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Dem Geist in uns Raum geben

Besinnung auf Taufe und Firmung

Faxbox-Predigt zum 4. Fastensonntag 1998

Liebe Mitchristinnen und Mitchristen,

Menschen verbinden oft mit besonderen Glücksmomenten, frohmachenden Erlebnissen, tiefgreifenden Ereignissen, Tagen eines besonderen Geschenkes, aber auch Begebenheiten unglücklicher Trennung wie Tod oder zerbrochenen Beziehungen, ein entsprechendes Datum. So zum Beispiel das Datum der eigenen Geburt, der Hochzeitstag, der Todestag eines lieben Menschen, der Geburtstag eines Wegbegleiters, das Datum eines Jubiläums und vieles mehr. An wichtige Ereignisse unserer Beziehungswelt und besonders an die schönen Begebenheiten erinnern uns besondere Tage, ein herausragendes Datum, die Tage, an denen uns etwas gegeben wurde, wie die Übersetzung des Wortes Datum sagt: Datum, „es ist uns gegeben“!

Kennen Sie, liebe Mitchristen und Mitchristinnen, das Datum ihrer Taufe oder ihrer Firmung noch? Die meisten von uns werden hier passen müssen. Vielleicht ist ja noch so gerade das Datum der eigenen Taufe aus dem Gedächtnis herauszukramen. Aber der Tag der eigenen Firmung, wenn es sie überhaupt gab, ist verschollen, da müsste man erst irgendwo einmal nachschauen.

Warum haben so viele von uns das Datum ihrer Taufe oder Firmung nicht mehr präsent, beziehungsweise sehen kein Anlass diese Tage zu feiern, obwohl Taufe und Firmung doch zentrale Ereignisse unseres Glaubens und der Gemeinschaft der Glaubenden sind oder besser gesagt sein sollten? Die Taufe, so sagt die Kirche, die Gemeinschaft der Glaubenden, sei das Ereignis, in dem Gott jeden einzelnen Menschen in eine unzerbrechliche Beziehung zu sich selbst aufnimmt, die vermittelt ist in Jesus Christus und seinen Lebensort in der Gemeinschaft der Glaubenden haben soll. Taufe ist individuelle Beziehungsstiftung von Gott auf den Menschen hin, die getragen und geprägt ist von der Begeisterung Gottes für jeden einzelnen Menschen von Beginn seines Daseins an.

In der Firmung gibt der heranwachsende Mensch seine eigene ausdrückliche Antwort auf dieses Beziehungsangebot Gottes. Er bekennt sich zu seiner Begeisterung sich auf Gott beziehen zu wollen. Die Zusagen des Firmspenders: „Sei besiegelt mit dem Heiligen Geist“ ist der Ineinsfall des Angebotes Gottes ein Geschenk der Beziehung für uns Menschen zu sein und der Annahme dieses Geschenkes durch den Menschen auf dem Fundament der gegenseitigen Begeisterung füreinander, dem Geist der Beziehung in, durch und mit Jesus Christus.

Die Tatsache, dass wir unverhältnismäßig häufiger z. B. unseren Geburtstag feiern, den Tag der Freude darüber da zu sein, dasein zu wollen, auch wenn unser Leben nicht immer ganz einfach ist, als den Tag unserer Taufe oder Firmung, lässt doch die Fragen zu, ob diese Tage der Sakramentenspendung wirklich so zentral für unser Glaubensleben sind. Warum scheint es so wenig lohnenswert uns mit einem Fest, einer Fête, mit Tanz und Gesang in Gemeinschaft uns wichtiger Menschen an diese Tage zu erinnern?

Feiern wir sie nicht, ja vergessen wir diese Tage einfach, weil sie so wenig mit unserem Leben, unserem leben-wollen zu tun haben?

In seinem Hirtenfastenwort beginnt unser Bischof Heinrich seine Botschaft an uns mit dem Bild der beiden Seen, dem See Genezareth der voller Leben ist und an dessen Ufer üppige Ölbäume, Palmen und alle Arten von Blumen unter dem weiten Himmel sich räkeln und dem Toten Meer, in dessen extremhaltigen Salzwasser keine Fische leben können und an dessen Ufer es nur tot ist, Salz und Wüste.

Nach was schmecken für uns diese Daten unserer Taufe und Firmung? Nach frischem Wasser, quirligem Leben, in leichter Brise sich wiegende Palmen und kräftigen Blumen oder nach Salz und Sand?

Der See Genezareth bringt diese Vielfalt des Lebens hervor, weil er Wasser auch wieder abgibt, das Wasser des Jordan fließt unablässig durch ihn durch, er ist Wasser in Bewegung. Das Tote Meer ist Wasser im Stand ohne Abfluss, der Verdunstung preisgegeben.

Was für einen Menschen nach Salz und Sand schmeckt, das feiert er nicht, das möchte er besser vergessen. Nun kann man ja sehr schnell darauf eine Antwort finden und sagen, viele Dinge in Kirche und Gemeinde schmecken mir eben nicht. Christsein scheint nur mit Auflagen, Arbeit und Ärger verbunden zu sein. Da schmeckt nichts nach Leben, nach ehrlicher und offener Gemeinschaft. Warum sollte ich stolz und froh sein in diese Kirche hineingetauft und gefirmt zu sein? Diese Kritik ist berechtigt, aber die erste Antwort liegt nicht in der Kirche als solcher, denn die Kirche als solche ist weder getauft noch gefirmt. Die Menschen in ihr sind Getaufte und Gefirmte, jeder Christ und jede Christin, ob Pfarrgemeinderatmitglied oder nur Kirchgänger, ob Priester, Bischof oder Papst, ob Hauptamtlicher oder Besucher des Jugendheimes, ob Vorsitzende der Frauengruppe, Verbandsmitglied oder Ehrenamtlerin in der Caritas …

Jeder und jede von uns sind auf das Beziehungsangebot Gottes eingegangen und „besiegelt im Heiligen Geist“, besiegelt in der Begeisterung für Gott und den Menschen, in der individuellen und gemeinschaftlichen Nachfolge Christi, dem Erzählereignis Gottes.

Die Quelle der Begeisterung ist nicht primär die Kirche, sondern ist mein eigener „Lebenssee“, ich selbst. Und bei mir selbst gilt es vorrangig zu schauen, ob ich ein stehendes Gewässer wie das Tote Meer sein will, das verdunstet, weil es sich nicht durchfließen lässt, oder aber ob ich ein See Genezareth sein will, der lebt und leben lässt, weil er sich bewegen, durchfluten lässt, um eben kein stehendes Gewässer zu sein.

Doch leichter gesagt als getan. Wie können Taufe und Firmung zu Quellen des Lebens werden, aus denen heraus ich dem Geist der Begeisterung für die Beziehung mit Gott und den Menschen in mir Raum gebe.

Das Schlüsselwort dazu lautet Kommunikation, Schaffung von Beziehung zwischen den Menschen und auf Gott hin, so wie Gott selber in sich Beziehung ist, als Gott Vater durch den Sohn im Heiligen Geist.

In Beziehung treten setzt die Selbstannahme voraus, das Bewusstsein „ich bin Beziehung wert“, allein schon aus dem Grund, weil Gott von der Beziehung zu mir begeistert ist. Aber gerade die Selbstannahme führt ein Ich zu dem anderen, dem Du. Dieses Du ist die Sehnsucht, die alle Menschen mit Selbststand in sich spüren, zu wissen ich bin nicht allein.

Ich bin nicht allein mit meinen Fähigkeiten und Talenten, meinen Hoffnungen und Träumen, meinen Sorgen und Grenzen, meinem Schweigen und meinen Schreien, meinen Fragen und meinem Suchen, meiner Zärtlichkeit und meinem Gebet. Ich bin nicht allein, es gibt ein Du in meinem Fühlen, Sprechen und Beten, es gibt ein Du, dass meine Veränderung bejaht und dem die Vergebung nicht fremd ist. Unser Bischof Heinrich sagt an anderer Stelle in seinem Hirtenwort: „Gottes Geist kommt uns in Menschen entgegen, die dem Glauben ein Gesicht geben“. In diesen Menschen finden wir dieses Du und selber können wir diese Menschen sein, in denen andere ein Du finden.

Unser verstorbener Bischof Klaus Hemmerle sagte einmal: „Es ist besser was zwei Menschen gemeinsam aber nicht perfekt tun, als das, was einer alleine perfekt tut“. Dies ist ein Weg, diese Menschen zu entdecken, die dem Glauben ein Gesicht geben in denen wir ein Du finden und sie in uns ein Ich.

Dann ist Kommunikation nicht nur Sprache und Gestik, sondern Kommunion voneinander haben und nehmen in Begeisterung für Gott und die Menschen. So ist unser Leben kein stehendes Gewässer, sondern ein lebendiger See. So sind Taufe und Firmung die Quelle der Begeisterung für Gott und den Menschen, die Quelle eines Abenteuers der Beziehungen. Aber dann werden wir auch Grund genug haben den Tag unserer Taufe und Firmung zu feiern, weil sie unser Leben in Bewegung bringen und diese Tage die Kraft haben immer neu die Begeisterung zu wecken, Kommunikation zur Kommunion werden zu lassen.

Diese Ansprache erschien als Faxbox-Predigt des Bergmoser + Höller Verlags.

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