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Test it

Faxbox-Predigt zum Sonntag dem 7.5.2000

Nette, freundliche, meist junge Menschen sprechen Passanten, Kaufhausbesucher fast jeden der ihnen auf der Straße in die Quere kommt oder auch handverlesen Zeitgenossen in Einkaufsstraßen an mit der Aufforderung: „Test it!“ Und schneller als einem oft lieb hält man eine Werbeschachtel Zigaretten, einen kleinen Flacon Parfüm oder eine päppige Werbebroschüre in der Hand deren Botschaft eindeutig ist: Dieses Produkt ist das beste, kaufen sie es und bei nicht Gefallen Geld zurück!

Die Werbestrategen unserer Tage setzen immer mehr auf die Überzeugungskraft eines Produktes nach dem Motto: Kauf es erst einmal, ein Pröbchen wird garantieren, ganz falsch liegen wirst du nicht, also kauf erst einmal und du wirst schon sehen, unsere Angebote halten was sie versprechen, „test it“!

Überzeuge dich selbst und probiere es aus, oder kürzer: Test it! Das ist offensichtlich auch das Motto nachdem diejenigen handeln, die in Scharen die Praxen derer füllen, die sich fernöstlicher, traditioneller Heilkunde verschrieben haben.

So titelte in dieser Woche der Spiegel: „Heil aus dem Osten“! Den Informationen der Redaktion zufolge vertrauen, nicht nur nach Umfragen, „fast zwei Drittel der erwachsenen Bundesbürger ebenso wie die Mehrheit der Amerikaner einer „sanften“, „alternativen“ Medizin, wobei unter dem schimmernden Begriff so ziemlich alles subsumiert wird, von esoterischen Heilweisen, indischen, chinesischen, tibetischen und keltischen Ursprungs, bis hin zu Homöopathie, Chiropraktik, anthroposophischer und Phytotherapie. Besonders starken Anklang unter den „Multikulti – Heilweisen“ findet die traditionelle Chinesische Medizin“.

Den Angaben dieses Artikels folgend, scheint das Prinzip zu funktionieren: „Heil aus dem Osten – test it“!

So ganz überzeugt scheinen die Jünger des auferstandenen Jesu von ihrem „Heil“ nicht gewesen zu sein, als sie vermuteten nur einen Geist zu sehen, wie das heutige Tagesevangelium uns berichtet. Da greift Jesus selbst zu der heute sehr gängigen Methode und fordert seine Jünger auf: „Test it“ und hielt ihnen seine Hände hin mit der Aufforderung sie zu berühren um sich selbst von der Qualität des Auferstandenen zu überzeugen nach dem Motto: Hat denn ein Geist Fleisch und Knochen? Und Jesus setzt noch einen drauf, fragt nach einen Stück Fisch und ißt ihn vor ihren Augen.

Sind diese Jünger nicht beneidenswert? Vor ihnen steht ein leibhaftiger auferstandener Jesus, der sogar Fisch essen kann und der sich so testen läßt!

Wünschen wir uns nicht auch so manchen Mal der auferstandene Christus würde auch vor uns stehen, so richtig zum anfassen, und alle oft quälenden Fragen unseres Glaubens würden sich auflösen in die bewiesene Gewißheit: „Und er lebt doch!“

Welch ein Triumpf, wenn wir dann einen solchen Beweis all denen unter die Nase halten könnten, die uns bisher als nette religiöse Spinner, weltfremde Träumer oder als von der Kirche in die Irre Geführte halten!

Wäre das nicht toll einen Jesus Christus zu haben von dem man anderen erzählen könnte und wenn du mir nicht glaubst dann: „Test it“, das wird dich überzeugen! Würde Jesus das mit sich machen lassen? Könnte es überhaupt, der Intention unseres Glaubens entsprechend, funktionieren? Oder würden wir nicht ähnlich den Heilsuchenden in fernöstlicher Medizin von der Gefahr unerfüllter Hoffnungen doch nicht verschont bleiben?

Die Hoffnung, die so viele Menschen in die traditionelle Heilkunst anderer Länder setzen ist erwachsen aus der Enttäuschung, die sie zum Beispiel in der westlich geprägten Apparatemedizin gemacht haben und nun gehen sie auf Verdacht hin und suchen Heilerfolg wo anders nach der Devise: „Test it “

Aber die Tatsache in einer anderen Heilmethode Gesundheit wiederzuerlangen, so berechtigt sie ist, bleibt ein Versuch, der auch in einen Irrtum münden kann. Das wird von vielen Mitmenschen all zu gerne übersehen, die sich so voller Hoffnung auf diese oft als die erfolgreicheren angepriesenen Behandlungsmethoden stürzen, eben nach dem Motto: „Du brauchst es nur zu versuchen und dann wird es schon klappen.“ Auch hier gibt es leider herbe Enttäuschungen.

So berechtigt und wünschenswert ein Leben frei von Krankheit ist, egal welche Humanmedizin das erreichen kann, so real ist aber auch die Tatsache, daß der Slogan „test it“ sehr schnell an die Grenze des nicht mehr testbaren mit Erfolgsgarantie stößt.

Und an dieser Stelle sind wir auch wieder bei den Jüngern Jesu unseres heutigen Evangeliums, die nur zu gerne das Angebot Jesu annehmen, der sich testen läßt mit Blick auf seine wahrhaftige Gegenwart, die nichts von einem Geist oder ähnlichen Horrorszenarien hat.

Warum lassen wir uns eigentlich so manches Mal unter den Druck setzen, die Tatsache unseres Glaubens, wie auch immer er in unseren eigenen Augen gelingen mag oder doch eher nur auf wackeligen Beinen zu stehen, austesten zu lassen durch Fragen wie: Ist Glaube heute nicht eher weltfremd? Wie kannst du in einer solchen Kirche noch glauben? Sind euer Papst und seine Bischöfe nicht nur jenseits von Gut und Böse? Ist es denn überhaupt bewiesen daß es einen Jesus, den Christus überhaupt gegeben hat? Da wandelt sich doch nichts in der Messe und schon gar nicht Wein in das Blut Christi oder sehe ich das falsch? Wäre der Welt nicht mehr gedient wenn weniger glauben würden dafür aber mehr richtig anpacken?

Solche und ähnliche Fragen werden gläubigen Menschen, wenn sie denn ihren Glauben auch öffentlich bekennen, immer wieder gestellt. Solche Fragen können sehr stark verunsichern und treiben Christinnen und Christen in eine nicht zu akzeptierende Beweisnot. Glauben ist kein testbares Produkt wie ein Parfüm, das auf welche Weise auch immer scheinbar überzeugt.

Warum lassen wir uns immer wieder das Selbstverständnis absprechen das unser Glaube sich nicht der Beweisbarkeitsfrage zu unterziehen hat, sondern ein Datum ist, das als Geschenk, etwas gegebenes, das einfach da ist. Glaube ist begründet in eben nicht zu beweisen, sondern zu glauben! Warum erinnern wir uns nicht häufiger der Anfrage Jesu an seine Jünger wie sie uns in unserem Evangelium überliefert ist: „Warum laßt ihr in euren Herzen solche Zweifel aufkommen? Etwas mehr Selbstbewußtsein würde uns manchmal gut zu Gesicht stehen in dem wir die Frage warum wir Glauben einfach überhören und beginnen davon zu erzählen wie wir unseren Glauben gestalten mit allem Frohmachendem aber auch unseren Fragen und Zweifeln!

Jesus Christus ist nicht testbar zu haben, nur glaubbar! Christen sind nicht testbar in der Frage, warum sie glauben, wohl aber in der Frage, wie sie ihren Glauben gestalten.

Sollten auch wir zu denjenigen gehören, die in welche Medizin dieser Welt auch immer Heilung eines kranken Lebens suchen, dann sind wir neben diesem unanfechtbaren Bemühen aber auch gehalten, den Selbsttest des Christen schlechthin zu machen: Wie tragfähig ist unsere gläubige Hoffnung auf Auferstehung?

Auch für uns gilt der letzte Satz des Evangeliums von der Auferstehung Jesu: „Auch ihr seid Zeugen dafür!“

Diese Ansprache erschien als Faxbox-Predigt des Bergmoser + Höller Verlags.

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