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Seligsprechung des spanischen Zigeuners Jimenez Malla

Faxbox-Predigt zum 7. Sonntag der Osterzeit 1997

Gerade nach verregneten und eher kühleren Tagen im Frühjahr werden die ersten Gedanken bezüglich der Urlaubspläne für den Sommer wach. Solche Gedanken lassen ein breites Vorstellungsspektrum zu. Die einen hoffen, oft auf dem Hintergrund finanzieller Engpässe, einen sonnigen Urlaub zu Hause, im Garten, auf dem Balkon oder bei schönen Spaziergängen machen zu können. Die Gedanken anderer verweilen lieber an schöneren Orten des eigenen Heimatlandes fernab vom eigenen zu Hause. Wieder anderen sind diese Perspektiven noch zu eng. Ihre Gedanken überspringen Landesgrenzen und Kontinente und suchen in anderen Ländern, Landschaften und Kulturen einen geeigneten Ort der Erholung. Der Grund, Urlaub in fernen Ländern und anderen Kulturen zu machen, liegt oft in dem Wunsch begründet, anderes, fremdes und ungewohntes kennenzulernen. Der Reiz des Anderen beflügelt Phantasie und Sehnsucht.

Was bei dem einen beflügelnd wirkt hinterlässt bei anderen eher Ängstlichkeiten und Unsicherheiten. In einer Religionsstunde einer Realschule gaben der überwiegende Teil der Schülerinnen und Schüler auf die Frage, „Was macht das Zusammenleben unterschiedlicher Kulturen schwierig?“, die Antwort: Ängstlichkeit vor dem Anderen, Fremden und Ungewohnten.

So ganz können auch wir diese Empfindungen nicht von der Hand weisen und dazu brauchen wir zuerst nichteinmal in andere Kulturen zu schauen.

Selbstbewusste Frauen, die sich nicht nur von Küche und Kindererziehung her definieren lassen wollen, können Männern Angst machen. Die Kultur unserer jungen Generation die sich unter anderem in der Wahrnehmung der älteren Generation, in befremdlicher Musik, ungewohnter Kleidung und verunsicherndem Verhalten ihren Stil zum Ausdruck bringt, kann Angst machen. Das eindeutige und selbstsichere Auftreten von Schwulen und Lesben irritiert viele ihrer Zeitgenossen und verängstigt. Wie aber schon angedeutet verunsichern auch ungewohnte Umgangsformen, Kleidung und Sprachverhalten unserer ausländischen Mitbewohner so manchen Deutschen. Einige sprechen ihre Gefühle auch offen aus wenn sie sagen: Das Fremde macht mir Angst.

Im Evangelium des heutigen Tages bittet Jesus um die Einheit derer, denen er das Wort seines Himmlischen Vaters gegeben hat. Auf uns übertragen bittet Jesus für die Einheit aller Getauften. Dieser Wunsch nach Einheit will aber nicht halt machen vor dem, aus unserer Wahrnehmung heraus, anders sein anderer Christinnen und Christen.

Was jedoch in den vergangenen Tagen in Rom geschah (so berichtet uns die Presse) geht noch einen Schritt weiter und dies auf dem Hintergrund der Erkenntnis, das Gott die Einheit all seiner Geschöpfe will, denen er gemeinsam die Welt in ihrer Vielfalt anvertraut hat.

Die Vorgeschichte:
Im Spanischen Bürgerkrieg eilte der spanische Zigeuner Jimenez Malla einem Priester zu Hilfe, der von anarchistischen Milizen bedroht wurde. Diesen Einsatz musste der 75jährige Spanier mit dem gewaltsamen Tod durch diese Milizen bezahlen. Nach über 100 Jahren sprach nun Papst Johannes Paul II diesen couragierten Zigeuner selig. In seiner Ansprache sagte er: „Dieses Beispiel zeigt, dass die Barmherzigkeit Gottes weder Grenzen der Rasse noch der Kultur kennt“.

Auch wenn wir noch immer von der Einheit der Menschheitsfamilie Gottes weit entfernt sind, so unterstreicht auch diese Seligsprechung das jeder Mensch als solcher Subjekt des Einheitswillen Gottes ist. Gottes Barmherzigkeit, sein Gemeinschaftssinn ist universal!

Einheit bedeutet aber nicht die Einheitlichkeit aller Menschen, also gleiches Verhalten, gleiches Fühlen, gleicher Ausdruck, gleiche Sprache, gleiche Kultur … Wäre das der Wunsch Gottes, dann hätte er uns auch als uniforme Menschen geschaffen. Doch das sind wir nun mal nicht. Wir sind verschieden und das macht uns ja gerade auch manchmal Angst. Aber die Annahme der Verschiedenheit, das bewusste Bejahen des anderen Menschen in seinem Anderssein, ist die Sehnsucht Gottes, die uns, mit Blick auf das Anderssein des Anderen, befreit von der Angst um uns selbst. In dieser Verschiedenheit der Menschheit strahlt der Reichtum Gottes auf. Dieser ganze Reichtum ist uns anvertraut.

Wir sind gerufen an der Einheit in Verschiedenheit zu bauen als Christen und Christinnen. Nur in der Einheit der verschiedenen Menschen kann der Einzelne in seinem so sein angstfrei leben und sich entfalten. Dies ist der einzige Weg, auf dem sich die Schöpfung auf seinen Schöpfer hin entfalten kann.

Diese Ansprache erschien als Faxbox-Predigt des Bergmoser + Höller Verlags.

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