechtschreibung und Kommasetzung sind.

Bei der Fülle der Änderungen ist ein Kompass, der den Weg zur richtigen Schreibweise führt auch dringend notwendig. Doch mit dem Wort Kompass fängt es ja schon an. Was heute noch mit „ß“ geschrieben wird, ist in zwei Jahren nur noch mit „ss“ richtig. Dann werden auch die Neuausgaben der Heiligen Schrift in deutscher Sprache so manche Korrektur erfahren. Doch Gott sei Dank wird es bei der Heiligen Schrift nur um die Vereinfachung der Schreibweise gehen und nicht um die Korrektur ihrer Aussagen. Allerdings wäre es nicht auch wünschenswert, wenn unsere alltägliche Umgangssprache sich nicht nur einer Rechtschreibreform unterziehen würde, sondern darüber hinaus auch einer Reform in Sachen Glaubwürdigkeit. Auf unsere Politikerinnen und Politiker schauend sind wir schnell bei der Feststellung: „Denen kann man sowieso kein Wort mehr glauben!“ Wie sieht es jedoch mit unseren eigenen Wortversprechen aus? Auf mich kannst Du Dich verlassen! Ich werde für Dich da sein! Mit mir kannst Du rechnen! Ich liebe Dich! Dir bin ich treu!

So manche unserer Worte, die von Liebe, Freundschaft, Geborgenheit, Vertrauen, Halt und Zuneigung sprechen, sind oft den Atem nicht wert der sie hervorbrachte. Viele unserer Versprechen und Zusagen entpuppen sich als leeres Gerede. Das Gefühl, das dann zurückbleibt kennen auch wir selbst aus eigener Erfahrung: Enttäuschung, Frust, Traurigkeit, Misstrauen und vielleicht auch Wut.

Die zwei Bekenntnisse, die uns der Evangelist Matthäus im heutigen Evangelium überliefert klingen so stark und eindeutig, dass sie eigentlich keine Zweifel zulassen:

Das Bekenntnis des Petrus, der zu Jesus sagt: „Du bist der Messias, der Sohn Gottes!“ und das Bekenntnis Jesu, der Petrus zusagt: „Du bist der Fels, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen“. Petrus und Jesus bekennen sich zueinander. Ihre Worte sind getragen von gegenseitiger Zuneigung und Vertrauen.

Die biblische Überlieferung berichtet uns an anderer Stelle jedoch, dass der Fels Petrus sehr ins Wanken gerät und er Jesus sogar verleugnet. Die Gefühle, die Jesus bei solchen Erlebnissen bewegen, kennen wir auch: Enttäuschung, Frust, Traurigkeit, Misstrauen und vielleicht auch Wut. Die biblische Überlieferung berichtet uns auch von Jesus, der zu seinem Wort steht und der in diesem Wort zu einem jeden von uns steht. Immer wieder bezeugt die Heilige Schrift dieses Ja, dass er zu einem jeden einzelnen spricht. Dieses Ja, das er zu uns sagt als seine Kirche. Dieser Treue Jesu zu seinem Wort verdanken wir unseren Glauben an das Leben und an unser Überleben. Seiner Treue zu seinem Wort verdanken wir die Gemeinschaft der Glaubenden, die wir selber sind, seine Kirche. Diese Kirche allerdings wird immer wieder da unglaubwürdig, wo wir Menschen zu unseren Worten nicht mehr stehen und so unsere Worte zu Enttäuschungen und Verletzungen anderer Menschen werden. Oft münden solche Enttäuschungen und Verletzungen in Wut und Misstrauen. Wäre es nicht hilfreich, auch einen Kompass zu haben, der uns hilft, solche Enttäuschungen bei anderen Menschen zu vermeiden, ein Lexikon für Worte mit dauerhaftem Wert? Solch ein Nachschlagewerk steht zwar in keinem Regal, wohl aber gibt es eine Hilfe der Glaubwürdigkeit in unseren Herzen. Es ist das Gefühl, das wir spüren, wenn wir anderen Menschen Worte der Zuneigung, der Liebe, des Vertrauens und der Sicherheit sagen. Diese Gefühle gilt es ehrlich zu prüfen, ob sie wirklich mit den Worten übereinstimmen, die wir sagen wollen. Das Evangelium des heutigen Tages ist eine Einladung, gerade die Worte genau zu bedenken, die bei den Menschen zu denen wir sie sagen, Vertrauen, Geborgenheit, Freundschaft, Liebe und Zuneigung wachrufen. Jesus interessiert nicht die Schreibeweise unserer Worte, ihn interessiert einzig und allein die Glaubwürdigkeit unserer Worte. Da wo unsere Worte als Christinnen und Christen an Glaubwürdigkeit verlieren, verliert auch die Kirche Jesu Christi an Glaubwürdigkeit. Jesus weiß, dass wir Menschen sehr viel Ähnlichkeit mit diesem wackligem Petrus haben und trotzdem setzt er immer wieder auf die Glaubwürdigkeit unserer Worte, die von echten Gefühlen getragen sind.

Diese Ansprache erschien als Faxbox-Predigt des Bergmoser + Höller Verlags.

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